Tropfsteine mit Klimagedächtnis: Augusto Mangini meldet sich zurück

Nach mehrjähriger Pause hat sich Professor Augusto Mangini vom Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg wieder eindrucksvoll in der öffentlichen Klimadebatte zurückgemeldet. Schon früh hatte Mangini darauf hingewiesen, dass es in den letzten 10.000 Jahren erhebliche natürliche Klimaschwankungen gegeben hat, welche eng an die Entwicklung der Sonnenaktivität gekoppelt waren, woraufhin er von führenden IPCC-nahen Forschern scharf angegriffen wurde. Eine Übersicht zu Manginis Forschung und der unverständlichen Reaktion einiger führender deutscher Klimaforscher haben wir kürzlich in unserem Blog-Artikel „Professor Augusto Mangini – Ein Pionier des Klimarealismus“ gegeben.

Es ist höchst erfreulich, dass die Organisatoren des diesjährigen Extremwetterkongress in Hamburg Professor Mangini die Möglichkeit gaben, seine Forschung vor großem Publikum zu präsentieren. Sein Vortrag „Klimakurven im Vergleich – Warum es so große Unterschiede gibt“ lief in der Nachmittagssitzung des 20. März 2012, wobei allerdings der Zeitrahmen von 15 Minuten für das wichtige und komplexe Thema leider viel zu kurz war. Man muss sich schon wundern, dass andere Redner wie etwa der schillernde Prof. Hans-Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung die dreifache Redezeit zugeteilt bekamen, obwohl sie wenig Neues zu berichtet hatten. Ein Onlinevideo des Mangini-Vortrags gibt es leider nicht (dafür aber von Prof. Mojib Latif, das wir bereits an anderer Stelle ausgiebig kommentiert haben).

Anlässlich des Kongresses berichtete auch die Zeitschrift Bild der Wissenschaft in der April 2012-Ausgabe über Manginis Arbeiten. In seinem sehr ausgewogenen und lesenswerten Artikel „Klima in Kalk“ beschreibt Autor Klaus Jacob in leicht verständlicher Weise die Methodik und klimatischen Zusammenhänge der Heidelberger Tropfsteinforschung. Jacob schreibt:

„[Mangini] beschäftigt sich seit 15 Jahren mit Tropfsteinen – und ist zu einem erstaunlichen Ergebnis gekommen: Die natürlichen Klimaschwankungen sind größer, als die Wissenschaftler bisher annahmen. Das hat Konsequenzen für die Zukunft, denn die Schwankungen überlagern die menschlichen Einflüsse. Die Kontinente müssen also nicht zwangsläufig immer wärmer werden, sondern der Trend könnte auch eine Verschnaufpause einlegen, sogar eine vorübergehende Abkühlung ist möglich.“

Jacob weiter:

„[Mithilfe der Tropfsteine] hat Mangini das mitteleuropäische Klima der letzten 9000 Jahre rekonstruiert. Auffällig ist ein heftiges Auf und Ab mit Unterschieden von rund 2 Grad Celsius. […] Schon mehrfach in den letzten 8000 Jahren schoss die Temperatur innerhalb von nur 200 Jahren um rund 1 Grad in die Höhe. Die Temperatur scheint von Natur aus stärker zu schwanken, als es etwa der Weltklimarat IPCC in seinen Berichten ausweist. […] Manginis Kurven deuten nun […] auf den Beginn einer kühlen Phase hin.“

Klaus Jacob spricht dabei gleich eine Reihe von wichtigen Punkten an, an die sich viele seiner Journalistenkollegen leider noch immer nicht herantrauen:

(1)  Die vorindustrielle Nacheiszeit war durch erhebliche natürliche Klimaschwankungen geprägt, ohne Beteiligung von Kohlendioxid.

(2)  Diese natürlichen Schwankungen spielen vermutlich auch heute noch eine signifikante Rolle, die bislang unterschätzt wurde.

(3)  Die Modelle des Weltklimarats sind daher möglicherweise nicht so perfekt wie sie oft dargestellt wurden.

(4)  Der seit 2000 eingetretene Erwärmungsstop könnte weiter andauern, vielleicht sogar vorerst eine leichte Abkühlung bringen.

(5)  Ozeanzyklen wie die Pazifisch Dekadische Oszillation (PDO), die Atlantische Multidekadenoszillation (AMO) oder die Nordatlantische Oszillation (NAO) drücken die Temperaturen in den kommenden Jahrzehnten nach unten.

 

Die genannten Aspekte stellen einige der wichtigsten Kritikpunkte am IPCC dar und gehören auch zu den Kernthesen unseres Buches „Die kalte Sonne“. Es ist schön, dass Bild der Wissenschaft diese wichtige wissenschaftliche Diskussion zulässt.

Eine klitzekleine Kleinigkeit fehlt in dem Artikel jedoch. Nämlich der wichtige Hinweis, dass die von Mangini rekonstruierten Temperaturschwankungen in vielen Fällen synchron zur Sonnenaktivität verlaufen, also die Sonne Hauptursache der in den Tropfsteinen dokumentierten Klimaänderungen war. Doch dies ist ein heißes Eisen, denn es impliziert, dass die gerade erschlaffende Sonne in den kommenden Jahrzehnten einen weiteren Abkühlungsbeitrag bringen könnte. Und dass die Sonne auch in nicht unerheblicher Weise an der Erwärmung um 0,8°C seit 1850 beteiligt war. Vielleicht ist es daher gar nicht schlecht, dass Klaus Jacob die verflochtene Argumentationskette in einzelne Themenkomplexe unterteilt und sich hier zunächst auf die Darstellung der signifikanten Temperaturdynamik der letzten 10.000 Jahre beschränkt. Denn diese bildet die Grundlage für alle weiteren Diskussionspunkte. Möglicherweise lässt sich so der Knoten in der verfahrenen Klimadiskussion am ehesten aufbrechen.

Passend zu Manginis Medienauftritten im Rahmen des Extremwetterkongresses erschien jetzt auch eine neue Arbeit in der bekannten paläoklimatologischen Fachzeitschrift Climate of the Past Discussions, an der Mangini als Co-Autor beteiligt war. Wissenschaftler einer Forschergruppe um Prof. Denis Scholz von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz untersuchten hierbei einen Tropfstein aus der Grotta di Ernesto in Nordost-Italien, der das Klima der letzten 8000 Jahre archiviert hat. Die zeitliche Datierung der feinen Tropfsteinanlagerungsschichten erfolgte mithilfe der Uranmethode. Das klimatische Signal wurde anhand von Sauerstoff- und Kohlenstoff-Isotopenuntersuchungen rekonstruiert. Hierdurch konnte die Entwicklung der Temperatur und Feuchtigkeit für den Untersuchungszeitraum genau dokumentiert werden. Die Forscher fanden erhebliche Schwankungen in der Nacheiszeit, wobei eine Spektralanalyse der Klimakurven Frequenzen ergab, die den typischen solaren Zyklen entsprechen. Ein weiterer dokumentierter 25-Jahreszyklus könnte zudem der Nordatlantischen Oszillation (NAO) entsprechen. Das Wissenschaftlerteam schließt daraus, dass die Klimaentwicklung von Norditalien während der letzten 10.000 Jahre sowohl durch die Sonnenaktivität als auch die NAO gesteuert wurde. Da die Entwicklung teilweise von anderen, überregionalen Klimakurven abweicht, vermuten die Forscher, dass die nahen Gebirgsbarrieren der Alpen und des Apennin lokale Verzerrungen verursacht haben könnten.

Auf weitere Ergebnisse der spannenden Tropfsteinforschung können wir gespannt sein.

 

 Augusto Mangini im Juli 2007 auf 3SAT:

Bildquellen: Prof. Mangini, BdW, Grotta di Ernesto. Mit Dank an Rainer Hoffmann für Recherchehilfen.
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