The Race Is On

The Race Is On. Gemeint ist das Rennen um die Plätze im Expertenrat für Klimaschutz der Bundesregierung. Im Handelsblatt heißt es dazu:

“Das im Dezember 2019 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Klimaschutzgesetz umfasst nur neun Seiten. Ein Begriff taucht in dem Gesetz, um das Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) lange kämpfen musste, gleich an 22 Stellen auf: der Begriff „Expertenrat“. Die Schlussfolgerung, dass das Gremium eine wichtige Rolle bei der Umsetzung des Gesetzesspielen wird, ist daher naheliegend. Umso spannender ist die Frage, wer diesem Expertenrat für Klimafragen angehören wird.

Benannt wird der fünfköpfige Rat von der Bundesregierung, wobei die Federführung beim Umweltressort liegt. Offiziell heißt es in der Pressestelle des Ministeriums, in dem Expertenrat solle „mindestens ein Mitglied mit hervorragenden wissenschaftlichen Kenntnissen und Erfahrungen aus einem der Bereiche Klimawissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Umweltwissenschaften sowie soziale Fragen“ vertreten sein.”

Ob die von ihrer Medienpräsenz ausgehend offenbar einzige Energieexpertin Claudia Kemfert diesem Rat angehören wird, ist noch offen. Sie hatte erst kürzlich mit netten Schwurbeleien in der ZDF-Dokumentation Blackout auf sich aufmerksam gemacht. Gleich drei Böcke schoss sie da. Wir hätten „noch und nöcher“ Speicher, wir brauchen lediglich smarte Systeme (die es aber noch gar nicht gibt), dann wäre die Volatilität der Erneuerbaren Energien kein Problem und Dunkelflaute kommen nur für kurze Zeit im Januar vor. Wir berichteten. Hervorragende wissenschaftliche Kenntnisse sind das ganz klar nicht. Im Handelsblatt heißt es in Fall von Kemfert weiter:

“Auch Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und Mitglied im SRU, wird als Kandidatin für den Expertenrat gehandelt. Die medienaffine Ökonomin ist in der Debatte rund um Klimaschutz und Energiewende sehr präsent, in der Fachwelt aber nicht unumstritten. Kemfert gilt als Verfechterin eines kompromisslosen Kurses in der Klimaschutzpolitik. Zweifel oder Kritik wischt sie beherzt beiseite.

Erst Ende vergangenen Jahres verwies sie beispielsweise in einem auf der Website von „Capital“ erschienenen Beitrag Kritik an der Umsetzung der Energiewende ins Reich der „Mythen“. Kritik, die Energiewende sei zu teuer, Ökostrom zu zappelig, die Sonne zu schwach, der Wind zu still, der Speicherplatz zu knapp und das Netz zu löchrig, bezeichnete sie in ihrem Text kurzerhand als das „Klage-Stakkato der Energiewende-Gegner“.

Ihre Kritiker bewerten den Beitrag als Musterbeispiel für eine verengte Sichtweise. Die Wissenschaft dürfe nicht „so verantwortungslos sein, ohne die nötige kritische Distanz eine von reinen Wunschvorstellungen geprägte Werbung für bisherige politische Ansätze zu betreiben, deren Erfolge ganz offensichtlich begrenzt und deren Kosten fraglos äußerst hoch ausgefallen sind“, sagt beispielsweise Christoph M. Schmidt, RWI-Präsident und scheidender Vorsitzender des Sachverständigenrates, mit Blick auf Kemferts Aufsatz.”

Einer, der Kemfert stark kritisierte, ist der Düsseldorfer Ökonom Justus Haucap. Auf seinem Blog seziert er einen Aufsatz von Kemfert in der Zeitschrift Capital. Da setzt es eine Ohrfeige nach der anderen für die Aussagen von Kemfert. Die macht es sich einfach, immer wenn es Kritik an der deutschen Energiewende gibt, dann wird das von Kemfert als Mythos bezeichnet, allerdings ohne den sauber zu entkräften. Dafür vergisst Kemfert lieber mal solche Dinge wie die Marktprämie und damit fehlen gewaltige Summen in ihrer Rechnung.

“Besonders bemerkenswert an dem Beitrag in Capital ist, dass gleich zu Beginn des Beitrags die Förderung der erneuerbaren Energien ausschließlich mit der Einspeisevergütung nach dem EEG-Gesetz gleichgesetzt wir.

„Seit Beginn beträgt die Fördersumme 167 Mrd. Euro, seit 2005 sind es 152 Mrd. Euro“, so heißt es in dem Beitrag unter Verweis auf das Statistische Bundesamt. Jeder Kenner der Energiewende reibt sich hier verwundert die Augen, denn es ist bekannt, dass seit 2012 die Förderung der erneuerbaren Energien keineswegs nur aus der festen Einspeisevergütung besteht, sondern zunehmend aus Vergütungen nach dem sog. Marktprämienmodell.

Claudia Kemfert berücksichtigt in ihrer Berechnung jedoch nur die Einspeisevergütungen. Im Jahr 2018 waren dies 11,68 Mrd. Euro, die Vergütungen nach dem Marktprämienmodell in Höhe von rund 13,9 Mrd. Euro für 2018 werden einfach unter den Tisch gekehrt. Zusammen genommen wären es aber nicht 11,7 Mrd. Euro, sondern 25,6 Mrd. Euro, d.h. für 2018 werden über die Hälfte der Vergütungen einfach weggelassen.

Dies wird nicht erwähnt und daher auch nicht begründet und ist mindestens ein grober Fauxpas. Eine solch fehlerhafte Darstellung der EEG-Förderung darf einer Expertin nicht unterlaufen, denn dass die EEG-Förderung aktuell bei rund 25 Mrd. Euro pro Jahr liegt, weiß eigentlich jeder.”

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Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm. Das ruft in einem FAZ-Kommentar Johannes Pennekamp den Lesern und ganz besonders den von Gas abhängigen Industrien zu.

“Einen weiteren Beleg dafür, dass Deutschland sich das – wenn auch unter wirtschaftlich großen Schmerzen – leisten kann, hat eine Gruppe von Ökonomen am Freitag vorgelegt. Sie kamen in einer neuen Berechnung zu dem Ergebnis, dass ein sofortiger Importstopp zwar eine Rezession, aber keinen Zusammenbruch der Volkswirtschaft verursachen würde. Das hatten die Ökonomen schon im Frühjahr prophezeit und waren dafür vom Bundeskanzler abgekanzelt worden. Nun versahen sie ihre Berechnung mit dem Hinweis, dass ihre Zahlen inzwischen belastbarer seien als im März. Einfach wegwischen kann die Regierung all das nicht mehr so einfach. Zumal selbst die Industriebranchen wie Chemie und Glas, die im Frühjahr am lautesten geschrien hatten, Wege gefunden haben, mit weniger Gas auszukommen.”

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Die deutsche Anti-Atom-Bewegung, deutlich kleiner als der Zentralfriedhof von Chicago, dafür aber doppelt so tot. Die Tagesschau hat sich die Gegner-Szene angesehen und berichtet über den Stimmungsumschwung in Sachen Kernenergie. Warum viele Grüne immer noch von einem gesellschaftlichen Konsens reden, ist unverständlich.

“Der russische Angriffskrieg und die daraus resultierende Energiekrise haben alte Gewissheiten infrage gestellt. Das bekamen am vergangenen Wochenende auch die Leser der Tageszeitung „taz“ vor Augen geführt, deren eigene Geschichte eng mit der Anti-AKW-Bewegung verbunden ist. Von der Titelseite lächelte ihnen zwar die vertraute rote Sonne auf gelbem Grund entgegen – das Symbol der Anti-AKW-Bewegung. Darunter war aber nicht der berühmte Slogan „Atomkraft? Nein Danke“ zu lesen, stattdessen titelte die „taz“: „Atomkraft? Lass Laufen“. Der Leitartikel der Zeitung kommt zu dem Schluss, dass der Streckbetrieb der Atommeiler angesichts der Energiekrise zu einem „notwendigen Übel“ werden könnte.

Der Stimmungsumschwung spiegelt sich auch in Meinungsumfragen wider. Als nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima ein schnellerer Atomausstieg beschlossen wurde, gab es dafür noch eine breite Mehrheit. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend sprachen sich hingegen mehr als 80 Prozent der Befragten für längere Laufzeiten aus, rund 40 Prozent wollen die Atomkraft sogar langfristig nutzen. Nur 15 Prozent der Befragten sind dafür, bis zum Jahresende aus der Kernenergie auszusteigen.”

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China legt Kooperation mit den USA in Sachen Klima auf Eis. Als Reaktion auf den Besuch von Nancy Pelosi in Taiwan will man die Gespräche über die Zusammenarbeit aussetzen. Ob das viel am Status Quo ändert? China darf, da es immer noch als Entwicklungsland eingestuft ist, laut Pariser Klimaabkommen noch lange Zeit noch CO2 emittieren. Ein Fakt, der gern in Europa ignoriert wird, was angesichts der schieren Menge der Emissionen aber gewaltige Auswirkungen hat oder anders gesagt Europa kann noch so viel sparen, es verpufft angesichts der Steigerungen in China. Wie Fritz Vahrenholt bei seinem Vortrag auf der Stuttgarter Energiewende-Tagung ausführte, hat China Deutschland bei den Pro-Kopf-Emissionen in 2020 überholt.

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