#12062020: Eigenartige Zahlen und fehlende Transparenz

Das als „Demokratie Festival“ beworbene Event am 12.06.2020 im Berliner Olympiastadion hat seine Finanzierung abgeschlossen. Stolze 2.075.587 Euro kamen laut der Crowdfunding-Plattform Startnext zusammen. Erstaunlicherweise könnte es eine Art Geld-zurück-Regelung gegeben haben, denn die letzten 2 Tage schwankte die Summe nach unten. Die Zahl der Unterstützer stieg nämlich, während die Summe der Einnahmen sank.

Wie das mathematisch geht, bleibt etwas unklar, es sei denn, Startnext hat einen gewaltigen Logikfehler in seinem Programm. Wenn nämlich Lastschriften oder Kreditkartenzahlungen platzen, dann könnte das eine rückläufige Summe erklären. Allerdings müssten solche „Unterstützer“ dann auch abgezogen werden. Ob das hier so gemacht wurde, ist nicht nachvollziehbar. Ein Run auf die Tickets wie kurz vor Weihnachten hat es aber nicht gegeben in den letzten Tagen vor dem Ende der Kampagne.

Tatsächlich wurden 34.095 Plätze gebucht, davon entfallen 45% auf große Kontingente, auf die wir später noch kommen. Fast 1 Million Euro ist über weitere Spenden eingegangen. Ob im Sinne der Transparenz diese Spender noch genannt werden? Nur so könnte nämlich ausgeschlossen werden, dass Lobbyisten diese Veranstaltung gekapert haben.

Eine ausgesprochen unglückliche Figur gab kürzlich der Geschäftsführer des Kondomhändlers Einhorn Philip Siefer im Interview bei Tilo Jung ab. Philip Siefer ist einer der treibenden Kräfte bei dem „Demokratie Festival“. Am 03.01.2020 interviewte Tilo Jung in Folge 450 von „Jung und Naiv“ Philip Siefer. Man kann sich das Video auf der Seite von Jungundnaiv und bei Youtube ansehen.

Dabei geht der Interviewer nicht gerade zimperlich mit Philip Siefer um. So versucht Tilo Jung die Rolle von Philip Siefer bei einer anderen Petition aufzuklären, die die Senkung von Umsatzsteuer auf Hygieneprodukte für Frauen bewirken sollte. Diese Senkung ist inzwischen gesetzlich beschlossen. Allerdings ging die Petition ursprünglich nicht von Philip Siefer bzw. seinem Unternehmen Einhorn aus, welches zufälligerweise auch mit solchen Produkten handelt, sondern von ganz anderen Gruppen. Man kann nach dem Interview den Eindruck haben, dass Philip Siefer auf einen fahrenden Zug springen wollte und Tilo Jung hat das richtigerweise erkannt und nachgebohrt.

Da Philip Siefer offenbar die PR Wirkung von Petitionen erkannt hat („Wir sind gut in Marketing“), wundert es auch nicht, dass er dann die Idee zu dem Event im Juni 2020 hatte und auch nicht, dass es über die Crowdfundingseite Startnext abgewickelt wurde. Kampagnen dort sind kostenlos, selbst wenn sie scheitern und das Ziel einer Finanzierung nicht erreichen, entsteht kein wirtschaftlicher Schaden für den Kampagnenstarter. Startnext bekommt übrigens 3% der Summe, die über die Plattform generiert werden. Im Falle von #12062020 bedeutet das also gute 60.000 Euro für Startnext.

Tilo Jung entlockt Philip Siefer weitere interessante Aussagen, so kann man aus dem Interview lernen, dass Philip Siefer offenbar die Texte zu dem Videotrailer, in dem auch Friday For Future (FFF) Aktivistin Luisa Neubauer auftritt, geschrieben hat. Aus seiner Feder stammen also die 29,95 Euro, mit der man die Welt retten kann, nicht von Luisa Neubauer selbst, die aber dafür die Kritik einstecken musste.

Sehr zum Ende des Gesprächs kommt Siefer dann aber gewaltig ins Schleudern. Richtig aufklären, warum so kurz vor Ende der Aktion mit dem ersten Spendenziel von 1.8 Millionen vor Weihnachten 2019 erhebliche Summe an Großbestellungen zusammenkamen, konnte Siefer nicht. Die Besteller solcher 100er und 1.000er Soli-Tickets sollen nicht genannt werden. Genau das lässt aber Raum für Spekulationen und ist das Gegenteil von Transparenz, die Philip Siefer dann aber im weiteren Verlauf des Gesprächs bei Lobbying wieder sehr wichtig findet. Ja, was denn nun?

Zum Abschluss fragt Tilo Jung, ob auch Mitglieder der Regierung Gäste sein dürften bei der Veranstaltung. Da verneint Philip Siefer. Die Regierung hätte seiner Meinung nach das Pariser Abkommen nicht umgesetzt. Nun sollte eigentlich auch er wissen, dass das Abkommen Klimaziele bis Ende 2020 festlegt. Diese besagen, dass Deutschland gegenüber 1990 40% CO2 einsparen muss. Laut verschiedener Medien sind die Emissionen im abgelaufenen Jahr um 50 Millionen Tonnen und umgerechnet 35% gegenüber dem Wert von 1990 gesunken.

Vielleicht hat Philip Siefer einfach nur nicht gewusst, dass diese Senkung, die allerdings erst nach dem Interview publik wurde, das Resultat von CO2 Emissionshandel ist, der z. B. Strom aus Kohle stark verteuert hat, was zu gewollten Ausweichbewegungen geführt hat. Gaskraftwerke benötigen weniger CO2 Zertifikate, ihr Anteil an der Produktion stieg um 11%, Steinkohle hatte ein Minus von 31% und Braunkohle von 22% bei einem insgesamt gesunkenen Stromverbrauch. Der Handel ist eine der Maßnahmen, die die Regierung umgesetzt hat, um das Pariser Abkommen zu erfüllen. Eigentlich gar nicht so kompliziert.

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