Verkorkste Energiewende: Mit einem Viertel der Gelder hätte mehr für den Umweltschutz erreicht werden können

Warum die Energiewende zu scheitern droht

Es gibt immer wieder Artikel, die aus den Empfehlungen herausragen, die hier in diesem Blog gemacht werden. Einen solchen dürfen wir heute vorstellen, weil er eine Position einnimmt und diese mit Zahlen untermauert, die man ansonsten selten findet. Möglicherweise hat man bei der Zeitschrift CAPITAL nach dem im nachhinein stark kritisierten Artikel von Professor Claudia Kemfert über ein Gegenstück nachgedacht. Dieser Artikel aus CAPITAL ist am 24.02.2020 erschienen und stammt von Björn Vortisch. Er ist der CEO des Energiedienstleisters Enexion Group.

Vortisch benennt genau das, was auch schon Professor Joachim Weimann in einem Video monierte, und diesen dann zu der Aussage bewegte, dass Professor Claudia Kemfert sich mal eben um einige Hundert Milliarden verrechnet hat. Die Expertin hat die Marktprämien „vergessen“. Vortisch bestätigt das jetzt noch einmal.

„Dabei werden die Kosten verschleiert, Fehler aus ideologischen Gründen nicht eingestanden und physikalische Fakten ignoriert. Weil sie vollständig von den heimischen Verbrauchern bezahlt werden, sind die Kosten der Stromwende ein rein lokaler Standortfaktor im globalen Wettbewerb. Hier fehlt es jedoch an Transparenz. So wird beispielsweise häufig nur die Gesamtsumme der Einspeisevergütung (2018 circa 11,6 Mrd. Euro) kommuniziert, anstatt auch die über die EEG-Umlage finanzierten Marktprämien an direkt vermarktete Erneuerbaren-Anlagen zu beziffern. Diese lagen 2018 bei circa 14 Mrd. Euro. Die ehrliche Summe für 2018 beträgt somit 25,7 Mrd. Euro. Seit 2006 wurden  konkret nur über die EEG-Umlage circa 224 Mrd. Euro zusätzlich zu Stromsteuern und sonstigen Umlagen von den Verbrauchern aufgebracht.“

Danach macht Vortisch eine spannende Rechnung auf, mit einem Viertel der Gelder hätte mehr für den Umweltschutz erreicht werden können.

„Wenn es wirklich um nachhaltigen und bezahlbaren Umweltschutz geht, dann müssen die effizientesten Maßnahmen auch ideologiefrei diskutiert und die Kosten ehrlich kommuniziert werden. Ein Beispiel: Für weniger als 25 Prozent der bislang für die EEG-Umlage angefallenen Kosten hätten die vorhandenen Braun- und Steinkohlekraftwerke (2019: circa 42 Gigawatt installierte Leistung) durch moderne Gaskraftwerke ersetzt werden können. Der CO2-Einspareffekt: circa 140 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr – und somit 20 Millionen Tonnen mehr, als das Umweltbundesamt für die Einspareffekte aus dem bisherigen Erneuerbaren-Ausbau zeitgleich ausweist.“

Interessant auch seine Anmerkungen zu Studien, die immer wieder beigezogen werden, um noch mehr Erneuerbare Energien zu fordern.

Ein konkretes Beispiel: Die häufig zitierte Greenpeace-Energy-Studie zum Thema Dunkelflaute nimmt als Prämissen unter anderem 231 Gigawatt (GW) in Deutschland installierte PV-Leistung an. Derzeit, nach 20 Jahren Förderung, sind allerdings nur 48,8 GW installiert. Im vergangenen Jahr lag der Zubau bei 2,6 GW. Für Windkraft an Land geht die Studie von 190 GW aus (derzeit installiert: 53 GW, letztes Jahr Zubau von 2,3 GW). Hinzu kommen circa 40 neue Gaskraftwerke mit 67 GW (derzeit: 29,8 GW) sowie Wasserstoff-Speicherkraftwerke mit fantastischen 43 GW (derzeit praktisch 0 und großtechnisch gesehen Neuland). Wie diese gewaltigen Kapazitäten – allein 25.000 neue Windräder bei mangelnder Akzeptanz und inzwischen 1000 Bürgerinitiativen – schnell geschaffen werden sollen, und wer die Investitionen von vielen 100 Mrd. Euro stemmen soll – dazu gibt es in der Studie wie auch bei vielen anderen Experten keine Aussage.

Vortisch thematisiert auch den Glauben bzw. die Hoffnung der Studie, dass es nach 2030 noch Länder geben möge, die den deutschen Weg nicht gegangen sind und bei denen man dann Strom (auch aus Atomkraft und Kohle!) beziehen könnte. Sollte Deutschland nicht das leuchtende Vorbild sein? Aufschlussreich ist seine Analyse zum viel gescholtenen Kemfert Beitrag in CAPITAL.

„Außerdem werden Studien themenfremd herangezogen. Ein Beispiel aus einem Gastbeitrag der DIW-Ökonomin Claudia Kemfert: Es wird mit Hilfe einer Studie, die sich vorrangig mit den sogenannten Hellbrisen (also Zeiten mit viel zu viel Wind- und PV-Strom) beschäftigt, argumentiert, dass eine Dunkelflaute kein Problem sei. Nun ist es physikalisch aber viel einfacher, etwas, das zu viel da ist, wegzuschmeißen (etwa durch Abregeln von Windenergieanlagen), als etwas, was fehlt, herbeizuzaubern.“

Eine ganz klare Leseempfehlung. Hier geht’s zum CAPITAL-Artikel.

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Gibt es einen Zusammenhang zwischen Windkraft und Trockenheit? Ja, das meint zumindest die Aktion „Windpark Reinhardswald – dagegen!“ in einem Artikel. Dieser beruft sich in erster Linie auf die Studie Climatic Impacts of Wind Power aus den USA. Sie stammt aus dem Jahr 2018.

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Die Kalenderwoche 17/2020 ist in Deutschland geprägt von starker Trockenheit. Der Wind kommt aus dem Nordosten vorwiegend über Landflächen und kann sich daher auch nicht mit Feuchtigkeit anreichern. Aus diesem Grund steigt die Waldbrandgefahr in Teilen Deutschlands extrem an.

Wie trocken der Wind ist, zeigt diese Abbildung von Ventusky mit den Taupunkten. Der Taupunkt lag am Sonntag, 19.04.2020 im Nordosten Deutschlands bei teilweise -5 Grad Celsius, im Südwesten hingegen bei bis zu 12 Grad.

Die Klima-Alarm-Fraktion wird bei Temperatur-Werten um die 10 Grad in den besonders betroffenen Gebieten mit einer hohen Waldbrandgefahr enttäuscht werden. Für einen Waldbrand braucht man in erster Linie die Abwesenheit von Wasser und nicht eine hohe Temperatur. Waldbrände bei niedrigen Temperaturen (sogar Frost) sind daher kein Wunder sondern normal, solange es trocken ist.

Möglicherweise lässt sich die aktuelle Wetterlage auch sehr plausibel erklären mit der Nordatlantischen Oszillation NAO. Diese war in den ersten Monaten des Jahres 2020 positiv und es gab sehr viel Regen in den Monaten Januar und Februar in Deutschland.

Quelle: https://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/precip/CWlink/pna/nao_index.html

Ein positiver NAO-Index führt zu solchen Großwetterlagen:

Quelle: Hamburger Bildungsserver

Danach wechselte die NAO Anfang April ins Negative und auch das Wetter stellte sich bei uns um. Aber auch in Südeuropa mit viel Regen in Spanien und Portugal.

Quelle: Hamburger Bildungsserver

Es ist ohnehin sehr spannend, was in dem Artikel des Bildungsservers über die NAO beschrieben ist. Es klingt nicht wie 99% und Science is settled.

„Der Trend zur Verstärkung des NAO-Index in den letzten Jahrzehnten hat schon früh die Vermutung aufkommen lassen, dass daran die durch die Zunahme von Treibhausgasen verursachte globale Erwärmung beteiligt sei. Allerdings hat die Abschwächung der NAO nach 1995 daran auch wieder Zweifel geweckt. Die Beantwortung dieser Frage ist vor allem vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass die NAO-Verstärkung in den letzten 30 Jahren für etwa ein Drittel der Schwankungen der Oberflächentemperaturen auf der Nordhalbkugel in den Winterhalbjahren verantwortlich ist.[1] Falls das NAO-Verhalten der jüngsten Zeit allein in der natürlichen atmosphärischen Variabilität begründet liegt, hätte ein Großteil der gegenwärtigen Erwärmung über Europa und Sibirien nichts mit der Zunahme der Konzentration von Treibhausgasen zu tun. Wenn sich aber ein Einfluss der höheren Treibhausgaskonzentration auf die NAO nachweisen lässt, könnte auch dieser Teil der Temperaturzunahme über dem eurasischen Kontinent als weitgehend anthropogen angesehen werden. Ob sich die beobachteten Beziehungen zwischen NAO und dem europäischen Klima allerdings auch in Zukunft fortsetzen werden, ist ungewiss.

Ein Einfluss der globalen Erwärmung auf die NAO im 21. Jahrhundert lässt sich nur mit Modellrechnungen abschätzen. Modelle sind allerdings nur begrenzt in der Lage die NAO-Schwankungen im 20. Jahrhundert richtig wiederzugeben.[16] So hat keines von 18 untersuchten Modellen den starken NAO-Trend zwischen den 1960er und den 1990er Jahren reproduziert. Alle Modelle zeigen jedoch, dass bei einer Zunahme der Kohlendioxidkonzentration der Atmosphäre auch die Intensität der NAO zunimmt, allerdings nur in geringem Ausmaß. Möglicherweise besitzen die Modelle eine zu geringe Auflösung oder berücksichtigen bestimmte Antriebsfaktoren wie Änderungen der Stratosphäre zu wenig. Was alle Modelle übereinstimmend aber auch zeigen, ist der recht geringe Einfluss der NAO auf das europäische Klima im 21. Jahrhundert. Allerdings werden regionale Effekte wie stärkere Stürme vor den britischen Inseln, eine Zunahme von Starkregen im Mittelmeerraum oder ein Einfluss auf die nordatlantische Tiefenzirkulation durchaus für möglich gehalten.[17]

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