In den vergangenen Jahren haben wir immer wieder Gruselstories über den Amazonas Regenwald gehört. Der Klimawandel trockne den Regenwald aus, er hätte nur noch wenige Jahre zu leben, unzählige Arten würden aussterben und vieles mehr. Steht es wirklich so schlimm um die grüne Lunge am Amazonas? Wie würde es dem Amazonas Regenwald im Jahr 2100 ergehen, falls die Temperaturen der IPCC Hitzeszenarien Wirklichkeit werden sollten?
Eine neue im Dezember 2012 im Fachmagazin Ecology & Evolution erschienene Studie hat diese Frage untersucht und kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Der Amazonas Regenwald hat in der Vergangenheit ähnliche Warmperioden wie für 2100 vom IPCC prognostiziert gut überstanden, so dass ein massenhaftes Artensterben unwahrscheinlich ist. Hauptautor der Untersuchung ist Christopher Dick vom Department of Ecology and Evolutionary Biology an der University of Michigan in Ann Arbor.
Diese Ergebnisse wurden im März 2013 durch eine neue Publikation im Fachmagazin Nature Geoscience weiter erhärtet. Eine Forschergruppe um Chris Huntingford vom britischen Centre for Ecology and Hydrology in Wallingford fand, dass der Amazonas Regenwald auch unter Annahme der IPCC-Erwärmungsprognosen bis 2100 wohl nicht austrocknen wird, und dass der Regenwald viel toleranter und resistenter auf Temperaturanstiege reagiert als zuvor angenommen.
Bereits im Februar 2013 war eine Studie im Fachblatt Nature erschienen, in der eine Wissenschaftlergruppe um Peter Cox von der University of Exeter über neue Modellierungsergebnisse berichtet, die den Amazonas Regenwald als CO2-Senke über das gesamte 21. Jahrhundert hinweg identifiziert haben.
Vielleicht sollte der WWF allmählich seine Webseite auf den neuesten Forschungsstand bringen. Leider müssen wir dort noch immer folgende nun wissenschaftlich als abwegig einzustufende Schreckensszenarien lesen:
In 15 bis 20 Jahren könnte so über die Hälfte des Amazonasregenwaldes verschwinden oder vertrocknen und sich unwiederbringlich in ödes Buschland verwandeln – ein Prozess, den man als „Savannization“ oder „Verbuschung“ bezeichnet. Dies hätte verheerende Konsequenzen. Zehntausende von Tier- und Pflanzenarten würden ihren Lebensraum verlieren und schließlich aussterben. Die rund 300 indigenen Bevölkerungsgruppen, deren Lebensgrundlage der Regenwald ist, wären in ihrer Existenz bedroht.
Vielleicht hat einer unserer Leser einmal Lust, dem WWF hier mit den neuen Studienresultaten auszuhelfen. Anfragen nimmt WWF Deutschland gerne hier entgegen. Die wahre Gefahr scheint dem Amazonas Regenwald daher eher von ganz anderer Seite zu drohen, nämlich durch fragwürdige Maßnahmen zum Klimaschutz. Für Staudämme und als Folge des Anbaus von Biokraftstoffen werden stetig neue, große Flächen des Amazonas Regenwaldes abgeholzt. Kann dies noch im Sinne des Erfinders sein?
Worauf basiert bloß die fehlgegangene Einschätzung des WWF zum Amazonas? Die FAZ erinnerte am 20. März 2013 in einem lesenswerten und ungewohnt IPCC-kritischen Artikel mit dem Titel „Wer die Welt simuliert, hat die Wahrheit nicht gepachtet“ an die historischen Urheber der angeblichen Klimakatastrophe im Amazonas:
Was aber, wenn die Öffentlichkeit die Modellergebnisse genau so sehen will, wie es die Wissenschaftler zu vermeiden versuchen: als simulierte Realität? Oder schlimmer: Wenn die Wissenschafter selbst ihre Prognosen mit einer Selbstverständlichkeit vorgetragen haben wie vor viereinhalb Jahren vom führenden deutschen Klimaforscher, Hans-Joachim Schellnhuber, in dieser Zeitung: „Gelingt die Abgas-Trendwende bis 2020 nicht, dann dürfte eine Erderwärmung mit verheerenden Folgen, etwa dem Abschmelzen des Grönland-Eisschildes und dem Kollaps des Amazonas-Regenwaldes, kaum noch zu vermeiden sein.“ Bis 2080 könnte es zu einem „vollkommenen Zusammenbruch des Amazonasregenwaldes kommen“, schrieb der Potsdamer Klimaforscher in einem anderen Aufsatz über die neun „Kippelemente“ des Weltklimas, die er zusammen mit anderen Forschern definiert hatte. Die Versteppung eines Großteils des Amazonas war auch im vierten IPCC-Bericht eines der wahrscheinlicheren Szenarien. Vor zwei Jahren kam schließlich ein Manifest von 19 renommierten Klimaforschern heraus, in dem ist zu lesen: „Es gibt zahlreiche Belege aus den Messungen in den Wäldern, die zeigen, dass der Amazonas tatsächlich sehr empfindlich auf Trockenstress infolge der Erderwärmung reagiert.“
Die FAZ weist umsichtig auf die neuen Amazonas-Studien hin und identifiziert die Schellnhuberschen Regenwald-Katastrophenszenarien als das was sie in Wirklichkeit sind – nämlich (wörtlich FAZ:) „Makulatur.“