Temperaturentwicklung des Monats Oktober in Deutschland

Von Josef Kowatsch und Sebastian Lüning

Der Oktober 2020 war nicht golden, sondern lieferte eher einen Vorgeschmack auf den November. Er war der Ausgleich zum warmen September. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gibt ihn mit einem Schnitt von 10,2 C an, eigentlich erstaunlich angesichts des Regenüberschusses und eines Sonnenscheindefizites.  

Die Gründe des eher regenreichen Oktobers 2020 finden sich bei den Großwetterlagen. Die vorherrschende Windrichtung war Südwest und West, beladen mit noch relativ warmer Feuchtigkeit. Es fehlten die sonst üblichen kälteren konstant blasenden Ostwinde, die früher die Buben zum Drachensteigen einluden. Nur in der Höhe ab 1000 m neigten die Wetterstationen zu einem eher kälteren Oktober 2020. Auf der Zugspitze war es bereits der erste sehr kalte Wintermonat mit -3,6°C und reichlich Schneefall.

Doch wo ist dieser Oktober 2020  Deutschlands einzuordnen? Wir wählen zunächst einen längeren Betrachtungszeitraum und zwar ab Oktober 1942, das sind 79 Jahre; in der folgenden Graphik sind entsprechend 79 Oktobermonate eingezeichnet. In allen Grafiken sind auf der linken y-Achse die Temperaturen aufgetragen, auf der horizontalen die Jahre seit Messbeginn.

Abb.1: Oktober 1942 bis 2020, das sind 79 Oktobermonate. Die Grafik zeigt, dass der Oktober 2020 zu den wärmeren gehört, jedoch war 1974 deutlich kälter. Der wärmste Oktober war 2001. Die Trendlinie zeigt eine leichte Erwärmung in den vergangenen 79 Jahren bei den Messstationen des Deutschen Wetterdienstes.

Die Temperaturdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sind nicht wärmeinselbereinigt. Nun hat sich Deutschland jedoch in den letzten 79 Jahren gravierend verändert. Jeder menschliche Eingriff in die Landschaft führt zu einer schleichenden Erwärmung bei den Messstationen, insbesondere jede Bodenversiegelung durch Bebauung oder Trockenlegung. Für Deutschland, siehe hier: https://www.dr-frank-schroeter.de/Bodenverbrauch/Aktueller_Stand.htm  Um die einst ländlicheren Messstationen haben sich Siedlungen und Gewerbegebiete ausgebreitet oder die Stationen wurden an Flughäfen versetzt. Wir stellen die Frage: Wie hätten sich die Oktobertemperaturen ohne die fortschreitende Bebauung/Veränderung Deutschlands entwickelt? Wir schauen uns den Temperaturverlauf einer sehr ländlichen Station in Zwönitz im Erzgebirge an, einen Ort ohne große Veränderungen in den letzten Jahrzehnten.  

Abb. 2: Bei der ländlichen Station Zwönitz im Erzgebirge ist der Oktober im gleichen Zeitraum kaum wärmer geworden. Der wärmste Oktober war gleichfalls 2001.

Ein weiteres anschauliches Beispiel für wenig Veränderungen über Jahrzehnte ist die Wetterstation auf dem 1493 m hohen Feldberggipfel im Schwarzwald. Als Vergleich wählen wir den CO2-Konzentrationsanstieg der Atmosphäre im selben Zeitraum:

Abb. 3: Die Entwicklung der Oktobertemperaturen in der ländlichen Station Feldberg/Schwarzwald zeigt keine Korrelation mit dem weltweiten CO2-Anstieg der Keeling-Kurve seit 1958. Wie überall in Deutschland war auch auf dem Feldberg 2001 der wärmste Oktobermonat, seit 2000 sind die Oktobertemperaturen dort sogar fallend.

Somit gibt es ernstzunehmende Hinweise, dass die verminderte Erwärmung auch in anderen ländlichen Stationen auftreten könnte. Notwendig wäre eine umfassende Statistik mit Klassifizierung der Wetterstationen nach dem Grad der Beeinflussung durch den menschenerzeugten Wärmeinseleffekt in den letzten Jahrzehnten. Dann könnte man auch eine vollquantitative Auswertung durchführen.

Doch kehren wir zurück zu den Oktobertemperaturen von Deutschland, die momentan aus etwa 1900 DWD-Wetterstationen ermittelt wurden. Der Temperaturverlauf unseres Landes war in diesem langen Zeitraum nicht immer gleich: Unterteilen wir im Folgenden die 79 Jahre der Grafik 1 (DWD-Deutschland) in zwei Hälften, dann sehen wir, dass es durchaus unterschiedliche Temperaturentwicklungen laut Deutschem Wetterdienst gab.

Abb.4: Die deutschen Oktober-Temperaturen weisen zwischen den 1940er und Ende der 70er Jahre eine deutliche Abkühlung auf und entwickelten ein regelrechtes „Kälteloch“ um 1974.

Die Oktobermonate wurden in Deutschland nach dem Kriege also zunächst kälter. Nach dem 2. Weltkrieg glaubten nicht wenige Meteorologen an eine bevorstehende neue kleine Eiszeit mit unangenehmen Folgen für den Traubenlesemonat Oktober, mit gravierenden Ernteeinbußen und eine Verschlechterung der Weinqualität. Aus dieser Grafik 3 wäre ein „Eiszeitschluss“ durchaus nachvollziehbar. Die seinerzeit – vor 40 Jahren- prophezeite weitere Abkühlung setzte sich jedoch glücklicherweise nicht fort. Vor allem die Großwetterlagen haben sich ab 1978 geändert, anstatt mit Nordströmungen wurde Mitteleuropa wieder vermehrt mit West- und wärmenden Südwestströmungen im Oktober versorgt, die Sonnenscheindauer nahm zu, was zu deutlichen Tageserwärmungen führte. Das Ergebnis zeigt die nächste Grafik:

Abb. 5: Im Betrachtungsabschnitt von 1979 bis heute ist der Oktober wieder etwas wärmer geworden, zugleich zeigt die Grafik aber auch, dass die Erwärmung um 2000 endete. Seitdem stagnieren die Temperaturen auf einem hohen Niveau.

Nun gibt es aber auch Wetterstationen, die sich vor allem nach der Wende stärker erwärmt haben. Eine davon wäre Hof, die einstige DWD Station Hof-Land.

Abb. 6: Die einst ländliche Wetterstation Hof wurde nach der Wende mit einem neuen Gewerbegebiet umgeben, dazu kam der vierspurige Ausbau einer Bundesstraße, die nun in unmittelbarer Nähe an der früher ländlichen DWD-Wetterstation vorbeiführt.

Und im Gegensatz zu Hof zeigen wir hier die Entwicklung der Oktobertemperaturen der Wetterstation in Rosenheim, ganz im Süden Bayerns. Die Station befindet sich nördlich der Stadt in den feuchten Innwiesen.

Abb. 7: Entwicklung der Oktober-Temperaturen in der Wetterstation Rosenheim. Auch hier stagnieren die Oktobertemperaturen bereits seit 45 Jahren.

Zum Schluss noch die Frage, was denn die natürliche Variabilität der Oktobertemperaturen in Europa eigentlich beeinflusst. Lüdecke et al. 2020 haben die europäischen Oktobertemperaturen mit den Ozeanzyklen AMO, NAO und der Sonnenaktivität verglichen.

Abb. 8: Ähnlichkeit (Pearson r) zwischen europäischen Oktobertemperaturen und natürlichen Klimafaktoren. Je höher der Koeffizient (je dunkler die Farbe), desto stärker die Korrelation. Aus: Lüdecke et al. 2020.

Gut zu erkennen: Den größten Einfluss auf die Oktobertemperaturen übt die AMO aus, die Atlantische Multidekadenoszillation, die einen 60-jährigen Zyklus besitzt. Dies gilt insbesondere für Skandinavien, Frankreich, Italien und den Balkan. Aber auch die NAO (Nordatlantische Oszillation) spielt in Skandinavien eine Rolle. Vereinzelte Hinweise auf einen möglichen direkten Einfluss der Sonnenaktivität gibt es auch, jedoch ist der Zusammenhang von Sonne und Klima meist eher indirekt über AMO und NAO. Siehe Kapitel 7 und 8 im Buch Unerwünschte Wahrheiten: Was Sie über den Klimawandel wissen sollten.

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Titelfoto: Der Oktober 2020 zeigte sich wie jedes Jahr mit seiner goldenen Blätterfärbung. Doch diesmal machte sich die Sonne rar. Das Leuchten der Farben war deshalb nicht so auffällig wie in vielen sonnenreichen Jahren davor. Foto: Kowatsch

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