So viel Meereis in der Antarktis wie seit 30 Jahren nicht mehr

Das antarktische Meereis wächst und wächst. Im zweiten Jahr in Folge wurde um den siebten Kontinent ein neuer Eisrekord aufgestellt. Das Alfred-Wegener-Institut berichtete am 15. Oktober 2013 über die überraschende Entwicklung in einer Pressemitteilung auf meereisportal.de:

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So viel Meereis in der Antarktis wie seit 30 Jahren nicht mehr

Angesichts der globalen Erwärmung erscheint es paradox, dass die Meereisbedeckung des südlichen Ozeans im vergangenen Monat eine größere Fläche bedeckt hat als in den letzten Jahrzehnten. Lediglich Mitte der 70er Jahre wurde eine ähnliche Ausdehnung beobachtet. Im Mittel waren im September 2013 19,48 Millionen Quadratkilometer, eine Fläche mehr als 50 mal so groß wie Deutschland, mit Meereis bedeckt. Das absolute Maximum von 19,65 Millionen Quadratkilometer wurde am 18. September erreicht. Auch wenn dieses Maximum in der eisbedeckten Fläche nicht mit einem Maximum des Gesamtvolumens oder der Gesamtmasse gleichgesetzt werden kann, vermuten die Meereisphysiker Marcel Nicolaus und Stefan Hendricks vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) „Diesen Winter gibt es in der Antarktis so viel Meereis wie lange nicht mehr, wenn es überhaupt seit Beginn der regelmäßigen Satellitenbeobachtungen schon einmal so viel Meereis gegeben hat.“

 

Um solche Aussagen in Zukunft bestimmter treffen zu können, arbeiten die Forscher des Alfred-Wegener-Institutes derzeit gemeinsam mit Kollegen verschiedener Institute daran auch die Dicke des Meereises in der Antarktis aus Satellitenbeobachtungen ableiten zu können. In der Arktis ist dies seit kurzem möglich, allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen Arktis und Antarktis. Der Schnee ist dicker, inhomogener und schmilzt auch im Sommer nicht vollständig. Zudem wird viel Meereis an der Oberseite gebildet, ein Phänomen, das in der Arktis deutlich seltener antrifft. Dann kann zukünftig das Volumen des Meereises auch dort aus der Dicke und der Ausdehnung berechnet werden.

Die eisbedeckte Fläche des antarktischen Ozeans wächst alljährlich von  ihrem Minimum am Ende des antarktischen Sommers (Februar) von drei bis  vier Millionen Quadratkilometern auf ein Vielfaches (etwa fünf bis sechs  Mal so viel) zum Maximum am Ende des Winters (September). Hierbei  zeigen sich jedoch große regionale Unterschiede, so dass das  antarktische Meereis eigentlich als ein Puzzle aus unterschiedlichen  Eisbedeckungen zu betrachten und zu bewerten ist. Obwohl über die letzten Jahre insgesamt eine Zunahme der Eisbedeckung im  Winter und Sommer beobachtet wird, nimmt es zum Beispiel um die Spitze  der antarktischen Halbinsel vor allem im Sommer deutlich ab. Während  sich die Antarktische Halbinsel in den letzten Jahrzehnten deutlich  erwärmt hat, blieb die Temperatur in anderen Regionen stabil.

Diese  Unterschiede und die allgemeine Zunahme des Meereises in vielen Regionen  resultieren zum Großteil aus Veränderungen des Windes, der das Meereis  stärker auseinander treibt. Andererseits haben die Temperaturen und  Winde vom antarktischen Kontinent einen starken Einfluss auf den ihn  umgebenden Meereisgürtel. Auch das sind Unterschiede zur Arktis, was  dazu beiträgt, dass sich das Meereis in beiden Polarregionen so  unterschiedlich verhält. Um alle diese Zusammenhänge besser verstehen zu können, hat das AWI in den letzten Monaten zwei Winterexperimente mit dem Forschungseisbrecher Polarstern ins Weddellmeer durchgeführt. Bei diesen Expeditionen haben die Wissenschaftler auch immer dickes und kompaktes Eis angetroffen, worauf sie ihre These vom Maximum der Eismasse stützen. Neben den Messungen während der Reise wurde auch eine Vielzahl an automatischen Messstationen auf dem Meereis ausgebracht. Diese messen nun kontinuierlich die Dicke, Temperatur und Bewegung des Meereises und seiner Schneeauflage und senden ihre Daten via Satellit an das AWI und andere Projektpartner.

Berichte, Fotos, Karten und Daten dieser Experimente werden hier dargestellt und kommentiert. Weitere Informationen sind auch über den Steckbrief zum Thema Meereis sowie die Internetseiten der Sektion Meereisphysik verfügbar.

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Siehe auch englischsprachiger Beitrag auf notrickszone.com.
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