Fragen an Greta und Luisa

Systemwechsel, darüber wurde in diesem Blog schon einige Male geschrieben. Immer wieder taucht dieser Begriff im Zusammenhang mit Klima auf. Nun haben zwei führende Gesichter der Fridays For Future (FFF) Bewegung, nämlich Greta Thunberg und Luisa Neubauer, noch einmal zu einem Systemwechsel aufgerufen. Genauer gesagt attestieren sie dem jetzigen System laut der WELT, dass es nicht reparierbar sei. Sie fordern ein neues System, welches genau das sein soll, sagen sie aber leider nicht.

Welches System soll es denn sein?

Gehen wir bei allen auf der Welt existierenden politischen Systemen einfach von zwei grundsätzlichen Arten aus: Länder mit einer Demokratie und Länder ohne eine Demokratie. Welche der beiden Systeme könnte bei einem neuen System gemeint sein? Worin könnte der Vorteil in Sachen Klima liegen, wenn man die Variante ohne Demokratie bevorzugt?

Sollten die Aktivistinnen auf Wirtschaftssysteme abzielen so lässt sich die Welt grob ebenfalls in zwei verschiedenen Arten einteilen: Marktwirtschaft und Planwirtschaft. Auch hier wäre die Frage, welche der beiden System die Damen denn bevorzugen für ihr Anliegen. Die Planwirtschaft hat in Teilen Osteuropas nach dem 2. Weltkrieg für zahlreiche ökologische Katastrophen gesorgt, die die Marktwirtschaft mit zum Teil beträchtlichen Mitteln und Aufwand nach 1990 erst wieder beseitigen musste. Das bedeutet nicht, dass Marktwirtschaft nicht auch Schäden anrichten kann, es liegt aber in deren Natur, dass sie in der Regel geringer sind, weil es so etwas wie Kontrolle durch die Öffentlichkeit gibt.

Corona überstrahlt alles

Es dürfte kein Zufall sein, dass der System-Appell kurz vor einem EU Gipfel erscheint, wo in erster Linie über Wiederaufbauhilfen für die durch Corona gebeutelten Länder beraten werden soll. Das Thema Klima, auch das haben wir hier schon mehrfach berichtet, steht bei den Beratungen nicht an erster Stelle. In der heißen Phase der Pandemie haben zwar etliche Protagonisten gemeint, die Thema Klima und Corona zwangsverheiraten zu müssen, aber es funktionierte nicht wirklich.

Egal, ob Grüne wie Robert Habeck den um die Existenz bangenden Gastronomen riet, sie mögen die Schließung doch zum Austausch der Heizung nutzen oder er kürzlich ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen ins Spiel brachte, immer lag er damit etwas daneben, was die wahren Probleme der Menschen während der Corona-Zeit angeht. Außer kurzen Aufregungen gab es nichts von Bestand von den Grünen. Das Thema Corona spült, wenn man so will, das Thema Klima einfach erst einmal weg.

Das wissen auch Greta Thunberg und Luisa Neubauer. Sie stemmen sich aber mit Macht dagegen. Der Appell jetzt wirkt allerdings schon so wie ein eigentlich unerreichbares Ziel, sehr abstrakt, wenig konkret und eigentlich auch schon etwas resigniert. Zu oft waren es immer wieder die nächsten Monate, die entscheidend sein sollen. Vergehen die nächsten Monate aber ohne, dass die Erde kollabiert, haben die Aktivistinnen das gleiche Problem wie die Zeugen Jehovas nach jedem ausgefallenen Weltuntergang.

Würden es die Bürger der EU so einfach hinnehmen, dass Systeme, die Europa eine lange Zeit des Friedens und des wirtschaftlichen und sozialen Aufschwungs gebracht haben, abgeschafft werden sollen, weil es Klima-Aktivisten nicht schnell genug mit der Umsetzung ihrer Forderungen geht? Den mühsamen Gang durch die Politik hat Luisa Neubauer bereits dankend abgelehnt, das sagte sie kürzlich nach einer TV Sendung bei Markus Lanz, als CDU Mann Merz sie aufforderte, sich wählen zu lassen und dann Mehrheiten für die eigene Position zu suchen. Das wäre konkret und es wäre die Übernahme von Verantwortung.

Technokratie und eine Kirche der Wissenschaft?

Solange die FFF-Gesichter aber so wenig konkret bleiben, wird sich vermutlich niemand wirklich dafür interessieren. Wie will man Politiker tatsächlich zum Handeln auffordern, wenn man im Hinterkopf denkt, dass sie ohnehin in einem „anderen System“ nicht gebraucht werden. Auch Politiker haben Antennen für so etwas und spätestens, wenn sie einen solchen offenen Brief lesen, haben sie es schwarz auf weiß. Möglicherweise stellen sich die FFF Aktivistinnen ja auch eine Art Technokratie vor. Es wird ja immer wieder „die Wissenschaft“ in den Zeugenstand gerufen, allerdings nur diejenige, die der eigenen Agenda dient. Warum also sollten dann nicht auch die Wissenschaftler, die die eigene Meinung letztlich geformt haben, nicht auch gleich die politischen Entscheidungen fällen?

So etwas ähnliches gab es lange Zeit in der Geschichte der Menschheit. Es war die Zeit als die Kirche die Politik maßgeblich bestimmte. Erst mit dem Zeitalter der Aufklärung gewannen die Europäer die Erkenntnis, dass man Glauben und Politik besser fein säuberlich voneinander trennt. Wie richtig die Entscheidung war, sieht man an den zahlreichen Konflikten rund um die Welt, wo nämlich beides gefährlich nah zusammenliegt.

Was Klimaaktivisten von Virologen lernen können

Wir haben hier schon so oft den Virologen Professor Drosten zitiert, der die Rolle der Wissenschaft und Politik komplett anders einschätzt als viele der in Initiativen wie z. B. Scientists for Future agierenden Aktivisten. Wenn man so will, hat Drosten hier die aufgeklärte Haltung bzw. Erkenntnis.

„Es seien nicht Wissenschaftler, sondern die Politik, die Entscheidungen in der Krise treffe. Seine und die Aufgabe seiner Kollegen sei es, Daten zur Verfügung zu stellen und diese zu erklären. „Das ist ja das, was im Moment Wissenschaftler auch vielfach tun – und dafür dann leider auch überzeichnet werden“, setzt Drosten dann an. Seriöse Wissenschaftler würden weder bereits getroffene Entscheidungen bewerten noch konkrete Entscheidungen von der Politik einfordern.“

Es trifft sich gut, dass ausgerechnet der Komiker John Cleese zum Thema Wissenschaft etwas sehr Schlaues gesagt hat, was den momentanen Glauben an die Wissenschaft, in erster Linie die Wissenschaft, die sich vorwiegend mit Klima und Horrorszenarien beschäftigt, schön beschreibt.

„I would like (fill in a year here) to be the year when people remembered that science is a method of investigation, and NOT a belief system.“

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Sibirien und kein Ende

Nun nimmt sich die New York Times das Thema der ungewöhnlich hohen Temperaturen in dem großen Land Sibirien vor. Ohne den Klimawandel, so behauptet eine deutsche Wissenschaftlerin aus England (Friederike Otto), würden solche Wärme-Events nur alle 80.000 Jahre vorkommen. Erstaunlicherweise wurde der alte Temperaturrekord aus dem häufig genannten Verkhoyansk 1917 aufgestellt und lag seinerzeit lediglich 0,3 Grad Celsius unter dem neuen Rekordwert. Wie passt das zur 80.000 Jahre These unter Berücksichtigung von deutlichen geringeren CO2 Werten im Jahr 1917? Da die Studie, aus der zitiert wird, noch kein Peer-Review erhalten hat, wäre das vielleicht eine Frage für einen Gutachter.

Auch der Tagesspiegel mischt mit und hat ein Video produziert. In dem Video wird postuliert, dass es durch die vom Menschen verursachten Treibhausgase in Sibirien 2 Grad Celsius wärmer ist. Nach der Logik hätte das demnach ohne Treibhausgase eine Temperatur von etwa 36 Grad Celsius in Verkhoyansk bedeutet?

Bei fast jedem Bericht zum Thema Wärme in dem riesigen Land Sibirien (es ist fast 40 mal größer als Deutschland) wird aber das Gesamtbild gern vergessen. Denn neben den Warmluftblasen gibt es auch Gegenden, in denen es Anomalien mit zu kühlen Temperaturen gibt. Die Universität von Maine USA hat eine interessante Seite dazu. Auf der sind die aktuell warmen Bereiche in Sibirien gut zu erkennen, aber auch die zu kühlen. Ebenso aufschlussreich die Abweichungen von der Normaltemperatur (1979-2000), natürlich immer bezogen auf ein festes Datum.

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Zweimal die ZEIT:

1. Der weltweite Ausstoß von Methan steigt, in Europa sinkt er allerdings, weiter lesen hier.

2. Unter dem Titel „Stoppt den Atomausstieg“ gibt es einen Gastkommentar von Rainer Moormann und Anna Veronika Wendland. Auszug:

„Durch den Atomausstieg wird bis 2023 die CO₂-arme nukleare Stromerzeugung auf null reduziert werden. Zwar wurden die Erneuerbaren stark ausgebaut, doch sie können ohne Speicher die Kernkraftwerke nicht ersetzen, weil sie wetter- und tageszeitabhängig einspeisen. Wind- und Sonnenenergie liefern, anders als Kernkraftwerke, keine „gesicherte Leistung“, wie es in der Fachsprache heißt. Stattdessen füllen klimaschädliche Kohle- und Gaskraftwerke die Lücke.

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