Es ist an der Zeit für einen „CO2-Lastenausgleich“ der Politiker

Von: Gastautor

Nach heutigem Kenntnisstand fällt es schwer zu glauben, dass alle Staaten, die das Pariser Klimaschutzabkommen unterzeichnet haben, in ihren Ländern eine CO2-freie Klimaneutralität bis 2050 umsetzen können, geschweige denn überhaupt wollen. Während die Emissionen in vielen Ländern uneingeschränkt weiter zunehmen, wurde in Deutschland das für 2020 auferlegte Zwischenziel erreicht: CO2-Rückgang um 40,8 % gegenüber 1990.

Eigentlich ist das Erreichte ein Grund für Belohnung, Anerkennung oder zumindest für Wertschätzung. Erleben dürfen wir das Gegenteil: „Deutschland ist Lichtjahre von der Einhaltung unserer 1,5 Grad-Zusage entfernt“, sagte Luisa Neubauer dem RND. Und weiter sagt sie: „Deutschland ist eines der „Hauptverursacherländer“ der Klimakrise und die Mehrheit der Parteien hat keine umfassende Antwort auf die Drastik der Lage. Die Einhaltung des Pariser Ziels scheitert ausschließlich am politischen Willen.“ – Sehr geehrte Frau Neubauer, bitte wen oder was möchten Sie mit Ihren Aussagen zerstören? Die Politik hat doch die Lage zum Klima in Windeseile verschärft, in dem die Daumenschrauben zur Erreichung der nächsten Ziele schmerzhaft angezogen werden, obwohl das Bundesverfassungsgericht für die Umsetzung des Urteils ein Zeitfenster von zwei Jahre eingeräumt hat.  Der Beschluss zum Klimagesetz in Kurzformel lautet ab sofort: Bis 2045 soll in Deutschland die Klimaneutralität hergestellt werden. Ein Jahr danach kann Frau Neubauer dann beruhigt ihren 50. Geburtstag feiern.

Zur Reduzierung von anthropogen-ausgestoßenen CO2 auf „Netto-Null“ soll dafür in Deutschland nun die ganze Wirtschaft auf Biegen und Brechen irgendwie klimaneutral umgebaut werden. Der Einfachheit halber werden natürlich zuerst die Steuern erhöht. Begründung: Erzeugung einer Lenkungswirkung. In Folge, so der Eindruck, soll nach Möglichkeit der Kapitalismus beendet, der Staatseinfluss verstärkt ausgedehnt und überhaupt die Marktwirtschaft überwunden werden. Alles erfolgt auf der Grundlage von Plänen des „Great Reset“. Die Regierenden vermitteln bei alledem das Gefühl situativ alles unter Kontrolle zu haben in dem sie vorgeben, durch ihre Handlungsweisen die Bevölkerung und die Wirtschaft vor Ungemach bewahren zu wollen.

Noch einmal anders zusammengefasst: Die Politik gibt sich als allwissender Schutzpatron der Bürger und begründet ihre bestimmenden Vorgehensweisen auf der argumentativen Grundlage von Klimawissenschaftlern, die das anthropogen-ausgestoßene CO2 alleinig für den Klimawandel und den damit einhergehenden Folgen der aktuell stattfindenden Wetterkatastrophen verantwortlich sehen. Nur ein Verhindern der anthropogenen CO2-Emissionen bewirkt in ihrer Wahrnehmung die Einhaltung des im Pariser Klimaschutzvertrages festgeschriebenen <2 – 1,5-Grad-Zieles. Nur das allein kann uns vor einer Überhitzung der Erde bewahren. Dazu wird den Bürgern nun durch Auferlegung von Lasten (fast?) schier Unmögliches abgetrotzt.

Aber welchen aktiven Beitrag leisten eigentlich die Politiker daselbst zur Zielerreichung?

Die Grünen wollen erst einmal 2 neue Ministerien schaffen. Incl. Staatssekretäre, Bedienstete und der Bau neuer Ministeriengebäuden wird die CO2-Bilanz der Regierung wesentlich verschlechtert. Im Artikel 38/1 des Grundgesetzes steht geschrieben, dass maximal 598 Bundestagsabgeordnete die Geschicke des Landes lenken sollen. Derzeit sind es bereits 709 Volksvertreter. Nach der Wahl im September werden es noch einmal mehr sein, denn es kam in der jetzigen Legislaturperiode zu keiner Lösung hinsichtlich der Abschaffung von Überhangmandaten. Ob die Damen und Herren alle Platz im Regierungsgebäude, respektive im Regierungsviertel finden bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall entsteht mehr CO2-Zuwachs, denn in dem so aufgeblähten Apparat hat jeder Volksvertreter ein Anrecht auf wohl klimatisierte, kostenlose Büronutzung, einen Etat für Mitarbeiter, steuerfreie Aufwandspauschale und Altersversorgung. Obendrein gibt es in vielen Fällen auch finanziell weitere Zuschläge für allerlei Ämter und Pöstchen im Parlament, z. B. als „Beauftragter“ für dieses oder jenes.

Die größte Klimabelastung entsteht jedoch durch die immer noch vorhandenen zwei Regierungssitze = Bonn und Berlin. Allein 6 Ministerien (von 14) haben ihren ersten Dienstsitz nach wie vor in Bonn. Neben dem Ressort für Verteidigung sind dies die Ministerien für Entwicklungshilfe, Landwirtschaft, Gesundheit, Bildung und Forschung und, man höre und staune, auch das Umweltministerium. Für die Aufteilung der Ministerien auf Berlin und Bonn fallen Jahr für Jahr Kosten allein für Administration und Reisen in 2-stelliger Millionenhöhe an. Bedingt durch Corona konnte die Anzahl von Dienstreisen reduziert werden, da vermehrt Beratungen per Videokonferenz stattfanden.

Bei ihren Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin setzen die Ministerien dabei einem Bericht zufolge weiterhin vor allem aufs Flugzeug statt auf die Bahn. Ohne groß Aufmerksamkeit zu erzeugen wurde parlamentarisch bereits 2019 der Bau eines neuen Bundeskanzleramtes abgesegnet. Es soll nun bis 2028 auf ca. 50.000 m² auf der gegenüberliegenden Spreeseite neu entstehen. Es ist ein Gebäude geplant, welches in der Welt unvergleichbar sein soll. So eine Platin-Variante ist nach ersten Planungsvorstellungen mit 800 Mio € angegeben. Wir alle wissen dabei schon heute, dass die endgültige Abrechnung mindestens im Mrd.-€-Bereich enden wird. Alles in allem ein Projekt, dass bei den Problemen der heutigen Zeit dringend überdacht werden sollte.

Und das Europaparlament? Da wird es noch verrückter. Ein Wanderzirkus zwischen Brüssel und Straßburg. Anfang der 1990er-Jahre wurde offiziell festgeschrieben, dass jährlich 12 Plenarsitzungen für 3-4 Tage in Straßburg stattfinden. Sitzungen etwa der Ausschüsse und Fraktionen hingegen finden  in Brüssel statt, wo die Abgeordneten sowieso die meiste Zeit verbringen. Hinzu gesellt sich noch ein dritter Standort: Luxemburg. Dort befindet sich aus nicht logisch nachvollziehbaren Gründen die Parlamentsverwaltung.

5.000 Menschen also, Europaabgeordnete, Assistenten, Dolmetscher, Bedienstete, Lobby- und Medienvertreter, machen sich jährlich für 12 Plenarsitzungen per Auto, Zug oder Flugzeug zur Aufgabenbewältigung auf den 430 Kilometer langen Weg von Brüssel bis in das Elsass. Sie brauchen dafür jedes mal 8 Lastwagen voller Akten und diskutieren in 24 Sprachen. Für die Pendelei steht den EU-Parlamentariern ein Shuttleservice mit 120 Dienstautos zur Verfügung. Kaum einer nutzt das Angebot, aber die Autos fahren trotzdem. In den Sitzungswochen des EU-Parlaments werden regelmäßig ca. 120 Autos des offiziellen Fahrdienstes von Brüssel nach Straßburg kutschiert – die meisten davon leer, also nur der Chauffeur befindet sich an Bord. Die Autos und ihre Fahrer werden in Straßburg gebraucht, um Abgeordnete vom Flughafen oder Bahnhof zum Parlamentsgebäude zu bringen. Die Fahrtzeit beträgt dabei maximal 20 Minuten. Nur wenige der 751 EU-Abgeordneten nutzen die Möglichkeit, in den Limousinen nach Straßburg mitzufahren. Sie reisen lieber direkt (aus ihrem Wahlkreis) an. Bei einer der letzten Sitzungen hatten wohl 25 Parlamentarier den Shuttle angefragt.

Das Parlament stellt seinen Mitgliedern sowohl in Brüssel als auch in Straßburg vollausgestattete Büros kostenfrei zur Verfügung. Die Mitglieder können in beiden Städten die Dienstfahrzeuge des Parlaments für ihre Amtsgeschäfte kostenfrei nutzen. Den Abgeordneten werden gegen Vorlage entsprechender Belege die tatsächlich angefallenen Kosten ihrer für die Anreise zu den Sitzungen benutzten Fahr-bzw. Flugscheine bis zum Höchstbetrag eines Flugpreises in der Business-Klasse (oder einer vergleichbaren Klasse), einer Bahnfahrkarte erster Klasse erstattet. Sogar für Reisen mit Privatfahrzeugen (bis zu einer Anreiseentfernung von 1.000 km) werden bezuschusst. Zusätzlich erhalten sie eine gemäß der Entfernung und Dauer der Reise festgesetzte pauschale Vergütung zur Deckung sonstiger Reisekosten (z. B. Autobahnmaut, Übergepäck oder Reservierungsgebühren).

Das Parlament zahlt weiter eine Pauschalvergütung für Kosten einer Unterkunft zzgl. Nebenkosten für jeden Tag, an dem das Mitglied an den offiziellen Arbeitstagen des Parlaments in Brüssel bzw. Straßburg anwesend ist. Weiter besteht ein monatlicher Anspruch auf eine allgemeine pauschale Kostenvergütung – bestimmt hauptsächlich zur Deckung der Kosten der parlamentarischen Aktivitäten der Abgeordneten in der Heimat – wie Büromiete und -organisation, Telefonrechnungen und Abonnements, Auslagen für Repräsentationszwecke, Computer- und Telefonanlagen sowie die Organisation von Veranstaltungen.

Das Tagegeld und die Reisekostenvergütungen machen nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Zuwendungen aus, die den EU-Parlamentariern zustehen. Als Einkommen erhält der Abgeordnete zunächst einmal monatlich ein einheitliches einkommensteuerpflichtiges Gehalt. Für persönliche Mitarbeiter erhält jeder Abgeordnete auf Nachweis weitere Zuwendungen. Wo liegt da die Motivation zur Einsparung von irgendwas (Lenkungswirkung), wenn mit so einem großen Füllhorn ausgeschenkt wird? Auf Bundes- und Europaebene können mit Sicherheit u. a. durch Videokonferenzen viele Reisen überflüssig werden. Allein das wäre schon ein messbarer Beitrag zur CO2-Reduktion. Aber da geht sicher noch viel viel mehr. Selbiges könnte auch für die regelmäßig stattfindende Klima- und Wirtschaftsgipfel eingefordert werden. Allein in Davos reisen dazu mehr als 20.000 Delegierte und Journalisten an. Und das Ergebnis? Zumindest CO2-Verursachung ohne Ende.

Nach dem neuen Klimaschutzgesetz sind nun alle Beschlüsse, Entscheidungen und Gesetze des Bundestages mit den CO2-Vermeidungszielen in Einklang zu bringen. Wie kann es dann sein, dass der Verteidigungshaushalt von 2019 zu 2020 um 1,7 Mrd. € auf 44,9 Mrd. € angehoben wurde? Für 2021 sind 46,9 Mrd. € geplant und für 2022 gar 50,3 Mrd. €. Werden damit ab sofort nur noch CO2-freie Waffensysteme angeschafft? Warum beteiligt sich die Bundeswehr überhaupt noch an CO2-intensiven  Manövern wie „Sea Breeze 2021“ oder »Defender-Europe 2021«? 28.000 Soldaten aus 26 Ländern nehmen daran teil. Ganze Bataillone kommen nebst Gerät auf dem See- und Landweg unter großem Aufwand zusammen. Es befinden sich aktuell 2.882 Soldaten der Bundeswehr in 11 Krisen-/Kriegsgebieten im Einsatz. Wie sinnvoll die Einsätze sind zeigen doch die zurückliegenden 20 Jahre Afghanistan: In knapp 4 Wochen haben die Taliban die meisten der strategisch-wichtigen Punkte zurückerobert.

Warum wird Regierungstätigkeit nebst der Tragweite für getroffenen Entscheidungen eigentlich nicht wie eine normale Dienstleistung bewertet und dem Zertifikatshandel unterworfen? Das wäre mal eine Maßnahme für nach-zuhaltende Transparenz. Ist es zu dreist die Volksvertreter zu ersuchen, selbst mit sehr gutem Beispiel voranzugehen und aktive Beiträge für eine CO2-Reduktion zu leisten und nicht immer nur alles dem Bürger abzuverlangen? Es darf auch immer gerne und selbstverständlich geschehen, ohne an Transaktionen zwischen Emittenten teilnehmen zu müssen. Sind wir mal auf ein Ergebnis gespannt, ob wir mit zukünftigem, freiwillig durch Politiker erbrachten „CO2-Lastenausgleich“ zum Klimaschutz überrascht werden. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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