Liegestühle auf der antarktischen Halbinsel?

Es ist Sommer momentan in der Antarktis. Die Sonne steht nun fast 24 Stunden am Himmel und strahlt damit genau so stark ein wie am Äquator. Der Spiegel titelt:

„Antarktis, leicht bewölkt, 18 Grad.“

Weiter unten werden die Tagestemperaturen vermeldet, so warm wie seit 1961nicht, dem Beginn der Messungen da. Und der Schlenker:

„Die Region gilt als eine der sich am schnellsten erwärmenden Gegenden der Erde.“

„Dann da auch!“ denkt der Leser und ein weiterer Mosaikstein ist gesetzt im Bild der globalen Klimakrise. Denn er staunt weiter unten:

“Dass sich die Halbinsel schneller erwärme als andere Orte, liege an einer Kombination aus natürlichen Schwankungen und Folgen des menschengemachten Klimawandels.“

Also könnte auch noch eine gewisse natürliche Variabilität hineinspielen? Wir wollen es genauer wissen und schauen auf die Temperaturabweichungen seit 1961 und benutzen die Daten von GISS für die antarktische Halbinsel:

Abb.1: Die Temperaturen im Gebiet 60-70°S;80-50°W in der „warmen Jahreszeit“ November-März, vergleichbar Mai-September auf der Nordhalbkugel. Glättung: 15-Jahre Loess Tiefpass.

Da schlägt ja die Klimakatastrophe voll zu, besonders nach 1995! In diesem Zeitraum kühlte es sich um etwa 0,6°C ab. Die Bemerkung im Text mit der „sich am schnellsten erwärmenden Gegend der Erde“ bezieht sich wohl auf die Jahre 1961-1995. In den letzten 25 Jahren dagegen: Abkühlung. Leider wurde das unterschlagen im „Spiegel“ Artikel. So etwas nennt man Englisch „Bullshit“ , deutsch: Verarsche. Denn den „Antarktis Experten“ (es wird James Renwick von der Viktoria Universität in Neuseeland erwähnt)  sollte wenigstens einige Literatur zum Thema bekannt sein. Ein Aufsatz in „Nature“ ( wir hatten ihn an dieser Stelle schon 2017 erwähnt) kommt zu dem Ergebnis:

Therefore all these studies suggest that the rapid warming on the AP since the 1950s and subsequent cooling since the late-1990s are both within the bounds of the large natural decadalscale climate variability of the region.

Die Studie hält fest, dass es sich bereits einmal im 18. Jahrhundert über 50 Jahre schneller erwärmt hat, als 1960-1995. Was wir in dieser Region sehen, ist also die reine natürliche Variabilität? Nicht ganz! Ein wenig äußerer Antrieb ist wohl auch dabei, nach 1991 als die Kurve in Abb.1 nochmals einen Anschub nach oben bekam. Eine sehr neue Arbeit legt nahe, dass der Vulkanausbruch des Pinatubo 1991 einen Anteil hatte bei der zusätzlichen Erwärmung bis 1995. Also auch ein recht natürliches Ereignis. Ein wenig Wahrheit ist übrigens auch im „Spiegel“ Artikel enthalten: Das Wetter spielt mit derzeitig. Der zitierte Experte führt nämlich auch aus:

„Die aktuell hohen Temperaturen auf dem antarktischen Kontinent seien auf starke Nordwestwinde zurückzuführen…“

Der erste Halbsatz enthält schon die ganze meteorologische Wahrheit, was danach kommt ist das antarktische Klimamärchen. Die Antarktis ist umgeben von einem umfließenden Ozeanstrom, der den Kontinent vom Rest der Erde klimatisch „abkoppelt“. Ein weiterer Aspekt ist das (nach 2000 dank des Abkommens von Montreal sich zurückbildende) Ozonloch. Im Temperaturanstieg bis 1995 könnte also doch ein menschgemachter Anteil enthalten sein: Die freigesetzten FCKW, die das Ozon teilweise zerstörten damals.

Es ist also wie immer komplex mit dem Klima. Dass es sich in den letzten 25 Jahren auf der antarktischen Halbinsel sommerlich abkühlt, schließt eine zweifellos stattfindende Erwärmung der „Resterde“ ,auch verursacht durch den Menschen, keineswegs aus. Nur die antarktische Sommergeschichte im „Spiegel“ ist größtenteils frei erfunden. Alles wird irgendwie klimatesk ausgeschlachtet, auf Fakten, Daten und solide Wissenschaft kann da keine Rücksicht genommen werden. Was auf der Strecke bleibt, ist die Glaubwürdigkeit.       

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