Im Oktober 2013 hatte die Fachzeitschrift Nature einen Artikel eines 14-köpfigen Forscherteams um Camilo Mora mit dem Titel “The projected timing of climate departure from recent variability” publiziert. Der Klimaretter war entzückt und meldete sogleich:
Klimawandel: Immer wärmer ab 2047
Das Jahr 2047 wird der Punkt ohne Wiederkehr für das Klima. Dann verlässt es den Korridor seiner natürlichen Schwankungen, jedenfalls wenn die Menschheit weiter ständig mehr Kohlendioxid ausstößt. Diese Prognose mit einer Abweichung von plus/minus 14 Jahren für verschiedene Punkte der Erde geben Forscher von der Universität von Hawaii ab. Ihre Studie wurden jetzt im Magazin Nature veröffentlicht. Der Zeitpunkt, an dem es nur noch Hitzerekorde gibt, verschiebt sich nach hinten auf das Jahr 2069 (mit einer Abweichung von plus/minus 18 Jahren), wenn sich die Emissionen auf dem heutigen Niveau stabilisieren, aber nicht abnehmen.
Während sich IPCC-nahe Journalisten darüber freuten, ihren Lesern endlich konkrete Jahresangaben für den Weltuntergang in den Kalender diktieren zu können, nahmen sich kritisch mitdenkende Kollegen die Zeit, in das Papier genauer hineinzuschauen. Einer der dies tat, ist Ulli Kulke in seinem Blog Donner + Doria:
Jetzt wissen wir es ganz genau: Der Klimawandel setzt 2047 ein
Heute mal etwas zum Schmunzeln. Gerade erst hat der Klimadiskurs den neuesten Sachstandsbericht des Weltklimarates verdaut (AR5, erster Teil). Zumindest eines dürfte davon hängen geblieben sein. Der IPCC räumt darin unumwunden ein, dass die Modelle unzureichend sind, den derzeitigen Klimaverlauf widerzuspiegeln. Irgendwelche Kräfte sind da am Werk, die den Temperaturen eine unvorhergesehene Entwicklung gaben, seit eineinhalb Jahrzehnten wird es nicht mehr wärmer trotz steigendem CO2-Ausstoß. Der IPCC rätselt. Ich will mich jetzt nicht darüber streiten, ob die langfristige Tendenz des Klimarates vielleicht doch stimmen könnte, ich habe auch da meine begründeten Zweifel. Eines aber steht fest: Für genau terminierte Vorhersagen eignen sich die Modelle ganz offenbar nicht.Ob Camilo Mora, Klimaforscher aus Hawaii, wenn er denn den IPCC-Bericht vorher gekannt hätte, Bedenken gehabt hätte, sich mit seiner neuesten Studie lächerlich zu machen? Wollen wir es mal zu seinen Gunsten annehmen. Denn er legt wenige Tage nach jenem Weltklimabericht nun allen Ernstes eine Arbeit vor, die an Genauigkeit nicht mehr zu überbieten ist, und das auch noch in der Langfristprognose. 2047 wird seiner Ansicht nach das Jahr sein, ab dem jedes einzelne Jahr heißer sein wird als alle Jahre zwischen 1860 und 2005. Genauer gehts nicht. Weil er sich da aber nicht ganz sicher ist, bietet er auch noch eine Schwankungsbreite an: Plus minus 14 Jahre (nein, nicht 13 und auch nicht 15, sondern 14, oder sollte man da auch noch ein +/- angeben?). 2047 ist allerdings auch nur der Durchschnitt. In Honolulu wird es schon 2043 der Fall sein, in Dallas wird die Schwelle erst 2063, in Anchorage erst 2071 überschritten sein. Aber an welchem genauen Datum eigentlich, am 1. April, oder am 30. Mai, wenn ja bekanntlich Weltuntergang ist, oder wann jetzt?
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Kulke konnte die Studie schnell als klimaalarmistischen Quatsch enttarnen. Die starke natürliche Variabilität wurde von Camilo Mora und Kollegen einfach ignoriert. Eigentlich hätte die Studie das Begutachtungsverfahren nicht passieren dürfen. Nature hingegen war offenbar froh, dass es mit diesem Stück den im Heft regelmäßig freigehaltenen IPCC-Slot auf spektakuläre Weise füllen konnte.
Seriöse Fachkollegen hingegen bekamen Magengrummeln. Zu plump war die Panikmache. So konnte es nicht stehen bleiben. Und es passierte etwas: Am 3. Juli 2014 erschien in Nature eine ausführliche Fehleranalyse zu Mora et al. 2013. Verfasst wurde sie von einem dreizehnköpfigen internationalen Forscherteam um Ed Hawkins vom National Centre for Atmospheric Science der britischen University of Reading. Sie werfen der Mora-Truppe vor, sie hätten in der Methodik schwere Fehler begangen. Die von Mora et al. angegebenen Stichjahre zum klimatischen ‚Punkt ohne Wiederkehr‘ lägen viel zu früh. Die Modelle zeigten vielmehr, dass zum Teil selbst bis zum Jahr 2250 (zweitausendzweihundertundfünfzig!) keine unumkehrbare Entwicklung zu erwarten sei. Zudem kritisieren Ed Hawkins und Kollegen, dass die Arbeit eine zu große Präzision vorgaukelt. Die Genauigkeit mit der Mora et al. in ihrer Studie Vorhersagen treffen, wäre durch die Modelle und Daten nicht gewährleistet. Die Prognosen würden sich daher auf keinen Fall für offizielle Klimarisikenabschätzungen eignen.
Im Folgenden einige Auszüge aus dem Diskussionsbeitrag von Ed Hawkins und Kollegen:
The question of when the signal of climate change will emerge from the background noise of climate variability—the ‘time of emergence’—is potentially important for adaptation planning. Mora et al. presented precise projections of the time of emergence of unprecedented regional climates. However, their methodology produces artificially early dates at which specific regions will permanently experience unprecedented climates and artificially low uncertainty in those dates everywhere. This overconfidence could impair the effectiveness of climate risk management decisions.