Unvollständiger Klimabericht: Und täglich grüßt die Hamburger Forsythie

Vor kurzem erschien der 2. Hamburger Klimabericht. Das Buch mit 311 Seiten ist als kostenloses Download-pdf beim Springer-Verlag verfügbar. Wir haben uns das von Hans von Storch, Insa Meinke und Martin Claußen herausgegebene Buch heruntergeladen und wollen ein wenig darin stöbern. Die Liste der Beteiligten umfasst 7 Seiten. Fast schon ein kleiner Hamburger IPCC-Bericht.

Es geht im Buch um eine Vielfalt von Themen. Neben den klassischen meteorologischen Kapiteln gibt es auch einen Teil zur kontroversen Klimadiskussion sowie zum städtischen Wärmeinseleffekt. Wir suchen nach einigen Stichwörtern. Der Begriff „Mittelalter“ kommt aus unerfindlichen Gründen im Buch nur einmal vor, nämlich im Zusammenhang mit der „Migration“. Hat man das Klima der vorindustriellen Phase etwa ausgespart? Hat sich wirklich niemand des gefühlt 200-köpfigen Autorenkollektivs mit diesem Thema beschäftigt? Wir versuchen es erneut mit dem Begriff „Kleine Eiszeit“. Ergebnis: Kein Treffer. Wir versuchen es noch einmal über das Inhaltsverzeichnis. Kapitel römisch eins hört sich vielversprechend an. Aber welch bittere Enttäuschung. Die Betrachtung beginnt erst um 1880, am Ende der Kleinen Eiszeit. Das Buch bringt keinerlei klimahistorischen Kontext, der jedoch zwingend erforderlich wäre, um die Klimaentwicklung der letzten Jahrzehnte zu verstehen. Bei den Ozeanzyklen sieht es übrigens etwas besser aus. Die Nordatlantische Oszillation wird im Kapitel 2.3.1. besprochen.

Hamburg, Hamburg? Da war doch noch was. Genau, der berühmte Forsythienstrauch. Siehe „Forsythien und der Klimawandel: Frühlingsbeginn in Hamburg während der letzten 30 Jahre immer mehr verspätet„. Was steht eigentlich im neuen Hamburger Klimabericht über die Forsythien? Auf Seite 124 werden wir fündig:

Auch für die [Metropolregion Hamburg] sind entsprechende phänologische Änderungen dokumentiert. So hat sich der Blühbeginn der Forsythie (Forsythia intermedia) seit 1945 um etwa 4 Wochen verfrüht.

Wenn man sich dann die Abbildung 6.5 anschaut, wird die bewusste Irreführung des Lesers sofort klar. Wie bereits in unserem Blogartikel thematisiert, wird der Trend der letzten 30 Jahre doch glatt ignoriert. In Wahrheit hat sich die Blüte in den letzten drei Jahrzehnten immer weiter verspätet (Abb. 1). Die letzte Jahreswerte befinden sich ziemlich nah am Mittelwert der Zeitreihe, die 1945 begann. Ein dickes Ding, das im Review des Buches doch hätte auffallen müssen. Oder gab es vielleicht gar kein Review? Was wollen die Autoren des Kapitels, Udo Schickhoff und Annette Eschenbach, mit ihrer unvollständigen Darstellung bezwecken? Hier die aktuelle Version der DWD-Abbildung:

Abbildung 1: Forsythien-Blühbeginn in Hamburg. Abbildungsquelle: DWD.

Und damit schließen wir auch schon die Besprechung dieses Buches. Der Elefant im Raum wurde wieder einmal bewusst ausgespart, vermutlich um nicht in Erklärungsnot zu geraten. Dabei hätte es doch die eine oder andere Studie aus Norddeutschland und Dänemark gegeben, die hier hätte verwendet werden können.

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