Neue Studie der Durham University verweist Rahmstorfs Sintflutszenarien für North Carolina in das Reich der Fabeln

Vor einigen Jahren reiste der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf durch die Salzwiesen North Carolinas an der Ostküste der USA. Gemeinsam mit einigen Gleichgesinnten wollte er dort das Geheimnis des Meeresspiegels ein und für allemal klären. Und er fand Ungeheuerliches: Aus den Kalkschalen von Einzellern las die Rahmstorf-Gruppe heraus, dass der weltweite Meeresspiegel heute schneller als je zuvor in den letzten zweitausend Jahren ansteigt. Ein großer Tag für die Unterstützer der Klimakatastrophe. Kurz darauf herrschte aber Katerstimmung. Fachkollegen konnten Rahmstorfs Behauptung nicht nachvollziehen. North Carolina eignet sich nämlich gar nicht als Stellvertreter für die weltweite Meeresspiegelentwicklung. Der Meeresspiegel großer Teile der US-Ostküste ist global nicht repräsentativ. Die Anstiegsrate in anderen Teilen der Erde ist viel geringer.

Auch die politische Führung North Carolinas reagierte prompt und entschied, dass die von Rahmstorf vermutete enorme Steigerung des Meeresspiegels selbst für North Carolina nicht plausibel ist und daher in Planungen nicht zu berücksichtigen sei (siehe unseren Blogartikel „Senat von North Carolina erteilt Rahmstorfs beschleunigtem Meeresspiegel eine Absage“). Bereits in den Vorjahren hatte es in Fachkreisen Kritik an den überzogenen Prognosen des Potsdamers gegeben, so zum Beispiel anlässlich einer Analyse einer Arbeit von Vermeer und Rahmstorf aus dem Jahr 2009 auf Climate Sanity.

Die Rahmstorf-Truppe stellte auf stur. Sie blieben bei ihrer fragwürdigen Darstellung und hoffte offenbar, das eine oder andere Paper bei IPCC-freundlichen Journalen unterzubringen. Im Juli 2012 schickten Rahmstorf und Kollegen ein weiteres Manuskript zu den Salzwiesen in North Carolina auf die Reise durch die wissenschaftliche Begutachtung. Das Paper ging jedoch im Kugelhagel der Gutachterkritik schnell unter und schaffte es nicht durch das Reviewsystem (siehe unseren Beitrag „Fachzeitschrift ‘Climate of the Past’ lehnt Meeresspiegel-Manuskript von Rahmstorf-Gruppe ab: Gutachter finden fundamentale Fehler in der Methodik“).

Wie steht es nun wirklich um den Meeresspiegel in North Carolina? Ein Forscherteam um Matthew Brain von der britischen Durham University begab sich erneut in die Salzwiesen, um das Meeresspiegelrätsel zu lösen. Nun liegen die Ergebnisse vor, die im Januar 2015 im Fachblatt Quaternary Research publiziert wurden. Das Resultat des Brain-Teams unterscheidet sich dabei grundlegend von Rahmstorfs Vorstellungen: Laut den neuen Daten stieg der Meeresspiegel in North Carolina seit Ende der Kleinen Eiszeit 1845 um unspektakuläre 1,7 mm pro Jahr an. Dieser Anstieg vollzog sich ab 1900 relativ konstant, ohne Anzeichen für eine weitere Beschleunigung nach der initialen Anlaufphase (Abbildung 1). Hier der Abstract der Studie:

Quantifying the contribution of sediment compaction to late Holocene salt-marsh sea-level reconstructions, North Carolina, USA
Salt-marsh sediments provide accurate and precise reconstructions of late Holocene relative sea-level changes. However, compaction of salt-marsh stratigraphies can cause post-depositional lowering (PDL) of the samples used to reconstruct sea level, creating an estimation of former sea level that is too low and a rate of rise that is too great. We estimated the contribution of compaction to late Holocene sea-level trends reconstructed at Tump Point, North Carolina, USA. We used a geotechnical model that was empirically calibrated by performing tests on surface sediments from modern depositional environments analogous to those encountered in the sediment core. The model generated depth-specific estimates of PDL, allowing samples to be returned to their depositional altitudes. After removing an estimate of land-level change, error-in-variables changepoint analysis of the decompacted and original sea-level reconstructions identified three trends. Compaction did not generate artificial sea-level trends and cannot be invoked as a causal mechanism for the features in the Tump Point record. The maximum relative contribution of compaction to reconstructed sea-level change was 12%. The decompacted sea-level record shows 1.71 mm yr− 1 of rise since AD 1845.

Wenn man sich die Meeresspiegelkurve in Abbildung 1 näher anschaut, fällt auch ein interessanter Abfall des Meeresspiegels im 17. Jahrhundert zur Zeit der Kleinen Eiszeit auf. Dies könnte mit dem verstärkten Eisaufbau in den Polar- und Gletschergebieten während dieser natürlichen Kälteperiode zu tun haben.

 

Abbildung 1: Meeresspiegelentwicklung an der Küste North Carolinas während der vergangenen 1000 Jahre. Quelle: Brain et al. 2015.

 

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