In den Klimamodellen des Weltklimarats IPCC gibt es für die Temperaturentwicklung nur eine prognostizierte Richtung, nämlich einen strammen Anstieg. Auch Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) teilt diese Überzeugung und erklärte noch im November 2011 der Neuen Osnabrücker Zeitung:
„Die Erderwärmung schreitet weltweit ungebremst fort. Die Temperatur steigt zwischen 0,16 und 0,18 Grad Celsius pro Jahrzehnt.“
Die Qualität von Prognosen muss sich jedoch bekanntlich an den harten Daten der Realität beweisen. Einer der wichtigsten globalen Temperaturdatensätze stammt vom Hadley Centre des britischen meteorologischen Dienstes in Zusammenarbeit mit der Climate Research Unit (CRU) der University of East Anglia. Während das Hadley Centre für die Meeresoberflächentemperaturen zuständig ist, kümmert sich die CRU um die Temperaturen auf den Kontinenten. Zusammen geben sie den sogenannten HadCRUT-Datensatz heraus.
Vor kurzem kamen nun die neuen HadCRUT-Zahlen heraus, die bis August 2012 reichen. Was sich bereits in der Vergangenheit andeutete, bestätigte sich jetzt: Die globale Temperatur ist seit nunmehr 16 Jahren nicht mehr angestiegen (Abbildung 1). Eine ganz unerwartete Entwicklung, wenn man die selbstbewussten Erwärmungsvorhersagen des IPCC bedenkt.
Die Veröffentlichung der neuen Zahlen geschah ohne großen Medienrummel in aller Stille. Mit einiger Verzögerung griff nun die britische Daily Mail das Thema auf und berichtete über die unverhoffte Verlängerung des Temperaturplateaus. Unter anderem befragte die Zeitung auch Phil Jones, den derzeitigen Direktor der Climate Research Unit. Dieser bestätigte das Plateau und hielt es sogar für möglich, dass sich dieses noch weiter verlängert. Dies gelte aber nur für den Fall, dass sich in den kommenden Monaten im Pazifik nicht eine El Nino-Wetterlage ausbildet, die die globalen Temperaturen kurzfristig nach oben schnellen ließe. Auf die möglichen Gründe für die Abweichung der IPCC-Modelle angesprochen, sagte Jones:
„Wir verstehen noch immer nicht vollständig, wie wir Veränderungen in den Ozeanen [Ozeanzyklen] in den Modellen einzubeziehen haben. Und weil wir es noch nicht vollständig verstehen, könnte man sagen, dass die natürliche Variabilität momentan die Erwärmung unterdrückt. Wir wissen nicht, welche Rolle die natürliche Variabilität spielt.“
Im Jahr 2009 hatte Phil Jones einem Kollegen per email mitgeteilt, dass er sich erst Sorgen über die Qualität der IPCC-Klimamodelle machen würde, wenn der Erwärmungsstop mehr als 15 Jahre anhielte. Die Email gelangte damals im Rahmen des bekannten Climategate-Vorfalls an die Öffentlichkeit, bei dem unbekannte Hacker in den Server der Climate Research Unit eingedrungen waren. Die in der Email genannten 15 Jahre sind nun mittlerweile überschritten. Da wundert es dann schon, wenn Jones im Daily Mail Artikel seine persönliche Schmerzgrenze plötzlich auf 20 Jahre ausdehnt und behauptet, dass Phasen fehlender Erwärmung von 15-16 Jahren stets zu erwarten gewesen wären.
Die Klimawissenschaftlerin Judith Curry, Leiterin des Instituts für Erd und Klimawissenschaften an der Georgia Tech University, sieht die Lage noch etwas nüchterner. Im selben Artikel der Daily Mail erklärt sie:
„Die neuen Daten bestätigen die Existenz einer Pause in der globalen Erwärmung. […] Klimamodelle sind zwar sehr umfassend, jedoch sind sie noch immer unvollständig und nicht perfekt. Die natürliche Variabilität war in den letzten zwei Jahrzehnten stärker ausgeprägt als die Erwärmung durch Treibhausgase. Es wird immer klarer, dass wir bei der Zuordnung der Erwärmung seit 1980 und bei den Zukunftsprognosen die natürliche Variabilität als fundamental wichtigen Faktor viel mehr berücksichtigen müssen.“
Abbildung 1: HadCRUT-Temperaturdaten 1997 bis heute (rote Kurve). Die Trendlinie (grün) zeigt keinen signifikanten Anstieg. Das Temperaturplateau existiert seit nunmehr 16 Jahren. Quelle: Real Science basierend auf woodfortrees.