Um Antwort wird gebeten: Spektrum der Wissenschaft bemängelt Klimaforschungsförderung durch Energiewirtschaft – schweigt sich aber zu Sponsoring der Versicherungsindustrie aus

Spektrum der Wissenschaft brachte auf seiner Webseite am 23. Februar 2015 einen Meinungsbeitrag des freien Redakteurs Lars Fischer, in dem er undeklarierte Klimaforschungsförderung des Astrophysikers Willie Soon von der Harvard University anprangerte.

Forschungsförderung:
Meinung: Das Geld muss nach oben
Ein Klimawandelskeptiker lässt sich massiv von der Energiewirtschaft finanzieren, verschweigt das aber. Woher das Geld für Forschung kommt, muss deshalb in Zukunft in jeder Publikation direkt unter dem Titel stehen, fordert Lars Fischer.

Weiterlesen auf Spektrum der Wissenschaft.

Eine Riesensensation, dachte sich wohl Spektrum der Wissenschaft. Dabei handelte es sich in Wirklichkeit um kalten Kaffee. Bereits am 28. Juni 2011 – also vor fast vier Jahren – hatte der britische Guardian das Ölfirma-Sponsoring zum Thema gemacht:

Climate sceptic Willie Soon received $1m from oil companies, papers show
Documents obtained by Greenpeace show prominent opponent of climate change was funded by ExxonMobil, among others

Industriesponsoring ist in der Forschung gang und gäbe. Es sollte eigentlich egal sein, ob Gelder von Versicherungen oder Ölfirmen stammen, entscheidend ist, dass Wissenschafler inhaltlich unabhängig bleiben. Hiervon ist im Fall des beschuldigten Willie Soon auszugehen, da er eine große Anzahl von klimawissenschaftlichen Publikationen in begutachteten internationalen Fachzeitschriften publizieren konnte. Es ist leider trauriges Fakt, dass es für die Erforschung natürlicher Klimafaktoren viel zu wenig Fördergelder gibt, wohingegen noch immer enorme Summen in fragwürdige Computersimulationen fließen. Die Pointe: Keines der Modelle hat die mittlerweile seit 17 Jahren anhaltende Erwärmungspause kommen sehen. Sponsoren sollten in der Tat genannt werden, um Transparenz herzustellen.

Kalte-Sonne-Koautor Sebastian Lüning hat mit dem Verfasser des Spektrum-Artikels Kontakt aufgenommen, um die einseitige Behandlung des Themas zu beanstanden und eine Reihe von Missverständnissen aufzuklären:

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Von: Sebastian Lüning
Gesendet: Montag, 23. Februar 2015
An: Spektrum der Wissenschaft
Betreff: Meinungsbeitrag „Das Geld muss nach oben“ von Lars Fischer vom 23.2.2015

Sehr geehrte Redaktion,

Ihr freier Mitarbeiter Lars Fischer äußerte sich heute in einem ziemlich aggressiven Meinungsbeitrag negativ zu den Klimastudien des Harvard-Wissenschaftlers Willie Soon.
http://www.spektrum.de/news/meinung-das-geld-muss-nach-oben/1333941

Es ist sein gutes Recht Transparenz in der Forschungsförderung zu fordern. Dies unterstütze ich. Allerdings begeht Fischer dann den Fehler, Soons Arbeiten daraufhin pauschal zu verdammen (“Selbst wenn die in der Forschergemeinschaft heftig kritisierten Arbeiten damit wohl diskreditiert sind,…). Dies ist ein Kurzschluss, denn die meisten von Soons Studien erschienen in anerkannten internationalen und begutachteten Fachzeitschriften. Es ist schon ein seltsamer Gedanke, dass sämtliche Journal Reviews versagt haben könnten. Im Gegenzug wären auch alle WWF-geförderten Forschungsprojekte zu hinterfragen. Diese Argumentation ist Unsinn. Bei starken Anschuldigen wie diesen, hätte ich zudem von Fischer Beispiele für wissenschaftliche Fehler auf Seiten Soons erwartet. Hier muss Fischer jetzt unbedingt nachlegen, sonst wird er unglaubwürdig.

Ich kenne Willie Soon persönlich und schätze ihn für seine seriöse Arbeit im Bereich der solaren Klimaforschung. Das wahre Problem liegt hier: Unerwähnt lässt Fischer nämlich, dass es heutzutage sehr schwer ist, überhaupt Forschungsmittel für Studien zu natürlichen Klimafaktoren, insbesondere zur solaren Beeinflussung des Klimas, zu erhalten. Dies verwundert sehr, denn es gibt eine Vielzahl von Arbeiten, die einen engen Bezug zwischen Klima und solaren Aktivitätsschwankungen belegen. Vor wenigen Tagen erst erschien im angesehenen Fachblatt Geology eine Studie von Jiang et al. (2015), die einen bemerkenswerten Zusammenhang zwischen der klimatischen Entwicklung der letzten 4000 Jahre und der Sonnenaktivität fand.
http://geology.gsapubs.org/content/early/2015/02/02/G36377.1.abstract

Vermutlich ist Fischer diese Arbeit nicht bekannt. Wir haben bei uns im Kalte-Sonne-Blog über die Studie berichtet, wo wir auch den Kontext zur Pionierarbeit von Bond et al. 2001 herstellen.
http://www.kaltesonne.de/neue-studie-im-fachblatt-geology-findet-engen-zusammenhang-zwischen-temperaturentwicklung-und-sonnenaktivitat-wahrend-der-letzten-4000-jahre-im-nordatlantik/

Angesichts des ehrabschneidenden Artikels von Fischer wäre es jetzt im Sinne einer ausgewogenen Berichterstattung wichtig, auch die andere Seite zu Wort kommen zu lassen, z.B. indem Sie etwas ausführlicher über Jiang et al. 2015 berichten würden. Ich bin auch gerne bereit, einen entsprechenden Gegenbeitrag vorzubereiten.

Abschließend vermisse ich in Fischers Aufsatz auch den Hinweis darauf, dass der Autor maßgeblich an der Blogplattform „SciLogs“ beteiligt war, auf der Stefan Rahmstorf als Vertreter der Klimakatastrophenseite seine Klimalounge betreibt. Im Sinne der Transparenz sollten Sie vielleicht auch einer seltsamen Artikelhäufung von Hans Joachim Schellnhuber in den Proceedings of the National Academy of Science of the USA (PNAS) nachgehen, wobei PNAS-Mitglieder ihre Gutachter offenbar selber auswählen können. Schellnhuber ist PNAS-Mitglied.
http://www.kaltesonne.de/news-xx11-4/    […]

Mit besten Grüßen

Dr. habil. Sebastian Lüning
Lissabon

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Von: Lars Fischer (Spektrum der Wissenschaft)
Gesendet: Dienstag, 24. Februar 2015
An: Sebastian Lüning

Sehr geehrter Herr Lüning,

herzlichen Dank für Ihre ausführliche Diskussion meines Meinungsbeitrags auf der Spektrum-Webseite. Einige Missverständnisse würde ich dabei gerne aufklären.

Ich zitiere die Vorwürfe gegen Herrn Soon und dass er sich dagegen verwahrt. Außerdem mache ich deutlich, dass ich das finanzielle Umfeld seiner Arbeiten für ein Beispiel von Lobbyismus halte. Ob die Arbeiten von Herrn Soon wissenschaftlichen Qualitätsstandards genügen, sei dahingestellt. Dazu schreibe ich in dem von Ihnen kritisierten Artikel [1] nichts. Dass seine Artikel nun diskreditiert seien, ist kein Urteil über ihren Inhalt, sondern eine Prognose, wie die Fachwelt damit umgehen wird. Dass ich dieses voraussichtliche Vorgehen kritisiere, steht übrigens in dem zweiten Halbsatz, den Sie leider in Ihrem Zitat vergessen hatten.

Es sei außerdem angemerkt, dass sehr wohl „sämtliche Journal Reviews versagt haben könnten“. Ohne im Detail auf die Probleme des Peer Review einzugehen, verweise ich hier nur auf den prominenten Fall Hwang sowie die STAP-Stammzellen. Weitere Beispiele dafür, was so alles durch den Peer Review kommt, finden Sie in den Fußnoten [2] und [3]. Zur allgemeinen Belustigung sei außerdem auf [4] verwiesen, eine These, die es immerhin auf ein Konferenzpodium der GSA geschafft hat.

Dass „auch alle WWF-geförderten Forschungsprojekte zu hinterfragen“ seien, ist keineswegs „Unsinn“, sondern der Sinn der Sache, wie Sie meinem Beitrag eigentlich entnehmen können. Mir ist nicht ganz klar, was ausgerechnet der WWF mit der Sache zu tun hat – dass Dr. Soon artgeschützte Tiere hält, wäre mir neu – aber es handelt sich bei ihm in der Tat um eine Organisation mit spezifischen Interessen, die im Kontext der Forschungsfinanzierung kritisch betrachtet werden muss.

Nebenbei herzlichen Dank für Ihren Hinweis auf die Geology-Studie. Wir freuen uns immer über Hinweise auf möglicherweise berichtenswerte Fachartikel. Ihr Angebot eines Gegenbeitrages reiche ich an unseren Redaktionsleiter Dr. Daniel Lingenhöhl weiter, der es sicherlich prüfen wird.

Zu guter Letzt „war“ ich nicht an der Blogplattform SciLogs „beteiligt“, sondern bin dort – das kann man im Impressum [5] nachlesen  – Community Manager und Verantwortlicher im Sinne des § 55 RStV. Inwiefern das oder Herr Schellnhuber für die Frage nach Dr. Soons Geldgebern sowie seinem Umgang damit relevant ist, erschließt sich mir an diesem Punkt allerdings leider nicht.

Sie dürfen diese Antwort sehr gerne – auch ungekürzt – in Ihrem Blog veröffentlichen, sofern Sie mir erlauben, das gleiche mit Ihrer Zuschrift zu tun.

Mit herzlichen Grüßen,

Lars Fischer

[1] http://www.spektrum.de/news/meinung-das-geld-muss-nach-oben/1333941
[2] http://www.chemistry-blog.com/2013/08/13/alleged-data-manipulation-in-nano-letters-and-acs-nano-from-the-pease-group/
[3] http://www.laborjournal.de/blog/?p=7602
[4] http://www.scilogs.de/fischblog/soll-man-dr-ber-berichten-oder-soll-man-nicht/
[5] http://www.scilogs.de/impressum/

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Von: Sebastian Lüning
Gesendet: Dienstag, 24. Februar 2015
An: Spektrum der Wissenschaft

Sehr geehrter Herr Fischer,

Danke für Ihre schnelle Rückantwort. Natürlich können Sie auch meinen Email-Text weiterverwenden. Falls Sie noch weitere aktuelle Publikationen zur solaren Klimabeeinflussung benötigen, möchte ich Ihnen diese Auflistung von Maarten Blaauw empfehlen:  http://chrono.qub.ac.uk/blaauw/cds.html

Während wir wohl beide darüber einig sind, dass Sponsoren von Studien genannt werden sollten, sollte auch erwähnt werden, dass hier offenbar noch immer mit zweierlei Maß gemessen wird. Während die Förderung durch Ölfirmen sehr kritisch gesehen wird, dürfen Versicherungen offenbar Sponsoring betreiben, ohne dass dies öffentlich hinterfragt wird. Wir haben im Blog mehrfach über diesen Missstand und klaren Interessenskonflikt berichtet:

http://www.kaltesonne.de/schweizerische-mobiliar-versicherung-finanziert-klima-professur/

http://www.kaltesonne.de/spiegel-online-zweifelt-an-katastrophenszenarien-der-munchener-ruckversicherung/

http://www.kaltesonne.de/die-versicherungswirtschaft-und-die-klimakatastrophe-eine-unheimliche-liaison/

Vielleicht auch mal ein gutes Thema für einen Meinungsbeitrag?

Sie fragten zum WWF nach. Der WWF ist bekanntlich eine Umweltorganisation mit einer klaren Festlegung zugunsten der drohenden Klimakatastrophe. Der WWF ist kein wissenschaftliches Gremium oder Institut. Es erscheint mir daher höchst fragwürdig, wie es der WWF schaffte, eine ganze Reihe von Posten in einem wissenschaftlichen Schiedsrichtergremium wie dem IPCC zu erhalten. Eine faire und ausgewogene Bewertung ist vom WWF nicht zu erwarten. Genauso fragwürdig ist auch, dass der neue Klimawandel-Topberater des UN-Generalsekretärs vom WWF stammt.

http://www.kaltesonne.de/news1/

Ein wenig seltsam finde ich auch, dass Sie in Ihrem Spektrum-Artikel gar nicht erwähnen, dass die Kampagne gegen Willie Soon durch eine Freedom of Information Act-Anfrage von Greenpeace ausgelöst wurde. Der Begriff “Greenpeace” taucht in Ihrem Text mit keiner Silbe auf.

Und wenn wir schon über finanzielle Förderung sprechen, dann müsste auch einmal geklärt werden, welche Interessen eigentlich hinter dem massiven Sponsoring der European Climate Foundation stecken.
http://www.kaltesonne.de/20772/
Auch der WWF profitiert hiervon.

Schließlich sollte auch Al Gore einmal genau erklären, wer sein anonymer Gönner ist, der großzügig andere Spenden an sein Climate Reality Project verdoppelt.
http://news.heartland.org/newspaper-article/2014/12/31/gore-champions-dark-money-global-warming-debate

Ein komplexes Feld. Umso wichtiger ist eine faire Berichterstattung darüber.

Beste Grüße

Sebastian Lüning

 

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