Die Kernspaltung der Grünen

So titelt rnd über die Diskussionen um die Kernenergie bei den Grünen. Der Artikel steht hinter einer Bezahlschranke. Im Kern geht es aber um die Dogmatik in der Grünen-Partei. Bezeichnend für die Zerrissenheit der Grünen ist Ralf Fücks, ehemaliger Leiter der Grünen-nahen Böll-Stiftung. Der erkennt in dem Artikel einen elementaren Fehler in der Reihenfolge erst Atomausstieg und dann Kohleausstieg. Das hätte letztlich zur Gasabhängigkeit geführt. Nicht alle Grünen sind zu so viel Selbstreflexion fähig wie Fücks.

Deutlich wird die Denkweise der Grünen bei einem Tweet von Michael Schroeren. Er war unter verschiedenen Umweltministern Pressesprecher, unter anderem unter Jürgen Trittin. Nein, es geht nicht um die Daseinsvorsorge für ein Land, es geht um die höchstpersönliche eigene Agenda. Dem hat sich alles unterzuordnen, sogar Vladimir Putin. Bitte friert und sitzt im Dunkeln, es würde sonst mein Weltbild zerstören.

(Abbildung: Screenshot Twitter)

Der Artikel geht auch auf den vorgefertigten Sprechtext ein, den der Grünen-Vorstand seinen Politikern mit auf den Weg gab. Er gab zudem den Rat, sich möglichst knapp zu dem Thema zu äußern. Die Schwierigkeit ist allerdings, dass das Problem davon nicht weggeht. Wie die Tagesschau nun berichtet, hat die Aussage, wir hätten lediglich ein Wärmeproblem, aber kein Stromproblem seine Tücken.

“In den Wintermonaten kann der Anteil des Gases im Strommix aber erheblich steigen, denn in dieser Jahreszeit gibt es viele sogenannte Dunkelflauten. Dann ist die Produktion von Strom aus Erneuerbaren Energien wie Windkraft oder Solarenergie außerordentlich schwach. Am 10. Januar dieses Jahres etwa gab es wenig Wind und Sonne. Obwohl an diesem Tag alle Gaskraftwerke am Netz waren, mussten trotzdem noch zehn Gigawatt aus dem Ausland bezogen werden.

Doch ob dieser Strom vor allem aus Frankreich auch im kommenden Winter zur Verfügung steht, ist fraglich. Denn dort sind gerade viele Atomkraftwerke wegen technischer Mängel abgeschaltet. Gehen dann Ende des Jahres auch noch die letzten Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz, fehlen vier Gigawatt elektrischer Leistung. Durch das Hochfahren von Kohlekraftwerken will die Regierung dem Mangel entgegensteuern.”

Dazu passt die Nachricht, dass ein weiteres großes Kohlekraftwerk aus dem Ruhestand geholt wird. Im Landkreis Peine geht laut NDR das Kraftwerk Mehrum wieder ans Netz.

“Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) hat das Wiederanfahren des Steinkohlekraftwerks in Mehrum zwar befürwortet, gleichzeitig aber als „doppelt schmerzhaft“ bezeichnet. Er sei einerseits dankbar für die Sicherstellung der Stromversorgung, sagte Lies am Montag dem NDR. Aber: „Ich war selbst in der Kohlekommission, wir haben hart dafür gerungen, natürlich schrittweise aus der fossilen Stromversorgung auszusteigen, aber ich glaube, jetzt hilft nur die Vernunft.“ Man brauche schnelle Lösungen, um vorübergehend die Gaskraftwerke aus dem Markt nehmen zu können. Daher sei die Entscheidung in der Abwägung richtig. Langfristig müsse man aber weg von fossilen Energieträgern.”

Abgerundet werden kann das mit einem Artikel aus der Berliner Zeitung zum Thema Atom-Konsens.

“Einen breiten, substanziellen und resilienten Konsens zum Ausstieg aus der Atomkraft hat es nie gegeben, auch wenn Grüne das dieser Tage gern behaupten. Es gab mindestens zwei unterschiedliche Varianten der Zustimmung zu einem Ende der Atomkraft in Deutschland – und die wichtigere hat sich gerade in Luft aufgelöst.

Zuerst kam der Konsens unter den Grünen, die immer einen bedingungslosen Atomausstieg gefordert haben. Es ist nicht übertrieben, diese Forderung den Nukleus der Partei zu nennen. Doch mit dieser Grundüberzeugung wurde die größere gesellschaftliche Zustimmung zur Abschaltung aller deutschen Atomkraftwerke gemeinhin vermischt. Der spätere, breite gesellschaftliche Konsens außerhalb der Ökopartei war nämlich immer an Bedingungen geknüpft. Die Gesellschaft war mehrheitlich bereit, die Atomkraft aufzugeben, aber nur solange sie das wenig oder gar nichts kostet.”

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Ein Nachtrag zum Bericht zu der ZDF-WISO-Dokumentation “Blackout”. Jeder blamiert sich so gut er kann und vielleicht sollte Claudia Kemfert sogar froh sein, dass die Redaktion des Films ihre Aussage zum Thema Dunkelflaute nicht weiter vertieft und überprüft hat. Kemfert sprach davon, dass man dieses Thema sehr genau untersucht hat und es würde nur eine kurze Zeit im Januar betreffen.

Tech for Future hat dem Thema im April 2022 einen längeren Artikel gewidmet. Nun gibt es keine anerkannte Definition, was genau eine Dunkelflaute ist. Das rettet Kemfert vielleicht etwas, aber die Zahlen und Daten sprechen eine ganz andere Sprache als wenige Tage im Januar. Kemfert liegt hier also wieder falsch.

(Abbildung: Screenshot Tech-For-Future.de)

Es wäre die dritte nachgewiesene Schwurbelei in den Kemfert Aussagen innerhalb der Dokumentation gewesen, vielleicht war es der Redaktion dann doch des Schlechten zu viel. Nach den tollen neuen smarten Systemen, die die Volatilität bei der Stromerzeugung regeln sollen, es aber blöderweise noch gar nicht gibt, bis hin zu Speicher, die leider doch nicht noch und nöcher vorhanden sind, wäre das dann der dritte Fauxpas der Expertin gewesen.

Kein Wunder, dass sie auf Twitter nachtritt und endlich mal mit dem Mythos aufräumt, dass in der Nacht die Sonne nicht scheint. Irgendwie hat Claudia Kemfert den Sinn der Sendung nicht erfasst. Man kann eine Energiewende vollziehen. aber dann muss man auch die Konsequenzen tragen. Genau das zeigt die Dokumentation.

(Abbildung: Screenshot Twitter)

Es war ohnehin einer der Stärken der Dokumentation, dass die Protagonisten der Energiewende sich in Allgemeinplätzen ergingen und Experten und Redaktion danach auf die Punkte eingehen konnten. Besonders beeindruckend waren die Videos vom Berufsaktivisten Jan Hegenberg. Der hat offensichtlich gar nicht bemerkt, wie die Bilder vom ihm vor einem historischen Gebäude oder beim Spaziergang an einem Fluss später genutzt werden sollen. Es könnte Eitelkeit gewesen sein (”Mama, ich komme bald ins Fernsehen“) oder nur mediale Unerfahrenheit. Vielleicht auch beides. Der Aktivist liest in seinem eigenen Buch, warum macht er das? Zum Glück für Hegenberg wurde seine Aussage zum Thema Windkraft und Grundlast nicht auch noch überprüft. Viel mehr hatte er allerdings auch nicht zu bieten, außer, dass alles doppelt so schnell gehen müsste.

(Abbildung: Screenshot ZDF-Mediathek)

Die mediale Erfahrenheit dürfte die multipräsente Claudia Kemfert eigentlich haben, aber dennoch ist eine nachgestellte Szene in einem Archiv zu sehen, in dem sich Kemfert noch einmal in ihrem eigenen Buch schlaumacht. Die Macher des Films wussten schon, wie man es anstellen muss.

(Abbildung: Screenshot ZDF-Mediathek)

Den sicherlich unheimlichsten Moment erreicht die Dokumentation als der Manager des Netzwerkbetreibers Amprion lange überlegen muss als er gefragt wird (bei 10:00) ob eine Dunkelflaute nicht auch zum Blackout führen könnte. Die Antwort:

“Die Aufgabe von uns Netzbetreibern ist es nicht die Versorgungssicherheit herzustellen. Das ist Aufgabe vom Wirtschaftsministerium und der Bundesnetzagentur und nicht die der Netzbetreiber.”

Was bleibt also unter dem Strich? Viel Wunschdenken, Systeme, die es noch gar nicht gibt, Zweifel an der Einstellung in Deutschland zu dem Thema oder das falsches Mindset wie Patrick Graichen es nennt. Im Kontrast dazu die leider unangenehmen Wahrheiten, in diesem Fall ausgesprochen von Naturwissenschaftlern und Managern, die jeden Tag mit den Dingen der Energiewende klarkommen müssen. Da prallen also Welten aufeinander. Wunsch und Wirklichkeit, wenn man so will. Leidtragende des Wunschdenkens und Handelns sind die Verbraucher, egal ob privat oder gewerblich.

Wer es noch etwas genauer möchte, der kann einen Blick für die Gesamtkosten für Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen im Jahre 2021 werfen. Die betrugen für Deutschland im Jahre 2021 2,3 Mrd. Euro, nach 1,4 Mrd. Euro im Jahr zuvor. Das zahlen alles die Verbraucher am Ende.

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Leserpost von Dipl. Ing. Martin Krohn:

Betreff: Juli zu warm, Individualverkehr abschaffen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Von mir einige Anmerkungen zum Blog vom 02. 08. 22. In einem Bericht erscheint die Aussage, der Juli 2022 war zu warm. Es wird dann zwar der Verweis auf die zwei Vergleichsperioden gebracht, doch trotzdem finde ich diese Aussage nicht korrekt. „Zu warm“ suggeriert, dass es irgendwo eine Festlegung gibt, in welcher die zulässige Temperatur für einen Monat oder einen anderen Zeitraum angegeben ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Die korrekte Angabe wäre, der XY-Zeitraum war um Z° wärmer oder kälter als der Vergleichsperiode XXX. Genauso irreführend sind Angaben wie „die höchste Temperatur seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen“. Das klingt wieder einmal dramatisch, doch man muss sich darüber im Klaren sein, dass der Beginn der Temperaturaufzeichnungen in der auslaufenden kleinen Eiszeit liegt.

In einem weiteren kurzer Bericht wird berichtet, dass der ARD-Wettermann Sven Plöger den Individualverkehr abschaffen möchte. Das heißt, dass jeder Mensch nur noch auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zurückgreifen muss. Ich habe in diesem Blog vor einiger Zeit einmal ein Beispiel verfasst, das sich ein Nutzer sich mit einem Sattel übe dem Arm und einem Beutel mit Heu in die U-Bahn setzt. Auf die Frage, was das soll, äußert derjenige, dass er auf dem Weg zu seinem Reitverein wäre. Andere Beispiele sind denkbar, falls jemand mit einer Schubkarre die Bahn besteigt und aussagt, er will zu seinem Schrebergarten. Doch es gibt noch andere Gründe, die für den Individualverkehr sprechen. Es gibt Menschen, welche aufgrund von Behinderungen nicht den Weg zur nächsten Bushaltestelle zurücklegen können, auch wenn das nur 200 m sind. Auch berufliche Belange, wie z. B. die Tätigkeit in der Pflege erfordern individuelle Verkehrsmittel. Vielleicht sollte Herr Plöger darüber einmal nachdenken, bevor er solche Ideen aufbringt.

Viele Grüße
Dipl. Ing. Martin Krohn

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