Endlich das vollständige Möglichkeitsspektrum: Probabilistische Klimaszenarien auf Basis der CO2-Klimasensitivität, Emissionsszenarien und Vulkanausbrüchen

Die zukünftige Klimaentwicklung wird üblicherweise in Szenarien dargestellt, die fast ausschließlich auf verschiedenen CO2-Emissionsszenarien basiert. Das ist aber unvollständig, denn nicht nur die zukünftige CO2-Emissionsentwicklung, sondern auch die Höhe der CO2-Klimasensitivität ist nur schlecht bekannt und mit einem Unsicherheitsfaktor von 3 behaftet. Das mag man beim IPCC aber nicht so gerne offen diskutieren, daher nimmt man hier einfach einen Mittelwert und tut so, als wenn es die Unsicherheitsspanne der CO2-Erwärmungswirkung gar nicht gäbe. Dazu kommt dann noch der Vulkanismus, der mit seinem Schwefeldioxid besonders starker Ausbrüche das Klima abkühlt. Aber man weiß natürlich nicht, wann solche Ausbrüche passieren.

Judith Curry hat nun alle Unsicherheiten in vorbildlicher Weise zusammengefasst und in ihrem Blog eine realistischere Spanne der zukünftigen Klimaentwicklung skizziert. Dabei kam sie auf die folgenden drei Hauptszenarien für die globale Temperaturänderung zwischen 2020-2050, also die kommenden drei Jahrzehnte:

Im schlimmsten Fall würde es 0,70°C wärmer, was aber ziemlich unwahrscheinlich ist, weil die CO2-Klimasensitivität viel geringer ist als der offizielle IPCC-Oberwert der hier angenommen wurde. Ein realistischerer Ansatz für die Erwärmungswirkung des CO2 unter Berücksichtigung natürlicher Klimafaktoren von Sonnenaktivität und Ozeanzyklen ergibt lediglich eine Erwärmung von +0,11°C für die kommenden 30 Jahre. Das ist sehr wenig, etwa 0,04°C pro Jahrzehnt, wobei traditionelle Klimamodelle von 0,20°C Erwärmung pro Jahrzehnt ausgehen. Wenn man den natürlichen Klimafaktoren noch mehr Gewicht gibt, und die Erwärmungswirkung des CO2 weiter stutzt sowie eine Vulkanausbruchsserie dazugibt, würde eine Abkühlung von bis zu einem halben Grad bis 2050 möglich sein. Wie man sieht, gibt es riesige Unschärfen in den Szenarien, von heftiger Erwärmung bis satter Abkühlung. Wir stehen vor einem spannenden Experiment, dessen Ausgang wir erst in der mittleren Zukunft kennen werden. Aber bereits jetzt sollte man für Planungszwecke die gesamte Spannbreite betrachten und die Argumente pro/contra der einzelnen Szenarien detailliert diskutieren und einen realistischen best-case erstellen. Zudem sollte man diesen best-case regelmäßig mit den real gemessenen Daten justieren.

Judith Curry hat vorgemacht, was der IPCC schon lange hätte machen müssen. Chapeau, Judith! Man muss kein Hellseher sein, dass sie irgendwann dafür auch die Anerkennung erhalten wird, die sie für ihre phantastische Arbeit verdient hat. Hier kann man den vollständigen Beitrag in Currys Blog lesen.

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Lahsen et al. 2020 veröffentlichten im Fachblatt Climatic Change einen Artikel, in dem sie das „Framing“ von Naturkatastrophen am Beispiel von Brasilien und der USA analysieren. Sie kennen das, immer wenn ein Sturm oder Unwetter gewütet haben, berichten Zeitungen umgehend, dass das Extremwetter vom Menschen im Zuges Klimawandels verursacht worden wäre. Wenn man diese Gelegenheiten zum Klimaalarm auslassen würde, dann wären dies „missed opportunities“, um in der Bevölkerung „awareness“ für den Klimawandel zu schaffen. Oder anders ausgedrückt: Extremwetter bietet die Gelegenheit für Klimapropaganda. Der Artikel ist auch für geübte Englischkenner recht schwer zu lesen. Soziologen machen sich komplizierte Gedanken, wie man die Bevölkerung auf die Klimaschutzmaßnahmen vorbereiten könnte. In der Bevölkerung Brasiliens gäbe es wenig Klimaskeptizismus, daher könne man es mit den Klimastories nach Extremwetterereignissen etwas ruhiger angehen. In anderen Ländern wie den USA müsse man aber kräftig auf die Klimapauke schlagen, da hier die Bevölkerung noch eingenordet werden müsse. Ein mysteriöses Paper, in dem sich Klimaalarm-Strategen laut Gedanken machen, wie man Extremwetterschäden für den Klimakampf einsetzen könnte. Abstract:

When climate change is not blamed: the politics of disaster attribution in international perspective

Analyzing the politics and policy implications in Brazil of attributing extreme weather events to climate change, we argue for greater place-based sensitivity in recommendations for how to frame extreme weather events relative to climate change. Identifying geographical limits of current recommendations to emphasize the climate role in such events, we explore Brazilian framings of the two tragic national disasters, as apparent in newspaper coverage of climate change. We find that a variety of contextual factors compel environmental leaders and scientists in Brazil to avoid and discourage highlighting the role of climate change in national extreme events. Against analysts’ general deficit-finding assumptions, we argue that the Brazilian framing tendency reflects sound strategic, socio-environmental reasoning, and discuss circumstances in which attributing such events to climate change—and, by extension, attribution science—can be ineffective for policy action on climate change and other socio-environmental issues in need of public pressure and preventive action. The case study has implications beyond Brazil by begging greater attention to policies and politics in particular places before assuming that attribution science and discursive emphasis on the climate role in extreme events are the most strategic means of achieving climate mitigation and disaster preparedness. Factors at play in Brazil might also structure extreme events attribution politics in other countries, not least some other countries of the global South.

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EON plant Batteriespeicher in Schottland, um die Stromversorgung in ländlichen Gebieten zu gewährleisten. Auf Heise.de gibt es einen Artikel dazu. Weitere Informationen dazu gibt es auch bei EON.

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Was ist Clickbait? Man bezeichnet absichtlich hochdramatisch gehaltene Schlagzeilen als Clickbait. Vielleicht sind beim Surfen schon mal Banner aufgefallen, die mit Schlagzeilen aufwarten wie: Ärzte hassen diese Frau für ihr Geheimnis oder Mann hob Grube für einen Pool aus, was er dann sah wird nie wieder vergessen usw. Der Sinn solcher Clickbaits ist es die Leser möglichst lange auf den eigenen bzw. weiteren Seiten zu halten, damit so Werbetraffic und Umsatz generiert werden kann. Das Thema Wetter eignet sich auch hervorragend für Clickbait. Ein trauriges Beispiel ist die Webseite derwesten.de (Funke Mediengruppe). Dort lautet die Schlagzeile am 22.07.2020: Wetter: „Experten in Sorge – sie warnen vor diesem besorgniserregenden Trend

Was dann folgt ist ein wirrer Wetter-Mix, der schon mal Hitzetage (über 30 Grad Celsius) mit Sommertagen (über 25 Grad Celsius) verwechselt. Was denn nun der besorgniserregende Trend sein soll, erfährt der Leser nicht. Denn es wird vorher lediglich festgestellt, dass der Juli bisher etwas zu kühl ist und der Sommermonat Juli mit den wenigsten Hitzetagen seit 2011 bisher ist. Von Sorgen aber kein Ton. Dramatisch ist der Vergleich mit den beiden Sommern 2018 und 2019, muss er aber auch. Gegen diese beiden außergewöhnlich warmen Sommer kann ein normaler wie 2020 einfach nicht „bestehen“. Am Ende relativiert ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes alles noch einmal. Der Sommer ist erstens noch lang und nach 2 warmen Sommern kommt einem ein normaler schon mal kühl vor. Er warnt aber vor keinem besorgniserregenden Trend.

Eigentlich muss man sich nicht wundern, dass das Thema Wetter und weitergehend Klima für so viel Hysterie bei so vielen Menschen sorgt, wenn es immer wieder solche Clickbaits gibt, denn es ist egal, ob es gerade etwas zu warm, zu kalt oder ganz normal ist. Immer gibt es Schlagzeilen. Sie sind allerdings keinen Deut besser als Videos, in denen schon Ende April vor einem Schocksommer 2020 gewarnt wurde. Dort allerdings ohne Gewinnerzielungsabsicht über Werbeclicks wie im Falle Harald Lesch und seiner Schocksommerprognose Ende Mai 2020.

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Regenmessung mit dem Mobilfunknetz: Das hört sich spannend an, aber offenbar funktioniert es. Die Wellen werden durch Regen abgeschwächt und das kann man messen. Idw berichtet über neue Erkenntnisse.

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Der Elektroauto-Produzent Tesla schwimmt gegen den Strom. Im Gegensatz zu anderen Hersteller macht das Unternehmen auch in Zeiten von Corona Gewinn. Es ist das vierte Quartal nacheinander für Tesla mit einem Gewinn. Mehr dazu im Manager Magazin.

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Die im folgenden Clip gezeigte Windkraftanlagen-Szene sollten Sie am besten in voller Länge anschauen:

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