Mainzer Doktorarbeit scheitert an Komplexität der Klimadebatte

Im Mai 2012 promovierte Angelos Schmitt an der Uni Mainz mit dem folgenden Thema:

Zum Stand der aktuellen Diskussion des globalen Klimawandels – Versuch einer kritischen Wertung seiner Ursachen und Folgen sowie von Handlungsweisen im Licht von Wissenschaft und Öffentlichkeit

Das pdf der Doktorarbeit gibt es hier. Die Namen des Doktorvaters, des Dekan und der beiden Gutachter sind „aus Datenschutzgründen“ aus dem pdf gelöscht, heißt es. Die Zusammenfassung auf Fraunhofer:

Mittels gründlicher Literaturrecherchen wird dokumentiert, wie Wissenschaft, Medien, Wirtschaft und Staatsregierungen den globalen Klimawandel seit der Industriellen Revolution bewertet haben. Dabei wird der breite wissenschaftliche Konsens über die ausschlaggebende Rolle des Treibhauseffektes dokumentiert. Kontrovers dazu werden aber auch anderslautende Meinungen über „natürliche Faktoren“ im Klimasystem aufgezeigt. Bedenken des Verfassers bestehen zur Praktikabilität des Kyoto-Protokolls und zur politischen Anwendbarkeit der IPCC-Berichte, die in der Gefahr stehen, durch ihre nicht ableitbaren Wahrscheinlichkeitsaussagen eine wissenschaftliche Neutralität vermissen zu lassen. Im Blick auf die Klimaschutzpolitik kann Deutschland in der Welt als Vorreiter mit Einschränkungen angesehen werden. Die anwendungsbezogene Klimaforschung wird in Deutschland gefördert, in den USA dagegen die Grundlagenforschung, was mit der Herkunft der Klimaskeptiker einhergeht, die vorwiegend aus dem angloamerikanischen Kulturkreis stammen und kaum aus Deutschland kommen. Dies spiegelt sich als roter Faden in den Forschungsergebnissen verschiedener Medienwissenschaftler wider, wonach die US-Medien im Gegensatz zu deutschen um eine Balance zwischen anthropogenen und natürlichen Ursachen des Klimawandels bemüht sind. Ein in den USA medial präsentierter scheinbarer Dissens der Klimaforschung findet sich als Abbild in heterogenen klimaschutzpolitischen Ausrichtungen der USA auf föderaler und bundesstaatlicher Ebene wieder, wohingegen sich in Deutschland der wissenschaftliche Konsens und die mediale Berichterstattung in einer homogenen Klimaschutzpolitik niederschlagen.

Nun werden wir neugierig: Kontroverse natürliche Klimafaktoren? Herkunft der Klimaskeptiker? Verschweigen der natürlichen Klimafaktoren in der deutschen Presse? Wohl oder übel müssen wir doch in die knapp 400 Seiten starke Doktorarbeit hineinschauen. Auf Seite 77ff der Arbeit (pdf) geht es um die BGR, die vor zehn Jahren einen wichtigen Gegenpol zum PIK-Alarmismus bildete:

U. BERNER und A. HOLLERBACH als Vertreter der sogenannten „Klimaskeptiker“ bemühen sich, eine Korrelation von Sonnenaktivität und Klimawandel als Beweis gegen die Treibhauswirkung von CO2 zu verwenden, was allerdings in dieser Form nicht stichhaltig ist, da die Reaktion des Klimas gegenüber CO2-Änderungen und Sonnenschwankungen jeweils unabhängig voneinander bestimmt werden muss. Eine hohe Empfindlichkeit gegenüber der Sonne korreliert nicht zwangsläufig mit einer geringen Empfindlichkeit gegenüber CO2.

Der BGR-Beitrag kann in der Rückschau nicht hoch genug eingestuft werden (siehe „Pioniere des Klimarealismus: Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe). Wissenschaftshistoriker werden irgendwann untersuchen müssen, wie es Rahmstorf und PIK gelang, diese wichtige Stimme auszuschalten. Angelos Schmitt überrascht mit einer seltsamen Einschätzung, denn eine klimawirksamere Sonne würde in der Tat die CO2-Erwärmungswirkung zwangsläufig erniedrigen. In der Folge sät Schmitt Zweifel an der wissenschaftlichen Eignung der beiden BGR-Forscher, mit fadenscheinigen Begründungen. Im Gegensatz dazu wird Stefan Rahmstorfs Reputation hochgehalten, was angesichts der vielfach aus Fachkreisen geäußerten Kritik an seinen Thesen verwundert (Suchbegriff „Rahmstorf“ hier).

Im Weiteren geht es um die klimarealistischen Arbeiten von Jan Veizer, Nir Shaviv und John Christy (S. 80ff). Ein interessates Kapitel „Der Klimaskeptizismus“ beginnt auf Seite 289. Darin auch einige gute Aussagen:

Prinzipiell sind sogenannte „Klimaskeptiker“ in der Wissenschaft für die Klimaforschung als nützlich einzustufen, denn sie können einen zusätzlichen Anstoß bieten, eigene Forschungsergebnisse und Ableitungen kritisch zu hinterfragen. In wissenschaftstheoretischer Hinsicht muss stets die Frage aufgeworfen werden, ob das vorhandene Wissen ausreicht, um konkrete politische Folgerungen und Maßnahmen zu legitimieren, zumal nicht jede Maßnahme reversibel ist. Der wissenschaftliche Kenntniserwerb kann immer nur als hypothetisch und nie als absolut betrachtet werden, da er mit Fehlern behaftet sein kann. Der österreichisch-britische Philosoph SIR K. R. POPPER entwickelte 1934 in seiner „Logik der Forschung“ 1934 ein Modell der wissenschaftlichen Wissensbildung, nach dem eine wissenschaftliche Theorie nie verifiziert werden kann, so dass für die Qualitätssicherung einer wissenschaftlichen Theorie nicht die Verifikation, sondern deren Widerlegung bzw. Falsifikation im Vordergrund zu stehen habe.

Auf den Seiten 293-296 werden deutsche Klimaskeptiker aufgelistet und kurz beschrieben. Unter anderem werden Verbandelungen aufgezeigt. Aber auch Stefan Rahmstorfs Zusammenarbeit mit der MunichRe bleibt im Gegenzug nicht unerwähnt. Letztendlich führt dies aber alles zu nichts, denn es sollte bei der Klimadebatte um Inhalte und nicht Personen gehen. Dies scheint Angelos Schmitt auszublenden. Auch kann er keine Lösung für das Problem der Lagerbildung und Denkschulen anbieten. Es ist klar, dass extreme Klimawandel-Ansichten die Bedeutung des Faches in Gesellschaft, Politik und Medien unweigerlich steigern. Karrieren, Fördergelder, Institutsgründungen wurde auf dieser Grundlage gefördert. Es ist auch klar, dass Nestbeschmutzer ernsthafte Konsequenzen zu fürchten haben, seien es Karrierehemmnisse, öfftenliche mediale Verurteilung oder Fördermitteleinbußen. Insofern ist aus den Reihen der offiziellen Klimawissenschaft mit wenig Widerstand gegen den Klimaalarmismus zu rechnen. Auch hier gibt es sehr viele Skeptiker, die aber aus persönlichen Gründen lieber schweigen, um Nachteile zu vermeiden.

Die Klimawissenschaften bestehen aus einer Vielzahl von Einzeldisziplinen. Viele Skeptiker besitzen einen naturwissenschaftlichen Studienabschluss und einen gesunden Menschenverstand. Insofern ist es schon ein starkes Stück, diesen oft promovierten Naturwissenschaftkern die Befähigung zur Teilnahme an der Klimadiskussion abzusprechen. Die Tatsache, dass sie meist nicht hauptberuflich an einem Forschungsinstitut tätig sind, ist vermutlich sogar eher Vorteil als Nachteil. Denn nur so können sie unabhängig von der offiziellen Institutslinie fachlich argumentieren. Die Einschätzung von Angelos Schmitt verkennt diese Situation und geht in die Irre:

Eine Vergegenwärtigung der kurz dargestellten deutschen Klimaskeptiker offenbart, dass es sich hierbei nicht um forschende Klimatologen handelt, sondern um Techniker, Architekten, Physiker, Chemiker, Biologielehrer, Erfinder etc. Das Spektrum der Curricula Vitae der Klimaskeptiker entbehrt einer fachlichen Grundlage und beraubt die vorgenannten Klimaskeptiker dadurch im Vorfeld einer notwendigen Seriosität. In Fachzeitschriften tauchen kaum Beiträge aus dem zuvor beschriebenen Personenkreis auf, stattdessen diffundieren die klimaskeptischen Thesen in den Bildungsbereich hinein.

An dieser Stelle läuft die Doktorarbeit vollends aus dem Ruder. Zu gerne wüssten wir, wer hier Doktorvater und Gutachter waren. Was macht Angelos Schmitt heute? Im Internet verläuft sich seine Spur. Ist oder war er bei WWF, Greenpeace & Co engagiert? Gibt es Verbindungen zum PIK? Fragen über Fragen. Um sachdienliche Hinweise wird gebeten.

 

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