Waldbrände und Klimawandel: Eine Analyse mit überraschendem Ergebnis

Medien und Wissenschaft diskutieren immer wieder, inwieweit der menschengemachte Klimawandel bereits einen Einfluss auf die Entwicklung der globalen Waldbrandaktivitäten ausübt und ob in der Zukunft mehr Waldbrände zu befürchten sind. Neben schwer belegbaren Vermutungen, ideologischen Überzeugungen und fragwürdigen Modellierungen gibt es jedoch auch ernsthafte wissenschaftliche Bemühungen, um den Zusammenhang zwischen Klima und Bränden aufzuklären. Hierzu gehört die ergebnisoffene Suche nach den wirklichen, möglicherweise komplexen Ursachen der einzelnen Brände sowie historisch-geologische Betrachtungen über längere Zeiträume, die auch in die vorindustrielle Phase hineinreichen.

Eines ist klar. Waldbrände hat es zu allen Zeiten gegeben. Eine Übersicht der weltweit größten Brände der letzten 150 Jahre hat Christopher Burt auf wunderground.com zusammengestellt. Längerfristige Dürre und Hitze schaffen in der Regel die Grundvoraussetzung für die Entstehung von Waldbränden. Jedoch sind eine Reihe weiterer Faktoren an der Entstehung von Bränden beteiligt, die bei der Suche nach den Ursachen der Feuer unbedingt berücksichtigt werden müssen. Im Sommer 2012 berichtete die Wissenschaftssendung nano auf 3SAT:

WWF: Waldbrände häufig von Menschen verursacht
Die verheerenden Feuer in den Wäldern Südeuropas sind nach Angaben des Umweltorganisation „World Wide Fund for Nature“ (WWF) nahezu immer von Menschen ausgelöst worden. Zwar begünstige die extreme Hitze die Feuer im Mittelmeerraum, sagte WWF-Waldexperte Philipp Göltenboth im August 2012. Von Portugal bis Griechenland zeige sich aber, dass 96 Prozent aller Feuer von unachtsamen Menschen verursacht würden. Glasscherben von weggeworfenen Flaschen, die wie Brenngläser wirken, Zigarettenstummel oder außer Kontrolle geratene Feuer auf Feldern zählten zu den häufigsten Brandursachen. In Italien zündelten Brandstifter häufig im Auftrag krimineller Bodenspekulanten.

Wer hätte das gedacht: Brandstiftung – absichtlich oder fahrlässig – ist heutzutage offenbar eines der Hauptprobleme. Hierzu gehören auch Brandrodungen, die außer Kontrolle geraten. Spiegel Online schrieb hierzu am 20. Juni 2013: 

Waldbrände in Indonesien: Singapur fordert Stopp der illegalen Rodungen
In Indonesien brennen wieder einmal die Wälder, die gesamte Region leidet unter dem Smog. In Singapur erreichte die Luftverschmutzung Höchstwerte. […] Viele Brände werden Umweltorganisationen zufolge absichtlich von Plantagenbesitzern gelegt, die Land roden wollen.

Wie bereits im gestrigen Blogbeitrag erwähnt, trägt auch die menschengemachte Unterdrückung natürlicher Waldbrände zur Erhöhung des Brandrisikos bei. Werden kleinere Brände regelmäßig unterdrückt, reichern sich im Unterholz allmählich große Mengen leicht brennbarer Blätter und Zweige an, die in der Folge einen Nährboden für katastrophale Großfeuer bilden, die nur schwer bekämpfbar sind. Hier ist ein geeignetes Waldbrand-Management gefragt, das die richtige Balance zwischen Feuerbekämpfung und tolerierten Kleinbränden sucht.

Zum Teil würde bereits ein kontrollierter Holzeinschlag das Waldbrandrisiko senken, der jedoch in geschützten Zonen oft unterbleibt. Interessanterweise sind einige Baumarten sogar auf Waldbrände angewiesen, damit sich ihre Zapfen öffnen und sich die Samen verbreiten. Hierzu gehört z.B der berühmte Mammutbaum. Besonders schockierend sind in der Regel dramatische Bilder von Siedlungen, die von einer heranrückenden Feuerwand bedroht werden. Hier muss allerdings berücksichtigt werden, dass in den letzten Jahrzehnten immer mehr Häuser in angenehmer Waldnähe gebaut wurden und sich ihre Bewohner so bewusst einer erhöhten Gefahr ausgesetzt haben. In ähnlicher Weise haben viele Häuslebauer ihre Projekte in lauschigen Flussniederungen errichtet, die jedoch regelmäßig von Überschwemmungen heimgesucht werden.

Bei der Interpretation der modernen Waldbrände hilft ein Blick auf die regionale Waldbrandentwicklung der letzten Jahrhunderte und Jahrtausende. Ein Team um César Morales-Molino veröffentlichte im Januar 2013 in den Quaternary Science Reviews eine Untersuchung der Waldbrände und Vegetation in Spanien für die letzten 10.000 Jahre. Dabei fanden die Forscher, dass sich der Wald in der Regel gut gegen Waldbrände behauptete und meist nach den Bränden schnell erholte. Lediglich während ganz besonders starker Waldbrandepisoden kollabierte der Wald, so dass sich in der Folge für längere Zeit Gras-, Steppen und Heidelandschaften bildeten. Eine solche Phase ereignete sich z.B. 5800 bis 5400 Jahre vor heute während des holozänen Klimaoptimums.

Im Januar 2013 veröffentlichte ein Team um Xu Wang in den Quaternary Science Reviews eine Waldbrandgeschichte aus dem nördlichen Zentralchina, in der die Wissenschaftler die Brandhistorie der letzten 10.000 Jahre untersuchte. Die Forscher fanden zwei besonders intensive Waldbrandperioden. Vor 8200 Jahren brannte es besonders häufig, als sich die Graslandschaft in einen Wald umwandelte. Zu dieser Zeit nahmen die Niederschläge in der Region zu. Die zweite feuerreiche Phase ereignete sich vor 2800 Jahren. Der Wald wurde damals durch eine Steppenlandschaft ersetzt, und das Klima wurde kühler und trockener.

Eine Waldbrand-Rekonstruktion aus dem peruanischen Amazonasgebiet für die vergangenen 4000 Jahre erschien Mitte 2012 in der Fachzeitschrift Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology. Während es in den ersten drei Jahrtausenden häufiger gebrannt hat, sind Brände in den letzten 1000 Jahren eher seltener geworden.

Neben wichtigen regionalen Untersuchungen erschienen in den letzten Monaten auch Übersichten zur globalen Waldbrandentwicklung der letzten 10.000 Jahre. So veröffentlichte ein internationales Forscherteam um Jennifer Marlon von der University of Wisconsin im April 2013 in den Quaternary Science Reviews eine Studie, in der eine nahezu global ausgeprägte feuerreiche Phase in der Zeit von 3000 bis 2000 Jahren vor heute dokumentiert werden konnte. Natürliche Klimaschwankungen spielten während der gesamten Nacheiszeit eine große Rolle für die Waldbrandentwicklung, schreiben die Autoren. Zwei weitere wichtige Erkenntnisse der Untersuchung waren (Zitat aus der Kurzfassung der Arbeit):

Phasen mit hoher Waldbrandaktivität waren während des frühen Holozäns [12.000 bis 6.000 Jahre vor heute, Redaktion dkS] relativ häufig und passten zeitlich gut zu klimatischen Wechseln, trotz niedriger globaler Temperaturen und geringer weltweit verbrannten Biomasse-Mengen. […] Die Waldbrandaktivität ist im vergangenen Jahrhundert allgemein zurückgegangen, wenn auch in einem räumlich heterogenen Muster. In vielen Gebiet ist sie stark gesunken, jedoch gab es auch große Anstiege (z.B. in Australien und Teilen Europas).

Im Januar 2013 erschien zudem im Fachmagazin Climate of the Past eine Studie eines niederländisch-US-amerikanischen Forscherteams um Guido van der Werf von der Freien Universität Amsterdam mit dem Titel „Was könnte die Ursache dafür sein, dass die vorindustriellen Emissionen aus der Verbrennung von Biomasse über den heutigen liegen?“ Hier ein Auszug aus der Kurzfassung:

Kürzliche Studien haben anhand von Spurengasgehalten in Eiskernen und Kohleproben ergeben, dass die Emissionen, die aus der Verbrennung von Biomasse herrühren im letzten Jahrtausend die heutigen Emissionen zu gewissen Zeiten um bis das Vierfache übersteigen. Dies ist überraschend, da viele Arten der Biomasseverbrennung an die Bevölkerungsdichte gekoppelt sind, die in den letzten Jahrhunderten zugenommen hat. 

Die Autoren versuchen den Befund mit höheren Wald- und Buschbränden in der Vergangenheit zu erklären, was jedoch zum Teil unrealistisch hohe Brandhäufigkeiten erfordert, wie die Wissenschaftler selber anmerken. Mehr Untersuchungen sind notwendig, um auf diesem Gebiet weitere belastbare Daten zu sammeln. Eine Studie im Fachmagazin PNAS hatte 2010 bereits einen Rückgang von 15% in der Anzahl der Waldbrände weltweit seit 1950 dokumentiert.

Es wird klar, dass aus den existierenden wissenschaftlichen Fakten noch keine Beeinflussung der Waldbrandentwicklung der letzten Jahrzehnte abgeleitet werden kann. Wie sieht es aber andersherum aus? Inwieweit beeinflussen CO2 und Ruß der Waldbrände das Klima? Das CO2 stammt aus der aktuellen Biomasse, wird also schnell wieder seinen Weg in den Vegetationskreislauf zurückfinden. Beim Ruß ist man sich noch nicht so sicher, wie Silvia Kloster vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie in der Badischen Zeitung vom 25. Mai 2013 zitiert wird:

Manche Schwebteilchen, die durch Feuer in die Atmosphäre gelangen, könnten die Klimaerwärmung sogar dämpfen, indem sie als Keime für Wolken fungieren. Diese Wolken könnten unsere Atmosphäre kühlen, indem sie Sonnenstrahlung ins All reflektieren. […] ob diese Brände den Klimawandel zusätzlich anheizen oder vielleicht eher dämpfen werden, kann Silvia Kloster derzeit noch nicht abschätzen: „Das ist noch eine offene Forschungsfrage, an der wir stetig arbeiten.“

Eine ausführliche Literaturzusammenschau zum Thema Waldbrände und Klima wurde im August 2012 auch vom Science & Public Policy Institute herausgegeben. Die unglaubliche zerstörerische Energie von Waldbränden wird auch in Satellitenbildern deutlich, auf denen die Brände bei Nacht taghell leuchten. Ein schönes Beispiel aus Australien ist im NASA-Video „Earth at Night“ zu sehen.

Schließlich gibt es auch noch Grund zur Hoffnung. Im Amazonas haben Wissenschaftler offenbar eine neue satellitengeschützte Methode entwickelt, mit der die Waldbrandgefahr auf Basis des Grundwasserstandes mehrere Monate im Voraus prognostiziert werden kann. Auch die Löschtechnologie hat sich mittlerweile weiterentwickelt. So wirken High-Tech Gele wie z.B. FireIce das Feuer viel effektiver als reines Wasser, da die Verbindungen resistenter gegen die Flammen sind.

 

Foto oben rechts: John McColgan / This image or file is a work of a United States Department of Agriculture employee, taken or made as part of that person's official duties. As a work of the U.S. federal government, the image is in the public domain.
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