Meeresspiegel in Australien in den letzten 7000 Jahren um mehrere Meter gefallen

In der Zeitung geht der Meeresspiegel immer nur in eine Richtung – nach oben. In Wahrheit war die Entwicklung jedoch viel komplexer als der Leserschaft gemeinhin zugemutet wird. Beispiel Australien. Die Welt meldete am 24. Mai 2011:

Erderwärmung: Meer vor Australien könnte um einen Meter steigen
Als Folge der Erderwärmung könnte der Meeresspiegel einer neuen Studie zufolge innerhalb eines Jahrhunderts um bis zu einen Meter steigen. Dadurch nehme die Gefahr verheerender Überschwemmungen zu, heißt es in einem Bericht der Klimakommission der australischen Regierung.

Tolle Alarmstory. Eine Kleinigkeit blieb dann jedoch im Artikel unerwähnt: Der aktuelle Meeresspiegel liegt bis zu mehrere Meter tiefer als während des Großteils der vergangenen 7000 Jahre. Welch Überraschung. Nachzulesen ist dies beispielsweise in einer Arbeit von Stephen Lewis und Kollegen, die im August 2013 in den Quaternary Science Reviews erschien. Das Forscherteam fasst in der Studie den aktuellen Wissensstand zur Meeresspiegelhistorie Australiens für die vergangenen 10.000 Jahre auf Basis einer Vielzahl von Arbeiten zusammen. Die Entwicklung folgte einem einfachen Muster: Gegen Ende der letzten Eiszeit vor 20.000 Jahren ereignete sich ein rapider Meeresspiegel-Anstieg, der vor 7000 Jahren schließlich endete. Dabei schoss der Meeresspiegel in der Endphase mehrere Meter über das heutige Niveau hinaus. In den sieben nachfolgenden Jahrtausenden sank der Meeresspiegel dann relativ gleichmäßig, vielleicht aber auch oszillierend, bis schließlich der heutige Stand erreicht wurde. Diese Entwicklung ist gleich für mehrere Küsten Australiens nachgewiesen, darunter West-Australien (Abbildung 1) und Ost-Australien (Lewis et al. 2008).

Abbildung 1: Meeresspiegelentwicklung in West-Australien während der vergangenen 8000 Jahre. Quelle: Lewis et a. 2013.

 

Auch im Großen Barriereriff lässt sich ein drastischer Meeresspiegelabfall nachweisen. In den letzten 2000 Jahren sackte dort der Meeresspiegel um 1,0 bis 1,3 m ab, wie ein Forscherteam um Daniel Harris im Januar 2015 in Geology dokumentierte. Eine schöne Studie, die die Autoren natürlich gerne in der Presse verbreitet sehen wollten. Allerdings gab es dabei den Schönheitsfehler, dass das Ergebnis so gar nicht in das klimaalarmistische Erzählmuster stetig steigender Fluten passte. In der entsprechenden Pressemitteilung der Universität Sydney vom 22. Januar 2015 mussten aus diesem Grund entsprechende Formulierungen eingefügt, die das massive Absinken des Meeres als „relativ kleinen Meeresspiegelrückgang“ verniedlichten. Es ist schon putzig zu lesen: Die Universität spricht schadensbegrenzend von einem „small drop“, „small change“, „minor sea level change“ und „relatively small sea level fall”. Erst im letzten Drittel der Meldung wird dann das ganze Ausmaß von mehr als einem Meter Differenz eingeräumt. Allesamt Vorkehrungen, um ja nicht Gefahr zu laufen, als Klimaskeptiker abgestempelt zu werden. Hier die Pressemitteilung in ganzer Länge:

Small drop in sea level had big impact on southern Great Barrier Reef
The idea that coral reefs have formed over millennia in a continuous process has been challenged by a study of the southern Great Barrier Reef. The research, led by the University of Sydney, shows that even small variations in sea level can cause significant change across the reef. „We create a new narrative for how the Barrier Reef and other coral reefs came about and explain the importance of surprisingly small changes in sea level,“ said Associate Professor Jody Webster from the University of Sydney’s School of Geosciences and an author on a recently published article on the findings in Geology.

„That such a minor sea level change has stalled coral reef growth and sediment production is an unexpected and significant finding.“ During rising sea levels reefs grow vertically upwards until they reach sea level. Then they grow away from the reef front, producing massive amounts of sediment which gradually fill in the reef lagoon, much like filling a bucket. „Most current models describe this infilling as a continual process, taking place over the past 6000 years or mid-Holocene, the geological era dating to the present day, following the reef reaching present sea level,“ said Dr Ana Vila-Concejo, also from the School and an author on the study. „Instead our research suggests that the majority of lagoon infilling occurred for only four thousand years and was ‚turned off‘ by a relatively small sea level fall 2000 years ago.“

The researchers analysed samples from One Tree Reef in the southern Great Barrier Reef. They radiocarbon dated sediment cores from the lagoons of the coral reef to calculate sand infilling. Sea level change was calculated by dating fossil samples from micro-atolls. „We established that starting about 6000 years ago there was 4000 years of rapid sediment production and transport until a sea level fall of between 1 to 1.3 metres. This fall coincided with a dramatic slowing of the coral reef’s growth on the broadest part of the reef over the next 2000 years,“ said Dr Daniel Harris, the lead author on the study which he completed as a PhD student in the School of Geosciences.

Associate Professor Jody Webster said, „Our findings suggest that reefs will be sensitive to sea level changes likely to take place because of climate change, quite apart from other impacts such as ocean acidification or pollution. Based on our model higher sea level might allow for greater coral reef growth and more carbonate sediment production but that would rely on the reef systems otherwise being in good health.“ Quan Hua from ANSTO,Professor Yusuke Yokoyama from the University of Tokyo and Professor Paula Reimer from Queen’s University Belfast are contributing authors on the Geology article.

Bei der Betrachtung dieser langen Zeitmaßstäbe und dem enormen Meeresspiegel-Absenkungsbetrag von mehreren Metern gehen kürzermaßstäbliche Entwicklungen etwas unter. Natürlich ist in den letzten 100 Jahren im Zuge der Wiedererwärmung nach der Kleinen Eiszeit auch in Australien der Meeresspiegel angestiegen. Ein Forscherteam um Neil White hat im September 2014 in Earth Science Reviews eine Analyse dieser Entwicklung publiziert. Laut White und Kollegen zeigen Küstenpegel zwischen 1966 und 2010 einen Anstieg von 2,1 mm pro Jahr. Das entspricht einem Gesamtanstieg von 9,2 cm, ein magerer Betrag im Vergleich zum vorangegangenen Meeresspiegelabfall von mehreren Metern. Selbst der Gesamtanstieg seit 1880 beträgt lediglich 15 cm. Im Folgenden die Kurzfassung der Arbeit:

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Beschleunigter Meeresspiegelanstieg an Teilen der US-Ostküste geht auf atlantischen Ozeanzyklus zurück

Entlang eines 1000 km langen Streifens der US-Ostküste zwischen Massachusetts und North Carolina stieg in den letzten Jahrzehnten der Meeresspiegel schneller an als im globalen Durchschnitt. Was steckt hinter dieser anomal schnellen Entwicklung? Das Forscherduo Kenigson und Han nahm das Phänomen jetzt näher unter die Lupe und veröffentlichte das Ergebnis im Dezember 2014 im Fachblatt Journal of Geophysical Research. In ihrer Studie fanden sie starke Hinweise darauf, dass sich hinter der Anomalie vor allem ein Effekt der sogenannten Atantischen Multidekadenoszillation (AMO) verbirgt, die den Meeressspiegel mal schneller und mal langsamer ansteigen lässt. Die Effekte sind regional gestaffelt, was die derzeitige …

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Dramatischer Meeresspiegelanstieg 2009-2010 an der nordamerikanischen Ostküste zwischen New York und Neufundland: Verantwortlich war eine seltene Konstellation atlantischer Ozeanzyklen

In den Jahren 2009 und 2010 ist der Meeresspiegel an der nordamerikanischen Ostküste zwischen New York und Neufundland um unglaubliche 12,8 cm nach oben geschnellt. Ein Resultat des menschengemachten Klimawandels? War dies der Anfang der von Klimaapokalyptikern prophezeiten Sintflut? Ein Forscherteam um Paul Goddard nahm sich der Sache an und untersuchte den Fall. Zunächst stellten die Wissenschaftler fest, dass sich der Anstieg auf die Jahre 2009 und 2010 beschränkte. Dies machte sie hellhörig, denn es passte so gar nicht zur eher langfristigen Wirkung des Klimawandels. Im Zuge der Überprüfung der verschiedenen natürlichen Ozeanparameter stießen Goddard und seine Kollegen auch auf …

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Malediven vor dem Untergang? Laut Küstenpegelmessungen ist der Meeresspiegel seit 15 Jahren stabil geblieben

Der steigende Meeresspiegel bedroht die Existenz zahlreicher kleiner Koralleninseln im Indischen und Pazifischen Ozean, heißt es. Dafür müssten die Industrieländer hohe Ausgleichszahlungen vornehmen, denn diese hätten ja das Problem verursacht, heißt es weiter. Man kann es den Insulanern nicht verdenken, dass sie diese Gelegenheit nutzen und auf den Alarmismus-Zug aufspringen. Es geht um große Summen aus dem in Cancun und Durban beschlossenen Grüne Klimafonds. Der bekannteste Aktivist ist dabei wohl der ehemalige Präsident der Malediven, Mohamed Nasheed. Im Rahmen einer publikumswirksamen Aktion tagte er am 17. Oktober 2009 mit seinem Kabinett in Taucherausrüstung unter Wasser und verabschiedete eine Erklärung mit …

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Schreckliche Sintflut in Südostasien abgeblasen: PIK übersieht in Weltbank-Bericht die natürliche Ozeanzyklik

Kürzlich war Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) als Ghostwriter für den Papst tätig. In den Jahren zuvor hatten die PIKler bereits einen Auftrag als Kontraktschreiber für die Weltbank an Land gezogen. Dabei ersannen die Potsdamer eine Klimaalarm-Serie mit dem coolen Titel „Turn Down the Heat“, den die Weltbank daraufhin global in ihrem Namen verbreitete. Die bisherigen Episoden wurden im November 2012, Juni 2013 und November 2014 auf den Markt gebracht.

Die Hefte wurden von der Presse gierig aufgegriffen, natürlich ohne sie näher im Detail zu prüfen. Wir wollen es genauer wissen: Wie verlässlich ist der Inhalt der Berichte? Is it right?

Beispiel Südostasien. Laut PIK und Weltbank soll die Klimagefahr in dieser Region besonders stark ausgeprägt sein. In einer Pressemitteilung der Weltbank vom 19. Juni 2013 heißt es:

Warmer World Threatens Livelihoods in South East Asia
Turn Down the Heat: Climate Extremes, Regional Impacts and the Case for Resilience, was prepared for the World Bank by the Potsdam Institute for Climate Impact Research and Climate Analytics. […] The report examines the most significant climate risks for South East Asia in a 2ºC world. […] Sea levels are rising faster than previously projected and cyclones will intensify. The report finds that a sea-level rise of as much as 50 cm by the 2050s may already be unavoidable as a result of past emissions, and in some cases, impacts could be felt much earlier. This will cause greater destruction and result in flooding fields for extended periods, and inundate delta areas with intrusions of salt water into fields and in groundwater used for drinking. The report also projects that typhoons will increase in intensity (category 4 and 5).

Bei den Wirbelstürmen ist die Lage ziemlich eindeutig: Bisher ist kein Anstieg der Häufigkeit in der Region zu beobachten (siehe „.Klimaaktivisten missbrauchen Taifun Haiyan für eigene Zwecke: Studien fanden für die vergangenen Jahrzehnte keine Zunahme der Taifunaktivität“). Konzentrieren wir uns daher auf den Meeresspiegel. Weshalb sollte hier in den kommenden 35 Jahren in Südostasien ein Anstieg von 50 cm zu befürchten sein? Das wäre eine Anstiegsrate von 14 mm pro Jahr! Gibt es irgendwelche Anzeichen für einen solch rasanten Meeresspiegelanstieg in der Region? Im weltweiten Durchschnitt zeigen die Küstenpegel doch nur einen Anstieg von 2 mm pro Jahr an.

Eine Arbeit aus dem Mai 2015 im Fachblatt Climate of the Past enthüllt, in welche Falle die Potsdamer hier höchstwahrscheinlich getappt sind. Eine internationale Forschergruppe um Mathew Strassburg von der University of Colorado in Boulder hat sich die Meeresspiegeltrends in Südostasien näher angeschaut. Die Wissenschaftler arbeiteten dabei mit Satellitendaten, die die vergangenen 20 Jahre abdecken. Dabei fanden sie, dass der Meeresspiegelanstieg in diesem Zeitraum in Südostasien außergewöhnlich hohe Raten erreichte, die in einigen Teilen des Untersuchungsgebietes Werte von 10 mm pro Jahr erreichten und sogar überschritten (Abbildung 1). Aber ist es wirklich zulässig, diese hohen Anstiegsraten einfach in die Zukunft zu verlängern, so wie es die PIK-Leute offenbar getan haben?

Abbildung 1: Meeresspiegelanstiegsraten in Südostasien für den Zeitraum 1993-2009 auf Basis von Satellitendaten. Quelle: Strassburg et al. 2015.

 

Strassburg und Kollegen wollten zunächst verstehen, weshalb der Meeresspiegel in Südostasien in den letzten 20 Jahren so viel schneller aufwärts strebte als in den anderen Regionen der Erde. Ist dies ein stabiler Trend oder müssen hier natürliche Schwankungen berücksichtigt werden? Die Wissenschaftler schauten sich daraufhin Küstenpegelmessungen der letzten 60 Jahre an und machten eine überraschende Entdeckung: Der Meeresspiegelanstieg zeigte eine klare natürliche Zyklizität, die an den bedeutenden Ozeanzyklus der Pazifischen Dekadischen Oszillation (PDO) gekoppelt ist, der mit einer Periode von etwa 60 Jahren schwingt. Das Zeitfenster von 20 Jahren im Zusammenhang mit den Satellitenmessungen hat nur den stark anschwellenden Teil der Zyklik abgebildet, der keineswegs für den mittleren Langfrist-Anstieg repräsentativ ist. Betrachtet man die Meeresspiegelentwicklung seit 1950, so ergeben sich für Südostasien mittlere Anstiegsraten von lediglich 1,0-2,5 mm pro Jahr (Abbildung 2), was sich sehr gut in den globalen Durchschnitt einpasst.

Abbildung 2: Meeresspiegelanstiegsraten in Südostasien für den Zeitraum 1950-2009. Quelle: Strassburg et al. 2015.

 

Unter Einbeziehung der natürlichen Zyklik prognostizieren Mathew Strassburg und sein Team für die nächsten Jahre eine starke Verlangsamung des Meeresspiegelanstiegs in Südostasien. Dabei werden in den kommenden 20 Jahren voraussichtlich Werte erreicht, die deutlich unterhalb der globalen Durchschnittsraten liegen.

Nun wird auch klar, an welcher Stelle es beim PIK schiefgelaufen ist. Offenbar hat man es in Potsdam versäumt, die natürliche PDO-Zyklik miteinzubeziehen. Man hatte die Schwankungen in der Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs ignoriert und einfach die hohen Werte der letzten Jahre in die Zukunft fortgeschrieben. Ein fataler Fehler. Nimmt man den langfristig belegten Anstiegswert von 2 mm pro Jahr als Grundlage, ist in den kommenden 35 Jahren lediglich mit einem Anstieg von 70 mm, also 7 cm zu rechnen. Dies ist signifikant weniger als die 50 cm, die vom PIK in den Weltbank-Bericht geschrieben wurden. Eigentlich müsste dieser jetzt dringend mit einem „Addendum“ korrigiert werden, denn es ist davon auszugehen, dass Politiker in der Region und den Geberländern fälschlicherweise noch immer vom stark überhöhten Wert ausgehen. Mit diesem Defizit belastet, ist der PIK/Weltbank-Bericht sicher keine geeignete Planungsgrundlage für die Festlegung von Prioritäten bei der Bewältigung der Klimawandelfolgen.

Im Folgenden die Kurzfassung der Studie:

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Tansanias Meeresspiegel übertraf während der letzten 4500 Jahre vermutlich das heutige Niveau. Meeresspiegel auf den Seychellen in den letzten 10 Jahren stabil

Der globale Meeresspiegel steigt und steigt – und das seit 15.000 Jahren. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass der Anstieg nicht kontinuierlich war und es Phasen gab, wo der Meeresspiegel stabil blieb, vielleicht sogar gefallen ist. Dies könnte z.B. in den natürlichen Kältephasen passiert sein, die es etwa alle 1000 Jahre gab. Anhand von geologischen Methoden ist es möglich, die Meeresspiegelgeschichte zu rekonstruieren. Eine Forschergruppe um Sarah Woodroffe von der Universität Durham in Nordengland hat die Entwicklung des Meeresspiegels in Tansania und auf den weit vor der ostafrikanischen Küste vorgelagerten Seychellen näher unter die Lupe genommen. In einer ersten Studie, …

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Niederländische Studie: Schlimmer als der Anstieg des Meeresspiegels durch den Klimawandel ist für viele Küstenstädte, dass sie absinken

Kann es etwas Schlimmeres als den Klimawandel geben? Ja, kann es, wie in der Taz am 1. Mai 2014 zu lesen war: Megastädte versinken im Boden: Wie vom Erdboden verschluckt Das Absinken des Erdbodens ist gefährlicher für Küstensiedlungen als der vom Klimawandel verursachte Anstieg des Meeresspiegels. In manchen Städten sinkt der Grund zehn mal schneller als das Wasser steigt. Grundwasserentnahme und steigende Bevölkerungszahlen sind der Hauptgrund dafür, heißt es in einer neuen Publikation des Deltares Forschungsinstituts in Utrecht. Eine weitere Ursache sei, dass Küstenstädte häufig auf sehr weichem Grund gebaut sind. Weiterlesen in der Taz. Auch die Wiener Zeitung, The …

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Meeresspiegelforschung aktuell: Neue Studien aus Europa

Im Januar 2014 hatten wir an dieser Stelle über eine Studie der Universität Siegen mit einem interessanten Fazit berichtet. Eine gründliche Datenauswertung hatte ergeben, dass der Meeresspiegel in der Nordsee seit 100 Jahren mit konstanter Geschwindigkeit steigt, ohne Beschleunigung. Im Oktober 2014 legte die Forschergruppe im Journal of Geophysical Research nach. Den Wissenschaftlern war aufgefallen, dass sich hinter dem gleichmäßigen langfristigen Anstieg des Meeresspiegels Schwankungen versteckten. In ihrer neuen Studie konnten sie zeigen, dass diese Schwankungen nicht nur in der Nordsee auftraten, sondern von der Norwegischen See bis zu den Kanarischen Inseln im Atlantik reichten. Die Forschergruppe um Sönke Dangendorf vermutet, dass Änderungen der küstenparallelen Winde den Meeresspiegelanstieg systematisch beeinflusst haben könnten. Im Folgenden die Kurzfassung des Artikels:

Mean sea level variability in the North Sea: Processes and implications
Mean sea level (MSL) variations across a range of time scales are examined for the North Sea under the consideration of different forcing factors since the late 19th century. We use multiple linear regression models, which are validated for the second half of the 20th century against the output of a tide+surge model, to determine the barotropic response of the ocean to fluctuations in atmospheric forcing. We find that local atmospheric forcing mainly initiates MSL variability on time scales up to a few years, with the inverted barometric effect dominating the variability along the UK and Norwegian coastlines and wind controlling the MSL variability in the south from Belgium up to Denmark. On decadal time scales, MSL variability mainly reflects steric changes, which are largely forced remotely. A spatial correlation analysis of altimetry observations and gridded steric heights suggests evidence for a coherent signal extending from the Norwegian shelf down to the Canary Islands. This fits with the theory of longshore wind forcing along the eastern boundary of the North Atlantic causing coastally trapped waves to propagate over thousands of kilometers along the continental slope. Implications of these findings are assessed with statistical Monte-Carlo experiments. It is demonstrated that the removal of known variability increases the signal to noise ratio with the result that: (i) linear trends can be estimated more accurately; (ii) possible accelerations (as expected, e.g., due to anthropogenic climate change) can be detected much earlier. Such information is of crucial importance for anticipatory coastal management, engineering, and planning.

Den Wind hat auch eine Arbeitsgruppe um Margot Saher im Verdacht. Saher und Kollegen dokumentierten im Januar 2015 in den Quaternary Science Reviews die Meeresspiegelgeschichte Islands für die vergangenen 500 Jahre. Sie fanden, dass sich der Meeresspiegelanstieg auf drei Phasen beschränkte: Um 1600, 1810 und 1980. Den Phasen war gemeinsam, dass sich zu diesen Zeiten die größten Veränderungen in der Nordatlantischen Oszillation (NAO) ereigneten, einem bedeutenden Ozeanzyklus. Die Änderungen in der NAO haben die Windverhältnisse offenbar so umgestellt, dass der Meeresspiegel jeweils nach oben schnellte. Im Folgenden die Kurzfassung der Arbeit:

Sea-level changes in Iceland and the influence of the North Atlantic Oscillation during the last half millennium
We present a new, diatom-based sea-level reconstruction for Iceland spanning the last 500 years, and investigate the possible mechanisms driving the sea-level changes. A sea-level reconstruction from near the Icelandic low pressure system is important as it can improve understanding of ocean–atmosphere forcing on North Atlantic sea-level variability over multi-decadal to centennial timescales. Our reconstruction is from Viðarhólmi salt marsh in Snæfellsnes in western Iceland, a site from where we previously obtained a 2000-yr record based upon less precise sea-level indicators (salt-marsh foraminifera). The 20th century part of our record is corroborated by tide-gauge data from Reykjavik. Overall, the new reconstruction shows ca 0.6 m rise of relative sea level during the last four centuries, of which ca 0.2 m occurred during the 20th century. Low-amplitude and high-frequency sea-level variability is super-imposed on the pre-industrial long-term rising trend of 0.65 m per 1000 years. Most of the relative sea-level rise occurred in three distinct periods: AD 1620–1650, AD 1780–1850 and AD 1950–2000, with maximum rates of 3 ± 2 mm/yr during the latter two of these periods. Maximum rates were achieved at the end of large shifts (from negative to positive) of the winter North Atlantic Oscillation (NAO) Index as reconstructed from proxy data. Instrumental data demonstrate that a strong and sustained positive NAO (a deep Icelandic Low) generates setup on the west coast of Iceland resulting in rising sea levels. There is no strong evidence that the periods of rapid sea-level rise were caused by ocean mass changes, glacial isostatic adjustment or regional steric change. We suggest that wind forcing plays an important role in causing regional-scale coastal sea-level variability in the North Atlantic, not only on (multi-)annual timescales, but also on multi-decadal to centennial timescales.

Im arktischen Norwegen gibt es ein ganz seltsames Phänomen, das nichts mit dem Wind zu tun hat. Dort hat sich nach Ende der letzten Eiszeit und Schmelzen der skandinavischen Eismassen das Land stark gehoben. Ein Forscherteam um Robert Barnett hat im Januar 2015 in den Quaternary Science Reviews eine Meeresspiegelrekonstruktion für eine Lofoteninsel für die vergangenen 3300 Jahre vorgestellt. Sie fanden über den Zeitraum eine Meeresspiegelabsenkung von knapp einem Millimeter pro Jahr. Auf den Lofoten wird es wohl vorerst keine Klimaflüchtlinge geben. Hier die Kurzfassung der Arbeit:

Late Holocene sea-level change in Arctic Norway
Relative sea-level data from the pre-industrial era are required for validating geophysical models of glacio-isostatic adjustment as well as for testing models used to make sea-level predictions based on future climate change scenarios. We present the first late Holocene (past 3300 years) relative sea-level reconstruction for northwestern Norway based on investigations in South Hinnøya in the Vesterålen – Lofoton archipelago. Sea-level changes are reconstructed from analyses of salt-marsh and estuarine sediments and the micro-organisms (foraminifera and testate amoebae) preserved within. The ‘indicative meaning’ of the microfauna is established from their modern distributions. Records are dated by radiocarbon, 201Pb, 137Cs and chemostratigraphical analyses. Our results show a continuous relative sea-level decline of 0.7–0.9 mm yr−1for South Hinnøya during the late Holocene. The reconstruction extends the relative sea-level trend recorded by local tide gauge data which is only available for the past 25 years. Our reconstruction demonstrates that existing models of shoreline elevations and GIA overpredict sea-level positions during the late Holocene. We suggest that models might be adjusted in order to reconcile modelled and reconstructed sea-level changes and ultimately improve understanding of GIA in Fennoscandia.

In Schottland gibt es in abgeschwächter Form einen ähnlichen Trend. Natasha Barlow und Kollegen konnten im September 2014 in den Quaternary Science Reviews zeigen, dass der Meeresspiegel in Nordwest Schottland während der letzten 2000 Jahre allmählich mit 0,4 mm pro Jahr fiel. Insgesamt verzeichneten die Autoren jedoch eine ziemliche Stabilität. Hier die Kurzfassung:

Salt-marsh reconstructions of relative sea-level change in the North Atlantic during the last 2000 years
Sea-level changes record changes in the mass balance of ice sheets and mountain glaciers, as well as dynamic ocean–atmosphere processes. Unravelling the contribution of each of these mechanisms on Late Holocene timescales ideally requires observations from a number of sites on several coasts within one or more oceans. We present the first 2000 year-long continuous salt marsh-based reconstructions of relative sea-level (RSL) change from the eastern North Atlantic and uniquely from a slowly uplifting coastline. We develop three RSL histories from two sites in north west Scotland to test for regional changes in sea-level tendency (a positive tendency indicating an increase in the proximity of marine conditions and a negative tendency the reverse), whilst at the same time highlighting methodological issues, including the problems of dataset noise when applying transfer functions to fossil salt-marsh sequences. The records show that RSL has been stable (±0.4 m) during the last two millennia, and that the regional sea-level tendency has been negative throughout most of the record lengths. A recent switch in the biostratigraphy of all three records, indicating a regional positive tendency, means we cannot reject the hypothesis of a 20th century sea-level acceleration occurring in north west Scotland that must have exceeded the rate of background RSL fall (−0.4 mm yr−1), but this signal appears muted and later than recorded from the western North Atlantic.

Die Hebungsgeschichte der Ostsee ist ebenfalls hochinteressant. Hier haben sich Hebung und globaler Meeresspiegelanstieg immer wieder gegenseitig überholt, so dass es mehrere Wechsel von Verlandung und Überflutung in den letzten 10.000 Jahren gegeben hat. Siehe Zusammenfassungen von Meyer (2002) und Hillmann (2004).

Im Januar 2015 erschien eine Arbeit von Jens Morten Hansen, Troels Aagaard und Antoon Kuijpers online im Journal of Coastal Research. Die Gruppe fahndete nach Zyklen in der Meeresspiegelentwicklung in Nordsee und Ostsee. Dabei stießen sie auf Zyklen mit Perioden von 19, 60 und 75 Jahren, die sie mit Gezeitenzyklen des Mondes korrelierten. Hier der Abstract:

Sea-level forcing by synchronization of 56- and 74-year oscillations with the Moon’s nodal tide on the northwest European Shelf (eastern North Sea to central Baltic Sea)
The North Sea and Baltic Sea long-term records reveal a strong correlation (0.997) between sea-level changes and the sum of identified harmonic oscillations, corresponding to the lunar nodal period and four multiples of it. We developed a transparent method for iterative least residual sine regression that is capable of identifying harmonic sea-level oscillations, e.g., gravitational sea-level effects of the lunar nodal oscillation. Three relatively large harmonic sea-level oscillations with period lengths of 18.6 (18.6), 60.5 (55.8), and 76.1 (74.4) years correspond well to factors 1, 3, and 4 of the 18.6-year lunar nodal period (multiple periods in parentheses). The sum of these oscillations leaves small residuals that can be resolved into two further, statistically less significant oscillations with apparent period lengths of 28.1 (27.9) and 111.1 (111.7) years, corresponding to factors 1½ and 6 of the lunar nodal period. Periods and amplitudes expose strong entrainment, i.e. phase synchronization at rational ratios of the identified oscillations‘ periods as well as amplitude locking at reciprocal rational ratios of 1/2, 1/3, and 2/3 of the three largest oscillations. On top of the region’s general sea-level rise (1.18 mm/y), strong quasi-oscillations occur when the two largest oscillations are in phase. Thus, a large quasi-oscillation commenced in 1971 adding a 40-year sea-level rise of 1.0–1.2 mm/y to the region’s general sea-level rise. If our theory is correct, the ongoing quasi-oscillation should culminate in 2011, and the suggestion may be tested after completion of the ongoing 18.6-year nodal oscillation, i.e. in 2020–21. A purely mathematical extension of the oscillation parameters identified by the applied method suggests that the sum of harmonic oscillations produces 223-year pulses of quasi-oscillations, which can be divided into 158-year periods (e.g., 1747–1905 and after 1970) with large oscillations (60–65 mm), followed by 65-year periods (e.g., 1905–70) with much smaller oscillations (2–16 mm).

Aus Wales berichtete Spiegel Online im Februar 2014 über einen aus den Fluten auftauchenden Wald:

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University of Southampton: Erst 2020-2030 wird man wissen, ob sich der Meeresspiegelanstieg beschleunigt oder nicht. Mojib Latif: Modelle müssen natürliche Variabilität viel stärker berücksichtigen

Vorhersagen haben die Menschen schon seit jeher fasziniert. Der Blick in die Zukunft hat etwas Magisches. Das Orakel von Delphi, der Blick in die Kristallkugel auf dem Jahrmarkt, Kartenlegen: Die Fehlerquote ist zwar hoch, aber das scheint die Leute nicht davon abzuhalten, für windige Prognosen Geld auszugeben. Die Webseite ClimateChangePredictions.org hat sich zur Aufgabe gemacht, Vorhersagen zum Klimawandel aufzuzeichnen, um sie mit der realen Entwicklung abzugleichen. Ein schönes Beispiel ist der Anstieg des Meeresspiegels. Aktuell steigt das Meer um 2-3 mm pro Jahr, was bei gleichbleibendem Trend bis zum Ende des Jahrhunderts 25 cm ausmachen würde. Das hält jedoch einige …

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Die Sonne im Juni 2015: Neues Maunder-Minimum angekündigt. Droht eine Neuauflage der Kleinen Eiszeit?

Von Frank Bosse und Fritz Vahrenholt Ab dem 1. Juli 2015 zählt man offiziell die Sonnenflecken anders als bis zu diesem Monat. Aufgrund einer Arbeit eines Teams um Frédéric Clette und Leif Svalgaard und einer ganzen Reihe von internationalen Workshops zum Thema wurde die Version 2.0 der SSN (SunSpotNumber) – Erfassung veröffentlicht. Die alte (auch von uns verwendete) Reihe erhielt die Versionsnummer 1.0 und wird seit Juni 2015 nicht mehr aktuell erhoben. Sie steht als Vergleich jedoch archiviert zur Verfügung. Wir hatten ja nach Konsultation des Mitautoren Leif Svalgaard bereits in die „alte“ Version korrigierend eingegriffen, indem wir bei Vergleichen …

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Lange bevor der Mensch die Atmosphäre veränderte: Meeresspiegel stieg in den letzten 2000 Jahren zeitweise so schnell wie heute

Der Meeresspiegel steigt aktuell mit 2-3 mm pro Jahr. Die Anhänger des Klimakatastrophismus sind sich einig: Schuld an diesem Anstieg ist auf jeden Fall der Mensch, denn derart hohe Werte habe es in der Vergangenheit nicht gegeben. Aber sind die aktuellen Meeresspiegel-Anstiegsraten wirklich so einzigartig, wie sie immer dargestellt werden? Zwei kürzliche Studien zeigen, dass Skepsis angezeigt ist.

Angesichts der Tatsache, dass Küstenpegelmessungen nur gut 100 Jahre in die Vergangenheit zurückreichen, hat eine Forschergruppe um Thomas Cronin nun mit geologischen Methoden versucht, die Meeresspiegelgeschichte der US-Ostküste für die vergangenen 2000 Jahre zurück zu verfolgen. Dabei fanden sie etwas überaus Erstaunliches: Der Meeresspiegel unterlag bereits in vorindustrieller Zeit stets spürbaren Schwankungen im Zeitmaßstab von wenigen Jahrzehnten. Bislang gingen viele Kollegen davon aus, dass der Meeresspiegel der letzten Jahrtausende vor 1850 ziemlich konstant gewesen wäre. Ein Irrtum, wie sich jetzt herausstellte.

Cronin und Kollegen sehen hier einen deutlichen Zusammenhang mit atlantischen Ozeanzyklen, die den Meeresspiegel systematisch beeinflussten. Zur Zeit der Mittelalterlichen Wärmeperiode und Kleinen Eiszeit wurden interessanterweise ähnlich hohe Änderungsraten im Meeresspiegel erreicht wie heute. Der Artikel erschien im August 2014 im Fachblatt Paleoceanography. Anbei die Kurzfassung:

Late Holocene sea level variability and Atlantic Meridional Overturning Circulation
Pre-twentieth century sea level (SL) variability remains poorly understood due to limits of tide gauge records, low temporal resolution of tidal marsh records, and regional anomalies caused by dynamic ocean processes, notably multidecadal changes in Atlantic Meridional Overturning Circulation (AMOC). We examined SL and AMOC variability along the eastern United States over the last 2000 years, using a SL curve constructed from proxy sea surface temperature (SST) records from Chesapeake Bay, and twentieth century SL-sea surface temperature (SST) relations derived from tide gauges and instrumental SST. The SL curve shows multidecadal-scale variability (20–30 years) during the Medieval Climate Anomaly (MCA) and Little Ice Age (LIA), as well as the twentieth century. During these SL oscillations, short-term rates ranged from 2 to 4 mm yr−1, roughly similar to those of the last few decades. These oscillations likely represent internal modes of climate variability related to AMOC variability and originating at high latitudes, although the exact mechanisms remain unclear. Results imply that dynamic ocean changes, in addition to thermosteric, glacio-eustatic, or glacio-isostatic processes are an inherent part of SL variability in coastal regions, even during millennial-scale climate oscillations such as the MCA and LIA and should be factored into efforts that use tide gauges and tidal marsh sediments to understand global sea level rise.

Nur einen Monat später dann der zweite Paukenschlag. Im September 2014 erinnerte die University of Southampton in einer Pressemitteilung daran, dass der Meeresspiegelanstieg im Anschluss an die letzten 5 Eiszeiten enorme 50 mm pro Jahr betragen hat, also ein Anstieg fast 20 mal schneller als heute:

Study tracks global sea-levels over the last five ice ages
Land-ice decay at the end of the last five ice-ages caused global sea-levels to rise at rates of up to 5.5 metres per century
, according to a new study. An international team of researchers developed a 500,000-year record of sea-level variability, to provide the first account of how quickly sea-level changed during the last five ice-age cycles. The results, published in the latest issue of Nature Communications, also found that more than 100 smaller events of sea-level rise took place in between the five major events.

Dr Katharine Grant, from the Australian National University (ANU), Canberra, who led the study, says: “The really fast rates of sea-level rise typically seem to have happened at the end of periods with exceptionally large ice sheets, when there was two or more times more ice on the Earth than today. “Time periods with less than twice the modern global ice volume show almost no indications of sea-level rise faster than about 2 metres per century. Those with close to the modern amount of ice on Earth, show rates of up to 1 to 1.5 metres per century.”

Co-author Professor Eelco Rohling, of both the University of Southampton and ANU, explains that the study also sheds light on the timescales of change. He says: “For the first time, we have data from a sufficiently large set of events to systematically study the timescale over which ice-sheet responses developed from initial change to maximum retreat. This happened within 400 years for 68 per cent of all 120 cases considered, and within 1100 years for 95 per cent. In other words, once triggered, ice-sheet reduction (and therefore sea-level rise) kept accelerating relentlessly over periods of many centuries.”

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Was Klimamodelle bislang unberücksichtigt ließen: Bis zu einem Viertel des Meeresspiegelanstiegs geht auf Änderungen im Salzgehalt der Ozeane zurück

Seit mehr als hundert Jahren erstreckt sich ein Netz von Küstenpegeln über den Globus, an denen der Meeresspiegel gemessen wird. Die hier gewonnenen harten Daten spielen eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung des Meeresspiegelanstiegs. Da sich einige Küsten heben und andere senken, müssen entsprechende Vertikalbewegungen aus den Pegelwerten herauskorrigiert werden. Mithilfe von Satellitenmessungen (GPS) können diese heute ziemlich genau herauskorrigiert werden. Eine Forschergruppe um Guy Wöppelmann hat im März 2014 in den Geophysical Research Letters eine globale Revision aller GPS-korrigierten Küstenpegelmessungen für das 20. Jahrhundert durchgeführt. Das Ergebnis ist interessant: Während der Meeresspiegel auf der Nordhalbkugel um durchschnittlich 2,0 mm …

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Meeresspiegelanstieg bleibt hinter den Erwartungen zurück: Jetzt kann nur noch eine „Datenmassage“ helfen

Der Meeresspiegel steigt, das ist eine Tatsache. Eine große Überraschung ist dies jedoch nicht, denn der Meeresspiegel steigt nämlich schon seit 15.000 Jahren, seit Ende der letzten Eiszeit. Nun ist dieser Anstieg nicht gleichmäßig über die Zeit verteilt. In warmen Zeiten wie heute oder während der Mittelalterlichen Wärmeperiode steigt der Meeresspiegel schneller, in kalten Zeiten wie der Kleinen Eiszeit verlangsamt sich der Anstieg. In den letzten 23 Jahren, seit Beginn der Satellitenmessungen, stieg der Meeresspiegel mit gut 3 mm pro Jahr an (Abbildung 1). Eine Beschleunigung ist beim besten Willen nicht zu erkennen.

Abbildung 1: Meeresspiegelentwicklung während der vergangenen 22 Jahre auf Basis von Satellitenmessungen. Graphik: University of Colorado. Stand: 4. Mai 2015

 

Da wunderte die folgende Meldung vom 14. Januar 2015 im Standard dann doch etwas:

Anstieg des Meeresspiegels nimmt Fahrt auf
Im letzten Jahrhundert stiegen die Ozeane um 1,2 Millimeter pro Jahr, das ist weniger als gedacht – doch seither beschleunigte sich der Anstieg rasant
So viel ist gewiss: Das allmähliche Ansteigen des Meeresspiegels als Folge des Klimawandels ist schon lange keine bloße Theorie mehr. Bisherige Messungen ergeben für das vergangene Jahrhundert einen Anstieg von durchschnittlich 1,5 bis 1,8 Millimeter pro Jahr. US-Wissenschafter haben sich nun alle dazu verfügbaren Daten genauer angesehen und neue Berechnungen angestellt. Als Resultat verkündeten sie eine zumindest vordergründig gute Nachricht: Das Meeresniveau stieg vor der Jahrhundertwende weit weniger stark als gedacht. Nur für die vergangenen zwei Jahrzehnte konnten sie die bisher gültigen Annahmen bestätigen – und dies ist die schlechte Nachricht, denn damit hat der Anstieg des Meeresspiegels signifikant an Fahrt aufgenommen. „Unsere Untersuchung belegt klar eine höhere Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs“, erklärt Eric Morrow, Koautor der in der Fachzeitschrift „Nature“ erschienen Studie. „Offenbar ist dieses Problem größer als wir bisher angenommen hatten.“

Wieder einmal tappt eine Zeitung in die Falle. Hier werden ganz offensichtlich Äpfel mit Birnen verglichen. Während die Meeresspiegelwerte im 20. Jahrhundert zum allergrößten Teil von Küstenpegeln stammen, werden für die letzten zwei Jahrzehnte Satellitenmessungen verwendet. Diese sind jedoch nicht direkt vergleichbar, denn die Satellitenwerte fallen deutlich höher aus, als die noch immer weiter gemessenen Küstenpegelpegel. Es wird vermutet, dass der Korrekturfaktor bei den Satellitenmessungen zu hoch angesetzt ist (siehe auch Beitrag von Klaus-Eckart Puls auf EIKE). Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, haben die Autoren und Carling Hay und Eric Morrow zu allem Überfluss auch noch die historischen Messwerte des 20. Jahrhunderts künstlich nach unten gedrückt. Eine hochfragwürdige nachträgliche Datenmassage.

Der gleiche Fehler ist im März 2015 auch der TU Darmstadt unterlaufen. Die Kalte-Sonne-Redaktion hat die TU Darmstadt damals um eine Stellungnahme gebeten, die jedoch verweigert wurde. Dies ist unverständlich, wenn man bedenkt, dass die entsprechende Studie mit öffentlichen Geldern gefördert wurde und es die Verantwortlichen jetzt nicht einmal für notwendig halten, auf die Kritik fachlich einzugehen.

Die Diskrepanz zwischen Satelliten- und Küstenpegelmessungen wurde kürzlich wieder in einer Arbeit von Jevrejeva und Kollegen offenbar, die im Februar 2014 im Fachblatt Global and Planetary Change erschien. Die Gruppe wertete weltweite Küstenpegel aus und kam auf einen unbeschleunigten Anstieg von lediglich 1,8 mm pro Jahr für die vergangenen 40 Jahre, weit entfernt von den 3,3 mm pro Jahr der Satellitendaten.

Die fehlende Beschleunigung im Meeresspiegelanstieg der letzten 20 Jahre machte auch einem Team um Christopher Watson große Sorgen. So konnte es natürlich nicht bleiben. Wieder wurde das beliebte Verfahren nachträglicher Korrekturen angewandt und die gewünschte Beschleunigung herbeigezaubert. Das IPCC-nahe Fachblatt Nature Climate Change war hoch erfreut und publizierte im Mai 2015 die fragwürdige Datenveränderung nur zu gerne. Beim Lesen der Kurzfassung läuft einem ein kalter Schauer über den Rücken:

Unabated global mean sea-level rise over the satellite altimeter era
The rate of global mean sea-level (GMSL) rise has been suggested to be lower for the past decade compared with the preceding decade as a result of natural variability1, with an average rate of rise since 1993 of +3.2 ± 0.4 mm yr−1 (refs 2, 3). However, satellite-based GMSL estimates do not include an allowance for potential instrumental drifts (bias drift4, 5). Here, we report improved bias drift estimates for individual altimeter missions from a refined estimation approach that incorporates new Global Positioning System (GPS) estimates of vertical land movement (VLM). In contrast to previous results (for example, refs 6, 7), we identify significant non-zero systematic drifts that are satellite-specific, most notably affecting the first 6 years of the GMSL record. Applying the bias drift corrections has two implications. First, the GMSL rate (1993 to mid-2014) is systematically reduced to between +2.6 ± 0.4 mm yr−1 and +2.9 ± 0.4 mm yr−1, depending on the choice of VLM applied. These rates are in closer agreement with the rate derived from the sum of the observed contributions2, GMSL estimated from a comprehensive network of tide gauges with GPS-based VLM applied (updated from ref. 8) and reprocessed ERS-2/Envisat altimetry9. Second, in contrast to the previously reported slowing in the rate during the past two decades1, our corrected GMSL data set indicates an acceleration in sea-level rise (independent of the VLM used), which is of opposite sign to previous estimates and comparable to the accelerated loss of ice from Greenland and to recent projections2, 10, and larger than the twentieth-century acceleration2, 8, 10.

Wie würden Sie es finden, wenn ein Fußballspiel nach Ende der regulären Spielzeit 3:3 ausgeht, das Ergebnis aber nachträglich auf 3:1 „korrigiert“ wird. Gründe finden sich immer.

Den ersten Schritt hatte im März 2014 im selben Journal bereits ein Team um Anny Cazenave gemacht. Damals ging es darum, eine unbequeme Verlangsamung des Meeresspiegelanstiegs „wegzukorrgieren“. Gesagt, korrigiert, getan. Plötzlich war die Verlangsamung verschwunden:

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Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung: Schwarzhalstaucher und Großes Ochsenauge profitieren vom Klimawandel in Deutschland

Was lange Zeit nur hinter vorgehaltener Hand im Flüsterton ausgesprochen werden durfte, ist nun amtlich. Das Frankfurter Senckenberg Forschungszentrum erklärte am 16. Juni 2015 per Pressemitteilung, dass es durchaus auch Gewinner des Klimawandels in Deutschland gibt: ————————— PRESSEMITTEILUNG DER SENCKENBERG GESELLSCHAFT FÜR NATURFORSCHUNG Gewinner und Verlierer des Klimawandels in Deutschland Wissenschaftler des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums in Frankfurt haben in Zusammenarbeit mit weiteren Senckenberg-Standorten und deutschen Partnerinstitutionen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Häufigkeit verschiedener Tier- und Pflanzengruppen in Deutschland untersucht. Erstmals wurden dabei Bestandstrends von sehr unterschiedlichen Artengruppen miteinander verglichen. Dabei fanden sie heraus, dass Vögel, Schmetterlinge und …

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Klimawandel wird immer gefährlicher: Gibt es bald kein Bier mehr?

Schocknews am 10. Juni 2015 auf oe24.at: Klimawandel: Schock: Gibt es bald kein Bier mehr? […] Schoko-Fans zittern schon länger, aber jetzt steigt auch die Angst bei Bier-Liebhabern: durch den Klimawandel und die immer höheren Temperaturen könnte es bald kein Bier mehr auf der Welt geben. Weiterlesen auf oe24.at Das sollte nun aber auch den letzten Skeptiker überzeugen. Denn ohne Bier geht es wirklich nicht. Trotzdem wollen wir verstehen, weshalb das Bier knapp werden sollte. Die Grundzutaten von Bier sind Wasser, Malz und Hopfen. Beim Wasser ist es einfach: Eine wärmere Welt hat mehr Wasserdampf in der Atmosphäre, also regent …

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