Der längste Tag

Die Solarbranche jubelt. Der sogenannte Solar-Deckel soll nun verschwinden. Damit wäre der Weg frei zu noch mehr Strom durch Sonne, allerdings auch zu noch mehr Subventionen. Gewerbliche wie private Strom-Verbraucher werden das in zukünftigen Stromrechnungen zu spüren bekommen. Am Ende des Tages muss irgendjemand die Zeche zahlen. Stromerzeugung aus Sonnenenergie ist zweifelsohne eine saubere Quelle, und wenn wir den Worten von Professor Volker Quaschning glauben dürfen, dann wird es nun in Kürze Hundertausende von neuen Jobs geben. Ob diese Prognose aufgeht, wird sich zeigen. Der Verbrauch an Landschaft ist bei Solar deutlich geringer als bei Windkraftanlagen. Günstig ist sicherlich auch, das u. a. bestehende Dachflächen genutzt werden können. Der Erzeugung sind allerdings natürliche Grenzen gesetzt. Spätestens wenn die Sonne nicht mehr scheint – und das ist regelmäßig Nachts der Fall – fällt die Erzeugung von Strom aus.

Aber selbst tagsüber gibt es Grenzen, und die haben u.a. etwas mit der Wolkenbedeckung zu tun. Als Beispiel sei hier der 21.06.2020 genannt. Es ist der Tag der Sommersonnenwende, der längste Tag des Jahres, die Sonne hat ihren Höchststand im Jahr erreicht. An diesem Tag um 12:00 zeigt Electricity Map einen hohen Anteil für die Sonnenenergie an der gesamten Stromerzeugung an. Sie steht für 44,33% der Stromerzeugung in Deutschland.


Allerdings verwundert es etwas, dass an einem Sommertag um 12:00 „nur“ 46,67% der installierten Leistung abgerufen werden kann. Von theoretisch 51,1 GW liefert Solar lediglich 22,7 GW. Der Grund dürfte in der Wolkenbedeckung liegen. Diese Bedeckung um 12:00 bei Ventusky beobachtet, zeigt einen wolkenlosen Korridor von Hamburg nach Ostfriesland, der sich südlich bis zu einer Höhe von Südniedersachsen hinzieht. Der Großteil Deutschlands, mit Ausnahme vom Rhein-Main Gebiet bis nach Baden-Württemberg, ist mit Wolken bedeckt. Das ist auch eine plausible Erklärung, warum am längsten Tag des Jahres die Sonnenenergie nur ca. 50% der installierten Leistung schafft. Es bleibt eben immer noch eine Laune der Natur.

Mitdenken muss mal solche Effekte und Phänomene daher immer, denn theoretisch mögliche Werte nutzen wenig, wenn die Praxis anders aussieht. Mitdenken meint, dass in Ermangelung von Speichern stets Backups durch andere Erzeugungsformen vorhanden sein müssen. Da Wind wegen der gleichen Unsicherheit ausscheidet, bleiben nur Kernenergie und fossile Brennstoffe, die einen nennenswerten Beitrag leisten können. In Zukunft werden zwei dieser Backups wegfallen (Kernenergie und Kohle) und daher wird die Auswahl deutlich kleiner.

Statt aber dieses notwendige Zusammenspiel anzuerkennen, wird alles nicht Regenerative als Feind bekämpft und nicht als Partner, der hilft einen Schwachpunkt der Erneuerbaren Energien zu beseitigen. Eigentlich wäre es Zeit, die Regulierung anzugehen und zum Beispiel jeden Erzeuger von volatilen Erneuerbaren Energien zu verpflichten, für eine Alternative bzw. ein Backup zu sorgen. So etwas könnte man mit Zertifikaten über bestimmte Kontingente erreichen. Möglicherweise würde das auch zu einem Umdenken führen, allerdings einem, welches die Versorgungssicherheit erhöht.

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