Der Fall Jürgen Döschner

Wir haben in diesem Blog schon einige Male über den WDR-Journalisten Jürgen Döschner berichtet. Uns ist dabei aufgefallen, dass dieser zu Zeiten in sozialen Netzwerken wie Twitter unterwegs ist, zu denen er eigentlich seinem Tagwerk nachgehen müsste. Eigentlich. Unsere Vermutung war, dass er einen sehr toleranten Arbeitgeber hat, der Döschner während des Tages munter twittern lässt. So hat Döschner genügend Zeit auf Twitter kräftig auszuteilen, denn seine Äußerungen haben es oft in sich. Weniger inhaltlich, sondern eher in Richtung Gift und Galle spucken und immer latent aggressiv.

Er hat dieses Austeilen im Frühjahr 2022 gemacht als er versuchte die Historikerin und Kernkraftwissenschaftlerin Anna Veronika Wendland zu diskreditieren. Wir berichteten über diesen Fall. Döschner regte sich über die taz auf, die Wendland Platz für ihre Meinung bot. Andere als seine eigene Meinung soll es schlicht nicht geben in den Medien und schon gar nicht in der als links geltenden taz. Der WDR-Mitarbeiter versuchte der mit ihm über ein Journalisten-Netzwerk verbundenen Journalistin Anika Joeres zur Seite zu springen, die bei Wendland nachforschte und Kollegen über sie ausfragte.

Perfide war in diesem Fall, dass offensichtlich nicht Joeres direkt anfragte, sondern Döschner vorgeschickte. Das jedenfalls berichtete Anna Veronika Wendland auf Twitter. Möglicherweise war das für ihn aber auch eine willkommene Abwechslung in einem sonst eher langweiligen Arbeitstag. Dumm nur, dass die Kollegen Wendland gegenüber loyal waren und ihr die Nachstellungen durch Döschner meldeten. Wendland ging danach medial in die Offensive. Sie ahnte wohl schon, was kommen würde. Sie ging später sogar gerichtlich gegen die Zeit vor, die einen Artikel von Joeres über Wendland veröffentlichte und bekam Recht. Die Zeit kassierte eine Einstweilige Verfügung, was Joeres dann in sozialen Netzwerken versuchte kreativ umzudeuten.

Im September 2022 als Döschner versuchte Wirtschaftsminister Habeck zu verteidigen, dabei allerdings eklatante Wissenslücken offenbarte, mutmaßten wir, dass Döschner beim WDR einen sogenannten “Fensterguckerplatz” hat. So nennt man in Japan die Büros von Mitarbeitern, für die man eigentlich keine Verwendung mehr hat. Sie werden zwar bezahlt, weil man sie nicht loswird, aber sie schauen den ganzen Tag nur aus dem Fenster. In diesem Fall schaute Döschner offenbar nicht aus dem Fenster, jedenfalls nicht ausschließlich. Er twittert munter den ganzen Tag.

Immerhin, es gibt Solidarität für den Mann ohne Aufgaben beim WDR. Klimajournalisten bzw. Aktivisten müssen schließlich zusammenhalten. Wozu hat man schließlich seine Netzwerke. Besagte Anika Joeres hat nun eine Story bei Correctiv veröffentlicht, für die Joeres regelmäßig schreibt, und diese Geschichte hat es in sich. Denn Joeres und die Mitautorin basteln da nämlich eine schöne Verschwörungstheorie. Döschner werde/wurde beim WDR kaltgestellt, weil er sich kritisch zum Thema Kohle in Nordrhein-Westfalen geäußert hat. Der lange Arm von RWE habe den WDR davon abgehalten, Döschner mit Aufträgen zu versorgen – so die wilde Theorie. In der Tat gab es einen Vorfall aus dem Jahr 2015. Döschner bejubelte seinerzeit Proteste gegen den Tagebau Garzweiler. Mitarbeiter von RWE gründeten daraufhin eine Facebook-Gruppe und beschimpften Döschner. Die taz schrieb damals dazu:

“Es waren klare Worte, mit denen WDR-Redakteur Jürgen Döschner die Besetzung des Braunkohletagebaus Garzweiler kommentierte: „Die Klima-Aktivisten im rheinischen Braunkohlerevier verdienen Hochachtung und Respekt“, hatte er auf tagesschau.de geschrieben. Ihre Proteste seien zwar nicht legal, aber „angesichts der Ignoranz von Geld und Macht und angesichts der Bedrohung, die es abzuwehren gilt, völlig legitim“.

Das Echo war gewaltig. Während Umweltschützer erfreut auf die Einschätzung des WDR-Energieexperten reagierten, herrschte beim Garzweiler-Betreiber RWE offenbar blanke Wut. Einer Facebook-Seite mit dem Namen „RWE-Mitarbeiter contra WDR“ traten über 1.000 Menschen bei – und pöbelten heftig: Döschner sei ein „ideologischer Brandstifter“ ist da zu lesen, er verbreite „Lügen“ und betreibe eine „Hetzkampagne“ und sei „demokratieschädlich“. Die Forderung nach einem „Berufsverbot“ gehört noch zu den gemäßigten Äußerungen”

Wer den gesamten Artikel bei Correctiv bis zum Ende liest, bekommt dann tatsächlich auch noch den knappen Hinweis, dass Joeres und Döschner schon mal zusammengearbeitet haben. Die Kollaboration der beiden in Sachen Wendland fehlt allerdings in der Transparenz. Ganz verschweigen wollte man die Verbindung Döschner/Joeres dann aber doch nicht. Zur Situation Döschners heißt es bei Correctiv (man achte auf das Wort “offenbar”, denn das ist herrlich unbestimmt – eine Vermutung)

“Jürgen Döschner möchte sich zu seiner Arbeitssituation nicht äußern. Schon seit einem Kommentar im Jahr 2015 stand er im WDR in der Kritik. Damals hatte er die Besetzung des rheinischen Tagebaus Garzweiler als „nicht legal, aber legitim“ bezeichnet und den Vorwurf des Hausfriedensbruch der Klimaaktivisten „absurd“ genannt. Die Reaktionen waren heftig, es gründete sich eine Facebook-Gruppe namens „RWE-Mitarbeiter gegen den WDR“. Der Sender erließ daraufhin offenbar eine Regel, dass Döschner nicht mehr auf den Sender dürfe, ohne zugleich auch die „Gegenposition“ in demselben Beitrag zu Wort kommen zu lassen.”

Nun klagt Döschner gegen den WDR, weil er jährlich zwar 100.000 Euro Gehalt bekommt aber faktisch nur 5 Stunden im Monat! arbeiten müsse. Das ist an sich ein guter Stundenlohn. Die Fenstergucker-Theorie war somit also goldrichtig. Warum Döschner den WDR allerdings auf 75.000 Euro Schadenersatz verklagt, erschließt sich nicht. Müsste nicht der Sender eher Geld zurückfordern für nicht erbrachte Leistungen?

Ob aber RWE tatsächlich Einfluss auf den WDR genommen hat, das belegt der Correctiv-Artikel wie beschrieben nicht. Man mutmaßt dort lediglich und führt eine Facebookgruppe als Beweis, als ob der WDR sich durch die Bildung einer Facebookgruppe beeindrucken lässt. Auf die Idee, dass der WDR mit Döschner auch im Jahr 2017 enorme Probleme hatte, kam Joeres offenbar nicht, oder besser gesagt, sie verschweigt es lieber. Seinerzeit hatte Döschner ein Posting veröffentlicht, für das sich sowohl er als auch der WDR entschuldigen mussten. Von Automafia war da die Rede und davon, dass diese Mafia viele Menschen vergase. Eine Formulierung, die ganz besonders in Deutschland komplett daneben ist. Da ist seine Äußerung in Sachen Besetzung von Kohletagebau verglichen mit dieser Aussage allerdings schon fast harmlos.

Es braucht also keine mächtigen Konzerne, die so einen Mann ins Abseits befördern, er macht es aus eigenen Stücken. Das will bei einem eher links ausgerichteten Sender schon etwas bedeuten. Nicht mal seine Russisch-Kenntnisse halfen ihm und zum aktuellen Thema Kernkraftwerk Saporischschja interviewte der WDR ausgerechnet lieber Anna Veronika Wendland und nicht den eigenen Experten. Wahrscheinlich hatte da auch ein großer Energiekonzern seine Finger drin. Immerhin liefert er mit seinen zahlreichen Tweets aber neuerdings auch eine Erklärung, warum die Gletscher schmelzen, auf die man bisher nicht gekommen ist.

(Abbildung: Screenshot Twitter)

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