Am 23. März 2015 konnte man im Focus wieder einmal eine dramatische Klimawandelgeschichte von Michael Odenwald bestaunen. Allerdings kracht die Story wie üblich bereits nach wenigen Google-Recherche-Klicks in sich zusammen. Im Focus war zu lesen:
Klima-Erwärmung.
Gigantischer Antarktis-Gletscher schmilzt: Eisverlust könnte bald unumkehrbar sein
Vor der Ost-Antarktis haben Forscher zwei unterseeische Täler entdeckt. Sie ermöglichen den Zufluss von warmem Meerwasser unter den größten Gletscher der Ostantarktis. Das könnte dessen ungewöhnlich raschen Eisverlust erklären. Kollabierte der Gletscher endgültig, würde der Meeresspiegel dramatisch ansteigen.
Ein schönes Schauerszenario mit reichlich „könnte“ und „würde“. Es geht um den Totten-Gletscher, den größten Gletscher in der Ostantarktis, der sein Eis direkt ins Meer speit. So richtig weltbewegend ist die Entdeckung der Küstentäler allerdings nicht. Ähnliche Täler gibt es auch auf allen anderen Kontinenten. What’s new? Odenwald schreibt:
Seit einigen Jahren schwinden seine Eismassen, zuletzt lag die Ausdünnungsrate bei 25 Zentimeter pro Jahr. […] In ihren Gravitationsdaten zeichneten sich zwei unterseeische Täler ab, die den Zufluss von warmem Meerwasser unter den Gletscher ermöglichen. Tatsächlich wurden in einigen Bereichen des Südpolarmeers Schichten entdeckt, in denen warmes Wasser unter kaltem lag. Diese Umkehr der natürlichen Schichtung tritt ein, wenn das wärmere Wasser salzreicher und damit schwerer ist und absinkt. Erreicht es die Küste, kann es die ins Meer ragenden Gletscherzungen von unten abschmelzen. Auch vor dem Totten-Gletscher fanden Forscher Gebiete mit wärmerem Tiefenwasser. Bislang war aber unklar, ob es das Eis an der Küste beeinflusst. „Jetzt wissen wir, dass es Einfallstraßen für das wärmste Wasser der Ostantarktis hin zu den empfindlichsten Abschnitten des Totten-Gletschers gibt“, konstatiert der UT-Geophysiker Jamin Greenbaum, der auch Hauptautor der im Fachjournal „Nature Geoscience“ veröffentlichten Entdeckungsstudie ist.
“Entdeckungsstudie”, aha. Allerdings gab es in der Vergangenheit bereits andere Entdeckungsstudien über diesen riesigen antarktischen Gletscher, die Odenwald lieber für sich behält. Im Dezember 2013 hatte bereits die NASA den Gletscher studiert und eine gänzlich andere, überaus interessante Erklärung für das Abschmelzen gefunden: Das lokale Gletscherschrumpfen könnte Folge des zunehmenden antarktischen Meereises sein.
Das funktioniert so: In der Vergangenheit gab es im antarktischen Meereis eine größere Anzahl von Löchern, sogenannte Polynjas. Im Bereich dieser Eislöcher sinkt kaltes, salzreiches Wasser ab, das eine wirksame Barriere gegen das vom offenen Ozean einströmende wärmere Wasser bildet. Da infolge des aktuell wachsenden antarktischen Meereises die Eislöcher immer seltener werden, kann das warme Wasser heute viel effektiver unter den Gletscher strömen als zuvor. Es gibt weniger Barrieren aus kalten Wasserzungen.
Quelle: Paul Homewood.
Außerdem weisen die NASA-Forscher darauf hin, dass benachbarte Gletscher keine Schmelzerscheinungen aufweisen. Die NASA fasste die Ergebnisse ihrer Studie in einer Pressemitteilung wie folgt zusammen: