Strommangel, Stromüberschuss, Milchsee und Butterberg

Von Reinhard Storz

Manch einer aus der älteren Generation wird sich noch an die Zeit erinnern, als in Presse, Funk und Fernsehen von einem Milchsee und einem Butterberg die Rede war. Die Politiker hatten es gut gemeint und, um den Landwirten zu helfen, auskömmliche Preise für Milch beschlossen. Diese planwirtschaftliche Festlegung führte zu einer immer weiter steigenden Milchmenge in Westdeutschland. Es war die Rede vom Milchsee.

Es gab zahlreiche Ideen was man mit der überflüssigen Milch anfangen könnte. Man solle den Schulkindern in der Pause Milch oder Kakao verabreichen usw. Überschüssige Milch wurde zu Milchpulver und zu Butter verarbeitet. Der nun entstehende Überschuss an Butter wurde in Kühlhäusern gelagert bis auch dort kein Raum mehr war. Schließlich hat man einen Teil der in Deutschland nicht verkäuflichen Buttermengen für einen Bruchteil des Marktpreises nach Russland verkauft und einen anderen Teil schließlich nach Chile verschenkt.

Die Politiker haben damals gelernt, dass das der falsche Weg war und vor mehr als 30 Jahren zur Förderung der Landwirtschaft eine Milchquote eingeführt. So wurde der Milchsee ausgetrocknet und der Butterberg verschwand. Durch die Planwirtschaft bei Solar- und Windstrom haben wir inzwischen ähnliche Verhältnisse wie früher bei Milch und Butter. Wenn der Wind stark weht und die Sonne scheint werden Kohle- Gas- und Atomkraftwerke zurückgefahren. Dennoch haben wir zeitweise einen Überschuss an Ökostrom. Der ist in Deutschland bei den Verbrauchern nicht unterzubringen. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen geht man 2 Wege.

1. sucht man in Nachbarländern nach Abnehmern. Das gelingt auch häufig. Allerdings sind die meist nicht bereit für den überschüssigen Strom zu bezahlen. Der Strom wird also manchmal verschenkt, meistens muss noch draufgezahlt werden, damit der Strom überhaupt abgenommen wird. Die Kosten werden bei uns Stromverbrauchern kassiert.

2. werden bei überlasteten Netzen beispielsweise Windräder abgestellt. Den Betreibern der Windräder wird aber der Preis für den nicht produzierten Strom vergütet. Auch diese Kosten werden bei uns Stromverbrauchern kassiert.

Es gibt aber ja auch die Zeiten da der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Da könnte man den zuvor im Überfluss vorhandenen Strom gut brauchen. Ein Programm für noch mehr Windräder oder Solardächer hilft da nicht weiter. Eine zehnfache Menge an Solarflächen liefert nachts auch keinen Strom und eine zehnfache Menge an Windrädern hat bei Windstille keinerlei Nutzen. In der Natur sind Schwankungen ja nichts außergewöhnliches. Wir erinnern uns an die Geschichte vom Pharao und den 7 Fetten und den mageren Jahren. Überschuss an Nahrungsmitteln wurde schon vor Jahrtausenden für schlechte Zeiten gespeichert.

Um die Schwankungen bei Sonnen- und Windstrom auszugleichen sind also Stromspeicher dringend erforderlich. Von den Politikern müssen die Weichen so gestellt werden, dass zusätzliche Windräder und Solarflächen nur noch genehmigt werden wenn sie mit entsprechender Speicherkapazität ausgerüstet sind. Ziel der Energiewende ist es ja, wie man überall nachlesen kann, den Strom aus den  Kohlekraftwerken durch Strom aus Sonne und Wind zu ersetzen. Der muss dann aber auch rund um die Uhr verfügbar sein. Mit dem bisher mal verfügbaren, dann wieder nicht verfügbaren Strom aus Windrädern und Solardächern ist das nicht möglich.  Dieser, von manchen Menschen abfällig als minderwertiger Zappelstrom bezeichnet, muss durch Stromspeicher dauerhaft verfügbar gemacht werden. Nur so kann eine Energiewende gelingen.

Daher sollten zunächst Demonstrationen stattfinden für die Einführung ausreichender Stromspeicher. Erst wenn das erreicht ist und es immer noch Kohlekraftwerke gibt, ist es sinnvoll gegen diese auf die Straße zu gehen, es sei denn sie werden mit einer CO2- Abscheidung ausgerüstet. Wer Kohlestrom abschaffen will ohne eine sichere und dazu noch möglichst bezahlbare alternative Versorgung, sägt an dem Ast auf dem wir alle sitzen. Aber wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben. Wie die Politiker schließlich mit der Milchquote den Butterberg und den Milchsee in den Griff bekommen haben, werden sie auch, möglichst bald, die erforderlichen Stromspeicher auf den Weg bringen.

Pumpspeicherwerke für derartige Strommengen dürften aus technischen und ökonomischen Gründen ausscheiden. Ähnlich sieht es bei Druckluftspeichern  aus, die einen geringeren Wirkungsgrad haben als Pumpspeicherwerke. Batteriespeicher sind bei heutigen Kosten unbezahlbar. Es bleibt wohl nur die Option aus überschüssigem Strom Wasserstoff als Energieträger herzustellen.

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