WELT bemängelt politisch motivierte Klimakommunikation: „Die Öffentlichkeit erfährt wenig über die gravierenden Wissenslücken der Klimaforschung“

Selten genug wird in den Medien ausgewogen über den Klimawandel berichtet. Am 3. Juli 2020 war es aber zum Glück wieder einmal so weit, als Axel Bojanowski in der WELT klug analysierend die mediale Klimadebatte und einen ihrer bedeutendsten Protagonisten kritisch unter die Lupe nimmt. Zwar befindet sich der Artikel hinter einer Paywall, aber es lohnt sich wirklich jede einzelne Zeile (hier könnte auch das kostenlose Probeabo der WELT helfen):

Politisierung von Wissenschaft: Was Klimaforscher verschweigen

Politisch motivierte Kommunikation hat den Klimadiskurs vergiftet. Eine aktuelle Debatte offenbart ein Glaubwürdigkeitsproblem führender Wissenschaftler. Unsicherheiten bei Prognosen lassen manche unter den Tisch fallen.

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Es lässt sich nicht bestimmen, wie wahrscheinlich die Klimarisiken sind. Und viele Extremwetterphänomene sind bislang nicht häufiger geworden. Erhebliche Unsicherheiten durchziehen nahezu alle Ergebnisse der Klimaforschung. Robuste Klimaszenarien für einzelne Regionen sind bislang nicht möglich, weshalb sich konkrete Folgen der Erwärmung schlecht bestimmen lassen.

Dennoch erstellen Forscher Szenarien, die Auswirkungen des Klimawandels auf Gesellschaft und Umwelt erhellen sollen. Je nach politischer Orientierung finden die Modelle Anklang: Linke dramatisieren das Problem, der Klimawandel liefert ihnen Argumente für die Umverteilung von Wohlstand. Rechte beschwichtigen, sie mögen keinen Dirigismus, mithin schon gar nicht beim Klimaproblem, das staatliche Eingriffe größten Ausmaßes zu erfordern scheint. Abwägende Gelehrte wie der Corona-Forscher Drosten wären vonnöten, um die Klimaszenarien einzuordnen. Doch während Virologen ihre eigenen Simulationen produktiv hinterfragen, bestimmen in der Klimaforschung Apodiktiker die Debatte.

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Wenn Stefan Rahmstorf, der wahrscheinlich meist zitierte Klimaforscher Deutschlands, über Klimamodelle spricht, klingt es wie Werbung – in seinem ZEIT-Artikel schrieb er: „Natürlich sind sie nicht perfekt. Klimaforscher sind sich der Möglichkeiten und Grenzen von Modellrechnungen sehr bewusst“, doch lieferten die Modelle „sinnvolle Erkenntnisse“. Die globale Temperatur steige seit Jahrzehnten so, wie die Modelle vorhergesagt hätten. „Klimaforscher untersuchen systematisch Unsicherheiten, zum Beispiel, indem sie viele Modellparameter variieren, viele unterschiedliche Modelle betreiben und miteinander vergleichen“, schreibt Rahmstorf korrekt.

Doch wieder verschweigt er Wesentliches: Die Simulationen können die meisten Klimaeinflüsse nicht verlässlich nachbilden, etwa die Verteilung des entscheidenden Umweltfaktors: des Niederschlags. Zwar liefern die Modelle immer wieder hilfreiche Ergebnisse, doch wer über Klimamodelle spricht, ohne deutlich Zweifel an ihren Szenarien zu äußern, setzt sich dem Verdacht aus, Zweifel zerstreuen zu wollen.

Ganzen Artikel in der WELT lesen.

Bojanowski zitiert u.a. aus der ZEIT, in dem Dorothea Dorn sich mit die „Ideologie des einzig richtigen Wegs“ auseinandersetzt: Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen. Und wie hier bereits mehrfach beschrieben, können Klimaforscher aktuell einiges von Virologen lernen, die ihre Zweifel nämlich offen nach außen tragen, was aber zu mehr Glaubwürdigkeit verhilft. In der Klimaforschung aber gilt, Science is settled. Karl Popper würde die Augenbraun hochziehen, wenn er noch leben würde.

Problematisch wird es nach Bojanowski, wenn Wissenschaftler wie Professor Rahmstorf quasi nur noch um sich selbst kreisen, auf „die Wissenschaft“ zeigen in Form von Artikeln – an denen sie selber mitgewirkt haben. Das schreit nach Subjektivität. Hört auf die Wissenschaft, hört auf mich. Noch problematischer sind Artikel, wie die über Kipp-Punkte, in denen zwar 25 mal das Wort falls vorkommt, die nach außen hin aber als bereits eingetretene Ereignisse verkauft werden.
So etwas pflanzt sich dann munter fort und wird den 99% der Wissenschaftler zugeschlagen, die das auch alle denken.

Dorn spricht in ihrem ZEIT Artikel dann auch zusätzlich so etwas wie wissenschaftlichen Größenwahn an, wenn Professor Rahmstorf tatsächlich postuliert, wir Menschen hätten die Kontrolle über den Zustand der Erde verloren. Nun, wir hatten sie nie und jede Naturkatastrophe macht es immer wieder deutlich genauso wie jedes Modell, bei dem die Erde sich standhaft weigert das zu machen, was das Modell berechnet hat.

Der Hauptunterscheid zwischen Wissenschaftlern wie Professor Rahmstorf und Professor Drosten dürfte aber im Selbstverständnis liegen. Daher an dieser Stelle ein Beitrag mit Zitat des Virologen:

Es seien nicht Wissenschaftler, sondern die Politik, die Entscheidungen in der Krise treffe. Seine und die Aufgabe seiner Kollegen sei es, Daten zur Verfügung zu stellen und diese zu erklären. „Das ist ja das, was im Moment Wissenschaftler auch vielfach tun – und dafür dann leider auch überzeichnet werden“, setzt Drosten dann an. Seriöse Wissenschaftler würden weder bereits getroffene Entscheidungen bewerten noch konkrete Entscheidungen von der Politik einfordern.

Man stelle sich so eine Erkenntnis bei Professor Rahmstorf vor.

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„Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“ (Mark Twain)

Der vom ZDF bezahlte Harald Lesch war sich Ende Mai 2020 ganz sicher. Wir bekommen 2020 wieder einen Schocksommer mit Dürre in Deutschland. Jedenfalls berichtete er in einem Youtube Video davon und beruft sich darin auf Prognosen des US amerikanischen Wetterdienstes NOAA und des britischen Met-Office. Für den Mai gesehen lagen die Prognosen sogar sehr gut, er war laut WMO (World Meteorological Organization) der wärmste Mai – global gesehen. In Deutschland war er hingegen etwas zu kühl. Wir gehen aber mal davon aus, dass sich Lesch auf Deutschland bezieht und nicht auf die ganze Welt, weil er im weiteren Verlauf des Videos auch explizit auf Deutschland eingeht. Aber gut, der Mai ist noch kein Sommermonat. Der erste Monat (Juni) des meteorologischen Sommers 2020 ist nun vorbei und der Deutsche Wetterdienst gibt seine Statistik zum Juni heraus. Der Juni war je nach Betrachtungsweise zwischen 1,1 (Vergleich 1981 – 2010) bzw. 1,4 (Vergleich 1961 – 1990) Grad Celsius zu warm in Deutschland. Das ist deutlich weniger als in den Jahren 2018 und 2019.

„Insgesamt war der Juni 2020 zwar etwas zu warm, präsentierte sich sonst aber mit typisch mitteleuropäischem Sommerwetter. Das meldet der Deutsche Wetterdienst (DWD) nach ersten Auswertungen der Ergebnisse seiner rund 2 000 Messstationen.“

Auch zum Thema Dürre gibt es Informationen. Mit 90 Litern m2 erreichte der Monat das vieljährige Mittel, allerdings war der Regen ungleich verteilt. Von 15 Litern in Sachsen bis 300 Liter pro m2 im Allgäu war alles dabei. Warten wir mal ab, ob sich der Juli ähnlich entwickelt. Die 46 Tage Prognose des ECMWF geht bis Mitte August von weiter durchschnittlichen Temperaturen für Deutschland aus, allerdings überdurchschnittlich viel Niederschlag. Laut der Prognose könnten es 100 Liter und mehr pro m2 werden, dann sogar in Gegenden, die bisher wenig Regen hatten. Das betrifft vor allem den Osten Deutschlands. In den Alpen soll es bis zu 250 Liter pro m2 geben. Das aber sind alles Prognosen mit einer großen Unsicherheit.

Bliebe es bei dieser Entwicklung, dann wäre das kein Hitze- und auch kein Dürresommer. Ob Harald Lesch dann im Herbst auch ein Video dazu macht? Wir wollen Lesch nicht unnötig schelten, er macht auch interessante Punkte in dem Video, wenn er fragt, ob bestimmte Medikamente möglicherweise besser gekühlt aufbewahrt werden müssen in Zukunft. Allerdings vergisst er dabei, dass wir in Deutschland stets auch immer sehr warme Tage hatten. Das Problem von zu warm gelagerten Medikamenten hätten wir demnach schon etwas länger. Es wirkt etwas arg konstruiert und er wählte es wohl, weil er vorher Covid 19 und Klimawandel verquirlt hatte.

Insgesamt hinterlassen solche Videos einen sehr zwiespältigen Eindruck. Im Grunde sind sie kaum besser als die Clickbait-Überschriften im Netz, die dieses Jahr schon sehr früh einen „Horrorsommer“ vorhergesagt haben. Der Unterschied ist nur, dass der Erzähler hinter einem Schreibtisch sitzt und bunte Diagramme in die Kamera hält. Aber sie zeigen eben auch gut, dass Wetter kein Klima ist. Wetter ist ein chaotisches System, beeinflusst von vielen Faktoren. Die Unsicherheiten eines ganzen 3-Monatszeitraums (Sommer) in Sachen Temperatur und Niederschläge vorauszusagen sind immens. Das sollte eigentlich auch Lesch wissen. Dass er trotzdem auf so unsicheren Prognosen plump Angst schürt und Wissenschaft in den Zeugenstand beruft, das spricht dafür, dass er seiner eigenen Agenda folgt. Er bedient seine Klientel. Und hinterher fragt ohnehin kein Mensch mehr danach, was er Ende Mai gesagt hat. Er kann sich ja immer noch auf Mark Twain berufen.

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Wie unterschiedlich das Wetter selbst in Europa sein kann, das zeigt ein Tweet von Greta Thunberg. Stockholm hatte nämlich einen sehr warmen Juni 2020. Er lag etwas 3 Grad Celsius über dem langjährigen Mittel.

Allerdings sind die Aussichten für Juli alles andere als gut. Just an dem Tag, an dem Greta Thunberg das also postet, sinken die Temperaturen und kehren auf ein normales Maß zurück. Und, es soll auch regnen in der schwedischen Hauptstadt. Die Strömung, die im Juni warme Luft aus Südosteuropa über das Land bis in den Norden Finnlands gebracht hat, wurde abgelöst durch westliche Winde und die kühlen sich über der Nord- und Ostsee ab. Der Juli so scheint kehrt in Stockholm auf ein normales Maß zurück. Aber das ist keinen Tweet wert, wetten?

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