Ist der Klimawandel in Ostafrika wirklich bereits sichtbar? Tagesschau stellt sich mit Klimaalarm außerhalb des wissenschaftlichen Konsens

Zum Ende der Klimakonferenz COP25 in Madrid baut die Tagesschau nochmal richtig Druck auf – mit lupenreinem Klimaalarm. Am 13. Dezember 2019 konnte man auf tagesschau.de einen Hörfunkbeitrag der WDR-Korrespondentin Karin Bensch aus Nairobi finden:

Wo der Klimawandel in Ostafrika schon jetzt sichtbar ist

Das muss neu sein, denn nicht einmal der IPCC sieht in Ostafrika Hinweise darauf, dass das Klima den natürlichen Schwankungsbereich bereits verlassen haben könnte. Ist Karin Bensch Klimawissenschaftlerin und hat hier vielleicht etwas ganz Neues gefunden? Auf NDR.de finden wir einen kurzen Lebenslauf der Korrespondentin:

Sie studiert Geschichte und Sprachen an der Ruhr-Universität Bochum, in Großbritannien und Italien.

Bensch ist also keine Naturwissenschaftlerin, versucht sich jedoch trotzdem am Klimawandel-Thema. Schreiten wir zum Faktencheck. Zunächst berichtet Bensch über Überschwemmungen in Kenia, dem Nordwesten der Demokratischen Republik Kongo sowie Djibouti. Dazu schneidet Bensch einen O-Ton von Kira Vinke vom PIK, die behauptet, der menschengemacht Klimawandel wäre an den Überflutungen Schuld, das wäre ganz klar. Vinke ist Jungforscherin am Potsdamer PIK und hat mehrfach mit Papst-Berater Schellnhuber sowie Edenhofer publiziert. Vinkes Klimaalarm ist sicher karrierefördernd und ganz im Sinne ihrer politisch aktiven Mentoren. Aber stimmt die Aussage überhaupt? Wir konsultieren dazu den 5. Klimazustandsbericht des IPCC, der die derzeitige Konsensmeinung zum Klimawandel wiedergibt. Im Bericht der Arbeitsgruppe 1 lesen wir in Kapitel 2 auf Seite 214 (pdf hier, 37 MB):

2.6.2.2 Floods

AR4 WGI Chapter 3 (Trenberth et al., 2007) did not assess changes in floods but AR4 WGII concluded that there was not a general global trend in the incidence of floods (Kundzewicz et al., 2007). SREX went further to suggest that there was low agreement and thus low confidence at the global scale regarding changes in the magnitude or frequency of floods or even the sign of changes.

AR5 WGII assesses floods in regional detail accounting for the fact that trends in floods are strongly influenced by changes in river management (see also Section 2.5.2). Although the most evident flood trends appear to be in northern high latitudes, where observed warming trends have been largest, in some regions no evidence of a trend in extreme flooding has been found, for example, over Russia based on daily river discharge (Shiklomanov et al., 2007). Other studies for Europe (Hannaford and Marsh, 2008; Renard et al., 2008; Petrow and Merz, 2009; Stahl et al., 2010) and Asia (Jiang et al., 2008; Delgado et al., 2010) show evidence for upward, downward or no trend in the magnitude and frequency of floods, so that there is currently no clear and widespread evidence for observed changes in flooding except for the earlier spring flow in snow-dominated regions (Seneviratne et al., 2012).

In summary, there continues to be a lack of evidence and thus low confidence regarding the sign of trend in the magnitude and/or frequency of floods on a global scale.

Der IPCC erklärt ganz deutlich: Bisher ist kein Anstieg von Überflutungen weltweit außerhalb der natürlichen Schwankungsbreite festzustellen. Die im Tagesschau-Radiobericht präsentierte Aussage von Kira Vinke befindet sich daher außerhalb des IPCC-Konsens und stellt eine wissenschaftlich nicht belegte Privatmeinung von Vinke und vermutlich des PIK dar.

Nachdem Teil eins der Reportage schon einmal ziemlich schief gelaufen ist, reitet sich Karin Bensch im zweiten Teil der Reportage sogar noch weiter in den Schlamassel. Bensch zitiert eine Aussage der Aktivistenorganisation Oxfam, die behauptet, die Dürren in Äthiopien wären bereits vom menschengemachten Klimawandel beeinflusst. Auch diese Aussage wollen wir wissenschaftliche prüfen.

Im März 2012 erschien im Fachmagazin Water Resources Research eine Studie zur Entwicklung extremer Hoch- und Niedrigwässer im Einzugsbereich des Blauen Nils. Der Blaue Nil ist neben dem Weißen Nil einer der beiden Hauptstränge im Flusssystem des Nils. Er verläuft durch Äthiopien und den Sudan. Meron Taye und Pattrick Willems von der Katholieke Universiteit Leuven in Belgien werteten im Rahmen ihrer Arbeit die hydrologischen Daten für die letzten 60 Jahre aus und prüften, ob als Folge der globalen Erwärmung bereits Trends erkennbar sind. Die Wasserführung des Flusses ist dabei eng an die Niederschläge gekoppelt, die zu bestimmten Zeiten überdurchschnittlich und zu anderen Zeiten unterdurchschnittlich ausgeprägt waren. Letztere Phasen machten sich jeweils als Dürren in der Region bemerkbar.

Überraschenderweise konnten die Forscher keinen Langzeittrend entdecken. Deutlich ausgeprägt hingegen waren systematische Schwankungen im Maßstab von Jahrzehnten. Ein Vergleich mit anderen Klimadatenreihen zeigte, dass der Antrieb dieser natürlichen Variabilität offenbar im Pazifischen Ozean liegt. Der Ozeanzyklus der Pazifisch Dekadischen Oszillation (PDO) spielt wie bei vielen Klimaentwicklungen auch hier wieder eine große Rolle.

Es wird klar: Oxfam und damit Karin Bensch liegen falsch. Wissenschaftler können keine statistische Zu- oder Abnahme von hydrologischen Extremen in Äthiopien während der letzten Jahrzehnte feststellen. Und auch im Rückblick der letzten 1000 Jahre stellt sich das Dürregeschehen in Äthiopien als unauffällig dar. Die unbequeme Wahrheit: Während der Mittelalterlichen Wärmephase gab es in Ostafrika ähnlich viele Dürren wie heute. Allein die Feuchtphase während der Kleinen Eiszeit brachte zwischenzeitliche Entspannung. Wer es genauer wissen möchte, kann es hier bei uns im Blog nachlesen.

Gegen Ende des Beitrag unterläuft Karin Bensch dann noch ein letzter kapitaler Fehler. Sie behauptet, der Klimawandel in Ostafrika würde zu mehr Klimaflüchtlingen führen. Zum einen ist dies falsch, weil es gar keine Extremisierung des Klimas in Ostafrika gibt, wie wir oben dargestellt haben. Zum anderen raten führende Forscher von einer leichtfertigen Verknüpfung von Klima, Konflikten und Migration ganz eindeutig ab. Siehe zum Beispiel:

Fazit: Es war keine gute Idee, eine studierte Sprach- und Geschichtswissenschaftlerin auf das Thema anzusetzen. Aufgrund der fehlenden Kenntnisse im Bereich Klimawandels, ging Karin Bensch falschen Beratern mit politischer Agenda auf den Leim. Sowohl Kira Vinke vom PIK als auch Oxfam operieren mit ihren Aussagen außerhalb des wissenschaftlichen Kenntnisstandes des IPCC und der Fachliteratur. Dies ist hochbedauerlich, zumal der fehlerhafte Beitrag prominent auf tagesschau.de in der ersten Verlängerungsnacht der Klimakonferenz in Madrid erschien. Die Intention ist ebenso durchsichtig wie fragwürdig: Druck auf die Verhandler aufbauen, Klimakrisenstimmung an der Heimatfront erzeugen. Dabei scheinen offenbar alle Mittel recht zu sein: Fake News auf tagesschau.de. Ein Fall für den Rundfunkrat (Einreichung von Programmbeschwerden hier) und die Fake-News-Prüfstelle.

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Gute Nachrichten aus der Welt der Grashüpfer brachte diese Pressemitteilung der Saint Louis University vom 9. August 2019:

Despite Temperature Shifts, Treehoppers Manage to Mate

During the mating season, male treehoppers — small plant feeding insects — serenade potential mates with vibrational songs sent through plant stems. If a female treehopper’s interest is sparked, a male-female duet ensues until mating occurs.

Scientists know that there is a thermal window when the half-centimeter-long insects are active and temperature shifts can throw this delicate coordination off. For example, the songs produced by males to attract mates vary with temperature. At some temperatures, male treehoppers can even sound like different species, potentially confusing females, as female treehoppers use these songs to pick a good mate.

A Saint Louis University research team wanted to know if temperature variation, which is increasing with global warming, could have a disruptive effect on the insects‘ reproduction.

To find out, the team studied how temperature variation affects male vibrational songs and female preferences for these songs in an experiment recently published in The Journal of Evolutionary Biology.

Led by Kasey Fowler-Finn, Ph.D., assistant professor of biology at Saint Louis University, the team tested four groups of Enchenopa binotata treehoppers, each from a different location. They measured the frequency (i.e. pitch) of male vibrational songs and the frequency most preferred by females across a range of temperatures from 18 to 36 degrees Celsius.

The results showed a strong temperature effect on both male signals and female preferences with changes in male signals across temperatures being matched by similar changes in the songs that females prefer. Because the male and female insects responded to temperature shifts together, changes in temperature did not significantly influence predicted patterns of female mate choice. Thus, it seems unlikely that thermal sensitivity in male songs will disrupt mating as temperatures shift.

Fowler-Finn is encouraged by the treehoppers‘ resilience.

„At a time when we are increasingly concerned about how global warming will influence animals, these findings provide some hope that treehoppers will persist in the face of change.“

In addition to their research on global warming’s potential impact to insects and ecosystems, the study team also is partnering with the Saint Louis University Museum of Art (SLUMA) to help educate the public about the vital role and fascinating attributes of vibrationally singing insects through a sound installation exhibit open to the public that will open October 25.

Other researchers on the paper include Dowen Mae I. Jocson, Morgan E. Smeester, Noah T. Leith and Anthony Macchiano. The study was funded by the National Science Foundation (grant number IOS -1656818.)

Paper: Dowen Mae I. Jocson, Morgan E. Smeester, Noah T. Leith, Anthony Macchiano, Kasey D. Fowler‐Finn. Temperature coupling of mate attraction signals and female mate preferences in four populations of Enchenopa treehopper (Hemiptera: Membracidae). Journal of Evolutionary Biology, 2019; DOI: 10.1111/jeb.13506

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Business Insider am 10. August 2019:

Klimawandel: Grüne sind die Vielflieger des Bundestages

Trotz Klimaschutz-Debatte: Insgesamt 1182 Mal seit Beginn der Legislaturperiode haben Bundestagsabgeordneten offizielle Flugreisen unternommen

Nun zeigt eine Liste der Auslandsreisen der Bundestagsabgeordneten, dass ausgerechnet Grünen-Politiker*innen in den vergangenen zwei Jahren pro Kopf am meisten geflogen sind, berichtet die „Bild“. Insgesamt gehen 126 Einzeldienstreisen mit dem Flugzeug auf das Konto der 67 Abgeordneten Klimaschutz-Partei.

Im Durschnitt sind die Grünen-Mandatsträger also jeweils 1,9 Mal seit Beginn der Legislaturperiode geflogen. In den anderen Fraktionen waren es im Durchschnitt lediglich 1,2 Flüge pro Kopf. Lässt man die Größe der Fraktion außen vor, führen jedoch die Abgeordneten der Unionsparteien CDU und CSU mit 330 Flugreisen die Liste an. 

Weiterlesen bei Business Insider

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Nun dreht der IPCC vollkommen ab. In einem Sonderbericht fordert er doch glatt, die Nahrungsmittelproduktion zurückzufahren. Und das bei steigender Weltbevölkerung. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 8. August 2019:

Weltklimarat: Nahrungsmittelproduktion gefährdet die Erde

Laut dem Weltklimarat IPCC muss die Menschheit nicht nur die Verbrennung fossiler Brennstoffe drastisch zurückfahren, sondern auch die Nutzung der Landflächen schnell und grundsätzlich verändern, um dramatische und potenziell irreversible Schäden durch Klimawandel und Übernutzung sowie massive Nahrungsmittelknappheit zu vermeiden.

Haben Sie das verstanden? Die Nahrungsmittelproduktion muss zurückgefahren werden, um die Nahrungsmittelknappheit zu vermeiden? Wir lesen weiter in der SZ:

Es sei im Prinzip genug Land für Klimaschutz, Artenschutz und Ernährung da, sagte IPCC-Co-Autor Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven bei einer Pressekonferenz, aber nur unter zwei Bedingungen: Einerseits müsse politisch so umgesteuert werden, dass die Menschen sich gesünder ernähren, moderater konsumieren und das Bevölkerungswachstum gebremst wird. Und andererseits müssten natürlich die Treibhausgasemissionen schnell reduziert werden. „Dann ist Nachhaltigkeit zu erreichen“, sagte Pörtner.

Weniger essen! Eine tolle Idee. Bevölkerungswachstum bremsen. Eine noch besserer Idee, dann mal los!

Aktivisten wollen uns am liebsten alle aus Klimaschutzgründen zu Vegetariern machen und wollen die Tierhaltung daher herunterfahren. Agrarheute am 16. August 2019:

Klimawandel: Umweltverbände fordern Abbau der Tierbestände

Eine breite Allianz von Umweltverbänden hat heute schnelles Handeln für den Klimaschutz gefordert. Auch die Landwirtschaft soll dazu beitragen. Im Vorfeld der Entscheidung der Bundesregierung über ein Klimaschutzgesetz, die für den 20. September erwartet wird, hat eine Allianz von Naturschutzverbänden heute ein Handlungspapier „für effektiven Klimaschutz“ vorgelegt. Darin fordern die Umweltverbände, mit der nächsten EU-Agrarreform „sämtliche Agrarsubventionen an die Einhaltung von strengen Umwelt- und Klimaschutzleistungen“ zu binden.

Zentraler Hebel für den Klimaschutz in der Landwirtschaft sei eine deutliche Reduktion der Tierbestände, besonders in den viehintensiven Regionen. Deshalb müsse die Zahl der Tiere an die verfügbare Fläche gebunden werden.

Verbrauch von Fleisch und Milchprodukten drosseln

Weiterlesen auf Agrarheute

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