Wie Modelle den Teufel mit dem Beelzebub austreiben

Wir hatten unlängst hier berichtet, dass es inzwischen auch unter den Klimamodellierern Zweifel gibt an den hohen Empfindlichkeiten in Modellen, was die Wirkung von CO2 auf die globalen Temperaturen betrifft.  Am oberen Ende der Skala ermitteln wenigstens 7 Modelle Werte für die ECS (Equilibrium Climate Sensivity – Die Erwärmung durch das Verdoppeln des CO2- Gehaltes nach Einstellung des Gleichgewichtes auch im Ozean, die außerhalb des bisher für wahrscheinlich gehaltenen Bereichs von 1,5…4,5 °C liegen. Was sind die Gründe dafür? Die Frage treibt die Klimamodellierer um, denn die offensichtliche Übertreibung lässt die Glaubwürdigkeit der Projektionen gegen Null gehen.

Ein hochrangiges europäisches Gremium, besetzt mit vielen Experten, darunter u.a. Reto Knutti von der ETH in der Schweiz  und Pierre Friedlingstein von der Uni Exceter sowie Victor Brovkin vom Max- Planck- Institut für Meteorologie, hat es sich zur Aufgabe gemacht, modellbezogene Forschung zu betreiben. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn zusammengefasste Modellevaluationen und mögliche Optimierungen sind essentiell für die Forschung. Man staunt allerdings nicht schlecht, was in einem kürzlich erschienen Bericht von „Crescendo“  gefunden wurde. Man machte sich Gedanken über die offenbar stark  überschätzte ECS in der aktuellen Generation von „State of  the Art“ Modellen: CMIP6. Was man fand ist nicht unerwartet: Wolken sind des Pudels Kern!

Wenigstens zwei der Außenseiter mit ECS>5 kommen auf diese unrealistischen Werte durch die Wirkung von niedrigen Wolken in mittleren und höheren Breiten. Dort bestehen die Wolken aus Eis und Wasser. Jeder, der schon einmal eine Gewitterwolke beobachtet hat, dem fiel auf, dass der obere Teil der Wolken („Amboss“) deutlich dunkelgrauer erscheint,  als die niedrigeren Teile. Tiefere Regionen bestehen aus flüssigem Wasser und erschienen in der Sonne strahlend weiß, oben wird es kälter und dort sind Eiskristalle zu finden, sie sind dunkler. Das hat Wirkung auf das reflektierte Sonnenlicht: je dunkler die Wolke, desto weniger wird zurückgestrahlt in den Weltraum und wirkt also wärmend auf der Erde.

Bisherige Modelle (z.B. die für den 5. Sachstandbericht des IPCC verwendete CMIP5- Familie) scheinen den Eisanteil in Wolken der mittleren und höheren Breiten überschätzt zu haben. Das wurde in einigen Modellen der neuen Familie CMIP6 behoben, sie stellen die Verhältnisse beim flüssig/Eis- Anteil besser dar. Daher auch die Wirkung auf die Empfindlichkeit: In einer erwärmten Umgebung (durch den anthropogenen Antrieb) sollte sich der Flüssiganteil erhöhen durch schmelzendes Eis, damit werden die Wolken heller und wirken als negatives Feedback: sie haben eine kühlende Wirkung mit steigender Erwärmung. Wenn jedoch von vornherein real weniger Eis in Wolken enthalten ist, so kann sich weniger in Wasser verwandeln und dieses Feedback nur kleiner werden, damit wird mehr Erwärmung projiziert.

Zusammengefasst also: Die neuen Modelle nehmen weniger Kühlung an mit steigender Erwärmung und treffen damit die Realität besser als bisherige, wenn man sich auf dieses Wolken-Detail fokussiert. Die Sache hat nur einen Haken: Sie produzieren jetzt viel zu viel Erwärmung! ECS-Werte über 5 können den Temperaturverlauf im 20. Jahrhundert nicht abbilden, das KO- Kriterium für jedes Modell. Obwohl sie bei dem beschriebenen Wolkendetail „besser“ geworden sind, stürzen sie sich genau damit von der Klippe der Glaubwürdigkeit.

Wie geht das? Ein erster Ansatz wird im Bericht geliefert: Das besagte negative Wolkenfeedback kompensierte teilweise das positiv modellierte Wolken-Feedback in den Tropen. Ein Fehler wurde bisher durch einen anderen Fehler kompensiert. Durch Ausmerzung des „bremsenden“ Fehlers kommen andere, noch unbekannte beschleunigende Fehler zur vollen Entfaltung und eigentlich muss jetzt die gesamte Modellwelt infrage gestellt werden. Dass es bisher leidlich klappte erscheint nun als reiner Zufall. Es wird offenbar: man stochert bei Wolken buchstäblich im Nebel.

ECS- Werte von weit über 2°C sind schon verdächtig: Alle empirischen Methoden (das sind Beobachtungen zwischen 1870 und der Gegenwart – wir erwähnten in der Vergangenheit die Studien von Lewis/Curry 2014 und 2018 aber auch andere Arbeiten anderer Autoren wie Otto et al. (2013) – sowie Multi-Proxie Auswertungen der globalen Temperaturen zwischen dem letzten glazialen Maximum und vor-industriellen Zeiten, ganz neu diese Arbeit, kommen auf ECS-Werte von 1,5…2 °C.

Klimamodelle hingegen bilden nun den „Außenseiter“ in der Eingrenzung eines realistischen Wertes für die Empfindlichkeit unseres Klimas auf die CO2- Erhöhung. Sie waren es in Wahrheit schon immer: Jetzt jedoch wird das gegenseitige Kompensieren von Modellfehlern offensichtlich. Politische Entscheidungen von einem solchen Kartenhaus abhängig zu machen wäre allerdings fatal. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Folgerung auch herumspricht.      

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