Vortrag von Hans-Werner Sinn: Wie retten wir das Klima, und wie nicht?

120 spannende Minuten beschert uns Professor Hans-Werner Sinn, ehemaliger Leiter des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Sein Vortrag zum Thema Energiewende hielt er am 16.12.2019. „Wie retten wir das Klima und wie nicht“, so lautet der Titel seiner Präsentation, die bei YouTube verfügbar ist.

Hört auf die Wissenschaft, das ist einer der Hauptforderungen vieler Klimaaktivisten.  Also hören wir einfach mal dem Wissenschaftler Professor Sinn zu und jedem Klimaaktivisten aber auch nur Interessierten sei der Vortrag dringend ans Herz gelegt. Professor Sinn hat seinen Vortrag in 6 Teile geteilt. Nur zu einigen seiner Punkte sei an dieser Stelle kurz etwas gesagt.

Schonungslos sicherlich seine Erkenntnis, dass die Bundesrepublik einen Großteil der CO2 Einsparungen seit 1990 schlicht und einfach dem Zusammenbruch der Wirtschaft in der ehemaligen DDR zu verdanken hat. Diese war extrem schmutzig. Es ist insofern kein Verdienst von Einsparmöglichkeiten.

Im Komplex EEG und Volatilitätsproblem rechnet Professor Sinn vor, dass wir den Bereich der Erneuerbaren Energie etwa mit dem Faktor 5 gegenüber heute bräuchten und gleichzeitig alle verfügbaren Pumpspeicherwerke in Österreich und in Norwegen, um Deutschland eine gesicherte Versorgung zu ermöglichen. Dafür sieht er aber keine realistischen Chancen, denn bereits jetzt gibt es 1.000 Initiativen gegen Windkraft, bei der fünffachen Menge an Windkraftanlage dürfte der Widerstand noch größer werden und ob Österreich und Norwegen Deutschland so gern behilflich sein werden ist eine ganz andere Frage. Von den enormen Kosten einmal abgesehen.

Professor Sinn plädiert für einen Ausstieg vom Ausstieg aus der Kernenergie, so wie es Schweden bereits gemacht hat und was dort von einer breiten politischen Basis getragen wurde. Er verwies auf das deutsche Know-How bei der Forschung an Fusionsreaktoren wie in Greifswald.

Der Wirtschaftsforscher Professor Sinn erklärt dann auch sehr plausibel, warum die beiden führenden Windkraftländer Europas die höchsten Strompreise haben und dass diese mit größer werdendem Anteil sogar noch weiter steigen werden. 2019 hatte Deutschland fast 200 Stunden mit negativen Strompreisen. Allein Pfingstsamstag kostet den Verbraucher, der zahlt es am Ende nämlich, 40 Millionen Euro für die Stromvernichtung.

Professor Sinn spricht dann auch über Wasserstoff, aber erneut rein wirtschaftlich. Der Wirkungsgrad von 25% bedeutet nämlich, dass am Ende alles 4 mal so teuer wird, was vorne hereingesteckt wird. Er nennt die Idee, Stromspitzen zur Wasserstofferzeugung zu nutzen, die Verklappung von Strom.

Ein spannender Teil sind die Berechnungen zum Thema CO2 Bilanz von KFZ. Der laut Sinn so gern verteufelte Diesel ist nämlich gar nicht so schlecht oder anders, der CO2 Rucksack von Elektroautos ist so schwer, dass diese erst jenseits der 200.000 Km die Bilanz in ihre Richtung drehen. Die durchschnittliche Lebensdauer eines KFZ ist aber lediglich 179.000 Km. Die schlechteste Bilanz hat ein Benziner, jene Technik, die wegen Dieselscham aber gerade beträchtlich wächst. Die beste Bilanz haben gasbetriebene KFZ, während Plug-in Hybride erstaunlich schlecht abschneiden.

Besonders nett ist die Beschäftigung mit einer neuen Studie aus Schweden, die dem E-KFZ eine deutlich bessere Bilanz bescheinigt. Sinn verweist auf einen Appendix, dass die guten Werte auf Basis von Zahlen berechnet wurden, die die Studienersteller sich für die Zukunft wünschen. Die Presse und Fans von erneuerbaren Energien haben diesen Passus offenbar überlesen als die Studie gefeiert wurde.

Carbon Leakage und grünes Paradoxon sind das letzte große Thema in dem Vortrag. Auch hier wieder ganz sachlich die Erklärung, dass die Europäer fossile Brennstoffe einsparen können (er nennt es grünes Säbelrasseln), dieses aber für eine Verbilligung außerhalb Europas führen wird.

Die Produzenten solcher Brennstoffe reagieren auf Preisrückgang nicht mit Verknappung sondern mit erhöhter Produktion. Das sorgt also für mehr CO2 Emission, das Gegenteil von dem, was man in Europa erreichen wollte. Sinn erklärt auch, warum das geschieht und führt hier überraschenderweise Norwegen auf. Dieses Land hat mittlerweile für jeden Einwohner etwa 1 Million Euro in Fonds investiert, denke aber gar nicht daran, seine Förderung von Öl und Gas einzustellen. Es wird gefördert, was nur geht. Warum sollten es also Ölscheichs anders machen?

Zum Ende kommt Professor Sinn dann nach vielen sehr ernüchternden Erkenntnissen über zum Teil absurde oder gar widersinnige Maßnahmen, die im Namen des Klimas getroffen wurden in Deutschland bzw. der EU, zu seinen Empfehlungen. Die sind tatsächlich sehr handfest und durchaus kontrovers:

  • Atomkraft
  • Aufforstung
  • Kauf des Amazonas Regenwalds
  • Quellensteuer auf Finanzinvestitionen, um Ölscheichs den Appetit auf Schweizer Bankkonten zu verderben
  • Gründung eines Climate Clubs (nach William Nordhaus), um über wirtschaftlichen Druck einen echten Emissionshandel zu erreichen

Man fragt sich, warum Professor Sinn erst nach seiner aktiven Zeit zu solcher Hochform aufläuft und uns die Leviten liest in Sachen Klimarettung. Oder wurde er nie wirklich von der Politik verstanden? Seine Ausführungen und Schlüsse in der Präsentation sind nicht immer angenehm, aber glasklar und logisch.  Man kann nur jedem raten, sich diese 120 Minuten Zeit zu nehmen und auf sich wirken zu lassen. Politikentscheider können hier noch was lernen. Einigen von ihnen müssten eigentlich 2 Stunden die Ohren klingen bei dem Vortrag.

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