Das Island Gedankenspiel

Von Peter Sommer

Island hat es gut. Das kleine Land mit rund 364.00 Einwohnern verfügt über eine rauhe Landschaft dafür aber über zwei echte Schätze. Das ist zum einen die Wasserkraft und daneben die Geothermie, mit denen das Land zu 100% seines Strombedarfs deckt. Den Vulkanen unter Island sei Dank und dem Niederschlag ebenfalls. Die Hauptstadt Reykjavik bringt es auf 211 Regentage im Jahr. In Hellisheidarvirkjun steht das zweitgrößte Geothermiekraftwerk der Welt. Islands Stromerzeugung ist zu 100% CO2 arm.

Die Natur ermöglicht es Island sehr günstig Strom zu produzieren. Laut Globalpetrolprice beträgt der Strompreis nur 1/3 des Preises in Deutschland, das einsam an der Weltspitze liegt – die Energiewende lässt grüßen. In der Preis-Liga von Island befinden sich nur sehr wenig westliche Länder, Ungarn und Bulgarien mal ausgenommen. Günstiger ist Strom sonst nur in deutlich weniger entwickelten Ländern, wo man vermutlich gar nicht mehr zahlen könnte oder in Ländern mit großen fossilen Rohstoffvorkommen.

Diese Strompreise sorgten dafür, dass sich auf Island sehr energie-intensive Industrien angesiedelt haben wie Aluminiumwerke oder auch Rechenzentren, die einen großen Stromhunger haben. Denn Industriekunden zahlen oft noch einen Bruchteil dessen, was private Stromkunden bezahlen müssen.

Spinnen erlaubt

Wir spinnen jetzt einfach mal etwas. Es ist sehr klar, dass der größte Nachteil der Erneuerbaren Energien deren Volatilität ist. Strom lässt sich nur sehr bedingt speichern, jedenfalls in Deutschland, das wegen seiner Topographie nur sehr begrenzt Pumpspeicherwerke hat. Technische Lösung wie Batterien sind noch sehr am Anfang und weit entfernt von einer großen Skalierbarkeit, Nachteile, die bei der Produktion von Batterien entstehen, lassen wir einfach ganz außen vor.

Immer wieder wird daher Wasserstoff als Speicher oder Ausgangsbasis für weitere Produkte (E-Fuels oder Power2Gas) ins Spiel gebracht. Die kann man aus Wasser und Strom gewinnen mit einem großen Nachteil, es gibt immense Wirkungsgradverluste bei der Wasserstoff-Gewinnung und wenn daraus weitere Produkte gewinnen werden sollen, dann wird der Verlust noch größer. Gehen wir davon aus, dass dieser Wirkungsgradverlust so hoch ist, dass am Ende nur 25% ankommen. Das ist nach einer Recherche ein realistischer Wert, auch wenn es Forschungsergebnisse gibt, die bessere Wirkungsgrade zeigen. Es bedeutet, dass man, um 1 Cent zu erhalten, 4 Cent investieren muss.

Das klingt nach einem schlechten Geschäft. Aber, wenn man Strom sehr günstig erzeugen kann, dann kann das dennoch interessant sein. Der Preis für Wasserstoff oder Folgeprodukte besteht nämlich nicht nur aus den Erzeugungskosten. Spätestens wenn Steuern oder Abgaben dazukommen, sieht der Preis möglicherweise schon ganz anders aus. So eine Steuer oder Abgabe kann die Bepreisung von CO2 sein, die sehr sicher kommen wird. Dort hätte ein aus grünem Strom erzeugter Wasserstoff möglicherweise Vorteile, ohne das hier im Detail durchgerechnet zu haben.

Ein Land, das gute Bedingungen hätte so eine Produktion zu gewährleisten wäre Island. Wir unterstellen einfach mal, dass das Land weiteres geothermisches Potential hat, das noch erschlossen werden kann. Denkbar wären auch Länder, die über sehr viel und günstigen Solarstrom verfügen, wie es sie im Wüstengürtel Afrikas gibt. Deutschland ist das leider nicht vergönnt. Hier wird zwar Strom aus Solar und Wind produziert, aber das leider sehr unstet. Es erscheint nicht nur wegen der enormen Preise für Strom unwirtschaftlich hier ernsthaft über Wasserstoffproduktion nachzudenken.

Auch die hier sehr volatilen Stromquellen Solar und Wind sind Hemmnisse, es sei denn man produziert Wasserstoff nur dann, wenn die Sonne scheint oder der Wind genügend weht. Ob sich damit aber ein Geschäft machen lässt? Der windarme Sommer 2020 ist aber ein abschreckendes Beispiel für Verlässlichkeit. Wasserkraft oder Geothermie hingegen stehen aber 24/7 zur Verfügung.

Wenn nun aber nach einer Wasserstoffstrategie für Deutschland gerufen wird, warum denkt man diese Island Idee nicht weiter? Anders als die Pläne bei Desertec droht wenig Gefahr, dass das Land politisch instabil wird. Island wäre auch noch in erreichbarer Nähe sollten der Wasserstoff oder Folgeprodukte nach Deutschland gebracht werden müssen.

Ein komischer Plan?

Man kann das als komischen Plan abtun, aber noch komischer wäre es, für die Produktion von Wasserstoff allen Ernstes teuren Deutschen Strom aus Erneuerbaren Energien zu benutzen. Ganz abgesehen davon, dass Deutschland vorprogrammierte Probleme bei seiner generellen Stromgewinnung bekommen wird, wenn Schattenkapazitäten bei der Stromerzeugung in nächster Zeit verschwinden.

Deutschland gibt jedes Jahr sehr viel Geld für die Erneuerbaren Energien aus. Das Resultat sind aber weder eine verlässliche Stromgewinnung, noch günstige Preise. Nur ein Bruchteil dieses Geld nicht an die subventionsverwöhnte Solar- und Windindustrie geben und stattdessen in ein solches Projekt investieren, könnte einige Probleme lösen, denn bei bestimmten Verkehrsmitteln wird man nicht mit Akkulösungen weiterkommen.

Unter anderem könnte sich auch das Problem des enormen Landschaftsverbrauchs durch Windkraftanlagen lösen. Deutschland ist gemessen an der Landfläche bereits jetzt das am dichtesten mit Windkraftanlagen bebaute Land der Welt. Ging es nach den Plänen einiger Lobbyisten wird die Zahl der Anlagen noch erheblich steigen, mit allen Konsequenzen, die das für die Landschaft, die Fauna und Flora und die Menschen bedeutet. Warum daher nicht einfach mal etwas spinnen und neue Wege zu einer verlässlichen Energieversorgung suchen?

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