End-Zeit-Stimmung

Wer die Wissensseite der ZEIT anklickt, bekommt ein gutes Gefühl dafür, wie die Redaktion dort tickt. Würde der Prophet Hiob noch leben, er könnte direkt bei der ZEIT anfangen. Die Artikelüberschriften (gescannt wurde die Seite am 29.11.2021) sehen so aus:

Wie heiß wird die Welt?
So viel wärmer ist es bei Ihnen geworden
Reicht dieses Gesetz für Rettung?
Sind 1,5 Grad überhaupt noch zu schaffen?
Letztes Prinzip Hoffnung
Wie retten wir den Planten?
Es ist schlimmer als befürchtet
Was, wenn wir nichts tun?
Kann man am Wasser noch sicher leben?
Der Albtraum vom Haus am Meer

(Abbildung: Screenshot ZEIT Wissen)

Wer die Klimaschau auf YouTube regelmäßig sieht, der wird feststellen, dass es reichlich spannende Themen rund um das Klima gibt. Bei der ZEIT findet man allerdings eher die pessimistischen Überschriften und weniger aufsehenerregende neue Forschungsergebnisse. Echte Endzeitstimmung halt.

Und dann hat die ZEIT auch noch ein Hühnchen mit den Grünen zu rupfen. Monatelang hat man versucht, die nach oben zu schreiben, vielleicht ja in der Hoffnung bei einer Homestory im Kanzleramt mitzuwirken, wenn Annalena Baerbock die neuen Tapeten und Teppichböden aussucht. Nun, wie jeder weiß kam es anders als offenbar erhofft. Jetzt geht die ZEIT hart ins Gericht mit den Grünen. Sie wittern Verrat an der Verkehrswende. Überhaupt, wieso hat die olle FDP das Ministerium eigentlich bekommen? Ein Skandal!

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In welcher Welt lebt Simone Peter? Das fragt man sich unweigerlich, wenn man Ihren Gastkommentar im Handelsblatt (Bezahlschranke) liest. In ihrer Welt schaffen es die Erneuerbaren Energien nicht nur den Strombedarf Deutschlands, der in Zukunft kräftig steigen wird, rund um die Uhr bedarfsgerecht zu decken, nein, sie machen das auch noch unschlagbar günstig.

Sicherlich ist Frau Peter ein sogenanntes Mietmaul, was viel aussagekräftiger als Lobbyist klingt. Ihr Verband erwartet von ihr, dass sie Schlimmes verhindert und gleichzeitig für das Wohlergehen der Mitglieder des Verbandes sorgt. Dafür bezahlen die Mitglieder schließlich Beiträge und davon wird ihr ein Gehalt bezahlt und ihr Verbands-Tesla.

Momentan ist die Stimmung bei den Verbrauchern in Sachen Energiekosten allerdings nicht besonders gut. Benzin und Diesel werden teurer, Strom und auch Energie zum Heizen ebenfalls und das zum Teil beträchtlich. Und bevor nun irgendjemand auf die blöde Idee kommt, dass das auch mit den Erneuerbaren Energien zusammenhängt (Stichwort EEG-Umlage), werden hastig einige Strohmänner zusammengeklöppelt. Einer dieser Strohmänner ist der russische Präsident Putin. Der hat nämlich nicht so viel Gas geliefert wie sonst, sagt Simone Peter. Das ist schlicht falsch. Russland hat die Gasmenge geliefert, die bestellt wurde.

Wenn wie in diesem Jahr der Wind einfach nicht wehen möchte und deshalb 20% weniger Strom produziert wurden, dann hat das Auswirkungen in alle möglichen Richtungen. Auch in Richtung Gas. Selbst ihre Analyse über die vermehrte Gas-Nachfrage aus Asien ist unpräzise Die ist zwar da, aber in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass China Australien und seine Kohle vermeidet und daher dringend einen Ausgleich braucht.

Ihr eigener Verband ist also für die Entwicklung in Deutschland mit verantwortlich. Ganz einfach, weil das Produkt, dass die Mitglieder liefern, alles andere als planbar und zuverlässig ist. Es ist eine Laune der Natur und blöderweise hat der Wind in 2021 einfach mal seinen Dienst um 20% reduziert. Es werden besser andere Schuldige gesucht, außerhalb des eigenen Verbandes versteht sich.

Dessen Mitglieder profitieren von üppigen Subventionen, die am Ende aber der Verbraucher des Stroms bezahlt. Und damit das mit den Subventionen so bleibt oder idealerweise sogar noch mehr wird, was dann zusätzliche Kosten für die Verbraucher bedeutet, wird ein Mietmaul, in diesem Fall Simone Peter, losgeschickt. Die besänftigt dann im Handelsblatt und sie wird ihren Anteil an der Formulierung des ”öffentlichen Interesses” an Erneuerbaren Energien im Koalitionsvertrag über ihre Grünen Beziehungen haben.

Wohlgemerkt: Erneuerbare Energien sind öffentliches Interesse, alle anderen Energien nicht! Dabei wären die im Sinne der Zuverlässigkeit viel wichtiger. Nur mit den Erneuerbaren wird es weder sinkende Preise noch Zuverlässigkeit geben. Das weiß Simone Peter auch, nur schreiben wird sie es nicht.

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Der Koalitionsvertrag ist erst wenige Tage alt und schon gibt es Studien, die ihm bescheinigen, dass er nicht ausreicht, das Pariser Klimaziel zu erreichen. Wie ist das möglich? Ein Artikel bei der Tagesschau macht jedenfalls neugierig, welche Forscher Tag und Nacht geschuftet haben müssen, um sofort die Wirksamkeit der Maßnahmen nachzurechnen und zu überprüfen. Aha, eine Hochschule aus Berlin hat die Studie erstellt und dann kommt die Offenbarung, sie stammt von Volker Quaschning, Hochschulprofessor jener Hochschule und erklärter Klimaaktivist.

So wie Frösche das Trockenlegen eines Tümpels vermutlich auch kritisieren würden, kommt die Kritik von Quaschning nicht überraschend. Natürlich dürfte Quaschning die Ergebnisse der Verhandlungen nicht erst, so wie der Rest der Republik, nach der Bekanntgabe des Vertrages bekommen haben. Die Berliner Klimablase wird sich schon vorher ausgetauscht haben, anders ist das Ergebnis in so kurzer Zeit kaum zu erklären.

Quaschning hat auch gleich mehrere Forderungen. Die Solarleistung soll um den Faktor 10 steigen auf 590 GW Leistung. Was die dann in der Nacht liefern sollen, geht aus dem Artikel nicht hervor. Auch Windkraft soll kräftig ausgebaut werden nach seinen Ideen. 200 GW an Land und 70 GW auf See sind seine Wunschvorstellung. Auch hier findet sich kein Hinweis in dem Artikel, wie der Strom bei zu wenig Wind erzeugt werden soll. Die tatsächliche Leistung von Windkraft beträgt in Deutschland 21% der Nennleistung. Daran wird auch Quaschning nichts ändern können. Die Volllast sinkt in 2021 sogar.

(Quelle: Stromdaten.info)

Eines scheint ihm aber klar zu sein, Deutschland wird Wasserstoff importieren müssen. Was für eine Enttäuschung, wurde doch immer suggeriert, dass Deutschland sich quasi komplett selbst mit Energie versorgen kann.  Zur Wahrheit gehört, dass Deutschland immer große Teile der Energie importieren musste. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Wir haben hier für Wind und Sonne keine optimalen Bedingungen, das bleibt zukünftig auch so. Der Max-Plank-Forscher Schlögl hatte auf der ERecht21 Konferenz in Berlin daher die berechtigte Frage gestellt, wer denn bitte schön auf die Idee gekommen ist, dass wir uns 100% autark mit Energie versorgen müssen.

Schlögl sah Deutschlands Rolle als Entwickler von Technologie, die müsse exportiert werden und im Gegenzug Energie importiert. Vielleicht sollten sich Schlögl und Quaschning mal unterhalten. Auf der besagten Konferenz war Quaschning zwar auch, ist aber nach Absingen seiner Verse auch gleich wieder verschwunden. Die Studie hat echte Highlight.

“Außerdem ist bereits heute absehbar, dass die CO2-Emissionen in den Jahren 2021 und 2022 durch den wegfallenden Coronaeffekt, durch steigende Gaspreise und den deutschen Kernenergieausstieg tendenziell ansteigen werden. Dadurch wird das verbleibende CO2-Budget noch schneller aufgebraucht sein.”

Wieso führen steigende Gaspreise zu mehr CO2 Emissionen? Ein weiteres Highlight sind die Mengen an Strom, die für die Erzeugung von grünem Wasserstoff im Jahre 2035 angenommen werden. Zwischen 1200 – 1800 TWh werden hier angesetzt, mit dem Hinweis, dass zusätzlich 60% des benötigten grünen Wasserstoffs importiert werden müssen. Diese Zahlen sind gigantisch und würden der Leistung von 100-150 Kernkraftwerken entsprechen. Zusätzlich müssen in den Exportländern ebenfalls riesige Kapazitäten aufgebaut werden und Deutschland ist ja nicht allein zu versorgen. Sky is the limit. Dieser Link führt zur Studie.

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Leserpost von Dipl. Ing. Martin Krohn:

Betreff: Radikalisierung der Klimaproteste

Es ist schon beängstigend, wenn man hört oder liest, in welcher Weise Aktivisten sich weitere „Klimaschutzproteste“ vorstellen. Schon vor einigen Jahren habe ich auf einem Plakat nach einer „Frydays for Future“ Demo gelesen: „Keine Toleranz für Klimaignoranz“. Schon damals habe ich mir die Frage gestellt, wo das hinführen soll. Eine gewisse Art von Aggressivität ist in dem Satz bereits enthalten.

Auch das Ausrufen eines „Klimanotstandes“ finde ich als massiv übertrieben. Im historischen Vergleich haben wir nirgendwo eine Klimanotstand sondern eine eher mäßige Warmphase. Mit dem Klimanotstand wird der Begriff „Notstand“ doch arg herabgewürdigt. Man kann im Hochwassergebiet der Aar oder nach dem Vulkanausbruch auf La Palma von einem „Notstand“ sprechen. Doch was das Klima angeht ist jede Notsituation oder gar Katastrophe weit entfernt. Die Politik sollte mit solchen Begrifflichkeiten doch etwas verantwortungsvoller umgehen.

Die Aktivisten, welche durch ihren Hungerstreik ein Gespräch mit dem angehenden Bundeskanzler Olaf Scholz erreicht haben, bringen auch nur Forderungen hervor, welche sie auch nach eigener Aussage gewaltsam durchsetzen wollen. In dem Gespräch hat Herr Scholz den Aktivisten mehrmals vorgeworfen, dass sie nur reden, jedoch keine Lösungen bereithalten. Ich bin gespannt, wie die Sache weitergeht. Wenn sich die Politik nicht deutlich positioniert und solchen Gewaltakten und Erpressungen entgegenstellt, wird das Land in Radikalität versinken.

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Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ:

Mäander helfen dem Klima

Flussläufe, die sich natürlich verlagern können, sind effizientere Kohlenstoffsenken als begradigte Flüsse

Rund 8500 Jahre dauert es, bis ein Sandkorn aus den Anden über das argentinische Tiefland in den Río Paraná gespült wird. Die 1200 Kilometer weite Reise in dem Fluss namens Río Bermejo wird von vielen Pausen in Flussauen unterbrochen, wo das Körnchen zum Teil über Jahrtausende abgelagert und dann wieder weiter transportiert wird. Begleitet wird der Sand von organischem Kohlenstoff, eingespült aus Boden und Pflanzen. Damit gewinnt der Transport im Wasser Relevanz für das Klima: Flüsse tragen den Kohlenstoff, der zuvor über Photosynthese aus der Atmosphäre aufgenommen wurde, als Sediment ins Meer, wo er über Jahrtausende unschädlich für das Klima eingelagert wird.

Forscher*innen des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ haben jetzt die einzelnen Prozesse der Reise erstmals quantifiziert und berichten darüber im Fachjournal Nature Geoscience. Wichtiges Ergebnis der Arbeit: Es sind insbesondere ungestört mäandrierende Abschnitte eines Flusses, die Sediment zusammen mit dem Kohlenstoff ablagern und wieder aufnehmen und dann weiter ins Meer transportieren. In Flussabschnitten mit gerader, stabiler Uferlinie wird die mitgeführte Sedimentfracht einfach durchgeschleust, während der Kohlenstoff in den Flussauen daneben langsam von Mikroorganismen wieder als CO2 freigesetzt wird. GFZ-Arbeitsgruppenleiter Dirk Sachse sagt: „Der Rio Bermejo war für uns ein ideales natürliches Labor, weil er keine nennenswerten Zuflüsse hat.“ Sachse ist zugleich Direktor des Topics „Landschaften der Zukunft“ im Helmholtz-Programm „Erde im Wandel – Unsere Zukunft sichern“. Er sagt: „Dies bedeutet, dass natürliche Flussläufe, die Raum zur Abtragung der Flussauen haben, der Atmosphäre mehr Kohlenstoff entziehen können als gerade Flussabschnitte. Insofern könnten auch Begradigungen von Flüssen durch den Menschen zum Anstieg der CO2 Konzentration der Atmosphäre beitragen. Spannend ist jetzt die Beantwortung der Frage ob wir dem Klima helfen können, wenn wir den Flüssen wieder mehr Raum geben und die natürlichen Flussschleifen nicht behindern.“

Das internationale Team um die Erstautorin Marisa Repasch vom GFZ untersuchte die Prozesse im Fluss und seinen Auen mit einem vielfältigen Instrumentarium. Analysen des kosmogenen Beryllium-10-Gehalts etwa zeigten an, wie lange der Transport von Sediment im Fluss dauert. Datierungen auf der Basis des instabilen Kohlenstoffisotops 14C wiederum ließen Rückschlusse auf das Alter der Partikel organischen Ursprungs zu. Bei den Feldarbeiten in Argentinien wurden Proben aus dem Fluss entlang der „Kette“ von Sedimentquelle bis zur Sedimentsenke genommen. „Natürlich mäandrierende Flüsse erodieren Material aus den Flussauen und transportieren es ins Meer, wo es lange Zeit verbleibt“, fasst Marisa Repasch die Ergebnisse zusammen, „dagegen sind künstlich stabilisierte Flussläufe weit weniger effektive Kohlenstoffsenken.“

Originalpublikation: Marisa Repasch, Joel S. Scheingross, Niels Hovius, Maarten Lupker, Hella Wittmann, Negar Haghipour, Darren R. Gröcke, Oscar Orfeo, Timothy I. Eglinton, and Dirk Sachse: Fluvial organic carbon cycling regulated by sediment transit time and mineral protection; in: Nature Geoscience
DOI: 10.1038/s41561-021-00845-7, https://www.nature.com/articles/s41561-021-00845-7

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Wullenkord et al. 2021:

Anxiety and climate change: a validation of the Climate Anxiety Scale in a German-speaking quota sample and an investigation of psychological correlates

The climate crisis is an unprecedented existential threat that causes disturbing emotions, such as anxiety. Recently, Clayton and Karazsia measured climate anxiety as “a more clinically significant ‘anxious’ response to climate change” (2020, p. 9). To gain a more nuanced understanding of the phenomenon from an empirical psychological perspective, we translated the core of the Climate Anxiety Scale into German and assessed potential correlates in a large German-speaking quota sample (N = 1011, stratified by age and gender). Overall, people reported low levels of climate anxiety. Climate anxiety correlated positively with general anxiety and depressiveness, avoidance of climate change in everyday life, frustration of basic psychological needs, pro-environmental behavioral intentions, and policy support. It correlated negatively with different forms of climate denial and was unrelated to ideological beliefs. We were not able to replicate the two dimensions found in the original scale. Moreover, we argue that items appear to measure a general climate-related emotional impairment, rather than distinctly and comprehensively capturing climate anxiety. Thus, we encourage researchers to rework the scale and include an emotional factor in future research efforts.

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The Atlantic:

Why the Energy Transition Will Be So Complicated

The degree to which the world depends on oil and gas is not well understood.

By Daniel Yergin

Weiterlesen in The Atlantic

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„Es gibt kaum etwas dümmeres und gefährlicheres,

als wichtige Entscheidungen in die Hände von Leuten zu legen,

die keinen Preis dafür bezahlen müssen,

wenn sie sich geirrt haben.“

Thomas Sowell

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