Alle Jahre wieder

Man kann die Uhr danach stellen. Jedes Jahr ab November bekommt jeder Besucher bei Wikipedia einen Spendenaufruf sehr prominent angezeigt, wenn die Seite des Mitmachlexikons aufgerufen wird. Das war auch im November 2020 nicht anders. Der Benutzer hat den Eindruck, dass den Betreibern das Geld ausgeht und die Seite in Kürze geschlossen werden muss, sollte das Spendenziel nicht erreicht werden.

Das ist aber keinesfalls so. Für den Betrieb der deutschen Abteilung wird gemessen am Spendenaufkommen relativ wenig verbraucht. Der Großteil des Geldes wandert in die USA und kommt auf einen großen Haufen, mit dem sich Wikipedia weltweit mehrere Jahre locker finanzieren könnte. Erstaunlich, wie das zur Absetzbarkeit von Spenden in Deutschland passt, aber irgendwie scheint es ja zu funktionieren oder das zuständige Finanzamt weiß es möglicherweise gar nicht?

Der Geldberg bzw. die Assets wachsen von Jahr zu Jahr. Wer es sich etwas genauer ansehen möchte, der kann sich die Berichte dazu hier ansehen. Vermögenswerte von 170 Millionen Dollar nötigen einem schon einen gewissen Respekt ab. Und dieser Betrag wächst seit Jahren. Dennoch bittet Wikipedia um weitere Spenden. Eigenartig. Nun ist Wikipedia aber keine neutrale Mitmach-Aktion, auch wenn man sich gern den Anschein gibt. Im Bereich Klima war das Verhalten der Autoren schon mehrfach Gegenstand diverser Meldungen. Sogenannte Edit-Wars sind an der Tagesordnung.

Wikipedia wird massiv für bestimmte Agenden benutzt. Das ist nicht nur beim Thema Klima so. Und, Wikipedia ist politisch unterwegs. Als die Urheberrechtsdebatte in 2018/2019 in der EU hochkochte, schaltete Wikipedia sich aufmerksamkeitsstark ab. Allerdings nur die Webversion, die mobile Version war unterbrechungsfrei verfügbar. Wie sonst hätten die vielen Referate von Schülern bewerkstelligt werden sollen, denn andere Quellen scheint es ja nicht zu geben?

Zum Schluss daher ein kleiner TV-Tipp. Auf Arte läuft in Kürze eine Dokumentation über Wikipedia. „Das Wikipedia Versprechen – 20 Jahre Wissen für alle?“ Einen ersten Trailer gibt es schon zu sehen. Er lässt noch keine Schlüsse zu, ob die Dokumentation sich tatsächlich kritisch mit der Plattform auseinandersetzt. Aber, keine Sorge, natürlich wird es eine Meldung nach der Veröffentlichung der Dokumentation in diesem Blog geben. Eines lässt sich aber jetzt schon sagen, Wissen wird an ganz anderen Stellen geschöpft, nicht bei Wikipedia. Leider werden Informationen und Wissen immer noch verwechselt.

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Silvesterwetter:

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Wenn man Modelle an die Beobachtungen anpasst, dann werden sie zahmer. In einer Arbeit von O’Reilly et al. 2020 werden 2 Klimamodelle für Europa mit den realen Beobachtungen im recht langen Zeitraum 1920-2016 kalibriert. Abb. 7 im Paper zeigt das Ergebnis für Nord/Mittel/ Südeuropa für die Sommertemperaturen. Die unkalibrierten Läufe zeigen für Mitteleuropa nahezu 5°C Erwärmung, die kalibrierten nur 3°C in 2060 gegenüber 1990. Das sind 2°C weniger. In Nordeuropa ist die Diskrepanz mit nahezu 3°C noch höher. Die Arbeit stellt auch „a general increase in the uncertainty“ nach dem Kalibrieren fest, was nicht allzu verwundern sollte: Wenn eigentlich zu empfindliche Modelle in die Beobachtungen „gepresst“ werden, wollen sie später umso mehr ausschlagen. Dass alle Rechnungen für den (später unrealistisch hohen) RCP 8.5 ausgeführt wurden, sei nur am Rande erwähnt.

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Gemeinsame Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Chemie und der Universität Princeton vom 11.12.2020:

Den Ursachen von Eiszeiten auf der Spur

Winzige Ozeanfossilien verdeutlichen die Rolle des Ozeans bei früheren Veränderungen der Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre

Während der letzten Eiszeiten waren die Kohlendioxid-Konzentrationen in der Atmosphäre niedriger als in der übrigen Zeit. Die Ursache dafür war bisher jedoch unklar. Nun haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie (MPIC) in Mainz und der Universität Princeton in New Jersey Hinweise dafür gefunden: Sie zeigen, dass sich der Aufstieg von Tiefenwasser im Antarktischen Ozean während der Eiszeiten abgeschwächt hat, was wiederum dazu geführt hat, dass mehr des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in der Tiefsee zurückgehalten wurde. Die Studie, die in der Zeitschrift Science veröffentlicht wurde, hilft, den Klimazyklus zwischen den Eis- und Warmzeiten besser zu verstehen. Sie deutet aber auch darauf hin, dass sich der Tiefenwasseraufstieg infolge der globalen Erwärmung verstärken wird. Als Folge würden sich die Konzentration des atmosphärischen CO2, das globale Klima und die Ökosysteme der Ozeane verändern.

Die letzten Millionen Jahre der Erdgeschichte waren von häufigen glazial-interglazial-Zyklen (Eiszeit-Warmzeit-Zyklen) geprägt. Die großen Klimaschwankungen waren mit dem Wachstum und Schrumpfen massiver, kontinentübergreifender Eisdecken verbunden. Ursache für die Entstehung der Eiszeiten sind Schwankungen in der Erdumlaufbahn um die Sonne. Sie reichen jedoch nicht aus, um eine so große klimatische Veränderung zu erklären, weshalb es einen Rückkopplungsmechanismus innerhalb des Klimasystems braucht, der diese Schwankungen verstärkt. In den 1970er Jahren haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die atmosphärische Konzentration des Treibhausgases CO2 während Eiszeiten um etwa 30 Prozent geringer ist. Deshalb geht man davon aus, dass die CO2 Konzentration in der Atmosphäre der Verstärker dieser Klimazyklen ist. Es gab Hinweise darauf, dass das CO2 während Eiszeiten im Tiefenwasser der Ozeane gespeichert ist, der Grund dafür war jedoch unklar.

Ein internationales Wissenschaftlerteam des Max-Planck-Instituts für Chemie (MPIC) und der Universität Princeton hat nun herausgefunden, dass Veränderungen im Oberflächenwasser des antarktischen Ozeans dazu führten, dass mehr CO2 in der Tiefsee gespeichert wurde. Mithilfe von Sedimentkernen aus dem Antarktischen Ozean erstellten die Forscher detaillierte Datensätze über die chemische Zusammensetzung von organischem Material, das in den Fossilien von Kieselalgen eingeschlossen wurde. In einer Studie, die in der Dezember-Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift Science erschienen ist, zeigen sie, dass es zu einer systematischen Verringerung des windgetriebenen Tiefenwasseraufstiegs im Antarktischen Ozean während der Eiszeiten kam.

„Die Ursache der Eiszeiten ist eines der großen ungelösten Probleme in den Geowissenschaften“, sagt Daniel Sigman, Dusenbury-Professor für geologische und geophysikalische Wissenschaften an der Universität Princeton. „Wenn wir dieses Klimaphänomen erklären können, werden wir zukünftige Klimaveränderungen besser vorhersagen können.“

Die Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie und der Universität Princeton entwickelten einen neuen Ansatz, bei dem Diatomeen (Kieselalgen) untersucht werden. Die winzigen Algen wachsen unter anderem in den Oberflächengewässern der Antarktis. Ihre Schalen lagern sich im Tiefseesediment ab und abhängig von der Menge an ungenutztem Stickstoff im Oberflächenwasser variieren die Stickstoff-Isotopenverhältnisse der in den Mineralwänden dieser Fossilien eingeschlossenen organischen Spurenstoffe. Dies nutzte das Princeton-MPIC-Team, um die Entwicklung der Stickstoffkonzentrationen in den antarktischen Oberflächengewässern in den letzten 150.000 Jahren über zwei Eiszeiten und zwei Warmzeiten aufzuzeigen.

„Die Analyse der in den Kieselalgenfossilien eingeschlossenen Stickstoffisotope zeigt die Stickstoffkonzentration im Oberflächenwasser in der Vergangenheit“, erklärt Ellen Ai, Erstautorin der Studie und Princeton-Absolventin, die mit Sigman und den Gruppen von Alfredo Martínez-García und Gerald Haug am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz zusammenarbeitet. „Tiefseewasser weist hohe Konzentrationen von Stickstoff auf, auf den das Plankton angewiesen ist. Je stärker der Auftrieb in der Antarktis ist, desto höher ist die Stickstoffkonzentration im Oberflächenwasser.“

Neue Methoden angewendet

Durch einen neuen Ansatz zur Datierung der antarktischen Sedimente wurden die Daten noch aussagekräftiger. So wurde die Temperaturveränderung des Oberflächenwassers in den Sedimentkernen rekonstruiert und mit den Aufzeichnungen der Lufttemperatur der antarktischen Eiskerne verglichen.

„Diese neue Methode ermöglichte es uns, den Kieselalgen-Stickstoff-Datensatz mit gleichzeitigen Klima- und Ozeanveränderungen aus der ganzen Welt in Verbindung zu bringen“, erklärt Alfredo Martínez-García, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie. „Damit sind wir jetzt in der Lage, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem der Aufstieg des Tiefenwassers abklingt und das Klima beginnt, sich abzukühlen. Wir können zudem die Veränderungen des Tiefenwasseraufstiegs in der Antarktis mit den schnellen Klimaschwankungen während der Eiszeiten in Verbindung bringen.“

Kann das Rätsel der Eiszeiten gelöst werden?

Die neuen Erkenntnisse erlaubten es den Forschern auch zu entschlüsseln, wie die Veränderungen des antarktischen Auftriebs und des atmosphärischen CO2 mit den orbitalen Auslösern der Eiszeit-Zyklen zusammenhängen. Dies hilft, den Ursprung der Eiszeiten besser zu verstehen.

„Unsere Entdeckungen zeigen, dass die durch den Tiefenwasseraufstieg verursachte atmosphärische CO2-Änderung zwar zentral für die Eiszeit-Zyklen war, aber nicht in der Art und Weise, wie viele von uns angenommen hatten“, fasst Daniel Sigman zusammen. „Anstatt zum Beispiel den Übergang von einer Warmzeit in die Eiszeit zu beschleunigen, verursachte der antarktische Auftrieb CO2-Veränderungen, die die Warmzeit verlängerten.“

Die Ergebnisse der Studie helfen auch bei Vorhersagen, wie der Ozean auf die globale Erwärmung reagieren wird. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich die Atmosphäre und der Antarktische Ozean im kommenden Jahrhundert stark verändern werden“, schätzt Erstautorin Ellen Ai. „Dadurch, dass sich der windgetriebene Tiefenwasseraufstieg im Antarktischen Ozean während der vergangenen Warmzeiten deutlich verstärkt hat, lässt sich vermuten, dass sich der Auftrieb auch unter der globalen Erwärmung verstärken wird. Dies wird sich auf die biologischen Bedingungen im antarktischen Ozean und das Eis auswirken.

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Pressemitteilung der Uni Mainz vom 10.12.2020:

Globale Niederschlagsveränderungen infolge des Klimawandels zu erwarten

Änderung der Temperaturunterschiede zwischen Tropen und polaren Regionen ist zentrales Steuerelement der atmosphärischen Zirkulation und in der Folge Ursache regionaler Klimaveränderungen

Das Klimasystem der Erde wird ganz wesentlich von den Temperaturunterschieden zwischen den Tropen und den Polen bestimmt. Die Erderwärmung dürfte zur Folge haben, dass sich die atmosphärische Zirkulation global verändert und sich nach und nach ein ähnlicher Modus wie vor 5.000 bis 10.000 Jahren einstellt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die unter der Leitung von Dr. Michael Deininger erstellt und in Nature Communications veröffentlicht wurde.

Deininger, Mitarbeiter am Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), ging der Frage nach, wie sich regionale Klimasysteme seit Beginn der jetzigen Warmzeit vor gut 10.000 Jahren verändert haben und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind. Dazu hat der Paläoklimatologe Niederschlagszeitreihen von verschiedenen Klimaarchiven herangezogen. „So konnten wir die Sommerniederschläge in den Monsungebieten in Afrika und Südamerika präzise rekonstruieren und diese mit Niederschlagsveränderungen in den nördlichen Breiten vergleichen und sie zu Temperaturveränderungen in Relation setzen“, erklärt Deininger. An der Studie waren auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Australien, Brasilien, Mexico, Irland, Österreich und Südafrika beteiligt.

Entwicklung regionaler Niederschläge ist während 10.000 Jahren synchron verlaufen

Durch die unterschiedlich starke Erwärmung der Erde am Äquator und an den Polen infolge der Verteilung der Sonneneinstrahlung kommt es zu einem Temperaturgefälle, das vereinfacht gesagt dazu führt, dass die atmosphärische Zirkulation Energie in Richtung der Pole transportiert. Veränderungen dieses Temperaturunterschieds durch Variationen der Sonneneinstrahlung beeinflussen im Gegenzug die atmosphärische Zirkulation und in weiterer Folge regionale Niederschlagsmuster.

Wie die neue Studie nun zeigt, hat sich das regionale Niederschlagsgeschehen in den nördlichen Breiten, Afrika und Südamerika während der vergangenen 10.000 Jahre praktisch synchron verändert. „Wir behaupten, dass diese regionalen Klimaveränderungen zusammenhängen und dass sie hauptsächlich durch die Veränderungen der solaren Einstrahlung und den damit einhergehenden Temperaturunterschieden zwischen den Tropen und polaren Regionen verursacht wurden“, so Deininger.

Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen

Die an der Studie beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hat insbesondere die Frage angetrieben, ob man aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen kann. Durch die aktuelle globale Erwärmung der Erde verringert sich das Temperaturgefälle zwischen dem Äquator und den Polen – vor allem weil sich die Erwärmung an den Polen besonders stark auswirkt. Dies kann die Westwinde in den mittleren Breiten der Nordhalbkugel abschwächen, einen schwächeren südamerikanischen Monsun und einen stärkeren afrikanischen Monsun bewirken, während gleichzeitig die Niederschläge in der Sommerregenzone Südostafrikas zurückgehen. In der Folge werden sich regionale Niederschlagsmuster verändern und können so Wasserknappheit auf der einen Seite und Überschwemmungen auf der anderen Seite verursachen. „Wir müssen“, so das Fazit des Paläoklimatologen Michael Deininger, „die Änderung der Temperaturdifferenz als zentrales Steuerelement des Klimasystems künftig mehr in Betracht ziehen.“

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Wir wünschen allen Lesern einen guten Rutsch ins neue Jahr! In 2021 wird alles besser, versprochen!

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