Mitte Mai 2013 erschien eine dubiose Broschüre des Umweltbundesamtes (UBA), die in der Folge massive Kritik auf sich zog (siehe unseren Blogartikel „Dubiose Klimabroschüre des Umweltbundesamtes geht nach hinten los: Fach- und Medienwelt sind entsetzt“ sowie einen offenen Brief von Fritz Vahrenholt an den UBA-Präsidenten „Bedenkliche Broschüre des Umweltbundesamtes: Fritz Vahrenholt mit einem offenen Brief an UBA-Präsident Flasbarth„). Knapp einen Monat später (Mitte Juni 2013) ist die Broschüre mit den an Rufmord grenzenden Anschuldigungen an Journalisten und Wissenschaftler noch immer auf dem Netz erreichbar. Und das Bundesumweltministerium ist tiefer in die Sache verwickelt als zunächst angenommen. Zwei Referate des Hauses waren wohl am Abstimmungsprozess zu dem Heft beteiligt. Peter Altmaier (CDU) sah daher in der Welt am Sonntag auch „keinen Anlass zur Kritik“. Die hagelte es jedoch von allen Seiten. Der Chefredakteur der Welt bezeichnete die Broschüre mittlerweile als Skandal. Der Deutsche Journalisten-Verband wies die Schelte des Umweltbundesamtes gegenüber einzelnen Journalisten als überzogen und unsachgemäß zurück. Auch die Wissenschafts-Pressekonferenz e.V. (WPK) hält es für inakzeptabel, dass einzelne Journalisten vom Umweltbundesamt öffentlich vorgeführt und als inkompetent dargestellt werden, nur weil sie führende Klimawissenschaftler kritisieren. Selbst der IPCC-nahe Klimaretter war erbost. Zwei der vom UBA beschuldigten Wissenschaftler wollen jetzt vor Gericht ziehen wie die Süddeutsche Zeitung am 29. Mai 2013 meldete:
Maxeiner und Miersch dagegen sehen ihren guten Ruf geschädigt. Sie werden wohl vor Gericht ziehen, da das Amt eine Unterlassungserklärung verweigert hat und das Heft im Netz weiterhin verbreitet. Er wolle nicht als „amtlich unseriös“ gelten, sagt Miersch. Darüber hinaus stört ihn als Wissenschaftsjournalist, wie das Amt in der Debatte um den Klimawandel einen Schlusspunkt setzen will: „Eine Debatte für beendet zu erklären, ist gegen jeden wissenschaftlichen Geist. Wer sagt, der Endstand einer Debatte sei erreicht, betreibt Theologie.“
Rechtlich sind die Anschuldigen in der Broschüre überaus bedenklich, wie der Rechtswissenschaftler Thorsten Koch in einem Kommentar mit dem Titel „Wenn Behörden Journalisten beleidigen“ in der Welt vom 21. Mai 2013 bekräftigte:
Der Klimawandel findet statt – und seine Folgen sind menschengemacht. Das jedenfalls sind die Kernaussagen einer aktuellen Broschüre des Umweltbundesamtes, die unter dem Titel „Und sie erwärmt sich doch“ aus Steuermitteln finanziert und vertrieben wird. Der Titel soll ersichtlich an das (fälschlich) Galileo Galilei zugeschriebene Zitat „Und Sie bewegt sich doch“ erinnern, dass dieser nach seiner Niederlage gegen Staats- bzw. Kirchenmacht gemurmelt haben soll. Indes ist die Broschüre des UBA nicht das Produkt des Wirkens einsamer Streiter gegen eine ignorante und verblendete Übermacht, die mit amtlicher Autorität gegen abweichende Auffassungen vorgeht, sondern ihrerseits ein Produkt amtlichen Handelns (und unbekannter Verfasser), in dem in einer Weise gegen dem „wissenschaftlichen Konsens“ widersprechende Thesen von „Klimawandelskeptiker(n)“ polemisiert wird, dass vom ZDF auf der Seite „heute.de“ ein „amtlicher Rufmord“ diagnostiziert wurde. […] Befremden müsste demgegenüber schon, wenn eine Regierungsstelle versuchte, den Stand der Erkenntnis in einer fachwissenschaftlichen Frage verbindlich zu beschreiben, denn dies darf den Fachwissenschaftlern überlassen bleiben. Erst recht ist es weder wissenschaftlich noch rechtlich angängig, wenn wissenschaftliche „Wahrheiten“ – und damit letztlich nur der aktuelle Stand des Irrtums – mit amtlicher Autorität verkündet werden. Die Entscheidung fachwissenschaftlicher Kontroversen ist keine Staatsaufgabe. Die der Informationstätigkeit des Staates gezogenen Grenzen werden daher überschritten, wenn eine Bundesbehörde eine fachwissenschaftliche Diskussion zu entscheiden versucht und Verfechter abweichender Meinungen öffentlich „vorgeführt“ werden. Der hier vorliegende Versuch einer Regierungsbehörde, eine wissenschaftliche Kontroverse verbindlich zu entscheiden, dürfte denn auch in dieser Form einzigartig sein. Sie stellt eine Grenzüberschreitung dar, die in ihrer Anmaßung ein erschütterndes Schlaglicht auf das Selbstverständnis der betreffenden Behörde wirft.
Weiterlesen auf welt.de.
Nach der ersten Protestwelle nahm das UBA einige kosmetische Korrekturen vor, in der Hoffnung, dies könnte die Gemüter besänftigen. Reinhard Schlieker fasste auf heute.de zusammen:
Das Amt rudert nun etwas zurück und ändert kosmetische Details an seiner Publikation. Doch es bleiben die ernsten Bedenken an der Machart des Behördenpamphlets. Die Autoren der Broschüre stehen jetzt im Impressum, und die gelben Hervorhebungen bei den vermeintlich wichtigsten Passagen über unbotmäßige Wissenschaftler und Journalisten sind verschwunden.
In der Tat hatte es sich das UBA geleistet, scharf auf Anderdenkende zu schießen, die eigene Autorenschaft der Broschüre jedoch feige unerwähnt zu lassen. Dieser Fehler wurde mittlerweile eingesehen. In einem im Klimazwiebel-Blog veröffentlichten Rechtfertigungsbrief räumte das UBA ein: