Britischer Künstler wohnt für ein Jahr in hölzernem Ei um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen

Mitte Juni 2013 erschien auf shortnews.de eine kurze Meldung mit dem Titel „Das nächste Atlantis? Dieses Südsee-Paradies wird wohl bald von den Karten verschwinden“:

Kiribati ist ein Inselstaat im Südpazifik. Dieser umfasst 32 Atolle und eine Koralleninsel. Doch in absehbarer Zeit wird es dieses Paradies nicht mehr geben. Denn durch den weltweiten Klimawandel steigt der Meeresspiegel hier deutlich schneller und stärker als in anderen Teilen der Welt. Während der Meeresspiegel andernorts um ein bis maximal zwei Millimeter ansteigt, sind es hier fast drei Millimeter. Das wiederum führt dazu, dass die Inseln wohl in rund 30 bis 60 Jahren unbewohnbar sein werden.

Eine wissenschaftliche Quelle hat shortnews-Reporter spencinator78 leider nicht angegeben. Ist die Meldung glaubwürdig? Prüfen wir kurz nach. Laut Wikipedia liegt der Großteil der pazifischen Kiribati-Inseln weniger als zwei Meter über dem Meeresspiegel. Gehen wir einmal von einer mittleren Höhe von 1 m aus. Da ist in der Tat nicht viel Spielraum. Rechnen wir los: In 30 Jahren wird der Meeresspiegel um knapp 10 Zentimeter höher liegen als heute und in 60 Jahren entsprechend um 20 Zentimeter, wenn man von 3 mm Meeresspiegelanstieg pro Jahr ausgeht. Von unbewohnbar und Untergang kann also nicht die Rede sein. Ein übles kleines Klimakatastrophenstück, was sich spencinator78 da erlaubt hat. Aber es kommt noch besser. Nicht nur dass der Autor eklatante Rechenschwächen hat, er hat leider auch keinen blassen Schimmer der wissenschaftlichen Faktenlage. Eine Studie konnte nämlich zeigen, dass die Fläche der Kiribati-Inseln trotz Meeresspiegelanstiegs in den letzten Jahren sogar zugenommen hat (siehe unseren Blogbeitrag „Kiribati geht unter – oder vielleicht doch nicht?„.

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In der Financial Times hat jetzt der Kommentator Harry Eyres vorgeschlagen, das Tempo auf Autobahnen auf 80 km/h und im Stadtverkehr auf 30 km/h zu begrenzen, um das Klima zu retten. Gegenvorschlag: Wie wäre es mit einer Begrenzung auf 80 Buchstaben für Kolumnen des Autors?

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Der britische Künstler Stephen Turner wird die nächsten zwölf Monate in einem schwimmenden hölzernen Ei in Südengland wohnen, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Eine tolle Idee. Noch schöner wäre es allerdings, wenn das komplette IPCC-Berichtsteam ebenfalls in hölzerne Eier umziehen würde, um einen überfälligen Neuanfang in den Klimawissenschaften zu ermöglichen.

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Am 12. März 2013 hatte das Klimablog „My climate & me“ des britischen Met Office einen Beitrag zu einer neuen nacheiszeitlichen Temperaturkurve gebracht. Das besprochene Paper von Shaun Marcott entpuppte sich jedoch schnell als fehlerhaft (siehe unseren Blogartikel „Nach drei Wochen erneutem Hockeyschläger-Alarm war der Spuk wieder vorbei und der Skandal perfekt: Wie Jungforscher Shaun Marcott die Medienwelt hinters Licht führte„). Konsequenterweise zog das Met Office seinen Blogartikel jetzt zurück und bezeichnen ihn als „ungeeignet“:

Article removed
We previously posted an article entitled “New analysis suggests the Earth is warming at a rate unprecedented for 11,300 years” covering the paper by Marcott et al in Nature. The title of our article drew on the original press release for the paper.  However, we note that authors of the paper have since issued an extensive response to media coverage [es folgt eine korrigierende Stellungnahme von Marcott et al.] In the light of this statement from the authors, we no longer consider our headline to be appropriate.

An Stefan Rahmstorf scheint die Diskussion allerdings ziemlich vorbei gegangen zu sein. In einem kürzlichen Klimalounge-Blog-Beitrag verteidigt er das längst lichterloh brennende Marcott et al.-Papier mit fadenscheinigen Argumenten und erinnert dabei stark an den mit Windmühlen kämpfenden Don Quichotte.

 

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