Sind die Wetterstationen auf Spitzbergen richtig geeicht?

Von Bruno Hublitz

Bei dem physikalischen Kolloquium an der FAU in Erlangen am 09. Januar 2019 erläuterte der ARD-Wettermoderator Karsten Schwanke wie und warum sich der Jetstream abschwächt. Auszug aus seinem Vortrag, der hier mitverfolgt werden kann:

„…….d. h., wenn wir sagen, dieser sehr trockene, sehr lange und vor allem sehr lange Sommer den wir in diesem Jahr hatten, der hatte mit der Abschwächung des Jetstreams zu tun.   …….

….. Und warum wird nun dieser Jetstream deutlich schwächer, und warum wird er vor allem noch schneller sich abschwächen als wir es bisher gedacht haben? Das hat mit der Klimaerwärmung zu tun. In den letzten Jahrzehnten, in etwa seit den 70-er und 80-er-Jahren hat sich die Erde komplett unterschiedlich erwärmt!

Ich war für eine ARTE-Reportage im Frühjahr auf Spitzbergen. Dort gibt es verschiedene Wetterstationen. Die messen das Wetter dort. Lassen Wetter-Ballons aufsteigen und die haben mir ihre Daten gezeigt. Dort steigt die Temperatur zur Zeit in 10 Jahren um 1,6 °C, also pro Jahrzehnt im Mittel steigt die Temperatur dort um 1,6°C. Das ist enorm! Und im großen Rest der Welt steigt im Mittel die Temperaturen pro Jahrzehnt um 0,1 °C, d. h, wir erleben in einigen Regionen der Arktis eine Erwärmung um den Faktor 15! Ungefähr 15 mal so stark wie im Rest der Welt. Und diese stärkere Erwärmung der Arktis, die führt dazu, dass der Temperaturunterschied zwischen Nordpol und Äquator – auch im Winter – abnimmt und der Jetstream deshalb schwächer wird.“

 

Abb1.:  Screenshot der Projektion vom Vortrag von Herrn Schwanke

 

Die gleiche Aussage findet man auch in der ARD-Programm-Beschreibung unter https://programm.ard.de/TV :

 

Die vom emeritierten Professor Ole Humlum an der Universität Oslo initiierte  Plattform „climate4you“ bietet dem interessierten Laien eine gut Möglichkeit sich über aktuelle Klimaentwicklungen sachgerecht zu informieren (Dank an Sebastian Lüning für den Hinweis). So kann man sich auch von Temperaturentwicklungen in der Arktis ein gutes Bild verschaffen. Daraus die Abb. 2 der Temperaturen in der Arktis (65N-90) „händisch“ ergänzt mit der Angabe von Herrn Schwanke.

Abb. 2:  Arktische Temperaturen, Quelle: climate4you; ergänzt mit „händischer“ Anstiegsrate und 1,6°C/Dekade-Gradient aus Vortrag K. Schwanke am 09. Jan. 2019 an der FAU

 

Aus climate4you ergibt sich für die Arktis vereinfacht „händisch“ geglättet dabei in 40 Jahren ein Anstieg von ca. 1°C (man kann auch einen etwas größeren Wert ablesen). Unbestritten ist der Gradient in der Arktis ausgeprägter als in anderen Regionen der Welt. Datenbanken von Cowtan & Way oder GISS liefern 0,6 – 0,7 °C/Dec (Hinweis von Frank Bosse, mit Dank verbunden).

Auf Nachfrage über wetter@DasErste.de  habe ich leider von Herrn Schwanke keine Antwort erhalten, wie der auf Spitzbergen gemessene Temperaturanstieg von 1,6°C in 10 Jahren zustande kommt. Trägt man den bei einem physikalischem Kolloquium an einer deutschen Universität genannten Wert vereinfacht (wohlwissend wissenschaftlich nicht exakt) in das climate4you-Diagramm ein, ergibt sich das oben gezeigte Bild. Möge sich der verehrte Leser selbst seine eigene Meinung bilden, über vermutlich reißerische Aussagen in einem Klima-Vortrag.

 

NACHTRAG:
Die Daten sprechen eine klare Sprache. Bei NASA GISS findet man die Spitzbergen-Station „Svalbard Luft“. Nach dem Interpolieren von einigen Lücken ergibt sich für jährliche Mittelwerte ein Trend von 0,93°C/Dekande. Zum Vergleich sind die von Karsten Schwanke erwähnten 1,6 °C rot vermerkt. Er unterstellt fälschlicherweise eine Erwärmung von 173% gegenüber dem in GHCN ermittelten Trend.

 

Abb. 3: Temperaturentwicklung auf Spitzbergen auf Basis der Station ‚Svalbard Luft‘ (GISS).

 

 

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