Hätte der NDR seinerzeit Galileo Galilei auch als „Leugner“ diffamiert?

Von Uli Weber

Der Begriff „Leugner“ kommt im täglichen Leben eigentlich eher selten vor, es sei denn, es geht um religiöse Glaubensfragen, historische Ereignisse oder die Tagesschau. Mit Datum vom 11. August 2019 hatte sich der Autor beim NDR Rundfunkrat über die 20-Uhr-Tagesschau vom 07.08.2019 beschwert. Der Vorwurf an den NDR lautete, dass im Tagesschau-Beitrag zum Regenwald in Brasilien bei Minute 3:40 der Kampfbegriff „Leugner des Klimawandels“ verwendet worden war. Durch den Gebrauch dieses Ausdrucks wurden meines Erachtens nach die öffentlich-rechtliche Objektivität und die Würde des Menschen verletzt. Gleichzeitig stellt die Verwendung dieses einseitig diffamierenden Kampfbegriffs in meinen Augen eine Parteinahme für ein weltanschauliches Bekenntnis (nämlich einen „menschengemachten Klimawandel“) dar. Diesen Vorwurf hatte ich in meiner Beschwerde anhand des NDR-Staatsvertrages ausführlich belegt.

Weiterhin hatte ich unter „PS“ ausdrücklich auf den falschen 97%-Konsens in der Klimawissenschaft hingewiesen. Eine entsprechende Analyse zu Cook et al. (2013) war in der Anlage beigefügt, und zwar der Artikel „Die ‚parallele Logik‘ für eine Dekarbonisierung der Welt“, veröffentlicht am  4. September 2018 vom Wissenschaftsblog „DieKalteSonne“, Zitat daraus, „Und jetzt kommt der Hütchentrick der ‚parallelen Logik‘ zum Tragen: Früher oder später wird die Aussage (1)->(2)->(3) einfach ohne die zwingende Einschränkung aus (2) direkt mit der ursprünglichen Gesamtmenge aus (1) in Beziehung gesetzt und führt zu einer ganz neuen ‚parallelen Wahrheit‘ (1)->(3).“

Mit Datum vom 16. August 2019 teilte mir der NDR Rundfunkrat mit, dass nach § 7 seiner Geschäftsordnung zunächst dem Intendanten die Möglichkeit zu einer Stellungnahme eingeräumt werden würde. Sollte die Antwort des Intendanten nicht zufriedenstellend ausfallen, könne der Beschwerdeführer sich erneut an den Rundfunkrat wenden. Mit Datum vom 6. September erhielt ich dann ein Schreiben des NDR-Intendanten Herrn Lutz Marmor, in dem dieser zum Ausdruck bringt, es läge aus seiner Sicht kein Verstoß gegen die Programmgrundsätze des NDR oder sonstige Vorschriften vor.

Um es einmal in leichter Sprache auszudrücken: Bezeichnungen gewinnen durch ihren wiederholten medialen Gebrauch an öffentlicher Akzeptanz; die öffentlich-rechtlichen Medien haben aber einen Informationsauftrag und keinen Diffamierungsfreibrief.

Im Ergebnis hatte ich mit Schreiben vom 9. September 2019 an den NDR Rundfunkrat meine Programmbeschwerde vom 11.08.2019 daher vollumfänglich aufrechterhalten. Zusätzlich hatte ich mich auch noch über den Zweiten Chefredakteur von NDR-aktuell beschwert, der weiterhin auf dem gleichen niederen „Leugner“-Niveau zu argumentieren beliebt hatte. Meiner Widerlegung der Cook-Studie (=97%-Konsens) wurde in der dem Intendanten-Schreiben anliegenden Stellungnahme von NDR-aktuell (unterzeichnet: Zweiter Chefredakteur) vom 02.09.2019pauschal „zahlreiche“ weitere Studien mit ähnlichem Ergebnis enggegengehalten, OHNE dass diese Studien dort nachprüfbar belegt worden wären. Dabei ist das Strickmuster solcher „Studien“ immer sehr ähnlich; so leitet beispielsweise Powell (2015) seine Aussage daraus ab, dass in 99,94% der dort untersuchten 24.210 Abstracts der menschengemachte Klimawandel nicht AUSDRÜCKLICH zurückgewiesen wird – welch ein antiwissenschaftlicher Unsinn, der von ScienceFiles geradezu genüsslich zerlegt worden war.

Schließlich zog sich NDR-aktuell auf den „Weltklimarat“, „Wissenschaftsakademien in 80 Ländern“ und eine wissenschaftliche Zustimmungsrate „von 90 Prozent oder mehr“ zurück.Naturwissenschaft ist aber nun einmal kein „Wünsch-dir-was“ für eine beliebige Weltanschauung. Beweislich der kruden Vorstellungen über wissenschaftliche „Peer-Reviews“ in der Stellungnahme von NDR-aktuell, Zitat,

Der Konsens wurde demnach auf 90 bis 100 Prozent beziffert. Deutlich wurde in diesen so genannten ‚Peer-Reviews‘, je höher die Expertise der Befragten im Bereich der Klimaphänomene ist, desto höher ist die Zustimmung zu der Aussage des Weltklimarates…“,

hatte ich mir schließlich erlaubt, auf diese fachlich unqualifizierte Argumentation mit den Worten von Albert Einstein zu der Broschüre „Hundert Autoren gegen Einstein“ (1931) zu antworten, Zitat:

„Hätte ich Unrecht, würde ein einziger Autor genügen, um mich zu widerlegen.“

In Umkehrung dieses Einstein-Zitats gilt nämlich: Selbst wenn es eine diesbezügliche wissenschaftliche Mehrheitsmeinung geben sollte, was ich stark bezweifle, so ist es völlig abstrus, deren Kritiker als „Leugner“ zu bezeichnen. Insbesondere von öffentlich-rechtlichen Medienmachern erwarte ich daher den nötigen menschlichen Respekt vor abweichenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, über die ein Zweiter Chefredakteur selbst ganz offensichtlich gar nicht fachlich zu urteilen vermag. Vielmehr fühlt sich dieser Herr anscheinend erst unter Bezugnahme auf eine vorgebliche wissenschaftliche Mehrheitsmeinung dazu berufen, diesen öffentlich-rechtlichen „Leugner“-Bezug ausdrücklich aufrecht zu erhalten und zu verteidigen.

Es mag daher wenig erstaunen, wenn man in den öffentlich-rechtlichen Medien sehr viel häufiger katastrophenaffine Meldungen als Entwarnungen findet. Beispielsweise wurde dort jüngst die Kernaussage einer Studie mit dem Tenor ‚Skeptiker werden in den Medien öfter zitiert als Klimaforscher‘ unkritisch durchgereicht, die sich bei näherer Betrachtung jedoch als „F-Wort“-Wissenschaft erwiesen hatte. Dagegen wurde m. W. das aktuelle gerichtliche Scheitern von Dr. Michael Mann, dem „Erfinder“ der Hockeystick-Temperatur-Kurve, mit einer Millionen-Dollar-Klage gegen Dr. Timothy Ball, der verbreitet haben soll, Dr. Mann gehöre deswegen ins Staatsgefängnis und nicht an die Staatsuniversität (Wortspiel: State Pen not Pen State), in den ÖRM gar nicht erwähnt, obwohl es sich bei dieser gerichtlich nicht verifizierbaren Hockeystick-Kurve um das wohl populärste Argument für einen menschengemachten Klimawandel handelt.

Es bleibt abschließend noch auf Galileo Galilei hinzuweisen. Wir lernen nämlich aus dem letzten Absatz von NDR aktuell, Zitat mit Hervorhebungen,

In der Meldung hieß es: ‚(…)Angesichts dieser Entwicklung kritisieren Umweltschützer*innen Brasiliens Präsidenten Bolsonaro, der als Leugner des Klimawandels gilt (…).‘ Leugnen bedeutet laut Duden, ‚etwas für unwahr oder nicht vorhanden erklären und nicht gelten lassen‘. Wir sind daher der Ansicht, dass der Begriff angesichts der wissenschaftlichen Eindeutigkeit angemessen ist. Eine Diskriminierung oder Ausgrenzung können wir nicht erkennen und ist unserer Ansicht nach durch die Wortbedeutung nicht zu begründen.“,

dass der öffentlich-rechtliche NDR streng auf vorgebliche Mehrheitsmeinungen vertraut und auf deren Grundlage inquisitorisch streng zu urteilen beliebt. Wenden wir diese „wissenschaftliche Eindeutigkeit“ von NDR aktuell nun einmal auf Galileo Galilei an, der seinerzeit gegen mindestens 97% der damaligen Wissenschaft gestanden hatte:

Auch der NDR hätte seinerzeit Galileo Galilei mit dieser Begründung wohl als „Leugner“ diffamiert.

Ich hatte ganz bewusst darauf verzichtet, in meiner erneuten Beschwerde auf Giordano Bruno hinzuweisen, den eine solche inquisitorische Einheitsmeinung schließlich auf den Scheiterhaufen gebracht hatte. Denn die daraus abzuleitende Aussage wäre noch sehr viel provokanter gewesen und hätte in ihrer letzten Konsequenz zu den Perlen zeitgenössischer schwedischer „Klimawissenschaft“ geführt. Um dem Rundfunkrat die Möglichkeit zu geben, die wissenschaftliche Kompetenz von Medienschaffenden richtig einzuordnen, hatte ich mir weiterhin erlaubt, ihm dort eine kurze Übersicht über die sehr unterschiedlichen Arten von wissenschaftlichem Wissen zu vermitteln, die in absteigender Hierarchie schließlich in gutem Glauben münden:

Primärwissen ist das Peer-to-Peer Wissen von Fachleuten, denen das notwendige wissenschaftliche Handwerkszeug zur Verfügung steht, um Primärinformationen selbst zu generieren oder fremde zu bewerten – und zu denen ich mich auch zählen darf.

Sekundärwissen ist das Wissen von sogenannten Multiplikatoren, die sich fachlich-didaktische Kenntnisse angeeignet haben, um damit komplexe Primärinformationen mehr oder weniger korrekt zu vereinfachen und in „leichter Sprache“ weiter verbreiten zu können – hierzu zählen üblicherweise auch gute Wissenschaftsjournalisten.

Tertiärwissen ist das von Multiplikatoren mit Sekundärwissen an eine Zielgruppe weiter vermittelte Wissen, dessen Richtigkeit von dieser Zielgruppe üblicherweise nicht mehr fachlich hinterfragt werden kann, sondern einfach geglaubt werden muss – hier finden sich dann auch Medienkonsumenten und unterdurchschnittliche Journalisten.

Alle reden von einer Spaltung unserer Gesellschaft, und menschlicher Anstand ist dieser Tage ein rares Gut. Schaunmeralsomal, wie es mit der öffentlich-rechtlichen „Leugner-Selbstermächtigung“ des NDR aufgrund einer vorgeblichen „wissenschaftlichen Eindeutigkeit“ weitergeht. Denn „Wissen-schaft“ schafft üblicherweise Wissen, so sagt es allein schon der Name. Und ad-hominem-Diffamierungen aufgrund einer alternativlosen wissenschaftlichen Einheitsmeinung sind keine wissenschaftlichen Argumente, sondern ein Zeichen von Zeitgeist und intellektueller Überforderung. Immerhin wurde Galileo Galilei am 2. November 1992 von der römisch-katholischen Kirche formal rehabilitiert; mal sehen, wie lange der NDR seine öffentlich-rechtliche „Leugner“-Inquisition aufrecht zu erhalten beliebt…

Bild: Ausschnitt aus dem Galileo Galilei Porträt von Justus Sustermans (1636), gemeinfrei aus Wikipedia.

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