Klimaforscher Mojib Latif in Karlsruhe: „Ich bin gescheitert“

Es ist noch nicht sehr lange her, da galten E-Scooter als der „heiße Scheiß“. Start-Up nach Start-Up für diesen Bereich schoss aus dem Boden wie Pilze im Wald nach einem warmen Sommerregen. Verkauft wurde das als Sharing-Economy, eines der Lieblings-Buzzwords der Millenials. Nein, liebe junge hippe Menschen, ein Campingplatzbesitzer ist kein Tentspace-Sharer und die Deutsche Bahn betreibt kein Rail-Sharing. Man mietet etwas oder erwirbt eine Dienstleistung, das aber klingt halt nach trockener Wirtschaft und nicht so cool. Und mit den ganzen Unternehmen kamen auch immer mehr E-Scooter in die Städte, jedenfalls in diejenigen, die die Fahrzeuge genehmigten.

E-Scooter, so die Annahme wären das lange vermisste fehlende Glied, wenn es zum oder vom öffentlichen Personen Nahverkehr nach Hause geht. Und umweltfreundlich ohnehin, da ja elektrisch. Aber so richtig durchgesetzt haben sich die E-Mobile dann doch nicht, aus vielen Gründen. Einer war der Mietpreis, denn je nach Anbieter schlug der für längere Fahrten erheblich zu Buche.

Dann die leidige Straßenverkehrsordnung, nach der die Gefährte nicht auf Fußwegen benutzt werden dürfen, hinzu kamen zum Teil Helmpflicht und andere „Unannehmlichkeiten“ für die Fahrer. Viele hat das nicht gekratzt, es wurde weiter ohne Helm über die Fußwege gebrettert. Wer einmal einen Unfall mit Passant und E-Roller gesehen hat, der wundert sich über den Mut der Fahrer. Am allerschlimmsten waren aber die Abstellplätze für die Roller. Gerade von stark frequentierten Orten stapelten sich die Scooter geradezu. Als Fußgänger war/ist das ein schöner Slalomlauf. Über die in irgendwelchen Kanäle geworfenen Teile wollen wir besser gar nicht reden. Die WELT sprach von Mobilitätsmüll.

Möglicherweise löst Corona das „Problem“ aber gerade. Denn durch die erheblich geschrumpften Touristenzahlen gibt es auch weniger Kundschaft. Der Markt wird sich bereinigen. Einheimische nutzen die Scooter nur in der Minderheit und bei gewissen Zwecken sind sie einfach unbrauchbar – versuchen Sie mal mit zwei großen Einkaufstüten auf einem Roller zu fahren.

Die Berliner Zeitung berichtet über einen sich konsolidierenden Markt, der noch vor kurzem als großes Glück für die Umwelt und das Klima gepriesen wurde. So schnell kann es gehen.
Die Frage ist nur, wo landet der ganze Elektroschrott, wenn jetzt viele Unternehmen und damit auch deren Flotte verschwinden? Schrott für den Rohstoffe verwendet wurden und viel Energie, um die Scooter erst einmal zu bauen.

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Nikolaus Blohme, ehemaliger Chef-Redakteur der Bild ersetzt beim Spiegel in Sachen Kolumne Jan Fleischhauer auf der halbrechten Position. Liest man seine neuesten Gedanken zu Fridays For Futures (FFF) dann kann man ihm nur wünschen, dass die Spiegel Kollegen nicht wissen, wo sein Auto steht in der Speicherstadt in Hamburg oder, dass in der Kantine nicht zufällig viel Salz auf seiner Portion landet. Seine Kolumne ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was man von Schreiberlingen wie Christian Stöcker gewohnt ist. Kehrt jetzt wieder Meinungsvielfalt beim Spiegel ein? Auch Greta ist unter den Opfern, so lautet der Titel. Einige Kostproben:

„Die Klimakrise lässt sich trotz Corona nicht dauerhaft stummschalten.“ Richtig, die Klimakrise nicht, aber FFF schon eher. Und ich räume ein, es regt sich ein wenig die Schadenfreude, oder genauer: die Erleichterung, da ich eine Bewegung gebremst sehe, für deren Ziel ich Sympathie habe, aber deren tiefe, geradezu sakrale Inbrunst mir nie geheuer war.“

„Schulstreiks ohne regelmäßigen Schulbetrieb sind ein Widerspruch in sich, dasselbe gilt für Massendemonstrationen ohne massenhafte Anwesenheit. Stagediving der Stars, ohne Menge vor der Bühne?“

„Ich will, dass ihr Panik bekommt“, lautet ein besonders starker, obschon nicht besonders sympathischer Satz Greta Thunbergs. Er wirkt nicht mehr. Überall auf der Welt, in Bergamo, Madrid, in London oder New York, vermutlich auch in Deutschland, haben viele Menschen Panik jetzt kennengelernt.

„Doch wenn „Unite behind the science“ im Praxistest von Corona bestenfalls eingeschränkt funktionierte, wie sollte das beim Klimaschutz anders und besser sein? So wenig das Virus die Herrschaft der Virologen brachte, so wenig werden die Klimaschützer die Klimaforscher an die Macht bringen.“

„Auch das hat Corona uns gelehrt, weshalb der freundliche Konservative von nebenan rät: „Fridays for Future“ muss auf die Couch. Es ist Zeit für eine ehrliche Selbstbefragung. Zeit für ein wenig Demut.“

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Badische Neue Nachrichten aus dem September 2019:

Klimaforscher Mojib Latif in Karlsruhe: „Ich bin gescheitert“

Mojib Latif redet nicht lange um den heißen Brei herum. „Ich bin gescheitert“, gibt Deutschlands wohl bekanntester Klimaforscher vom Kieler Zentrum für Ozeanforschung ungewöhnlich kleinlaut zu. Seit 30 Jahren versuche er, die Politik wie die Gesellschaft mit der Dramatik des Klimawandels und den Folgen der Erderwärmung vertraut zu machen, doch noch immer werde er von den Menschen beinahe ungläubig gefragt, ob es wirklich so schlimm sei.

Entsprechend bitter fällt sein persönliches Fazit aus: „Ich kann nicht überzeugen“, da könne er noch hundert Jahre reden. „Wir sind als Gesellschaft unfähig, aus dem Wissen, das wir seit Jahrzehnten haben, die richtigen Schlüsse zu ziehen“, sagt der 65-Jährige am Mittwoch auf dem Kongress zum Thema „Klimawandel, Kommunikation und Gesellschaft“ am Karlsruher KIT.

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