Was Sie schon immer über Klimawandel wissen wollten, 
sich aber nicht zu fragen trauten

Von Jürgen Lachmann

Was sind das nur für Leute, die, statt uns „sine ira et studio“ klar zu machen, was es mit dem Klimawandel auf sich hat, was seine Folgen sein und wie wir damit fertig werden können, mit ständig neuen Apokalypsen ängstigen, nachdem die alten so nicht eingetreten sind? Und warum fallen wir immer wieder darauf herein und lassen ihnen das durchgehen?

Für die Beschreibung zweier Archetypen dieser Spezies ist ein Verständnis unserer gesellschaftlichen Verfassung hilfreich. Der Mangel an auslebbaren Emotionen in einer Gesellschaft, in der alles, bis hin zu den menschlichsten Grundbedürfnissen, kommerzialisiert und digitalisiert wird, führt zu verstörenden Reaktionen. Da werden Kerzen und Blumengebinde an den Ort gebracht, wo ein Kampfhund erschossen wurde, der eine Mutter mit ihrem Kind zerfleischt hat; nicht für die Menschen – für das Tier! Die pervertierten Gefühle wissen nicht mehr, wohin, mangels menschlicher Zielobjekte, und ergiessen sich über Eisbären, Mauereidechsen und Luftratten, mit der Familie ist man zerstritten und mit dem Nachbarn wird nur über den Anwalt verkehrt. Oder es wird in einer Zeit, in der es weniger Existenzbedrohungen gibt als je zuvor in der Menschheitsgeschichte und in der auch Religionen mit apokalyptischen Drohungen kaum mehr Angst verbreiten können, begierig jede Angstmache vor drohenden Katastrophen lustvoll aufgegriffen, um sich mit Herz und Transparent für das Gute einzusetzen. Jedes Jahr wird eine andere Sau durchs Dorf getrieben, Atom, Startbahn, Waldsterben, Ozonloch, Rinderwahn, Schweinegrippe, Kohlendioxyd, Hambi, Stickstoffdioxyd, Artenschutz, Corona, aber nicht rational mit Augenmaß, sondern immer existenzbedrohend und meist mit aufgewärmter Ideologie: der Heilige Krieg ist noch nicht verloren, lediglich alle Schlachten im letzten Jahrhundert.

Gelangweilte Rentner mit romantischer Demoerfahrung aus den Zeiten des linken Terrors und altersgerecht idealistisch gestimmte Jugendliche lassen sich leicht instrumentalisieren. Hätten wir früher straffrei Schule schwänzen dürfen, wären wir auch auf Demos gegangen, Texte für die Transparente hätten wir auch  ohne Hilfe von Parteien und Interessenverbänden gefunden. Hat denn niemand Mitleid mit den Teenagern, denen Panikattacken einer schwedischen Autistin eingetrichtert werden? Als wäre das nicht schlimm genug, sind die begeisterten Reaktionen der um ihre Pfründe bangenden „Klimawissenschaftler“ und der Medien und die daraus resultierende Hype der eigentliche Skandal, wie überhaupt der veröffentlichten Meinung ein Großteil der Verantwortung für Fehlentwicklungen in unserer Epoche zufällt, womit wir bei der anderen Gruppe wären:

Die Leichtgläubigen allein könnten die Gesellschaft nicht usurpieren, dazu braucht man den anderen Typus, für den ich noch weniger Sympathie aufbringe. Es sind die Antipoden der ausgenützten Gutmenschen, die unser Gesellschaftsmodell verinnerlicht haben, auch wenn sie sich links gerieren, und die nur ihre eigenen Interessen bedienen. Ich rede von politischen Parteien, deren Existenz sich auf Angst und Hysterie gründet, von mitlaufenden Politikern, die vor lauter Angst, Wählerstimmen und damit ihren unverdienten Job zu verlieren, jeden Blödsinn mitmachen und erst dann vielleicht zu vernunftbegabten Mensch*innen werden, wenn Kameras und Mikrophone abgeschaltet sind. Und es sind Funktionäre und Klimawissenschaftler(!), die passende Korrelationen zu Kausalitäten umdeuten oder gar verfälschen und Fakten nur akzeptieren, wenn sie der herrschenden Lehre entsprechen, von der ihre Prosperität und ihre Popularität in den Medien abhängt. Die, begeistert von der Rechenpower ihrer Computer, jedes Jahr neue Klimamodelle produzieren, deren Daten und Bezüge nachträglich verändert werden, wenn sie von der Realität widerlegt werden, mit Kniffen, vor denen jeder Statistikstudent im ersten Semester gewarnt wird.

Als Laie ist man erst einmal verwirrt und beeindruckt von den immer wieder zitierten 97 Prozent der Wissenschaftler, die dem Klimawandel vorwiegend anthropogenen Ursachen zuordnen. Bis man herausfindet, dass diese Zahl in keiner Weise belastbar ist. Es gibt natürlich weit mehr Wissenschaftler, die gegenteiliger Meinung sind, jedoch nicht der Glaubensgemeinschaft angehören und deshalb beruflich schlechte Karten haben. Trotzdem bleibt eine Mehrheit übrig, die es sich, reichlich alimentiert, in der weltweiten Community der Umweltaktivisten gut gehen lassen. Dazu ein kleiner semantischer Abstecher:

In einer der meist unsäglichen Talkshows trat zum Thema Feinstaub und NOx eine Dame auf, die sich „Umweltmedizinerin“ nannte. Da sich die Umwelt kaum in ihre Sprechstunde verirrt, stellt sich die Frage, was diese Bezeichnung wohl bedeuten soll. Ihr populistischer Auftritt zeigte, was jedem klar sein sollte: Für jede Institution und fast jeden Wissenschaftler oder Politiker, der sich mit diesem Präfix schmückt, gilt, dass sie aus dem Dunstkreis der Grünen kommen und den Weltuntergang verhindern können, wenn ihnen großzügig staatliche Mittel bereitgestellt werden.

Das supranationale IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) und das Potsdamer PIK sind die bekanntesten unter hunderten von NGOs, Institutionen und Lehrstühlen dieser Schule. Die Gründungsmaxime der IPCC lautet, zu zeigen, dass das Klima durch Menschen verändert wird, wohlgemerkt „dass“, und nicht „ob“, ein zutiefst unwissenschaftlicher Ansatz, der bei einer politischen Organisation auch nicht anders zu erwarten ist. Kritische Stimmen müssen privat Veranstaltungen organisieren, weil sie nicht zu den bombastischen Klimakongressen eingeladen werden, wohin Gleichgesinnte jährlich rund um die Welt jetten. Die 22.000 Teilnehmer und 4.500 Helfer der UN-Klimakonferenz 2017 in Bonn wurden vom deutschen Steuerzahler mit 117 Millionen Euro gesponsert, für die grösste internationale Konferenz, die je in Deutschland stattfand. Die Berliner Prominenz mit Umweltministerin Barbara Hendricks wurde in einem speziell ausgestatteten Sonder-ICE an einem neu errichteten Haltepunkt empfangen, eine Ehre, die vorher nur Kaiser Wilhelm II oder dem Papst vorbehalten war. Die nächste COP sollte verkehrsgünstig in Chile stattfinden, was die Anreise der deutschen Delegation mit Fahrrädern und Segelbooten erschwert hätte, aber es wurde wegen Preiserhöhungen und damit verbundenen Ausschreitungen „leider“ nur Madrid daraus.

Immerhin haben sich Wissenschaftler, die auch bei der Abfassung des 3. Assessment Reports der IPCC dabei waren, im Kleingedruckten auf Seite 774 einen Rest Seriosität bewahrt: „Klimamodelle arbeiten mit gekoppelten, nichtlinearen chaotischen Systemen, dadurch ist eine langfristige Voraussage des Systems Klima nicht möglich.“

Einen weit höheren Erkenntniswert als Computermodelle besitzen Analysen, die aus der Klimageschichte der Erde gewonnen werden und die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit extrapoliert werden können. Wissenschaft beginnt mit Fakten, die zu einer Hypothese führen können, die nur dann Bestand haben sollte, wenn sie nicht an der dokumentierten Vergangenheit und der messbaren Gegenwart scheitert. 
Was ist denn eine Hypothese, die nur gelten lässt, was sie nicht in Frage stellt? Man nennt das Glauben, wobei Religionen so schlau sind, nur etwas zu behaupten, was nicht falsifizierbar ist. Dieses Prinzip haben die Jünger des anthropogenen Klimawandels nicht bedacht, als sie in den Achtzigern begannen, mit ihren immer leistungsfähigeren Computern Klimamodelle für die Zukunft zu erstellen.

Von Klima darf in der wissenschaftlichen Klimatologie erst geredet werden, wenn es sich um einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren handelt. Alles, was darunter liegt, heißt Wetter, und richtig seriös wird es erst, wenn Jahrhunderte, Jahrtausende oder gar Jahrmillionen statistisch betrachtet werden. Deshalb ist es Quatsch, wegen ein paar heiße Sommer oder schneereiche Winter gleich von Klimawandel zu reden, unabhängig davon, was die Ursachen davon sein könnten. „Der Spiegel“ und „Time“ haben damit kein Problem, sie zeigen auf der Titelseite gerne bekannte Bauwerke je nach Wetterlage unter Wasser, Sand oder Eis.

Die Klimaperiode von 2000 bis 2014 brachte eine faustdicke Überraschung: Es wurde nicht mehr wärmer, was nun garnicht zu den Klimamodellen passte, die die Klima-Community erstellt hatte. Langfristig hatte sich die Temperatur linear nur unwesentlich anders entwickelt, wie das in der ausklingenden Wärmephase nach der „Kleinen Eiszeit“ (1500-1800) von der seriösen Klimatologie erwartet wurde, obwohl der Anteil des von Menschen zu verantwortenden CO2-Ausstosses stark angestiegen war. Als sich dies 2009 abzeichnete, gerieten die Alarmisten in Erklärungsnöte. An der East Anglia University im britischen Norwich, einem der weltweit führenden Klimainstitute, an der auch die deutschen Klimapäpste und Multifunktionäre Schellnhuber und Rahmstorf tätig waren, beriet man sich per email, wie man die Statistik „tricksen“ könne, damit der prognostizierte, steile Temperaturanstieg nicht in Frage gestellt werden musste, schliesslich hing die weltweite staatliche Alimentierung von der Bedrohung durch anthropogenes CO2 ab. Dummerweise wurden die Mails gehackt und die Affäre ging in die Geschichte als „KlimaGate“ ein, konnte jedoch die verhängnisvolle Entwicklung nicht aufhalten. Zu weit war die Angstmache gediehen und schon zu verbreitet war der Glauben an den drohenden Weltuntergang. Die „Klimakatastrophe“ führte die Rangliste der Weltängste knapp vor dem islamistischen Terror an, ein beeindruckendes Exempel von Medienmacht.

Die „Dekarbonisierung“ der Welt wurde zum wichtigsten Ziel vieler Regierungen erklärt, etwas, würde man es wörtlich nehmen, das Ende allen Lebens bedeuten würde. Die Gärtner blasen CO2 in ihre Treibhäuser, damit ihre Pflanzen besser wachsen, die NASA stellt pro Jahr eine wachsende Begrünung der Erde fest, und wir sollen stilles Wasser trinken, um die Welt zu retten? Geht’s noch?

Man will einfach nicht glauben, dass Wissenschaft weltweit so korrumpierbar sein kann, zumindest, wenn nicht die üblichen Verdächtigen dahinter stecken. Man kann bei diesem hochkomplexen Thema zu keinem absolut sicheren Urteil kommen, doch gibt es heutzutage differenziertere Informationsmöglichkeiten als BILD, Süddeutsche und Tagesschau. Auch muss man seinen gesunden Menschenverstand einsetzen, Lebenserfahrung und Menschenkenntnis bemühen und so zu einer Meinung gelangen, die nicht zwangsläufig der allgemein vertretenen entsprechen muss, denn Wissenschaft ist nicht von Mehrheitsverhältnissen abhängig, sonst wäre die Erde noch eine Scheibe und die Sonne würde sich um sie drehen. Auch sollte nicht, wie dies „Klimapäpste“ und Wissenschaftspopulisten im Fernsehen ständig tun, eine kritische Meinung als Häresie verdammt werden. Päpste sind nicht unbedingt Koryphäen der Wissenschaft. Auch wenn die IPCC mit päpstlichem Unfehlbarkeitsanspruch insistiert, dass die Debatte zu Ende sei: sie findet, obwohl weitgehend totgeschwiegen, weltweit seit vielen Jahren statt und erfuhr bei uns nur deshalb mediale Aufmerksamkeit, weil der Abmahnverein „Umwelt(!)hilfe“ beim NO2 überzogen hatte: Die Bürger begannen zu merken, dass politische Korrektheit teure Konsequenzen für sie haben kann.

Und zum Kummer unserer Klimaalarmisten hat ihnen eine Viruspandemie die Schau gestohlen. Dabei hatte die Coronadebatte eine höchst interessante Nebenwirkung: Die Medien, die brav nachgeplappert hatten, dass die Klimadebatte beendet sei, weil es keinen Zweifel an der Ursache der Klimaveränderung gäbe und jeder, der das nicht akzeptiert, ein mindestens moralisch zu verurteilender Leugner sei, betonten plötzlich, dass Wissenschaft Zweifel zulassen müsse. Ach ja? Woher kam die plötzliche Einsicht? Ganz einfach: In der Virologie und in der Epidemiologie widerlegen sich falsche Hypothesen innerhalb von Monaten oder gar Wochen und überfordern nicht das Gedächtnis des Normalbürgers. Also sind auch trendige Wissenschaftler vorsichtiger als beim Klima, dessen Fehlprognosen sich erst in Jahrzehnten erweisen, wenn die Forscher schon längst von ihren Renten leben. Es ist kein Zufall, dass viele von ihnen erst dann zu Skeptikern werden!

Es gibt leider noch einen Grund, warum es schwer fällt, offen eine kritische Haltung zur anthropogenen Klimakatastrophe zu vertreten: Man wird nicht nur beschuldigt, der Welt die Rettung versagen und die Zukunft von Kindern und Kindeskindern auf’s Spiel zu setzen, gern von Leuten, die ihren so schutzbedürftigen Nachwuchs stolz im dichten Stadtverkehr in instabilen Fahrradanhänger direkt an Auspuffen schnüffeln lassen und einem erheblichen Unfallrisiko aussetzen, nein, man muss sich auch rechtfertigen, weil diese Meinung auch von mediokren Gestalten vertreten wird.

Am deutlichsten ist das in den USA zu verfolgen, wo die Alarmisten natürlich am linken Flügel der Demokraten zu finden sind, zu denen auch der mit Klimapopulismus und Emissionszertifikaten immens reich werdende Al Gore gehört, Friedensnobelpreisträger und ehemals demokratischer Präsidentschaftskandidat. Das führt zwangsläufig dazu, dass die meisten Republikaner auf der Gegenseite zu finden sind, wohin sie es wegen ihrer Nähe zum militärisch-industriellen Komplex sowieso nicht weit haben, weil dieser natürlich wirtschaftliche Interessen an der Verhinderung steigender Energiekosten hat. Aber muss ich meine kritische Meinung nur ändern, weil auch Negativfiguren wie Trump, Putin und Höcke diese aus politischen oder wahltaktischen Erwägungen teilen?

Solange auf diesem Niveau gestritten wird, besteht keine Chance, das Notwendige zu tun und das Überflüssige zu lassen. Dahin müssen wir aber kommen, weil schon für uns Erwachsene viel davon abhängt, noch mehr für kommende Generationen, die mit den gigantischen Folgekosten der Energiewende leben müssen, nachdem preiswerte und effiziente Energiegewinnung verboten sein wird.

Es kann meiner Meinung nach nicht darum gehen, ob die Temperatur vielleicht in den nächsten hundert Jahren um 0,9 oder 1,6 Grad ansteigt oder ob der erwartete nächste Kältezyklus die Temperatur wieder um ein Grad absinken lässt (was für die Menschheit deutlich unangenehmer wäre, wie ein Blick auf die Notzeiten des Mittelalters zeigt, siehe: Wolfgang Behringer: Kulturgeschichte des Klimas).

Die Unsummen weltweit, die für „Klimaforschung“ und die daraus resultierende „Energiewende“ aufgebracht werden, können wirksamer zur weiteren Eindämmung realer Umweltbelastungen angelegt werden, wie das mit dem Dreck und dem Gestank der Vergangenheit schon sehr erfolgreich begonnen wurde. Die statistische Lebenserwartung ist bei uns seit 1960 um 11, in der Welt um 17 Jahre gestiegen. Die Älteren wissen, im Gegensatz zu den demonstrierenden Jungen aus eigener Anschauung, um wieviel sauberer unsere Umwelt in den letzten 50 Jahren geworden ist, durchaus auch ein Verdienst der Grünen, denen aber die Themen ausgehen, wenn sie keine neuen Bedrohungsszenarien schaffen. Die Milliarden werden statt dessen für die wahre Herausforderung der Zukunft benötigt: Das Bevölkerungswachstum in den armen Teilen dieser Welt muss begrenzt werden, was auf Dauer nicht durch Erhöhung der Energiekosten, die sich entwickelte Länder vielleicht leisten können, sondern nur durch Verbesserung ihrer Lebensbedingungen erreicht werden kann.

Schon das absehbare Ende unserer Hochkonjunktur hätte es uns nicht weiterhin gestattet, in nationalen Alleingängen immer die teuersten Lösungen zu suchen, nur weil wir politogenen Hypothesen aufgesessen sind. Corona ist nur der Turbolader für diesen Niedergang. Wer glaubt, die Volatilität unserer Parteienlandschaft sei bereits ausgereizt, sollte sich ein wenig mit unserer Geschichte befassen.

Und hat sich schon mal jemand Gedanken gemacht, warum die Chinesen auf den zahlreichen Klimakonferenzen begeistert zustimmen, dass wir im Jahr 2050 kein CO2 mehr emitieren dürfen, sie selbst aber Kohlekraftwerke und Atomreaktoren in Serie in Betrieb nehmen, um in Zukunft damit absolut konkurrenzlos durch niedrige Energiekosten zu werden? Den Chinesen gehört die Zukunft, das weiß jeder, der bis Zweimilliarden zählen kann, aber müssen wir das beschleunigen, nur weil wir endlich einmal zu den Guten gehören möchten? Vielleicht ist unsere (westliche) Welt wirklich nicht mehr zu retten, doch nicht wegen der ausbleibenden Dekarbonisierung, sondern wegen einer pandemischen „Derationalisierung“.

Teilen: