Der Koalitionsvertrag im Streiflicht

Tech For Future rechnet vor, daß Deutschland auf die Einsparung von 1 Mrd. Tonnen CO2 Emission verzichtet. Der Grund: Die Abschaltung der letzten 6 Kernkraftwerke, spätestens zu Ende 2022. Wie man den Teufel mit dem Beelzebub austreibt, das zeigt eine Pressemitteilung des DIW. Keine Sorge, versucht man zu suggerieren, der Strom wird nicht knapp. Deutschland kann ja einfach mehr fossile Brennstoffe nutzen und im Zweifel Strom importieren.

Darunter könnte dann Kohlestrom aus Polen sein, also noch mehr Emissionen oder Strom aus Kernenergie aus Frankreich, die man in Deutschland ja eigentlich nicht will. Aus den Augen aus dem Sinn – könnte man meinen. Aber aus den Augen heißt nicht, dass es diesen Strom nicht doch im Netz gibt. Es ist leider so sicher wie das Amen in der Kirche, dass Deutschland hier ein schlechtes Tauschgeschäft macht. Denn nach wie vor sind die 6 Todfeinde der deutschen Energiewende die Monate Oktober, November, Dezember, Januar und Februar und die Nacht.

Vermutlich wird die neue Ampel-Koalition diese Monate abschaffen und per Verordnung dafür sorgen, dass die Sonne auch in der Nacht scheint und der Wind immer weht. Beim Bundesverband der Erneuerbaren Energien (BEE) haben vermutlich die Champagnerkorken geknallt als das Koalitionspapier veröffentlicht wurde. Wer auch immer die drei Parteien beraten hat, beim Thema Strombedarf liegt man schon deutlich unter den Werten, die das Fraunhofer Institut für 2030 berechnet hat. Dort geht man nämlich von fast 800 TWh aus, das Koalitionspapier hingegen von 680-750 TWh. Follow the science?

Für Poesie ist im Koalitionsvertrag auch Platz, der Ausstieg aus der Kohle vor 2030 findet “idealerweise” statt. Es ist schon schräg, dass man sich ideale Bedingungen selber zerstört, siehe Kernenergie. Die Formulierung lässt viel Raum für Interpretationen. Was ist schon ideal? Richtig: Immer Sonne und Wind, außerdem Wunderspeicher.

Oder Wundertechnologie? Auf Seite 18 wird Rechenzentren vorgeschrieben, dass sie bereits in 5 Jahren klimaneutral zu betreiben sind. Das ist ein Investitionsprogramm, allerdings für Rechenzentren in Schweden. An einigen Stelle könnte man glauben, dass Vernunft eingekehrt ist. Beispiel Seite 64:

“Wir bekennen uns zur Notwendigkeit auch von technischen Negativemissionen und werden eine Langfriststrategie zum Umgang mit den etwa 5 Prozent unvermeidbaren Restemissionen erarbeiten.”

Das steht im krassen Widerspruch zu Aussagen von Oliver Krischer von den Grünen zu solchen Technologien (“Teuer, energieintensiv und von höchst zweifelhaftem Nutzen“). In welchem Sud mag die FDP diese Kröte gekocht haben, dass die Grünen sie geschluckt haben? Andere Stellen sind eine Kriegserklärung an Artenschutz, Naturschutz und Rechtstaatlichkeit. Beispiel Seite 56:

Wir werden Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigen. Die Erneuerbaren Energien liegen im öffentlichen Interesse und dienen der Versorgungssicherheit. Bei der Schutzgüterabwägung setzen wir uns dafür ein, dass es einen zeitlich bis zum Erreichen der Klimaneutralität befristeten Vorrang für Erneuerbare Energien gibt. Wir schaffen Rechtssicherheit im Artenschutzrecht, u. a. durch die Anwendung einer bundeseinheitlichen Bewertungsmethode bei der Artenschutzprüfung von Windenergievorhaben. Des Weiteren werden wir uns für eine stärkere Ausrichtung auf den Populationsschutz auf europäischer Ebene einsetzen und die Ausnahmetatbestände rechtssicher fassen.

Übersetzt heißt es: Für den Ausbau der Erneuerbaren Energien verklappen wir nun andere Rechtsgüter. Wir manifestieren es halt. Dann hat es jeder schwarz auf weiß, warum nicht mehr geklagt werden kann. Wir wissen, dass wir damit Arten gefährden, aber hey, vielleicht gibt es ja Gegenden in Europa, wo die Viecher überleben können? Der Vertrag rühmt sich an mehreren Stellen der Technologie-Offenheit. Um dann gleich bestimmte Technologien abzulehnen wie den Verbrennungsmotor oder die Kernenergie.

Dennoch darf auch die neue Regierung sich auf Freitagsdemos einstellen. Fridays For Future hat den Vertrag bereits als unzureichend abgelehnt. Alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen. Es dürfte daher die Zeit von Friendly Fire beginnen. Das dürfte noch spannend werden, wenn sich Grüne bei der Grünen Jugend rechtfertigen müssen. Im Zweifel aber, können sie es ja der SPD und der FDP in die Schuhe schieben.

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Höchster Anstieg der Erzeugerpreise seit 1951. Die Süddeutsche Zeitung berichtete. Woran könnte das bloß liegen?

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Silizium, Stahl, Nickel – essentielle Materialien für Solarzellen, Windräder und E-Autos werden knapp und teuer. Die FAZ beleuchtet das Thema hinter einer Bezahlschranke.

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Ein 30 Sekunden Video bei YouTube. Eine Ladestation für Elektroautos auf Mallorca. Gespeist wird die Anlage von einem Dieselaggregat…

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Puhh, ein sehr breites Spektrum, das Dirk Steffens da im Interview mit den Redaktionsnetzwerk abspult. Der TerraX Präsentator zeigt einerseits Perspektiven auf, dass Tourismus (CO2 Emissionen!) durchaus positive Seiten haben kann wie die Finanzierung von Schutzgebieten, anderseits beschwert er sich, dass in den Medien “Klimaleugner” zu Wort kommen. Dieses Wort an sich ist ja schon sehr kritisch zu sehen. Klima ist die Statistik des Wetters. Wer will allen Ernstes das Wetter leugnen?

Wann genau wurden “Wetterleugner” in reichweitenstarken Medien eingeladen, ihre Sicht der Dinge zu äußern? Heutzutage werden bereits Wissenschaftsjournalisten, die sich klar zu menschengemachten Klimawandel äußern wie Axel Bojanowski von der Welt als der neue Anti-Christ gebrandmarkt. Steffens scheint eine ganz eigene Interpretation von Wissenschaft zu haben. Sie ist aber streng genommen immer nur der aktuelle Stand des Irrtums. Niemals ist sie 100% fertig, da hilft auch die Anzahl der Studien nicht. Für Steffens allerdings schon.

Zum Wesen der Wissenschaft gehört es, sich eigentlich ständig selbst zu hinterfragen. Dass ausgerechnet ein Wissenschaftsjournalist das komplett anders sieht, das ist schon interessant. Jeder, der das also kritisch macht, wird vom ZDF-Mann einfach in die Schublade für Flacherdler gesteckt. Vielleicht sollte Steffens einfach mal ein Buch von Karl Popper lesen?

Aber wie wollen auch positive Dinge herausstellen. Steffens Äußerungen, dass der Artenschutz gerade den Bach heruntergeht, weil alles nur über das Klima spricht, kann man nur unterstützen. Hin und wieder hat auch beides miteinander zu tun, nämlich die Umwelt zerstören, um das Klima zu retten. Die neue Koalition hat jedenfalls vor, genau das zu machen, siehe oben.

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National Geographic:

Ancient solar storm pinpoints Viking settlement in Americas exactly 1,000 years ago

An analysis of wood from L’Anse aux Meadows zeroes in on a cosmic event to reveal that the European seafarers were felling trees in Newfoundland in A.D. 1021.

Weiterlesen bei National Geographic

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Tagblatt.ch:

Nicht der Mensch sondern der Klimawandel raffte die Mammuts dahin

Seit Jahren diskutierte die Wissenschaft über die möglichen Ursachen für das Aussterben der Urtiere. Lange machte man den Menschen dafür verantwortlich. Doch eine neue Studie erzählt eine andere Geschichte.

Wollhaarmammuts verschwanden vor rund 4000 Jahren von der Erdoberfläche. Lange ging die Wissenschaft davon aus, dass unsere Vorfahren sie ausgerottet haben. Doch eine neue Studie bringt nun ganz andere Ursachen ans Tageslicht.

Die Wollhaarmammuts und ihre Vorfahren lebten mehr als 5 Millionen Jahre lang auf der Erde und überstanden in dieser Spanne mehrere Eiszeiten. Fossile Funde zeigen, dass sie auf allen Kontinenten, ausser Australien und Südamerika zugegen waren. Sie lebten rund 2000 Jahre lang auch Seite an Seite mit Menschen: Ihr Fleisch diente als Nahrungsmittel, ihr Skelett als Unterschlupf und ihre Stosszähne als Harpunen. Die Mammuts selber ernährten sich von Gräsern und Pflanzen, die trotz der damaligen Kälte wuchsen.

Weiterlesen im Tagblatt.ch

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Pressetext:

Akkus hocheffizient mit Ultraschall recycelbar

Naturprodukte Essig- und Zitronensäure machen Prozess gründlicher und umweltverträglicher

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Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ:

Spuren einer uralten Straße im See

800 Jahre Siedlungsgeschichte mit Landreformen, Seuchen und Kriegen sind in den Sedimenten eines Sees in Polen erhalten. Die Schlüsselrolle spielte die „Via Marchionis“ zwischen Brandenburg und dem heutigen Malbork in Polen. Die Straße blieb jahrhundertelang bedeutsam. In einer polnisch-deutschen Kooperation haben Forschende historische Ereignisse und den Wandel des Naturraums verknüpft. Die Arbeit entstand im Rahmen des Helmholtz Virtuellen Instituts ICLEA (Integrated Climate and Landscape Evolution) und wurde von Michał Słowiński (Polnische Akademie der Wissenschaften) und Achim Brauer (Deutsches GeoForschungsZentrum) geleitet. Die Ergebnisse sind in „Scientific Reports“ erschienen.

Wer von der Stadt Brandenburg über Berlin nach Frankfurt an der Oder reist, tut dies entlang einer uralten Trasse, die bis weit hinein nach Polen reicht. Welchen Einfluss diese Ost-West-Verbindung auf die Landschaftsgeschichte hatte, haben deutsche und polnische Forscher*innen jetzt dokumentiert, indem sie die Sedimente des Czechowskie-Sees in der Bory Tucholskie (Deutsch: Tucheler Heide) untersuchten und zusätzlich historische Quellen auswerteten. Demnach lassen sich in den letzten achthundert Jahren drei Phasen der Landschaftsentwicklung voneinander abgrenzen: von einer nahezu unberührten Landschaft über eine mehrere Jahrhunderte dauernde Zwischenphase – geprägt von Wechseln zwischen starker Siedlungstätigkeit und der Rückkehr der Natur nach Kriegen – hin zur heutigen Kulturlandschaft.

Einer der beiden Hauptautoren, Achim Brauer vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam, sagt: „Einen deutlichen Einfluss hatten Kriege, da die Via Marchionis immer wieder für Truppentransporte genutzt wurde, die zu lokalen Zerstörungen und Verwüstungen geführt haben. In dieser Studie haben wir erstmals für jeden Krieg in der Geschichte die Auswirkungen auf die Landschaft gezeigt. In der Regel haben die Kriege zu mehr oder weniger starken Verwüstungen (‚Renaturierungen‘) der Landschaft geführt, die auch unterschiedlich lange angehalten haben.“

Zu anderen Zeiten waren es politische Entwicklungen, die ihre Spuren in der Landschaft hinterließen, so etwa eine Agrarreform im Jahr 1343. Diese führte mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zu einer beschleunigten „Anthropogenisierung“ der Landschaft, also zu deutlich sichtbarem menschlichen Einfluss. In den Sedimenten des Czechowskie-Sees zeigt sich das durch eine starke Zunahme von Roggenpollen und dem Rückgang von Birken- und Kiefernpollen.

Weil Sedimente in einem See Jahresschichtungen ähnlich wie Baumringe aufweisen, konnte das deutsch-polnische Team durch Auszählen der einzelnen Lagen („Warven“) bis auf fünf Jahre genau eingrenzen, aus welchem Jahr Pollen stammten. Demnach blieb die Landschaft bis etwa 1350 weitgehend unberührt vom Menschen. Ausgedehnte Wälder und natürliche Gräser dominierten. Dann folgten fünf turbulente Jahrhunderte. Die Ausdehnung der Landwirtschaft und die Bildung von größeren Orten waren begünstigt durch ein warmes Klima und politisch ruhige Zeiten. Zwischen 1409 und 1435 jedoch gab es Krieg zwischen dem Deutschen Orden und Polen – Felder fielen wüst, Wälder dehnten sich wieder aus.

Nach dem Friedensschluss folgten wieder fünf ruhige Jahrzehnte, in denen auch eine Zunahme des Handwerks deutlich wurde. Hartholz wurde geschlagen, um Baumaterial und Pottasche zu gewinnen – die Birkenpollen verschwanden aus den Seesedimenten, Roggen nahm erneut massiv zu. Riesige Heereszüge mit Tausenden von Reiten und Fußsoldaten, Pestepidemien in mehreren Wellen und einige sehr kalte Jahre mit Missernten sind ebenfalls dokumentiert.

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts nimmt dann der Einfluss der Siedlungs- und Wirtschaftstätigkeit so überhand, dass man von einer überwiegend vom Menschen geprägten Landschaft, einer Kulturlandschaft, sprechen kann, die bis heute besteht.
Erstautor Michał Słowiński resümiert: „Das wichtigste Ergebnis ist, dass diese Entwicklung nicht gleichmäßig erfolgt ist. Vielmehr sehen wir einen Wechsel von Phasen schneller Entwicklung und deutlichen Rückschritten. Die Gründe dafür sind komplexe Interaktionen sozio-ökonomischer, politischer und klimatischer Faktoren.“

Originalstudie: Michał Słowiński, Achim Brauer, Piotr Guzowski, Tomasz Związek, Milena Obremska, Martin Theuerkauf, Elizabeth Dietze, Markus Schwab, Rik Tjallingii, Roman Czaja, Florian Ott, Mirosław Błaszkiewicz: „The role of Medieval road operation on cultural landscape transformation“ in: Scientific Reports

DOI: 10.1038/s41598-021-00090-3

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