Klima-Zyklen IV: Die Milankovic-Zyklen. Über die Ursache der alle 100 000 Jahre aufgetretenen Warmzeiten

Von Dr. Dietrich E. Koelle

Das Klima der letzten 800 000 Jahre zeigt eine markante Charakteristik:  im Abstand von etwa 100 000 Jahren traten jeweils starke kurzzeitige Erwärmungsphasen auf (Bild 1). Die gegenwärtige  Warmzeit, die seit etwa 10 000 Jahren andauert, wird bekanntlich als Holozän bezeichnet, das die Würm-Kaltzeit des Pleistozäns ablöste. Tatsächlich aber befinden wir uns seit ca. 2,5 Millionen Jahren in einer langfristigen Eiszeit, die dem großen Klima-Zyklus von 150 bis 180 Millionen Jahren entspricht und entsprechend dem Verlauf der bisherigen Klimahistorie mindesten noch 50 bis 60 Millionen Jahre andauern dürfte (siehe Beitrag im Blog vom 1.1.2015). Umso interessanter ist die Frage, woher kommen diese kurzen Warmzeiten ? Sie dauerten in den letzten 350 000 Jahren immer nur 12 000 bis 14 000 Jahre, wenn man Temperaturen über 13°C zugrunde legt.

Bild 1: Die globale Temperaturhistorie der letzten 500 000 Jahre  nach den Daten der Eiskernbohrungen in Grönland und der Antarktis

 

Es handelt sich dabei nicht um einen normalen Klimazyklus, z.B. etwa verursacht durch die Änderung der Exzentrizität der Erdbahn um die Sonne, wie man es auch noch bei Wikipedia findet. Dazu ist die Änderung der Sonneneinstrahlung durch die Änderung der Orbit-Geometrie zu gering und vor allem erfolgt diese sehr langsam. Ein normaler Zyklus hat einen eher sinusförmigen Verlauf, nicht einen so steilen Anstieg und Anfall wie diese Warmphasen.

Interessant ist in diesem Fall auch der Zusammenhang zwischen Temperatur und CO2-Gehalt der Atmosphäre, wie er in Bild 2 als Ergebnis der Eiskernbohrungen vorliegt. Bei dem eiszeitlichen Temperaturniveau war der CO2-Gehalt jeweils auf nur noch 190 ppm zurückgegangen – das absolute Minimum, das der Vegetation gerade noch das Überleben erlaubte. Mit dem Temperaturanstieg folgte jeweils mit zeitlicher Verzögerung auch ein Anstieg des CO2-Niveaus, wie Bild 2 veranschaulicht. Es stieg damals vom eiszeitlichen Niveau von ca. 190 ppm auf ein Maximum von 290 ppm an, durch Ausgasung aus den wärmer werdenden Ozeanen.  Die Spitzentemperaturen lagen dabei deutlich über dem heutigen Niveau, was im Gegensatz zu der IPCC-Theorie steht. Deswegen ist diese Tatsache dort auch  äußerst unbeliebt. Das Diagramm in Bild 2 stellt eines der wichtigsten Forschungsergebnisse über das Klima der letzten 400 000 Jahre dar – aber man sucht es vergebens im einschlägigen Kapitel 5.3.4 des letzten IPCC-Berichtes.

Bild 2:  Temperatur- und CO2-Entwicklung während der letzten 400 000 Jahre

           

Die Vermutung liegt nahe, dass diese Temperaturschwankungen etwas mit den astrophysikalischen Charakteristiken der Erdumlaufbahn und des Planeten Erde selbst zu tun haben. Wie und weshalb, konnte aber bisher noch nicht geklärt werden. Der serbische Mathematiker Milankovich definierte als erster die langfristigen astrophysikalischen zyklischen Veränderungen der Erdbahn, die einen Einfluss auf die Sonneneinstrahlung und damit auf das Klima haben. Dies sind

(1) die Variation der Exzentrizität der Erdumlaufbahn um die Sonne zwischen 0,005 (praktisch kreisförmig) bis 0,058 (leicht elliptisch) mit einer Periode von 413 000 Jahren. Diese Veränderung der Erdumlaufbahn basiert wahrscheinlich auf dem Einfluss der schweren Planeten Jupiter und Saturn. Der Unterschied des Abstandes der Erde von der Sonne variiert dadurch allerdings nur um 1,67 %.

 

(2) Die Erdachsen-Neigung zur Ekliptik, die zwischen 21,5 und 24,5° schwankt mit einer Periode von ca. 41 000 Jahren, vermutlich durch die Dynamik des flüssigen Erdkerns.

 

(3) Die Präzession der Erdachse  um 360° mit einer Periode von ca. 25 800 Jahren, die noch von einer kleinen, durch den Mond verursachten Nutation überlagert wird.

 

Keine dieser astrodynamischen Zyklen alleine kann jedoch das Auftreten der kurzeitigen starken Warmphasen erklären. Der Grund für diese Erscheinung war bisher immer noch unklar. Der französische Klimaforscher D. Paillard (CNRS France) schrieb 2006 in einem Beitrag in der Zeitschrift SCIENCE:  „There is currently no consensus on what drives these late Pleistocene 100,000-year cycles“. Das gilt auch noch heute. Im letzten IPCC-Bericht findet sich keine Diskussion der Milankovic-Zyklen, sondern nur die lapidare Feststellung:  „There is high confidence that orbital forcing is the primary external driver of glacial cycles“. Mehr nicht. Es folgt jedoch unmittelbar der Satz: „However, atmospheric CO2 content plays an important internal feedback role“. Genau dies ist jedoch nicht zu erkennen, wenn man die Realität betrachtet:

Der durch Proxy-Daten etwas genauer bekannten Temperaturverlauf der letzten Kaltphase bis zur letzten Warmzeit vor 130 000 Jahren, dem so genannten Eem-Interglazial, zeigt unvermittelt einen relativ steilen  Temperaturanstieg von 6 bis 7°C  auf ein Niveau von 14 bis 17°C. Der Meeresspiegel soll damals ein mehr als 6 m höheres Niveau erreicht haben als heute. Diese Warmzeit dauerte aber nur 12 bis 14 000 Jahre. Danach erfolgte erst ein starkes, dann ein langsameres Absinken bis auf die Temperaturen der so genannten Würm-Eiszeit von 4° bis 9°C.  Das Eem-Maximum lag bei ca. 16,6° C und damit um etwa 2°C höher als heute, obwohl der CO2-Gehalt der Atmosphäre damals nur 270 bis 290 ppm betrug. Ein Einfluss des CO2-Niveaus auf die Temperatur ist hier also nicht zu erkennen, ganz im Gegensatz zur IPCC-Behauptung.

 

 

Bild 3: Temperaturhistorie der letzten 160 000 Jahre mit dem Präzessions-Zyklus von ca. 25 000 Jahren (nach GISP2 und Vostok-Eiskernanalysen)

 

Mit einem guten analytischen Blick lässt sich feststellen, dass in dem Temperaturverlauf der letzen 140 000 Jahre neben einigen anderen unregelmäßigen Einflüssen von kürzerer Dauer auch ein Temperaturzyklus von etwa 25 000 Jahren aufgetreten ist (siehe Bild 3). Dies entspricht dem Zyklus der Erdachsen-Präzession und erklärt einen Teil der Temperatur-Schwankungen, es reicht aber nicht aus, um die deutlichen Wärmemaxima alle 1000 000 Jahre zu erklären. Dies gelingt jedoch, wenn man den Zyklus der Erdachsenschwankung mit einer Periode von 41 000 Jahren mit berücksichtigt. Dann ergeben sich tatsächlich deutliche Temperaturmaxima etwa alle 100 000 Jahre durch die Addition der Temperatureffekte von Präzession und Erdachsen-Schwankung.  Dies ist auch leicht erklärbar, da die jährliche Wärme-Einstrahlung der Sonne umso höher ist, je stärker die Erdachse  geneigt ist. In diesem Fall werden die nördlichen und südlichen Breiten im Sommer stärker erwärmt. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Effekte der Achsenneigung und der Präzession addieren, was alle 82 000 bis 123 000 Jahre der Fall ist. In der Zwischenzeit addieren sich die Effekte nur teilweise oder subtrahieren sich, was sich graphisch gut darstellen lässt:  In Bild 4 sind je ein Sinus-Zyklus von 41 000 Jahren (Erdachsen-Schwankung) und ein Zyklus von ca. 25 000 Jahren (Präzession) dargestellt. Sie zeigen die resultierende Variation der Solarstrahlung auf die Erdkugel, die sich primär im Sommer in den Polarregionen auswirkt. Addiert man nun diese beiden Effekte, dann entspricht das Resultat (obere Kurve) tatsächlich weitgehend dem Temperaturverlauf der letzten 140 000 Jahre. Dass der reale historische Temperaturverlauf sich nicht mathematisch exakt  darstellt, sondern weiteren mehr kurzzeitigen Zyklen, sowie Störungen und unregelmäßigen Einflüssen unterworfen ist, ist selbstverständlich. Trotzdem zeigen sich in diesem theoretischen Diagramm bei Vergleich mit Bild 3 die hohen Temperaturmaxima von vor 7000 und 130 000 Jahren deutlich, als auch die Zwischenmaxima vor 104 000, 82 000, 54 000 und 30 000 Jahren.

Bild 4:  Die Temperatureffekte der Erdachsen-Schwankung (Sinus-Zyklus von 41 000 Jahren) und der überlagerten Präzession der Erdachse (Zyklus von ca. 25 000  Jahren) entsprechen kombiniert weitgehend dem Temperaturverlauf der letzten 140 000 Jahre

 

Die 123 000 Jahre zwischen den beiden Warmzeiten entsprechen genau 3 Zyklen der Erdachsen-Neigung von 41 000 Jahren und 5 Präzessions-Zyklen von 24 600 Jahren. Analysiert man den Temperaturverlauf der kompletten vergangenen 800 000 Jahre mit seinen 8 Warmzeiten, wofür es Daten aus der Pazifik-Region (Liesicki/Raynaud) und den Eiskern-Bohrungen in der Antarktis  gibt, dann zeigen sich Schwankungen in der zeitlichen Folge der Warmzeiten. Sie liegen primär  bei 123 000 und 82 000 Jahren, entsprechend zwei oder drei Zyklen der Erdachsen-Schwankung. Der synchrone Zyklus der Präzession würde demnach um plus 1600/minus 1200 Jahre variieren, wenn man den Standard-Wert von 25 800 Jahren zugrunde legt.

Die Dauer der Warmphasen lag bei den letzten drei  Perioden zwischen 12 und 14 000 Jahren, so dass wir im Prinzip noch mit einer Fortdauer des Holozäns von 2 bis 4 000 Jahren rechnen können – jedoch eher mit abfallenden und nicht mit ansteigenden Temperaturen. Die Analyse der Gründe für das Auftreten der seit über einer Million Jahre regelmäßig aufgetretenen Warmzeiten ist natürlich erschwert durch die Ungenauigkeit der historischen Daten. Wie aber diese Analyse zeigt,  ist eine prinzipielle und plausible Erklärung dafür möglich, die auf dem Effekt der Kombination der zwei Erdachsen-bezogenen Milankovic-Zyklen beruht.

 

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