Ein Golfplatz in Alaska, der während der Kleinen Eiszeit in den Fluten versank und jetzt wieder auftauchte

Zur Einstimmung auf die COP21 in Paris zeigten sich die Schweizer Staatsmedien sehr klimabesorgt. Am 26. November 2016 berichtete die abendliche Hauptnachrichtensendung „Echo der Zeit“ von Radio SRF über die postglaziale Landhebung in Südost-Alaska und beschrieb sie als eine Folge der allerjüngsten Klimaerwärmung der letzten 150 Jahre. Die Gletscher der Region wären in der letzten Zet stark abgescholzen, so dass das Land jetzt wie ein entlastetes Sofakissen nach oben zurückwölbt. Größtes Problem: Die Gerichte wissen nicht so recht, wem das aus den Fluten aufgetauchte Land gehört. So musste ein Golfplatzbesitzer erst durch die Instanzen klagen, bis ihm das neue Land zugesprochen wurde. Juristische Konflikte als Folge des Klimawandels. Die Sendung ist im Internet nachzuhören (siehe letzter Beitrag hier, Direktlink zur Sendung hier).

Anstatt sich über das neue Land zu freuen, wird hier wieder nur gemeckert. Zumal die Geschichte mit dem Golfplatz nun wirklich keine „News“ ist. Denn bereits 2009 hatte die New York Times exakt die gleiche Geschichte gebracht:

As Alaska Glaciers Melt, It’s Land That’s Rising
JUNEAU, Alaska — Global warming conjures images of rising seas that threaten coastal areas. But in Juneau, as almost nowhere else in the world, climate change is having the opposite effect: As the glaciers here melt, the land is rising, causing the sea to retreat. Morgan DeBoer, a property owner, opened a nine-hole golf course at the mouth of Glacier Bay in 1998, on land that was underwater when his family first settled here 50 years ago.

Weiterlesen in der New York Times.

Aber der SRF-Beitrag verschweigt weitere wichtige Details, die die Situation plötzlich in einem ganz anderen Lichte darstellt. Es ist zunächst einmal richtig, dass Larsen et al. 2005 die aktuelle Hebung in Südostalaska dem Gletschertauen nach der Kleinen Eiszeit zurechnen:

Rapid viscoelastic uplift in southeast Alaska caused by post-Little Ice Age glacial retreat
Our observations show that extreme uplift in southeast Alaska began about 1770 AD, with relative sea level (RSL) change to 5.7 m and current uplift rates to 32 mm/yr. This region experienced widespread glacial melting following the Little Ice Age (LIA), with the collapse of the Glacier Bay Icefield alone equivalent to 8 mm of global sea level rise. Geodynamic modelling links the uplift to post-LIA isostatic rebound, with the extreme uplift signal and a priori knowledge of ice load changes requiring the presence of a low viscosity asthenosphere (3.7 × 1018 Pa s). These crustal deformations are triggered by climate change through glacier wastage.

Zu beachten: Die Hebung begann jedoch bereits um 1770, lange bevor der Mensch CO2 in der Atmosphäre anreicherte. Der Startpunkt der Hebung ist also Teil eines natürlichen Prozesses, der Wiedererwärmung nach dem Höhepunkt der Kleinen Eiszeit. In der SRF-Sendung wird nun behauptet, der zweite Teil dieses Hebungsprozesses könne auf keinen Fall natürliche Ursachen haben, da die Erwärmung der letzten Jahrzehnte um ein Vielfaches jene der Kontinental-USA übersteige.

Ein seltsamer Beweis. Denn es ist bekannt, dass die hohen Breiten sich stets stärker erwärmen als die äquatornäheren Gebiete der Erde, wo ein langfristig ausgeglicheneres Klima herrscht. Schauen wir uns also zunächst die Temperaturentwicklung von Alaska näher an (Abbildung 1). In der New Scientist App klicken wir auf die Stadt Juneau und finden Überraschendes:

1) In den 1940er Jahren war es bereits schon einmal so warm wie heute. Ooops.

2) In den letzten 30 Jahren ist es in Juneau gar nicht mehr wärmer geworden. Nochmal Ooops.

Abbildung 1: Temperaturentwicklung der Region um Juneau für die vergangenen 135 Jahre (GISS). Quelle: New Scientist Temperaure History App.

 

Nun ist aus der Klimageschichte weiterhin bekannt, dass es vor 1000 Jahren in Alaska schon einmal so warm wie heute gewesen ist (Abbildung 2). Die Gletscher waren zur Zeit der Mittelalterlichen Wärmeperiode ebenfalls stark abgeschmolzen (Abbildung 3), was höchstwahrscheinlich eine ähnliche Hebung auslöste wie heute. Der einzige Unterschied: Damals gab es noch keine Golfplätze und auch keinen SRF, der darüber berichtet haben könnte.

Abbildung 2: Fallstudien mit Belegen der Mittelalterlichen Wärmeperiode (MWP) in Alaska. Rote Punkte markieren Arbeiten mit MWP-Wärme. Klick auf die Karte öffnet die interaktive Google Maps MWP-Karte.

 

Abbildung 3: Gletscherwachstumsphasen (Balken) und Rückzugsphasen (Lücken) in Südost-Alaska während der letzten 3500 Jahre. Gletscherrückzug während der Mittelalterlichen Wärmeperiode (MWP) 800-1200 n. Chr., Quelle: Calkin et al. 2001.

 

Die wichtigste Auslassung des SRF-Beitrags betrifft jedoch die letzten 15.000 Jahre im Übergang der letzten Eiszeit zur Nacheiszeit. Während dieser Zeit hob sich Südost-Alaska so stark, dass der lokale Meeresspiegel um satte 200 Meter fiel (Abbildung 4), und das obwohl sich die Weltmeere zeitgleich mit dem Schmelzwasser der Gletschermassen füllten. Eine enorme Hebung, die das sanfte Aufsteigen des Golfplatzes während der letzten Jahrzehnte in den Schatten stellt.

 

Abbildung 4: Relativer Meeresspiegel von Juneau in Südost-Alaska. Quelle: Shugar et al. 2014.

 

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