Ein Hauptproblem der diversen Klimamodelle ist die viel zu gering angenommene Klimawirkung der Sonne. Wie können die Temperaturen in den letzten 10.000 Jahren synchron zur Sonnenaktivität pulsiert haben, wenn doch die Sonne eigentlich kaum eine Rolle gespielt haben sollte? Dabei gibt es mindestens drei Stellschrauben, an denen die Modellierer nachbessern könnten. So werden derzeit keinerlei Solarverstärker berücksichtigt (siehe unser Buch „Die kalte Sonne, Kapitel 6). Weder der UV-Verstärker noch der Svensmark-Verstärker über die kosmische Strahlung und Wolken wurden bislang in Klimamodell-Szenarien umgesetzt.
Bei der dritten Stellschraube handelt es sich um eine Neubewertung der Sonnenaktivitätsschwankungen. Im Februar 2011 hatte ein schweizerisches Wissenschaftlerteam um Alexander Shapiro vom Davoser World Radiation Center im Fachmagazin Astronomy & Astrophysics eine Studie veröffentlicht, in der sie zeigen konnten, dass die Aktivität der Sonne in den letzten 400 Jahren wohl um den Faktor 6 stärker geschwankt hat als zuvor angenommen (siehe S. 65 in „Die kalte Sonne“). Was würde wohl passieren, wenn man die existierenden Klimamodelle mit diesem erhöhten solaren Änderungsbetrag füttert? Könnte die empirisch nachgewiesene signifikante Klimawirkung der Sonne vielleicht besser reproduziert werden als bislang möglich? Diese Frage scheint auch Hans van Hateren von der Universität Groningen umgetrieben zu haben. Er ließ nun eine Klimamodellierung mit der neuen schweizerischen Sonnenkurve durchlaufen, deren Ergebnisse er im Mai 2012 in Climate Dynamics veröffentlichte.
Van Hateren sieht die Klimaerwärmung von 1820 bis 1950 zu etwa 70% durch den Anstieg der Sonnenaktivität verursacht. Das ist interessant. Die nachfolgende Temperaturentwicklung interpretiert er hingegen überwiegend durch Treibhausgase und Aerosole. Hierbei verwendet er bezeichnenderweise den in der Branche beliebten Aerosol-Joker, um die Phase 1940-1977 abzukühlen. Den Effekt von Ozeanzyklen wie etwa der Pazifisch Dekadischen Oszillation sowie Zeitverzögerungen beim Aufbau von thermischen Gleichgewichten im trägen Klimasystem scheint er außer acht zu lassen. Hierdurch wird die Klimawirkung des CO2 an dieser Stelle wohl noch immer überschätzt.
Trotzdem ist die Arbeit durchaus bemerkenswert. Van Hateren modellierte mit seiner stärkeren Sonnendnamyik nämlich auch die vergangenen 2000 Jahre (Abbildungen 1 und 2). Und oh Wunder, plötzlich kommen aus den Modellierungen Temperaturverläufe heraus, die sich parallel zu den historischen Temperaturrekonstruktionen und der Sonnenaktivität bewegen. Auch die Kleine Eiszeit kann auf diese Weise plötzlich gut mit der Solarflaute erklärt werden. Die von einigen Kollegen vorgeschlagene ominöse Vulkanausbruchsserie wird nun nicht mehr als Hauptauslöser benötigt. Die Mittelalterliche Wärmeperiode um 1000 n. Chr. und die Römische Wärmeperiode um das Jahr Null sind ebenfalls klar erkennbar (Abbildung 2). Der Autor führte auch Modellierungsversuche mit deutlich schwächeren Sonnenaktivitätsschwankungen durch. Diese erzielten jedoch eine viel schlechtere Übereinstimmung gegenüber den aus der Natur ermittelten Werten.