Hans-Josef Fell: Think Big!

Einer der Erfinder des EEG, Hans-Josef Fell denkt gern groß. Zu diesem Schluss kommt man zwangsläufig, wenn man das Konzept für die 100% Versorgung mit Erneuerbaren Energien für Berlin und Brandenburg für 2030 ansieht. Fell stellte es am 10.12.2021 vor. Alles ganz einfach meint er, man muss es nur wollen.

Wollen muss man vor allen Dingen das Überbrücken von Dunkelflauten, die finden sich immerhin in dem Papier, wurden sie bislang doch gern geleugnet und eine Mindestbereitstellung an Strom (so viel wie benötigt wird) in solchen Zeiten als gestrig bezeichnet. Das schöne Wort der angebotsorientierten Stromversorgung machte die Runde, es meint aber nichts anderes als Stromzuteilungen, nämlich immer dann, wenn welcher da ist. Das mag in Entwicklungsländern sogar irgendwie funktionieren, in einem Industrieland ist es schwer vorstellbar.

Immerhin, es ist ja schon mal ein kleiner Lichtblick, dass die Physik hier nun nicht länger geleugnet wird und sogar das Wort Dunkelflaute benutzt wird. Es wird ansonsten geklotzt und nicht gekleckert in dem Papier, damit der fromme Wunsch von einer autarken Strom/Energie-Versorgung für Berlin und Brandenburg in Erfüllung geht. Einer Versorgung, die die beiden Bundesländer niemals hatten. Dafür sind dann sogar Speicher mit 26 GWh vorgesehen. Das passt eigentlich nicht zu einer Studie aus dem Sommer, ebenfalls von Fell, die aber für ganz Deutschland je nach Szenario 20 TWh Speicher vorsieht.

Der aktuell größte Speicher (Big Battery) in Deutschland befindet sich in der Lausitz, die Kapazität dort beträgt ca. 50 MWh. Jetzt kann man den Platzbedarf dort (7.000 m2) mittels eines Dreisatzes auf die für Berlin und Brandenburg benötigte Fläche hochrechnen. Man bräuchte 500 solcher Speicher wie in der Lausitz. Es wäre demnach eine Fläche 3.500.000 m2, immer davon ausgehend, dass der Platzbedarf identisch ist zur Big Battery. Deren Bau hat 1 Jahr gebraucht. Bis 2030 müssten also jedes Jahr 60 bzw. eine Batterie pro Woche fertiggestellt werden. Das klingt sehr ambitioniert, allerdings auch komplett unrealistisch.

Zugegeben, wenn sich viele Speicher dezentral in verschiedenen bereits vorhandenen Gebäuden befinden würden, dann wird sich das etwas relativieren, denn dann wäre eine neu zu schaffende Fläche natürlich kleiner. Ob sich Fell solche Gedanken gemacht hat? Die Kosten der Big Battery in der Lausitz betrugen 25 Millionen Euro. Auch diese Zahl müsste also ebenso mit dem Faktor 500 multipliziert werden. 12,5 Milliarden Euro bedeutet das, nur für Berlin und Brandenburg!

Vielleicht rechnen die Studienersteller aber mit Speichern wie den Energy Dome? Diese Anlagen verflüssigen CO2 und nutzen das als Speicher. Jedenfalls theoretisch. Damit sollen sie laut Stern.de 200 MWh speichern können, man bräuchte daher nur 125 solcher Anlagen. Sollten diese Anlagen noch weiter hochskaliert werden können, dann werden natürlich entsprechend weniger Anlagen benötigt. Möglicherweise sinkt dann auch der Platzbedarf. Wir fragen besser nicht, ob die für den Bau solcher Anlagen benötigten Rohstoffe überhaupt verfügbar, geschweige denn bezahlbar sind. Die in Sachen Klima unverdächtige BBC hat die benötigten Rohstoffe für die Elektrifizierung der Mobilität im Vereinigten Königreich einmal ausgerechnet.

„The UK, for instance, wants all new cars to go electric from 2030. But to switch Britain’s 31.5 million petrol and diesel vehicles over to a battery-electric fleet would take an estimated 207,900 tonnes of cobalt, 264,600 tonnes of lithium carbonate, 7,200 tonnes of neodymium and dysprosium, and 2,362,500 tonnes of copper.

Scientists estimate Earth’s total carbon store

Humans help cook up mineral bounty

Earth’s rarest minerals catalogued

This amounts to twice the current annual world production of cobalt (used in battery electrodes), an entire year’s world production of neodymium (to make electric motor magnets) and three-quarters of the world production of lithium (battery electrolyte).

Replacing the estimated 1.4 billion internal combustion engine vehicles worldwide would need 40 times these quantities, and that’s before the metal and mineral requirements of all the wind turbines and solar farms are considered.“

Diese Betrachtung sieht weder andere Länder noch andere Bereich der Energiewende wie Windräder, Solarzellen oder Speicher vor. Auf die gesamte Welt gesehen, rechnet die BBC mit dem Faktor 40 bei den benötigten Rohstoffen und das nur für E-Mobilität. Noch aktueller sind Betrachtungen des IMF (International Monetary Fund) zum Rohstoffbedarf der Energiewende.

Und dann sind da noch quasi weiße Flecken bei Fell. Geothermie und Biomasse soll nämlich auch eine Rolle spielen. Deren Leistung müsste auf 0,7 GW bei Geothermie und 3,3 GW bei Biomasse steigen. Zum Vergleich: ganz Deutschland hat aktuell 8,7 GW Kapazität bei Biomasse. Brandenburg müsste also gewaltig Flächen für Energiepflanzen zur Verfügung stellen oder viele Bäume verfeuern, je nachdem. Jedes Mal, wenn dann Ackerflächen für Energiepflanzen umgewidmet werden, verlagern wir das “Problem” lediglich ins Ausland. Schon heute reicht die Ackerfläche Deutschlands nicht aus, um uns rechnerisch zu ernähren. Reduzieren wir also hier, muss es einen Ausgleich an anderer Stelle geben.

Bei Geothermie wird der Einordnung schon etwas schwieriger, weil jede Wärmepumpe, die Wärme aus dem Boden oder dem Grundwasser entnimmt, hier ebenfalls zählt. Die 0,7 GW sind im großen Plan von Fell ohnehin zu vernachlässigen, sie sind lediglich Peanuts im Vergleich zu den anderen großen Zahlen. Insgesamt lassen solche Prognosen und Berechnungen (Studien?) einen eigenartigen Eindruck zurück.

Sie versuchen zu vermitteln, dass man einfach wollen muss, dann wird alles schon funktionieren, sie lassen aber sehr viele Faktoren außer Betracht, auf die man schon durch einfaches Nachdenken kommt. Nur, was sind dann solche Studien wert, die schon beim ersten Lesen als Wunschtraum erkennbar sind? Vielleicht passt der Zeitpunkt der Veröffentlichung kurz vor Weihnachten ja zu der Wunschliste?

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Und noch etwas aus der Abteilung: Es ist doch eigentlich so einfach. Die Frage sei allerdings zunächst gestattet, was bitte schön ist eine Klimakommunikatorin? Für Susan Joy Hassol, die ja vermutlich die Statistik des Wetters erklärt, ist die Lösung recht simpel. Kinder sind in erster Linie CO2 Verursacher? Puhhh.

(Abbildung: Screenshot Twitter)

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Öffnet eure Herzen äh Brieftaschen. Die Orchestrierung der Spendensammlung von Wikipedia läuft wie angekündigt. Schlappe 3 Millionen sind nur noch zu erbetteln, dann kann das Mitmach-Lexikon vielleicht doch noch gerettet werden.

Man mag sich gar nicht ausrechnen, was das sonst für Referate und Hausaufgaben von Millionen Schülern bedeutet, sollte Wikipedia in Kürze abgeschaltet werden. Leser dieses Blog wissen längst, dass hier (steuerbegünstigt!) Geld gesammelt wird, welches auf einen großen Haufen in den USA geschüttet wird. Es liegen dort bereits 200 Millionen Dollar und der Haufen wird jedes Jahr größer. Dennoch kann man die Uhr danach stellen, wann Wikipedia die nächste Betteltour startet.

Wikipedia schwimmt in Geld, das ist auch schon anderen aufgefallen. Andreas Kolbe hat es bei Dailydot ebenfalls kommentiert. Der Artikel geht übrigens von 10 Millionen Dollar jährlich aus, um die Plattform technisch am Laufen zu halten. Der zusätzliche Wasserkopf, der sich in Ländern wie Deutschland gebildet hat, wird u. a. für das Lobbyieren benutzt, denn Wikipedia mischt munter mit im Berliner Politikzirkus. Leitende Manager werden nach dem Dailydot Artikel hervorragend bezahlt mit 300.000 – 400.000 Dollar im Jahr. Irgendwie muss man das ganze Geld ja ausgeben.

(Abbildung: Screenshot Dailydot)

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