Als Anfang November 2020 der Wind einschlief

Die Berliner Zeitung hat die Aktivistin Carola Rackete reichlich unkritisch interviewt. Rackete schreibt gerade an einem Buch und geht davon aus, das die Jugendlichen von heute, die letzte Generation auf dieser Erde ist.

„Alles, was Sie besitzen passt in einen Rucksack, schreiben Sie. Ich musste sofort an das Armutsgelübde der Franziskaner denken. Was bedeutet der Verzicht für Sie?

Ich hab schon ein paar mehr Sachen, die liegen bei meinen Eltern. Aber wenn man viel unterwegs ist, ist es praktisch alles, in einem Rucksack unterzubringen. Es ist eine Gewohnheit in den Industrienationen, viel zu besitzen. Zwanzig T-Shirts, zwanzig Paar Schuhe. Wie krass zerstörerisch die Kleidungsindustrie ist, steht noch gar nicht so im Fokus. Und jede E-Mail, die wir nicht löschen, wird gespeichert und verbraucht dadurch Energie. Das ist den Menschen einfach nicht bewusst. Und sie haben die Konsequenzen nicht verstanden. Dass es irgendwann zu spät sein kann, selbst wenn man dann alles abstellt.“

Das gesamte Interview gibt es hier.

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Es hört sich fast zu schön an, um wahr zu sein. Das Fraunhofer Institut forscht an einem Akku, der Autos 1.000 bis 2.000 km weit bringen soll und zudem schneller aufzuladen sein. Das Magazin tn3 berichtet über diese Entwicklung. Es wäre allerdings nicht die erste Ankündigung eines Superakkus.

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Auf Twitter kann man sehr beunruhigende Bilder eines sich bewegenden Moores ansehen. Der Grund liegt offenbar in dem Bau von Windkraftanlagen in Irland in der Nähe von Donegal. Für die Gründung der Fundamente wurde das Moor ausgebaggert, mit dramatischen Folgen. In diesem Zusammenhang sei noch einmal an den Artikel Stream mir das Lied vom Klimatod erinnert. Leider einmal mehr eine Folge aus der Serie „Wir zerstören die Natur, um das Klima zu schützen“.

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Der SPIEGEL gibt Luisa Neubauer und Carola Rackete viel Platz für einen Gastbeitrag. In dem fordern die Aktivistinnen einmal mehr einen Systemwechsel, kündigen auch an, was sie sich darunter vorstellen, ohne dann allerdings konkret zu werden. In jedem Fall soll das System anders sein als jetzt.

„Wenn wir von Systemwandel sprechen, scheint es bei vielen anzufangen zu klingeln, da wird dann tief Luft geholt, Schnappatmung, „die wollen die DDR 2.0“ raunt es mit ausgestrecktem Zeigefinger in Ausrufezeichen schwimmend. Das ist logisch, für die meisten Menschen in dieser alternden Gesellschaft, in der Boomer überproportional vertreten sind, ist der Begriff Systemwandel synonym mit (fast) allem Schlechten im 20. Jahrhundert.

Was wir aber mit Systemwandel meinen, ist erst mal nichts anderes als die banale, rationale, ja bescheidene Feststellung: So geht es nicht weiter. Wir stehen vor einem Komplex an Krisen, nicht zuletzt auch an Krisen von Gerechtigkeit und Mitspracherecht. Und wer aus dieser Krise rauskommen will, muss sich von dem Gedanken verabschieden, dass das mit dem Standardrepertoire deutscher Krisenbewältigung (Investitionen und wirtschaftliche Aufträge) geht. Auch der Markt kann das Problem nicht lösen, sonst hätte er es längst getan.“

Der Aufhänger für den Artikel ist die Rodung des Danneröder Waldes, der für eine Autobahn Platz machen soll. Man kann den Damen den Protest durchaus abnehmen, allerdings sei dann doch die Frage gestattet, ob sie bei der Rodung von Wald für Windkraftanlagen auch so vehement agieren. Vermutlich nicht, denn man liest und hört nichts darüber.
Über gute und schlechte Bäume in den Augen von Aktivisten haben wir hier ja schon mal geschrieben.

Was bleibt nach dem Lesen des Beitrags? In erster Linie der Eindruck, dass die beiden der festen Meinung sind, es gäbe nur eine legitime Meinung, welche das ist, das ist nur unschwer zu erkennen. Es erinnert etwas an das Rezo-Video, der so ähnlich argumentiere. Das mag auch funktionieren in Ländern wie Nordkorea. Demokratien funktionieren aber anders. Politik wägt immer verschiedene Interessen ab, das hat sie auch im Falle der Autobahn und dem Wald gemacht. Dass dabei eine Seite mehr verliert oder es einen Kompromiss gibt, gehört zum Wesen der Sache. Für Interessen wird gestritten, aber keine Partei hat das Recht, dass ihre Interessen zu 100% durchgesetzt werden. Das ist nicht einmal bei dem Wald so, weil es für solche Vorhaben meist einen Ausgleich gibt. Vielleicht haben die beiden diese Erkenntnis noch vor sich, denn eine Ökodiktatur können sie doch hoffentlich nicht meinen?

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Anspruch und Wirklichkeit. Kaum ein Internetunternehmen, das energiehungrige Rechenzentren betreibt, hat es in den letzten Jahren versäumt medienwirksam zu erklären, dass man in Kürze komplett mit grünen Stromquellen betrieben wird. Auf Musictecpolicy geht man der Sache nach und siehe da, es ist anders als immer erklärt. Man könnte es auch als vorauseilendes Greenwashing bezeichnen.

In diesem Zusammenhang sei noch einmal an den Artikel Stream mir das Lied von Klimatod erinnert und auch an das Paradoxon, dass es die Generation Fridays For Future ist, die mit ihrem Internetkonsumverhalten dazu beiträgt, dass viel CO2 erzeugt wird. Tendenz weiter steigend.

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Das Bundesverfassungsgericht fällt ein aufsehenerregendes Urteil zum Atomausstieg. Die Tagesschau berichtete. Wahrscheinlich wird der Ausstieg aus der Kernenergie nun noch teurer als ohnehin schon erwartet. Interessant sicherlich auch, dass das Ministerium von Svenja Schulze die Prozesse innerhalb der EU, die EU-Recht betreffen, nicht kennt und eine Stellungnahme der EU als Genehmigung angesehen hat. Die WELT haut genau in diese Kerbe.

„Mit der Behauptung, die Erklärung aus Brüssel liege vor, ließ das Ministerium die Atomnovelle 2018 in Kraft treten. Heute stellt Karlsruhe fest: Die Angabe im Bundesgesetzblatt war schlicht unwahr. Eine verbindliche Genehmigung durch die EU hatte es nie gegeben.“

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Wie gefährlich sind die Rotoren im Demminer Land für Greifvögel? Das versucht der Nordkurier in einem Artikel zu beleuchten. Allerdings geht man dort dem Whataboutism der Wind-Energie-Branche auf den Leim. Die spielen das Äpfel-Birnen-Spiel in Perfektion und führen immer wieder durch Glasscheiben, Autoverkehr oder Katzen getötete Vögel als Gegenrechnung auf. Der Unterschied ist allerdings, dass es sich dabei fast immer um Garten- und Singvögel handelt, deren Population in der Regel nicht schwindet oder gefährdet ist.

Bei deutlich kleineren Populationen wie dem Seeadler machen die 55 in 2020 getöteten Tiere (laut Nordkurier) aber einen erheblichen Unterschied. Ganz davon abgesehen, dass Seeadler höchst selten gegen Fensterscheiben fliegen, von Autos erfasst werden oder Opfer von Katzen sind. Die bizarre Aufrechnung von Lobbyisten war hier im Blog schon mehr als einmal Thema.

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Der November 2020, der Monat in dem der Wind einschlief. Und in der Folge auch die Erzeugung von Strom aus Windkraft. Das Agorameter zeigt es mehr als deutlich. Erstaunlicherweise wird von dieser Entwicklung aber wenig Notiz genommen. Wird viel Strom aus Wind oder Sonne produziert, dann ploppen überall Erfolgsmeldungen hoch. Das war auch im Sommer 2020 so, als Deutschland sehr wenig Wind hatte. Die sogenannten Erneuerbaren Energien kamen auf Anteile von nur noch 20%. Wäre da nicht noch Biomassen, das Ergebnis wäre noch magerer ausgefallen.

Jeder, der auf dieser Säule seine Strategie für die zukünftige Stromversorgung bauen möchte, der möge einfach erklären, wie in solchen Zeiten die Stromversorgung in Zukunft sichergestellt werden soll. Noch kann Deutschland das selbst bewerkstelligen. Zukünftig werden mit Kohle und Kernenergie aber zwei Stromproduzenten wegfallen.

Der Anteil von Kohle und Kernenergie ist hier für den Zeitraum zu sehen:

Wir sprechen hier in der Spitze über 36 GW Leistung in dem Zeitraum, die Kohle und Kernenergie erbringen. Dem stehen gegenüber 4 GW durch Windstrom als Minimum, was faktisch bedeuten würde, man bräuchte 9 x mehr Windkraftanlagen an Land und auf See, um das bei gleichen Bedingungen zu erzeugen. Es wäre eine Nennleistung von etwa 450.000 MW bei Windstrom.

Nun ist es zweifelsohne nicht immer so windarm wie im November 2020. Weht also mehr Wind, dann entsteht das nächste Problem: Wohin dann mit dem überzähligen Strom? Im Zweifel hilft dann nur abregeln und die Anlagen stillstehen zu lassen. Das aber kostet viel Geld, bereits heute. Über Strommangel und Stromüberschuss haben wir hier bereits hingewiesen und auch, dass man das Geld deutlich besser einsetzen könnten und dennoch CO2 einsparen könnten. Björn Vortisch vom Energiedienstleister Enexion Group hat es in der Zeitschrift Capital bereits skizziert.

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Der Climate Think Tank Ember stellt auf seiner Webseite zahlreiche Prognosen über die Entwicklung der Stromerzeugung in Europa zur Verfügung. Man sollte sich immer vor Augen führen, dass solche Think Tanks in der Regel eine Agenda haben. Ob die erhobenen Daten und Prognosen also gut sind, muss jeder Betrachter selbst entscheiden. Bei den Projektionen für Kernenergie fehlt z. B. Polen komplett, obwohl es dort Pläne gibt. Zum Ansehen hier entlang.

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Das gleiche Ereignis, aber völlig unterschiedliche Reaktionen. Wenn Bäume gefällt werden sollen für den Autobahnbau oder den Braunkohletagebau, dann gehen Bilder durch die Medien von Demonstrationen. Wird wie im saarländischen Hütters ein Wald gerodet, weil dort Windkraftanalgen entstehen sollen, bleibt es sehr still, örtliche Bürgerinitiative ausgenommen. In beiden Fällen verschwinden wichtige CO2 Senken und Lebensräume. Die Saarbrücker Zeitung hat einen Artikel dazu, der hinter einer Bezahlschranke steht.

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