Das erwartete Herzschlagfinale

Nur noch 600.000 Euro oder die Informationen dieser Welt gehen für immer verloren. Wikipedia gibt wirklich alles und beklagt, dass nur 323.451 Menschen gespendet haben.

(Abbildung: Screenshot Wikipedia.de)

Wir haben hier schon einige Mal thematisiert, dass Wikipedia sehr viel Vermögen hat und trotzdem immer wieder nach Spenden bettelt. Das in Deutschland steuerbegünstigt! gespendete Geld wird zum Großteil in die USA geschafft, wo mittlerweile 200 Millionen US-Dollar auf einem großen Haufen liegen. Genügend Geld, um Wikipedia noch lange Zeit technisch zu betreiben. Es wird aber zusätzliches Geld gebraucht, denn Wikipedia leistet sich sehr gut bezahltes Personal, das zudem auch munter lobbyiert. Jedes Jahr wiederholt sich dieses Schauspiel nach einer festen Choreografie. Die wenigsten Spender werden wissen, was mit ihrem Geld wirklich passiert.

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Alles in Butter in Sachen Energiewende für den ARD-Journalisten Werner Eckert. Bei der Tagesschau erklärt er, wieso wir die Kernenergie nicht brauchen, dass wir doch die Pumpspeicher in Österreich und Norwegen haben, die gleichen doch alles aus und außerdem hätten die Erneuerbaren die Kernenergie doch wirklich gut ersetzt. Hätte Eckert sich die Klimaschau 45 angesehen, dann wüsste er etwas mehr zum Thema Nordlink und Strom Transfer nach Norwegen. Eckert lässt Claudia Kemfert zu Wort kommen (allerdings keinen Kritiker des deutschen Energiewegs) und die leugnet mal wieder die Physik.

Die Mindestlast, also die Mindestproduktion von Strom, um den Bedarf zu decken, das sei gestrig. Wahrscheinlich sind die Netzbetreiber, die vor Problemen warnen, auch gestrig. Oder einfach nur besser im Bilde als jemand, der es vom warmen Büro in Berlin aus kommentiert.

“Die Angst vor einem Stromausfall wächst mit dem Anteil an Erneuerbaren Energien im Netz und mit dem Wegfall so genannter Grundlastkraftwerke wie AKW. Tatsächlich steckt hinter der Energiewende auch ein neues Konzept für die Stromversorgung. Früher gab es dauerhaft laufende Kraftwerke, die die so genannte Grundlast lieferten, Kohle für die Mittellast und schnellstartende Gaskraftwerke für die so genannte Spitzenlast. Das halten Antreiber der Energiewende für überholt. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung etwa nennt das die „Energie-Denke“ von gestern. Das Energiesystem von morgen sei flexibel, digital, hochdynamisch, dezentral und intelligent.”

Vielleicht hätte Eckert einfach mal bei einem Energieunternehmen nachfragen sollen. Die haben in letzter Zeit reichlich Warnungen veröffentlicht, so wie Amprion:

„Zudem zeigen die Analysen, dass unter Annahme der bisher geplanten Netzausbaumaßnahmen und des aktuellen Markt- und Regulierungsdesigns eine erhebliche Gefahr besteht, dass ein Kohleausstieg bis 2030 zu einer Reduzierung des heutigen Niveaus an Versorgungssicherheit und Systemrobustheit führen kann“

[…]

„Die Intensität der Netzengpässe und somit das Redispatch-Volumen steigt bei gleichzeitigem Rückgang der Marktkapazitäten konventioneller Kraftwerke deutlich an.“

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„Die Systemrobustheit sinkt und die Auswirkungen von Netzauftrennungen werden gravierender, da der Momentanreservebedarf ansteigt.“

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„In Knappheitssituationen steigt die Importabhängigkeit Deutschlands zur Deckung der nationalen Last. Ohne nennenswerte Ersatzinvestitionen in gesicherte Kapazitäten oder Vorhaltung von Reservekraftwerken sind vereinzelt sogar Lastunterdeckungen bzw. unfreiwillige Lastabschaltungen möglich.“

Hat Eckert tatsächlich recherchiert oder sich nur ein Statement bei Claudia Kemfert abgeholt? Ihm muss wohl auch ein relativ neues Interview entgangen sein, über das Blackout-news berichtet hat.

“In diesem Interview mit dem Handelsblatt warnt Eon-Chef Leonhard Birnbaum vor massiven Engpässen im deutschen Stromnetzverbund. Laut Birnbaum gibt es im gesamten Netz praktisch keine Reserven mehr. Während man den Ausbau der erneuerbaren Energien in den letzten zehn Jahren noch verkraften konnte, sei jetzt das Netz an der Belastungsgrenze angekommen. “

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Es ist noch nicht lange her, da verzweifelte Christian Stöcker vom Spiegel am deutsche Rechtstaat. Offenbar ist jetzt mit einer Regierungsbeteiligung der Grünen alles auf einem guten Weg für ihn. Er schreibt nämlich einen erstaunlich positiven Ausblick auf die Zukunft bei dem man sich nur verwundert die Augen reiben kann. Erneuerbare Energien, Elektromobilität es wird alles super werden, schreibt Stöcker in einer neuen Kolumne im Spiegel.

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Selten hat ein Land so hart daran gearbeitet, sich selber verletzlich zu machen. Das meint das Wallstreet Journal und es meint Deutschland und seine Energiewende. Der Artikel (braucht eine Registrierung) blickt einigermaßen fassungslos auf das, was Deutschland in den letzten 10 Jahren gemacht hat.

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Werden Lebensmittel bald knapp? Das fragt Cicero. Gemeint sind die explodierenden Energiepreise, die zu weniger Produktion bzw. Gebrauch von Dünger führen könnten.

“Angesichts der engen Verbindung zwischen den Erdgaspreisen – die auf dem gesamten Kontinent in die Höhe schießen – und der Produktion von Stickstoffdünger steht die EU vor einer Düngemittelkrise, die sich zu einer Nahrungsmittelkrise ausweiten könnte. Das Hauptproblem der EU sind nicht die Produktionskapazitäten (die europäischen Hersteller decken 90 Prozent des Bedarfs der EU), sondern die Beschaffung erschwinglicher Ausgangsstoffe. 68 Prozent aller in Europa verwendeten Düngemittel sind auf Stickstoffbasis.”

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Den Zielkonflikt zwischen Energiewende und Umweltschutz beschreibt der Umweltwatchblog anhand des Beispiels Eberberger Forst, nahe München.

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Bongaarts & O’Neill 2018 in Science über den „Elefant im Raum“:

Global warming policy: Is population left out in the cold?

Would slowing human population growth lessen future impacts of anthropogenic climate change? With an additional 4 billion people expected on the planet by 2100, the answer seems an obvious “yes.” Indeed, substantial scientific literature backs up this intuition. Many nongovernmental organizations undertake climate- and population-related activities, and national adaptation plans for most of the least-developed countries recognize population growth as an important component of vulnerability to climate impacts (1). But despite this evidence, much of the climate community, notably the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), the primary source of scientific information for the international climate change policy process, is largely silent about the potential for population policy to reduce risks from global warming. Though the latest IPCC report (2) includes an assessment of technical aspects of ways in which population and climate change influence each other, the assessment does not extend to population policy as part of a wide range of potential adaptation and mitigation responses. We suggest that four misperceptions by many in the climate change community play a substantial role in neglect of this topic, and propose remedies for the IPCC as it prepares for the sixth cycle of its multiyear assessment process.

Es ist klar, dass die vielen, stark wachsenden Entwicklungsländer beim IPCC ihr Veto einlegen würden, wenn neben dem CO2 auch noch das Bevölkerungswachstum eingedämmt werden müsste.

Hierzu drei Artikel von Dr. Wolfgang Epple: 1, 2, 3

Bevölkerungsentwicklung und Bewahrung der Natur – Herausforderung für eine Sicht auf das Ganze aus Sorge um das Ganze

Ökologischer Fußabdruck, Überbevölkerung, Earth-Overshoot und CO2 – Gedanken und Fakten zur Überlebensfrage

GENERATIONENGERECHTIGKEIT UND DER ERHALT DER NATÜRLICHEN LEBENSGRUNDLAGEN

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Youtube:

Largest Solar Energy Producers (1983 – 2018)

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Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung am 9.11.2021:

Viskos UND elastisch: Gletscher verhalten sich „fester“ als gedacht

Schmelzende Gletscher tragen erheblich zum globalen Meeresspiegelanstieg bei. Um diesen exakt vorhersagen zu können, müssen alle relevanten Prozesse in Modellen realitätsnah nachgebildet werden. In den meisten Simulationen wird das Eis ausschließlich als fließender Körper betrachtet. Wie eine Modellierungsstudie unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts nachweist, wurden die Festkörpereigenschaften des Eises zu stark vernachlässigt. Die Forschenden konnten an einem Gletscher an der Küste Grönlands zeigen, dass die Gezeiten das Eis noch in mehreren Kilometern Entfernung landeinwärts elastisch verformen. Die Studie ist im Fachmagazin Nature Communications: Earth & Environment erschienen.

Der gigantische Nioghalvfjerdsfjorden-Gletscher im Nordosten Grönlands liegt auf 79 Grad nördlicher Breite und wird deshalb auch kurz als „79°NG“ bezeichnet. Der Koloss fließt direkt in die Grönlandsee und beinhaltet ein Eisvolumen, das den globalen Meeresspiegel um etwa 1,1 Meter steigen lassen würde, wenn es komplett abschmilzt. In Folge des Klimawandels hat sich der Eisverlust am 79°NG deutlich erhöht. So werden zum Beispiel die vom Gletscher gekalbten Eisberge immer größer. Im September 2020 etwa brach ein Brocken ab, der größer war als Paris mit 112 km2.

„Wenn wir den mit dem Eisverlust verbundenen Meeresspiegelanstieg noch genauer prognostizieren wollen, müssen wir in den Computermodellen das Fließen von Gletschern wie dem 79°NG möglichst exakt abbilden“, sagt Dr.-Ing. Julia Christmann, Studienerstautorin und Glaziologin am Alfred-Wegner-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). „Damit die benötigte Rechenleistung nicht zu groß wird, werden die Bewegungen von Gletschern oft stark vereinfacht dargestellt. Die Simulationen beschreiben das Eis dann nur fließend. Aber Gletschereis hat auch Festkörpereigenschaften, die in den Modellen so gut wie nie betrachtet werden. Unsere Studie zeigt, dass genau diese Festkörpereigenschaften eine wichtige Rolle spielen und dass es sich lohnt, sie in die Simulationen zu integrieren.“

Zusammen mit ihrem internationalen Studienteam aus Deutschland, Dänemark und den USA entwickelte Julia Christmann eine Simulation des 79°NG, die das „elastische“ Festkörperverhalten und das „viskose“ Fließverhalten des Gletschers kombiniert. Dabei wird auch das subglaziale Wasser unter dem Gletscher berücksichtigt, für das AWI-Glaziologe Dr. Thomas Kleiner das Hydrologiemodell des AWI angewendet hat. Um zu prüfen, wie gut diese „viskoelastische“ Simulation den wirklichen 79°NG nachbildet, verglichen die Forschenden die Computerdaten mit den realen GPS-Bewegungsdaten des Eises aus einer AWI-Feldforschungskampagne und Satellitenfernerkundungsdaten.

„Wir konnten zeigen, dass die elastische Komponente unter anderem dort wichtig ist, wo der Gletscher ins Meer fließt“, erklärt Julia Christmann, die die Arbeiten im Rahmen des BMBF-Projektes GROCE (Greenland Ice sheet Ocean Interaction) durchgeführt hat. „Dort befindet sich unter dem Eis Meerwasser, der Gletscher hat also keinen Kontakt mehr zum Boden. Ebbe und Flut heben und senken die schwimmende Eisplatte. Außerdem drückt das Ozeanwasser auf das damit verbundene subglaziale Wasser unter dem Eis an Land und verändert dort die Gleitgeschwindigkeit des Gletschers. Das elastische Gezeitensignal verformt den Gletscher noch 10 Kilometer landeinwärts von der Aufsetzlinie, an der das Eis noch auf dem Boden aufliegt. Diese Fernwirkung der Gezeiten auf das Inlandeis war zwar aus der Antarktis bekannt, wurde jedoch in Grönland bislang kaum berücksichtigt.“

Eine weitere überraschende Erkenntnis: Auch jenseits des Gezeitensignals, weit im Landesinnern, tritt die Festkörperverformung auf. Und zwar immer dort, wo der Gletscher mit relativ hoher Geschwindigkeit – über 70 cm pro Tag – über „Berge“ und große Bodenwellen unter dem Eis fließt. „Das erzeugt hohe Spannungen und führt zur elastischen Deformation des Eises“, sagt Julia Christmann. „Genau diese Orte hoher Spannung in unserem Modell passen erstaunlich gut mit Satellitendaten zusammen. Denn genau hier finden wir in ganz Grönland riesige Felder mit unzähligen Spalten im Eis. Hier wird klar, warum sich ein Gletscher ohne Festkörperkomponente nicht korrekt beschreiben lässt. Denn ein reines Fluid kann keine Spalten und Risse haben.“

Beide Phänomene – Gezeitensignal und elastische Deformation im Inlandeis – treten nach Einschätzung des Studienteams an vielen mit dem 79°NG vergleichbaren Auslassgletschern weltweit auf. „Deshalb lohnt es sich, die elastischen Komponente in die Modelle zu integrieren, auch wenn sie dadurch komplexer werden“, erklärt Prof. Dr. Angelika Humbert, Leiterin der AWI-Studie. „Denn auch von den Festkörpereigenschaften hängt ab, wie schnell ein Gletscher zum Meer fließt und wieviel Eis er dort in einem wärmeren Klima verliert. Die Prognosen zum Meerspiegelanstieg könnten also noch exakter werden.“

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Für alle Fans der Klimaschau: Die nächsten Folgen kommen am 29.12.2021, 2.1.2022, 5.1.2022, 9.1.2022, 12.1.2022. und 16.1.2022, jeweils um 13:00 Uhr.

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