Was erlaubt sich Greta Thunberg?

Es war schon eine Überraschung, wie sich die schwedische Aktivistin von Fridays-For-Future in einem Interview bei Sandra Maischberger äußerte. Sie hält es für falsch, dass Deutschland seine laufenden Kernkraftwerke abstellt und stattdessen Kohle verfeuert. Man muss nicht einmal die hohe Physik bemühen, um zu erkennen, dass durch den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke sehr viel CO2 nicht in die Atmosphäre gelangt.

Was folgte nun nach der Pressemeldung zu der Maischberger Sendung? Politiker, die ebenfalls für eine Laufzeitverlängerung von mindestens 3 Kernkraftwerken sind, zitieren Greta Thunberg. Dann aber passierte zumindest in Teilen der Anti-Atom-Bewegung etwas Bemerkenswertes. Statt sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, werden diejenigen, die auf Thunbergs Äußerungen verweisen, pauschal über einen Kamm gescherrt. Sie hätten die Aktivistin doch früher auch nicht für voll genommen, warum nun jetzt?

Ganz wenige Stimmen gehen auf den Kern der Thunberg-Äußerungen ein. Das zeigt ein großes Dilemma für gewisse lautstarke Protagonisten. Pauschale Beschimpfung der Überbringer der Nachricht statt Kritik an den Äußerungen von Greta. Schauen wir uns z. B. den ZDF-Meteorologen Özden Terli an. Der hatte bis zum Greta-Zitat eher Spott für die Kernenergie übrig. Befürworter sind “Nukis”, auch wenn sich das ja schon fast liebevoll anhört, und am Ende des Jahres hat sich das ohnehin alles erledigt – dachte/hoffte er. Terli hat seinen Tweet dankenswerterweise nicht bzw. noch nicht gelöscht. Um die Krisen kümmert man sich, indem man also mehr Kohle verbrennt?!

(Abbildung: Screenshot Twitter)

Kurz nach dem Interview mit Greta Thunberg dann aber das:

(Abbildung: Screenshot Twitter)

Die Frage sei gestattet, was denn nun Klimaschutz- Schei** ist? Verstärkt Kohle zu verbrennen ist mit Sicherheit keine gute Idee, CO2-Emissionen zu senken. Genau das macht aber die Ampel-Regierung momentan und sie wird es zukünftig sogar noch verstärkt machen, wenn weitere stabile Stromerzeuger wie Kernkraftwerke vom Netz genommen werden. Sogar schwimmende Ölkraftwerke in der Nordsee sind allen Ernstes im Gespräch. Was würde Greta wohl dazu sagen?

Diese Form der Argumentation, die ja gar keine ist, findet sich momentan sehr häufig wieder. Eine Beschäftigung mit den Aussagen der Aktivistin findet nicht statt, besser man arbeitet sich an den Überbringern ihres Zitats ab. Was hat Greta Thunberg in der Vergangenheit gesagt? Sie sagte, dass wir ”der Wissenschaft” folgen sollen. Sie verwies immer wieder auf die IPCC-Berichte. Nun sind IPCC-Berichte nicht ”die Wissenschaft”, weil es die strenggenommen so homogen nicht gibt. Aber das lassen wir hier einfach mal außen vor. Man kann die Handlungsempfehlungen des IPCC in Sachen Energie auf 4 Aussagen kondensieren:

1. Erneuerbare Energie ausbauen
2. Kernenergie ausbauen
3. Kohlenstoffabscheidung (CCS)
4. Aufforsten

Deutschland setzt mit seiner Politik darauf, hier nur einen Punkt umzusetzen. Punkt 2 und Punkt 3 sind bei uns sogar verboten, Punkt 4 würde bedeuten, dass Fläche umgewandelt werden müsste. In einem relativ dicht besiedelten Land wird das Vorhaben an natürliche Grenzen stoßen. Insgesamt ist die Diskussion um diese Aussage von Greta Thunberg schon extrem schräg. Die gleichen Menschen, die ihr in der Vergangenheit einen Heiligenstatus verpasst haben, interessiert es dann nicht mehr, wenn es Greta Thunbergs Ansichten mit der eigenen Ideologie kollidieren. Das ist auch so beim Thema Biomasse (auch bekannt als Holzverbrennung) gewesen, wo die Schwedin eine ganz andere Meinung vertritt als viele Grüne in Deutschland.

Um es an dieser Stelle auch noch mal klar zu sagen: Thunberg setzt ansonsten nicht auf Kernenergie. In diesem Fall hört sie nicht auf die Wissenschaft, jedenfalls nicht auf die Empfehlungen des IPCC. Sie denkt hier einfach nur sehr klar und weit weniger ideologisch als die Grünen in Deutschland. Nebenbei sehen andere Grüne in Skandinavien das Thema Kernenergie auch anderes als die Parteifreunde in Deutschland.

Die Frage wird sein, wann springen die Grünen über ihren eigenen Schatten und stellen das Land vor die Partei. Sprechtexte wie “Wir haben kein Stromproblem” sind keine Lösung, weil die Realität das längst eingeholt hat. Wie blank die Nerven bei einigen Atomkraftgegnern mittlerweile liegen, zeigt Constantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe.

(Abbildung: Screenshot Twitter)

Man hilft der Umwelt, indem man auf CO2-arme Erzeugung von Strom verzichtet? Und weil die Argumente ausgehen, ruft man besser nach der Richtlinienkompetenz des Kanzlers. Schräg.

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Noch bis Freitag, den 14.10.2022 kann man die Petition der Stuttgarter Erklärung mitzeichnen. Es geht um den Weiterbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke in Deutschland. Die Anzahl der Zeichnungen hat kräftig zugelegt, am 12.10.2022 gegen 13:00 die Marke von 50.000 Unterstützern erreicht. Diese Marke ist wichtig, weil sich dann der Petitionsausschuss des Bundestages damit beschäftigen muss. Allerdings gibt es bei Petitionen dieser Art eine Art Rücktrittrecht. Man kann seine Stimme quasi zurückziehen. Ob es in diesem Fall bei den Zeichnern viele U-Boote gibt, kann nur vermutet werden. Auf der sicheren Seite wäre die Petition in jedem Fall, wenn die geforderte Zahl der Zeichnungen deutlich übertroffen wird. Dann sind auch Stimmenrücknahmen vermutlich kein Problem. Zur Petition bzw. zum Zeichnen geht es hier lang.

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Gigantische Stromspeicher: Zweites Leben für Kohlekraftwerke. Bei der Überschrift eines Artikels aus dem Deutschlandfunk wurde bewusst etwas weggelassen. Der Autor schrieb nämlich “Tolle Idee” vorweg. Zunächst einmal erklärt er das Prinzip:

“Überschüssigen Wind- und Solarstrom in Wärme verwandeln, um ihn dann wieder in Strom rückzuverwandeln – das klingt nach einem Verlustgeschäft und ist es auch. Sinn ergeben würde es nur in Kombination mit einem riesigen Wärmespeicher, der immer dann gefüllt würde, wenn Sonne und Wind reichlich Strom liefern. Nachts und bei Flaute könnte die gespeicherte Wärme dann die Turbine des ehemaligen Kohlekraftwerks antreiben, Strom erzeugen und dadurch Versorgungsengpässe vermeiden.”

Danach stellt er fest, dass so ein Betrieb offenbar wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, darum wurde ein Projekt in Hamburg eingestellt. Also doch keine tolle Idee?

“Überschüssiger Windstrom treibt einen Heizlüfter an. Der pustet heiße Luft in die Steine und erwärmt sie auf 800 Grad Celsius. Um wieder an die Energie heranzukommen, bläst der Ventilator Kaltluft in den Speicher. Sie wird durch die Steine erhitzt, strömt in ein Nachbargebäude und erzeugt dort über eine Turbine Strom. 2019 begannen die Tests. Dem Betreiber zufolge verliefen sie technisch gesehen zwar erfolgreich. Dennoch stellte Siemens Gamesa Anfang 2022 das Projekt ein. Die Begründung: Zurzeit sei nicht vorstellbar, so einen Steinspeicher wirtschaftlich zu betreiben. Ein Rückschlag für das Konzept, Kohlekraftwerken ein zweites Leben einzuhauchen.”

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Im September 2022 hielt Prof. Dr. Maximilian Fichtner vom Helmholtz Institut Ulm anlässlich der Petersberger Gespräche einen Vortrag zum Thema Batteriespeicher. Er geht von einer positiven Entwicklung bei der Produktion nachhaltiger Batterien aus.

(Abbildung: Screenshot YouTube)

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Sinkende Preise für Flüssiggas im Winter? Laut Spiegel könnte das tatsächlich so passieren.

“Die Tatsache, dass China keine Gebote mehr für den Spotmarkt abgibt, ist großartig, weil es eine Partei weniger gibt, die um die Ladung kämpfen muss«, sagte Alex Siow, leitender Gas- und LNG-Analyst bei ICIS in Asien. »Die Verringerung seiner Gasnachfrage bedeutet, dass China zu viele Verträge für LNG abgeschlossen hat«, so Siow.

Analysten von JLC, SIA Energy und Rystad Energy gehen davon aus, dass der Gesamtgasverbrauch Chinas in diesem Jahr konstant bleiben oder sogar um zwei Prozent auf rund 370 Milliarden Kubikmeter sinken wird. Das entspricht dem langsamsten Wachstum seit mindestens 2002. Die LNG-Importe gingen ebenfalls zurück, da Europa nach den russischen Unterbrechungen Ladungen aus der Region abzog, um die Vorräte aufzufüllen, und damit die Preisentwicklung anheizte. China fördert deshalb auch mehr Gas im eigenen Land. Das Land erhält außerdem mehr Gas aus Russland, sowohl über Pipelines als auch in Form von LNG-Lieferungen.”

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Leserpost von Paul Schwedtke:

„Wir frieren nicht für Eure Politik“. Ich glaube doch. Auch wenn die Ampel 200 Milliarden € dagegen hält. Kann Geld Strom und Wärme ersetzen?

Warum gibt die Ampel nicht das Schiefergas frei und kauft dafür für überhöhte Preise Frackinggas aus den USA? Warum ziert sich Herr Habeck gegen den Weiterlauf der Kernkraft? Wahrscheinlich nur bis zur Niedersachsenwahl. Danach wird auch Lingen weiterlaufen. Die drei vor 9 Monaten abgeschalteten AKWs hätten schon vor einem halben Jahr wieder eine Perspektive benötigt. Statt dessen setzen wir sauteures Gas  für die Stromproduktion ein.

Im März all unsere Energiemöglichkeiten aufgezeigt, hätte einen anderen Verlauf erlaubt: Denn Wirtschaft ist zu 50 % Psychologie.

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Leserpost von Dipl. Ing. Martin Krohn:

Betreff: Falscher Alarm, Klage gegen Einstufung von Gas und Kernenergie

Sehr geehrte Damen und Herren,

einige Anmerkungen zum Blog vom 12. 10. 22. Darin wird über die neuesten Aktionen der „letzten Generation“ berichtet. Diese haben im Berliner Reichstag den Feueralarm ausgelöst und damit die Einsätze von mehreren Feuerwehren zum Reichstag veranlasst. In dem Bericht wurde die Frage gestellt, was wäre, wenn die Feuerwehr an anderer Stellt wirklich gebraucht wird. Das kann größere Verletzungen oder sogar den Tod von Menschen verursachen. Die „letzte Generation“ scheint über solche Probleme nicht nachzudenken. Auch das Festkleben an Straßen mit Sekundenkleber behindert ggf. die Durchfahrt von Einsatzfahrzeugen (Feuerwehr, Krankenwagen). Es gab zwar einmal die Aussage, dass solche Einsatzfahrzeuge durchgelassen würden, doch wie soll das funktionieren? Würden die Aktivisten die Verklebung mit Gewalt von der Straße lösen und dabei eigene Verletzungen in Kauf nehmen? Das ist wohl nicht zu erwarten. Wann greift der Staat endlich einmal härter durch? Was passiert, wenn wirklich einmal Menschen bei einer solchen Aktion zu Schaden kommen? Das wird über kurz oder lang dazu kommen. Es sind endlich härtere Strafen gegen die Aktivisten erforderlich.

Ein weiterer Beitrag berichtet, dass Österreich gegen die Einstufung von Gas und Kernkraft als klimafreundlich vor dem Europäischen Gerichtshof Klage eingereicht hat. Damit zeigt der Staat absoluten Egoismus. Österreich kann aufgrund seiner Lage eine größere Menge Energie aus Wasserkraft gewinnen. Die Möglichkeit besteht jedoch für eine Vielzahl weiterer Europäischer Staaten jedoch nicht. Eine Versorgung nur mit Wind und Sonne ermöglichen keine sichere Energieversorgung. Es sind zwingend weitere Möglichkeiten der Stromerzeugung erforderlich. Dafür werden in den meisten Staaten weitere Kraftwerke benötigt. Österreich kann jedoch auch nicht den größten Teil Europas mit Strom aus eigener Wasserkraft versorgen. Also sind andere Kraftwerke erforderlich und dafür bieten sich Kern- und Gaskraftwerke an. Vielleicht sollte man einmal etwas über den eigenen Tellerrand hinausblicken.

Viele Grüße
Dipl. Ing. Martin Krohn

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