Warum ist die arktische Eisbedeckung immer noch nicht verschwunden – trotz der zahlreichen Ankündigungen?

Von Dr. Dietrich E. Koelle

Die  Ankündigungen, dass die arktische Eisfläche bald ganz verschwunden sein wird, gehört zu den beliebtesten Übungen von publizitätsbewussten Klimatologen als auch von amerikanischen Politikern. Demnach dürfte es heute kein arktisches Eis mehr geben:

(1) M. Murphy, New Scientist, 1960: „Der arktische Ozean wird über das ganze Jahr offen sein noch vor dem Ende des 20.Jahrhunderts“ (d.h. dem Jahr 2000),

(2) „Arktis-Spezialist Bernt Balchen 1972:  „Der Erwärmungstrend kann einen eisfreien arktischen Ozean  bis zum Jahr 2000 erzeugen“.

(3) Jay Zwally (NASA) sagte im Dez.2007 : „Der arktische Ozean könnte im Sommer 2012 fast eisfrei sein“ (Natl.Geographic)

(4) Louis Fortier (Arctic Net, Kanada) 2007: „Die Arktis könnte im Sommer eisfrei sein bis 2010 oder 2015

(5) David Barber (Univ.of Manitoba), 2008: „Der Nordpol könnte dieses Jahr erstmals eisfrei sein“ : Juni 2008 (2) (3)

(6) Prof. W. Maslowski (US Naval Postgraduate School), 2008: „Im Sommer 2013 haben wir eine eisfreie Arktis“.

(7) M. Serreze, NSIDC (National Snow and Ice Data Centre, Colorado, USA) in 2008: „die Arktis könnte 2012 eisfrei sein“

(8) Al Gore, ehem.US-Vizepräsident bei der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen: „Arktis ist eisfrei in 5 Jahren“ = 2014.

(9) US-Senator John Kerry 2009: „Die Arktis wird im Sommer  2013 eisfrei sein“

(10) Prof. P. Wadhams (Cambridge University), 2007: das arktische Eis ist in einer Todesspirale“, und 2011: „das Eis kann in vier Jahren alles verschwunden sein“ , d.h. 2015.

 

Und was ist nun wirklich passiert? Das Eis der Arktis ist nicht verschwunden, sondern nach einem Rückgang im Zeitraum 1980 bis 2012 in den letzen Jahren wieder angestiegen (BILD 1). 2015 war keine Nord-West Passage mehr möglich – zuviel Eis.

Bild 1: Das arktische Eisvolumen von 1879 bis 2015. Quelle: Dominiklenne, Wikipedia. Public Domain.

 

Während man Politikern wie Al Gore oder John Kerry kaum übelnehmen kann, wenn sie sich (aus welchen Gründen auch immer) zu naiven Behauptungen über das Ende des Arktis-Meersises hinreißen lassen, ist es völlig unverständlich, dass auch erwiesene Experten wie  M.Serreze (NSIDC) oder Prof. P. Wadhams zu solchen unrealistischen Einschätzungen kommen können.

Was ist allen diesen falschen Vorhersagen oder Annahmen gemeinsam ?  Sie ignorieren allesamt, dass Änderungen der Polareis-Masse und -Ausbreitung weitgehend zyklischer Natur sind. Das bedeutet, dass man einen kurzfristigen Trend nicht einfach beliebig extrapolieren kann.  Es gibt vielmehr Phasen der Eis-Ausbreitung und der -Schrumpfung. Die wesentlichen Ursachen dafür sind Temperatur-Schwankungen und Änderungen der Meeres- und Luft-Strömungen. Interessant die Entwicklung der antarktischen Meereisfläche, die – bei gleichem CO2-Gehalt der Atmosphäre wie am Nordpol – seit 35 Jahren stetig zugenommen hat und 2014 einen neuen Rekord ereichte (BILD 2). Seltsamerweise wird diese Tatsache in den Medien praktisch nie erwähnt. Es passt einfach nicht zur Erwärmungs-Hysterie.

Grundsätzlich scheinen viele konventionelle Klimaforscher Probleme mit den natürlichen Klimafaktoren und Klimazyklen zu haben; für sie beginnt Klima erst 1880 mit den systematischen Temperaturmessungen. Davor gibt es nur Proxy-Daten: diese seien aber ungenau. Deshalb fehlt vielerseits das Verständnis der natürlichen Klimafaktoren, die es schließlich schon lange vor dem Auftreten der Menschheit gab (und die ihren Einfluss keineswegs mit der Gründung des IPCC aufgegeben haben !).

Bild 2: Entwicklung der antarktischen Meereis-Fläche von 1979 bis 2015. Quelle: Cryosphere Today – Arctic Climate Research at the University of Illinois, WUWT.

 

 

BILD 3 zeigt die Temperaturentwicklung  von 1860 bis 2000 die sowohl global wie auch in der Arktis durch einen deutlich erkennbaren 60-Jahresszyklus  mit Temperatur-Schwankungen zwischen 0,2 und 1,2°C gekennzeichnet ist. Der russische Autor Frolov zeigt in Bild 4 einen ähnlichen Verlauf für die Barentsee (70-90° N) und wagt eine Extrapolation für die kommenden 50 Jahre. Demnach ist ein Temperaturabfall um ca. 1,5°C zu erwarten. Auch in einem ein neuen GEOMAR-Papier von 2014 mit den Ergebnissen eines neuen Klimamodells, das den NAO-Einfluss einbezieht, ist das Ergebnis eine kommende Temperatur-Abkühlung im Nordatlantik-Bereich.

Bild 3: Temperatur-Entwicklung in der Arktis, 1860-2000

 

 

Bild 4: Temperatur-Entwicklung in der Barents-See, 1900-2060 (Frolov, 2014)

 

Von einem Verschwinden des arktischen Eises ist also weit und breit nichts zu erkennen.  Der amerikanische Klimawissenschaftler David Dilley, der über 20 Jahre  bei der amerikanischen NOAA  tätig war, sagt sogar, dass sich die Abkühlung nach seinen Analysen längerfristig über die nächsten 120 Jahre hinweg fortsetzen wird (4). Dies ist tatsächlich durch den zu erwartenden Temperaturrückgang im Rahmen des natürlichen 230-Jahres-Klimazyklus zu erwarten, der sich um das Jahr 2005 in seinem Maximum befand.  Dieser Trend zeigt sich auch in Bild 4 mit einem reduzierten Maximum im Jahr 2060 im Vergleich zum Jahr 2000.

Im Gegensatz dazu gehen die Wissenschaftler des AWI (Alfred-Wegner-Institut in Bremerhaven) grundsätzlich von einer langfristigen Abnahme der Meereisbedeckung für das Nordpolargebiet in den Sommern der kommenden Jahrzehnte aus (5).  Frau C. Habermalz, AWI, meint (8), dass bis 2040-2050 mit  einer eisfreie Arktis zu rechnen sei.

Trotzdem brauchen wir so oder so nicht darum zittern, dass den lieben  Eisbären die letzten Eisschollen wegtauen, wie uns das zur Spenden-Motivation von verschiedenen Tierschutz-Organisationen erklärt wurde. Die  Eisbären haben schon viele Warmzeiten überstanden, zuletzt während des Maximums unserer Holozän-Warmzeit vor 7000 Jahren mit einer um 1,5°C höheren Temperatur. Die Eisfläche am Nordpol (nach Dilley) war damals nur halb so groß wie heute, auch beschrieben in Ref. (6).

 

Literatur:

(1)  Ice-free Arctic Forecasts, Real Science Blog,  27.Aug.2012

(2)  National Geographic News, 20.Juni 2008 und Telegraph Co. (UK), 27.6.2008

(3)  Arctic ice recovers from the great melt, J.Leake, Sunday Times, London, 4.April 2010

(4)  „Dramatic Cooling in the Arctic, Extremely Cold from 2025 to 2050“, P.Gosselin,, 12.8.2015, notrickszone.

(5) Pressemitteilung AWI „Arktis: Meereisbedeckung – erste Prognosen für 2009“, Sept.2008

(6)  Gudmund Lovo: Less ice in the Arctic Ocean 6000-7000 years ago, , NGU (Norwegen), 20.Okt.2008,

(7) I. E. Frolov et al: Climate Change in Eurasean Arctic Shelf Seas, Springer-Verlag, 2010, 166 Seiten

(8) P.Gosselin, NoTricksZone, 13.4.2015 Sustainable Postponements

(9)  Nick Collins „Arctic Ice to melt by 2015“ (Wadhams), The Telegraph, UK,  8.11.2011

(11)  Analysis Shows That Arctic Sea Ice Melt Extent Mostly Occurs In Natural Cycles, by P Gosselin on 17. Juli 2013

(10) Was macht eigentlich das arktische Meereis ? Sebastian Lüning und  Fritz Vahrenholt,  17.7.2013, Kalte Sonne Blog

(12) Ian Johnston: Polar History shows Melting Ice-Cap may be a Natural Cycle“, The Scotsman, 9 März 2005

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FOCUS, 2.Januar 2016:

Die Wahrheit über Prognosen„:

Eine Umfrage des Psychologen Philipp Tetlock von 1980 ergab, dass die Einschätzungen der Experten fast alle falsch waren. 15 % der als „undenkbar“ eingestuften Ereignisse traten tatsächlich ein, während 25 % der als sicher betrachteten Entwicklungen ausblieben. Tetlock stellte eine bemerkenswerte Korrelation zwischen der Prognose-Qualität der Experten und deren Häufigkeit fest, mit der sie im Fernsehen auftraten: Sie ist auch als „Goldene Regel der Sektherstellung“ bekannt: Die größten Flaschen sind die lautesten.

 

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