Scholz in Kanada – alles machbar!?

Man kann nicht behaupten, dass die Bundesregierung sich nicht um Flüssiggas-Lieferung bemüht. Da war bereits die Reise von Wirtschaftsminister Habeck nach Katar, inkl. tiefer Verbeugung vor den Scheichs. Hinterher stellte sich allerdings heraus, dass die Kataris an langfristen Lieferbeziehungen interessiert sind und nicht kurzfristig Lücken füllen wollen. Das allerdings kollidiert mit den Fahrplänen der Ampel in Sachen Ausstieg aus fossilen Energien. Und schon war das Thema LNG aus Katar erledigt.

Nun ein neuer Versuch in Kanada. Politico bemerkt dazu, dass Kanadas Ministerpräsident Trudeau zwar von Machbarkeit von LNG-Lieferung spricht, aber blöderweise sind die Anlagen dafür im Westen Kanadas und Deutschland liegt auf der Ostseite plus weitere 6.000 Km über den Atlantik. Immerhin sagt Trudeau, dass sich seine Regierung überlege, wie man Genehmigungsverfahren erleichtern könnten. Nach kurzfristiger Hilfe sieht das aber nicht aus. Wird es nach diesem Trip so sein, wie nach der Reise in den Mittleren Osten? Man habe es ja wenigstens versucht. Immerhin, Scholz und Trudeau besiegelten laut Tagesschau ein Abkommen für Wasserstoff. Das ist aber ebenfalls noch Zukunftsmusik.

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Rotmilan gegen Windrad, nächste Runde.

Erstaunlich sachlich berichtet die Süddeutsche Zeitung über das Thema.

“Laut Richtlinie der Europäischen Union geht es bei bedrohten Arten um den Schutz jedes einzelnen Vogels. Gilt bei einem Infrastrukturprojekt das Tötungsrisiko eines Seeadlers, Baumfalken, Uhus oder eben Rotmilans als „signifikant erhöht“, dann wackelt die Baugenehmigung. Entscheidend ist dabei der Abstand zu Brutstätten. Da die Natur aber bisweilen nicht das tut, was der Menschen plant, bewegt man sich häufig in rechtlichen Grauzonen, Gutachten folgt auf Gutachten, Gerichte tun sich schwer damit, zu entscheiden.”

Auch die ZDF-Sendung, die als Befreiungsschlag für die Windkraft gedeutet wurde, kommt in dem Artikel vor. Wir berichteten.

Im Februar erschien in der ZDF-Sendung „Frontal“ ein Beitrag, der vor allem die Windkraftgegner aufschreckte. Darin präsentierte das von der EU geförderte Projekt Life Eurokite erste Ergebnisse zu der Frage: Woran sterben Rotmilane? Das Team um den österreichischen Biologen Rainer Raab fängt dazu Vögel und versieht sie mit einen GPS-Sender. Stirbt ein Vogel, stellt ein Tierarzt die Todesursache fest. Am häufigsten werden Rotmilane auf dem europäischen Festland demnach von natürlichen Feinden gefressen, illegale Vergiftung folgt auf Rang zwei vor Straßenverkehr, Stromleitungen, Abschuss und Schienenverkehr. Windräder kommen erst auf Rang sieben.

Nach der Sendung erlebten die Mitarbeiter von Life Eurokite, wie emotional die Debatte geführt wird. Sie sahen sich genötigt klarzustellen, dass es sich um vorläufige Ergebnisse handle, die endgültige Analyse dauere noch an. Das Team will sich zum Thema Windräder nicht mehr äußern, bis das Projekt abgeschlossen ist. Also frühestens Ende des Jahres.

Am Ende stellt die Süddeutsche allerdings auch fest, dass das neue deutsche Naturschutzgesetz gegen EU-Recht verstoßen könnte. Es wäre eine gewisse Ironie, weil genau dieses EU-Recht in Sachen Naturschutz auch maßgeblich von den Grünen erkämpft wurde.

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Grünes Ammoniak: Rohstoff, Energieträger und Kraftstoff in der Seefahrt. Futurefuels mit einem interessanten Artikel zu dem Thema Ammoniak.

“Experten zufolge ist der Einsatz von Ammoniak als Kraftstoff zum Beispiel in herkömmlichen Viertakt-Verbrennungsmotoren möglich. Da NH3 keinen Kohlenstoff enthält, wird bei der Verbrennung auch kein klimaschädliches CO2 freigesetzt. Lachgas und andere Stickoxide (NOX) könnten durch Katalysatoren weitgehend unschädlich gemacht werden. Doch auch Neuentwicklungen sind im Gange.”

“Ein Selbstläufer wird die Schifffahrt mit Ammoniak jedoch nicht. Es gilt noch Hürden zu überwinden. Darauf weist auch DNV hin. Diese betreffen etwa die Herkunft des Ammoniaks und die künftigen Kosten für grünes Ammoniak. Bislang wird NH3 vor allem aus Kohlenwasserstoffen hergestellt und bietet somit klimatechnisch kaum einen Vorteil. Grünes Ammoniak dagegen, das durch Elektrolyse aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, könnte eine hervorragende Quelle für alternativen Kraftstoff sein. Wie auch bei anderen Future Fuels besteht die Herausforderung darin, künftig deutlich größere Mengen zu produzieren und zugleich die Herstellungskosten zu senken, um den Kraftstoff für die Schifffahrt rentabel zu machen.”

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Daniel Wetzel beschreibt in der Welt verschiedene Möglichkeiten, um den Strompreis zu senken.
Das Merit-Order-Prinzip beschert den Verbraucher gerade stark steigende Preise und den Betreibern von Windkraft, Solarstromanlagen, aber auch Kernkraftwerken riesige Margen. Der Artikel steht hinter eine Bezahlschranke.

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Spieglein, Spieglein an der Wand, welche ist die günstigste Energie im Land? En-former, der Energieblog von RWE stellt eine Studie zu den Kosten der Stromproduktion vor. Windkraft und Solar fallen hier mit den geringsten Kosten auf. Allerdings steigen auch hier die Preise, weil die Rohstoffe teurer werden. Die Studie betrachtet nicht, dass die Erneuerbaren Energien im Geiste immer noch mit dem Speicher bzw. Backup gerechnet werden müssten.

“Den momentanen Preisanstieg bei den Erneuerbaren bezeichnet BNEF als eine „schwierige Phase“ und keinen Wendepunkt. Die Kosten für Erneuerbare werden sehr wahrscheinlich wieder dem Abwärtstrend folgen – sofern die Nachfrage stark bleibt, der Druck in der Lieferkette nachlässt und mehr Anlagen ans Netz gehen. Diese Ansicht teilt auch das US-Energieministerium (DoE). Es hat ein Programm namens „Sunshot 2030“ (Link in Englisch) aufgelegt, mit dem die Kosten für Photovoltaik bis 2030 auf 0,03 Dollar je Kilowattstunde (kWh) gesenkt bereits drei Jahre früher erreicht – im Jahr 2017.

IRENA beschreibt einen ähnlichen Trend in der Windenergie: Die Analysten gehen davon aus (Link in Englisch), dass die globalen Stromgestehungskosten für Onshore-Windkraftanlagen von durchschnittlich 0,06 Dollar je kWh im Jahr 2018 auf nur 0,03 bis 0,05 Dollar je kWh im Jahr 2030 und 0,02 bis 0,03 Dollar je kWh im Jahr 2050 sinken werden. Die in Runde vier erzielten Preise für Offshore-Windkraftanlagen in Großbritannien sprechen für sich.”

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Keine Kapazitäten bei Kraftwerken: Stromverbrauch könnte zur Achillesferse der Wärmepumpe werden. Das Handelsblatt (Bezahlartikel) über Wärmepumpen und deren Strombedarf.
Um 10 Gigawatt könnte die Spitzenlast an kalten Wintertagen steigen bei 6 Millionen Wärmepumpen.

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Vier Gründe, warum die Gasumlage ein Fehler ist. Ursula Weidenfeld hat sie in den Stuttgarter Nachrichten aufgelistet.

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Heute.at interviewt Stefan Rahmstorf vom Potsdamer Institut für Klimafolgenfrischung. Rahmstorf geht davon aus, dass ich die Erde um 3 Grad Celsius erwärmen wird.

“Ist das 1,5-Grad-Ziel überhaupt noch realistisch? Was muss getan werden?

Physikalisch ist das noch möglich, auch die notwendigen Technologien für die Energiewende haben wir. Wir müssten es aber zur Priorität machen, die CO2-Emissionen weltweit bis 2030 zu halbieren und bis 2050 ganz auf null zu bringen.

1,5-Grad-Welt oder 3-Grad-Welt – wo ist der Unterschied?

Es ist der Unterschied zwischen einer Welt, wo wir uns noch geordnet an den Klimawandel anpassen können, und einer Welt, wo vieles außer Kontrolle gerät, wo Hungersnöte wüten, Küstenstädte untergehen, Ökosysteme kollabieren und sehr sehr viele Menschen auf der Flucht sind.

Im Detail kann man das nicht vorhersehen, aber es wird höchstwahrscheinlich so, dass ich das meinen Kindern und Enkeln auf keinen Fall zumuten möchte.

Was viele nicht wissen: der globale Mittelwert besteht zu siebzig Prozent aus Ozeantemperaturen, die Landmassen erwärmen sich viel stärker. Eine 3-Grad-Welt wäre keineswegs nur doppelt so schlimm wie eine 1,5-Grad-Welt, sondern es werden Belastungsgrenzen überschritten, sowohl für Ökosystem wie auch für die menschliche Gesellschaft.”

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Ein weiteres Kohlekraftwerk geht zurück ans Netz. Heyden 4 soll laut Angabe der Tagesschau wieder Strom produzieren.

“Ab kommenden Montag soll das Steinkohlekraftwerk Heyden 4 im nordrhein-westfälischen Petershagen wieder Strom erzeugen. Wie der Energiekonzern Uniper mitteilte, werde das Kraftwerk voraussichtlich bis Ende April 2023 wieder in den Markt zurückkehren und so „zur Sicherstellung der Stromversorgung in Deutschland“ beitragen.

Mit einer Leistung von 875 Megawatt ist Heyden 4 laut Uniper eines der leistungsstärksten Kohlekraftwerke Deutschlands. Es ist seit Mitte 2021 ein Reserve-Kraftwerk, produziert also nur zeitweise Strom für die Netzstabilität.

Zuvor war bereits das Steinkohlekraftwerk Mehrum im niedersächsischen Hohenhameln, das dem tschechischen Energiekonzern EPH gehört, ans Netz zurückgekehrt. Seit Anfang August produziert das Kraftwerk mit einer Leistung von 690 Megawatt nun wieder regulär Strom. Auch der Essener Energieversorger STEAG hatte angekündigt, Reserve-Steinkohlekraftwerke wieder an den Markt bringen zu wollen.”

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Leserpost von Dipl. Ing. Martin Krohn:

Betreff: Wie nah ist der Kipp-Punkt?

Sehr geehrte Damen und Herren,

einige Anmerkungen zum Blog vom 22. 08. 22. In einem Artikel wird gefragt „Wie weit ist der Kipp-Punkt?“ Es geht darin um neue Forschungen um das Golfstromsystem und die Auswirkungen bezüglich des Klimawandels. Mojib Latif, äußert sich dahingehend, dass wir nur erahnen können, wie sich das System verändert und wir einem Kipp-Punkt entgegentreiben an dem ein unaufhaltsamer Kollaps seinen Lauf nimmt.

Dabei handelt es sich nach meiner Meinung wieder einmal um völlig unsinnige Panikmache. Die Erde hat in den letzten 10000 Jahren schon mehrere Warmzeiten mitgemacht und es ist nicht zu einem unaufhaltsamen Kollaps gekommen. Die meisten dieser Warmzeiten lagen deutlich über dem heutigen Niveau und es hat in der Vergangenheit keinen Kollaps gegeben. Die aktuelle Warmphase liegt noch leicht unter dem Temperaturniveau des Mittelalters – und das war die am geringsten ausgeprägte Warmphase.

Die aktuelle Warmphase ist im Verlauf der natürlichen Klimaschwankungen, nach der mittelalterlichen Warmphase und er kleinen Eiszeit durchaus zu erwarten. Es ist an der jetzigen Warmphase auch nichts Ungewöhnliches, was zu Besorgnis Anlass geben sollte. Ich verstehe nicht, wie in dieser Situation jetzt ein dramatischer, unaufhaltsamen Kollaps ins Gespräch gebracht werden kann. Alles reine, völlig sinnlose Panikmache.

Viele Grüße
Dipl. Ing. Martin Krohn

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