REZO Zerstörung der CDU, ein Jahr später

Von Gastautor

Ein Jahr ist es her, da herrschte in Deutschland große Aufregung, hervorgerufen durch ein YouTube-Video des YouTubers REZO. Zerstörung der CDU nannte der junge Mann mit den blauen Haaren sein Video und die Wortwahl des Titels war mit Sicherheit doppeldeutig gemeint. Es sollte sowohl die CDU zerstören, zumindest vor der anstehenden Europawahl Stimmen kosten aber auch die nach Meinung des Erstellers Zerstörungen aufzeigen, die die CDU angerichtet hat in Deutschland.

Mehr als 16 Millionen Mal wurde das Video angeklickt und es hat die Bekanntheit von REZO beträchtlich gesteigert. Im TV sah man ihn danach eher selten, was aber – nach eigener Aussage – an einem Sprachproblem liegt. Bei YouTube-Videos kann man das mit Schnitten ausbügeln. Live geht das schlecht. In der ZEIT gibt es eine unregelmäßige Kolumne „REZO stört“ in der sich REZO zu Gott und der Welt äußert. Ansonsten ist es bis auf eine Ausnahme um den jungen Mann allerdings eher ruhig geworden.

Auftrag oder Eigenmotivation?

Die Hintergründe, warum REZO im Mai 2019 ein auf die Recherche bezogen zugegeben aufwendiges Video produziert hat, kamen nie ganz ans Licht. Zahlreiche Journalisten gingen dem nach, aber viel Erhellendes kam nicht dabei heraus. Somit bleibt zwar klar, dass der YouTuber bei dem Unternehmen TubeOne unter Vertrag steht, das bis Anfang 2020 zum Werbekonzern Stroer gehörte (mittlerweile aber zu Bertelsmann) aber über mögliche Auftraggeber war wenig herauszufinden und REZO beteuerte stets das Video aus eigener Motivation heraus erstellt zu haben. TubeOne, deren Aufgabe es ist, ein Produkt einer Zielgruppe näher zu bringen, hat sich nie zu Anfragen geäußert. Sie werden wissen warum. Da Rezo TubeOne offenbar mittlerweile verlassen hat, ist es auch unwahrscheinlich, dass die Hintergründe jemals ans Licht kommen.

Die Motivation von REZO könnte die im Frühjahr 2019 heftig geführte Debatte um die Reform des EU-Urheberrechts gewesen sein. Im April 2019 hatte das EU-Parlament den Weg frei gemacht für die Reform und das gegen den erbitterten Widerstand einer immer größer werdenden Community. Diese wurde befeuert durch YouTube und den sogenannten Content Creators, den Youtubern u. a. auch REZO. Diese YouTuber forderten ihre Fans (Follower) auf, an den Demos teilzunehmen, obwohl die Reform die YouTuber eigentlich gar nicht betraf. Sofern urheberrechtliches Material in deren Videos zur Verwendung kommt, müsste YouTube das zukünftig lizenzieren, aber nicht der YouTuber selber. Ein Fakt, den kein YouTuber wirklich verstanden hat. Kein Wunder, dass YouTube auf solche zusätzlichen Kosten nicht scharf war und alles unternahm, die Reform scharf zu bekämpfen.

YouTube greift ein

Im Herbst 2018 erklärt YouTube nämlich, dass man bei einem Gelingen der Reform leider alle Kanäle (außer denen von etablierten Medienunternehmen) abschalten müsste. Beim Thema Geld wurde ein Nerv der YouTuber getroffen und immer mehr Videos über das Ende von YouTube ploppten hoch und wurden – oh Wunder – durch den YouTube Algorithmus schnell nach oben gespült. Wie sich im Nachhinein herausstellte hatte YouTube über eine externe Firma YouTubern Geld für das Erstellen solcher Video geboten und praktischerweise gleich ein Drehbuch mit Argumenten mitgeliefert. Wer die gesamte Geschichte über die Kampf um die Reform und die Rolle YouTubes lesen will, dem sei dieser Artikel empfohlen.

Es lässt sich wie gesagt nicht aufklären, ob es einen zahlenden Kunden der Firma TubeOne gab, dem ein solches Video gut ins Konzept hätte gepasst oder REZO die „Niederlage“ beim Kampf gegen die EU-Reform persönlich wurmte. Für das Erstere sprechen Kampagnen, die Stroer im Frühjahr 2019 führte, in denen sich andere prominente YouTuber wie Piet Smiet gegen die Reform aussprachen. Prominent war das über große Werbedisplays von Stroer in Bahnhöfen und Flughäfen zu sehen und begleitet wurde es von einer weiteren Stroer Tochter: Watson.de. Wer sich über Artikel zum Thema Klima bei Watson.de informieren möchte, der kann das hier machen. Man kann auch sagen, das liegt komplett auf der REZO Linie.

Aber, es könnte auch eine Art persönliche Rache gewesen sein und was liegt näher, als kurz vor einer Wahl zu einem Parlament derjenigen Partei, die für das Durchkommen der Reform verantwortlich war, einen kräftigen Denkzettel zu verpassen. Dennoch ist der Verweis auf sehr viele Quellen und das dichtgedrängte Programm im Video bemerkenswert, weil man nicht zwangsweise auf die Idee kommt, das REZO zu so etwas fähig ist, wenn man sich seine übrigen Videos ansieht. Es ist als wenn jemand, der immer nur pappiges Weißbrot gegessen hat, plötzlich auf kerniges Schwarzbrot schwört.

Das populäre Video

Es soll hier nur kurz auf das Video eingegangen werden. Neben dem Urheberrecht und sozialer Ungerechtigkeit war der Umwelt- und Klimaschutz das beherrschende Thema. Das Video kam, wie die EU-Wahl letztlich zeigte, insbesondere den Grünen zu Gute, die bei der Wahl kräftig zulegten. REZO vermied es, eine direkte Wahlempfehlung für die Grünen auszusprechen, aber nachdem er die anderen Parteien (neben der CDU kamen auch die FDP und die SPD nicht gut weg) rund gemacht wurden, blieb nicht mehr viel nach für die Wahl.

Tief beindruckt – von Fehlern?

REZO bekam nach der Veröffentlichung seines Videos tatkräftige Unterstützung durch die Chemikerin und Wissenschaftsjournalisten Mai Thi Nguyen-Kim, genannt Mai. Sie fällt gerade als Expertin in Sachen Corona auf und hat es sogar in den Kommentar der Tagesthemen geschafft. Mai jedenfalls brauchte nur 6 Tage, um REZO die wissenschaftliche Absolution bei den Umweltthemen zu erteilen und ihm zu bestätigen, dass er praktisch in allen Punkte recht hatte. Sie zeigte sich „tief beeindruckt“ von REZO und seinen Recherchen. Oder hatte Mai vielleicht einfach ihr eigenes Video aus Jahre 2018 nicht mehr auf dem Bildschirm, in dem sie sagt: „Unser kritisches Denken wird immer von unseren persönlichen Meinungen und Erwartungen getrübt“?

Andere YouTuber sahen das nicht ganz so wie Mai oder hatten andere persönliche Meinungen und Erwartungen. Der Kanal tiefer forschen hat das REZO Video ebenfalls analysiert und kommt zu ganz anderen Erkenntnissen.

Das Ergebnis kann man in diesem Video aber auch in diesem Video ansehen oder auch in diesem Video des YouTubers JasonHD. Sie haben die Quellen gecheckt. Danach sind einige der Quellen falsch, zum Teil geben sie nicht das her, wofür sie zitiert werden, in einigen Fällen fehlt komplett der Bezug oder besonders eklatant, die Aussage in den Quellen ist komplett konträr zu dem, was REZO in seinem Video sagt und zeigt. Quelle für Quelle ist tiefer forschen durchgangen und kommt am Ende zu einem erstaunlichen Ergebnis. Bei 45 untersuchten Quellen sagen nur 22 wirklich das aus, was REZO in dem Video behauptet. 23 bestätigen seine Video-Thesen nicht – aus den genannten Gründen.

Ob die 6 Tage doch zu kurz waren für Mai? Immerhin ließ sich tiefer forschen fast 8 Wochen Zeit mit der Überprüfung. Fairerweise weisen wir darauf hin, dass nicht klar ist, wer sich hinter tieferforschen verbirgt. Das ist insofern schade, als das Nachfragen so nicht möglich sind und auf das Angebot in einem der Videos, sich mit REZO oder Mai zu treffen und die Punkte zu diskutieren, nicht reagiert werden kann.

In jedem Fall lohnt es sich aber die beiden Videos anzusehen und sich ein eigenes Urteil zu bilden.

Was bleibt nach diesem Jahr?

Die CDU, die ja eigentlich zerstört werden sollte, erfreut sich bei aktuellen Wahlumfragen großer Beliebtheit und liegt bei fast 40%. Das ist aktuell mehr als Rot/Rot/Grün zusammen. Natürlich konnte niemand auch nur bis vor wenigen Monaten mit einer Virus-Pandemie bzw. Krise rechnen und es ist auch nur eine Momentaufnahme in der Wählergunst.

Krisen sind immer die Stunde der Regierenden und nicht der Opposition. Die schadet sich wie im Falle der Grünen dann auch noch selbst, wenn sie mit absurden Vorschlägen kommt, dass Gastronomen, die gerade um das nackte Überleben kämpfen, doch besser die Corona-Zeit nutzen und Heizung auswechseln lassen sollen.

Insgesamt ist das Thema Umwelt- und Klimaschutz durch Corona deutlich in den Hintergrund gerückt und regt die Menschen weit weniger auf, als noch im September 2019 als es große Klimaproteste in Deutschland auf den Straßen gab. Trotz aller verzweifelten Versuche diverser Aktivisten die Themen Corona und Klima zusammenzubinden, ist Klima nicht gerade angesagt. Ob sich das nach einer zu erwartenden Rezession ändert, wird man sehen. Der zeitliche Verlauf bei Google-Suchanfragen zum Thema Klimawandel zeigt eine deutliche Tendenz.

Die CDU, die in dem REZO Video noch attestiert bekommen hat, so ziemlich alles falsch zu machen, was man nur falsch machen kann, meistert gerade einer der größten Krisen in der Geschichte Deutschlands deutlich besser als viele unserer Nachbarn in Europa. Natürlich werden dabei auch Fehler gemacht aber für so eine Situation gibt es keine Blaupausen. Sie macht das mit relativ ruhiger Hand, die hätte man ihr allerdings auch gewünscht, als vor einem Jahr große Aufregung herrschte um ein Video, das heute kaum noch jemanden interessiert – genauso wenig wie die Relevanz seines Schöpfers REZO. Relevanz meint nicht Popularität, auch wenn YouTube – und da schließt sich der Kreis – es leider genau so gewichtet.

Wenn nicht der Stern REZO einen „Journalistenpreis“ Ende April 2020 verliehen hätte, wer hätte sich dann überhaupt noch an das Video erinnert? Was hätte wohl Henry Nannen, ehemaliger Stern Herausgeber und Namenspatron des Preises zu der Entscheidung gesagt? Wir legen ihm mal folgende Wort in den Mund: Das, liebe Kollegen, ist zwar reichweitenstark, aber es ist kein Journalismus. Denkt euch einen anderen Preis für REZO aus, aber benutzt bitte nicht meinen Namen und das Wort Journalismus dafür. Da Nannen aber nicht mehr lebt, nehmen wir Vorlieb mit Ben Krischke von Meedia:

„Rezo ist kein Journalist, weil er nicht journalistisch sauber arbeitet. Wenn Rezo aber kein Journalist ist, warum erhält er dann ausgerechnet den renommiertesten deutschen Journalistenpreis?“

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