Fritz Vahrenholts Sonnenkolumne 9/17: Der Rückgang des arktischen Meereises kommt zum Erliegen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Seit November 2012, seit ich diese monatlichen Newsletter schreibe, hat es das noch nicht gegeben: die Sonne war im September tatsächlich ein wenig aktiver als der Mittelwert für diesen Zyklusmonat aller bisher systematisch beobachteten Zyklen
seit 1755 ! Die festgestellte Fleckenanzahl (SunSpotNumber, SSN) betrug 43,6, das sind 14% mehr als üblich für den Monat. Besonders bis zum 10. des Monats waren sehr viele Flecken und mächtige Sonneneruptionen zu beobachten.
Doch der September ist eher ein Ausrutscher, denn der Oktober wird wieder das gewohnte Bild zeigen: deutlich unterdurchschnittliche  Sonnenaktivität wie schon seit neun Jahren, Monat für Monat.

Auf unser Klima wirkt neben der Sonnenaktivität eine Vielzahl von Parametern, darunter die Ozeanzyklen und anthropogene Treibhausgase wie CO2. Dass es wissenschaftlich und politisch geboten ist, die natürlichen Parameter wie Sonnenaktivität und Ozeanzyklen nicht aus den Augen zu verlieren, zeigt die Entwicklung des arktischen Meereises. Der September ist in jedem Jahr der Monat mit der geringsten Eisbedeckung in der Arktis, die Schmelzsaison geht zu Ende. Die Wintersaison 2016/17 war sehr warm in der Arktis, der eine oder andere Alarm wurde ausgerufen. Greenpeace prophezeite wieder einmal die eisfreie Arktis („Wenn das ewige Eis schmilzt“).

Doch wie aus den Abbildungen in unsrem Blogartikel erkennbar ist, hat sich die Ausdehnung des Meereises wieder stabilisiert und ist sogar gegenüber 2012 um 1,3 Mio. km² gewachsen, wenngleich es immer noch 1 Mio. km² unter dem langjährigen Durchschnitt liegt. Viel war in der Vergangenheit von der „arktischen Todesspirale“ zu lesen. Ein oft benutztes Argument für den schnellen „Eis-Tod“ im  arktischen Sommer ist der „Eis-Albedo-Effekt“: Verringert sich das gut reflektierende helle Meereis erst einmal, trifft die im Sommer sehr intensive Sonneneinstrahlung ( sie wirkt dann 24h am Tag) auf viel dunklere Meeresoberflächen, die dann diese Energie aufnehmen und damit noch mehr Eis schmelzen lassen kann. Eine unaufhaltbare positive Rückkopplung ?
Im Juni 2017 erschien eine interessante Zusammenfassung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Thema. Dort wird von Dirk Notz vom Hamburger Max-Planck- Institut für Meteorologie klargestellt, dass der positive Eis-Albedo-Effekt von negativen Rückkopplungen überlagert wird.

Als wichtigsten Grund für eine stabilere Eis-Zukunft in der Arktis nennt Notz : Der offene Ozean entlässt im Winter sehr viel mehr Wärme als über einer geschlossenen Eisdecke. Wohlgemerkt: die Arktis wird auch durch einen menschlichen Einfluss auf die globalen Temperaturen, der von uns nie bestritten wurde, tendenziell wärmer als der Rest des Planeten. Nur interagieren auch hier natürliche Einflüsse, die man bisher nicht genug berücksichtigte.

So erschien in „Science“ im  April 2017 eine vielbeachtete Arbeit , die dem Einströmen von nordatlantischen Wässern eine große Bedeutung für die Arktis zuweist. Im Nordatlantik jedoch wirkt eine multidekadische Variabilität (AMO, vergleiche unsere Artikel zum Thema) sehr ausgeprägt und die ist bis heute kaum durch Modelle wiederzugeben. Die Studie von Thomas Delworth zeigt, dass bis 2020 mit einer Abschwächung des atlantischen AMOC-Ozeanzyklus zu rechnen ist, was zu einer “gedämpften Erwärmung” auf der Nordhalbkugel führen wird.  Da sich auch die Sonnenaktvität in den kommenden Jahrzehnten abschwächt und das CO2  eine sehr viel geringere Erwärmungswirkung besitzt als lange angenommen, könnte es zu einer Umkehrung des Trends des Rückgangs des Meereises in der Arktis kommen. Gut möglich also , dass solche Meldungen über eine unerwartete Stagnation oder gar Abkühlung noch in dieser Legislaturperiode auf uns zukommen.

Das sollte auch die Jamaikaner in Berlin interessieren. Denn im Augenblick wird ja jeder, der zwischen natürlichen Wetter- und Klimaereignissen und der globalen Erwärmung zu unterscheiden weiss, wie die FDP-Spitze es zu Recht tut, von den Grünen mit der Keule des Klimaleugners angegriffen. Diejenigen , die differenzieren, werden von der grünen Fraktionsvorsitzenden Göring-Eckhardt stigmatisiert : „Die FDP stilisiert sich immer mehr zum Klimaleugner und macht sich die Positionen der AFD zu eigen.“ Lindner wird aufgefordert sich von wissenschaftsfeindlichen Äußerungen zu distanzieren. Die Arktis wird uns am Ende der Legislatur Aufklärung geben, wer näher an wissenschaftlichen Tatsachen orientiert ist. Wie schön, dass die Natur sich von Diffamierungen nicht beeindrucken lässt. Wer übrigens einige meiner bislang 60  Kolumnen nachlesen will, hier sind sie von nun an gespeichert.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Fritz Vahrenholt

 

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