Um Antwort wird gebeten: Schnee nur noch von gestern? Wir haken beim Bayerischen Rundfunk nach

An: Rundfunkrat, Bayerischer Rundfunk
Von: Sebastian Lüning

Gesendet: 17.1.2016

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Am 16. September 2015 warnte der Bayerische Rundfunk vor drastischen Folgen des Klimawandels in den bayerischen Alpen. Es würde immer wärmer werden und die Schneesicherheit würde angeblich abnehmen: http://www.br.de/klimawandel/schnee-schneehoehen-berge-alpen-klimawandel-100.html

Nun stellt der Schnee eine wichtige wirtschaftliche Grundlage des Winter-Tourismus und  Winter-Sports in Bayern dar. Daher ist es umso wichtiger, dass die Fakten sauber recherchiert sind. In der GeoSaison-Ausgabe 12/2015 erläuterte kürzlich ein Meteorologe die Faktenlage für die Alpen. Überraschenderweise entpuppt sich die im BR dargestellte Situation als Fehlbild. In GEO Saison heißt es:

„Im Alpenraum sind die Temperaturen in den Bergen in den letzten 30 Jahren um etwa ein Grad C gesunken“. Wegen der immer sonnigeren und wärmeren Sommer, die auch den Gletschern an die Substanz gehen, seien die Temperaturen in den Alpen insgesamt zwar gestiegen, die Winter wurden aber etwas kälter. „Es fällt auch nicht weniger Schnee“, so Zenkl, im Gegenteil, einige Stationen ab 1000 m aufwärts aufwärts  zeigen eine positive Entwicklung. Heute seien rein klimatologisch nicht mehr Schneekanonen nötig als vor 30 Jahren.

http://m.geo.de/GEO/reisen/reisewissen/82098.html

Ich möchte Sie bitten, den Sachverhalt zusammen mit der Redaktion zu überprüfen und gegebenenfalls einen Korrekturbeitrag zu erwägen. Gerade in der gesellschaftspolitisch sensitiven Klimadebatte und ihrer Folgen sollte die Argumentation technisch sauber sein und einer Überprüfung standhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. habil. Sebastian Lüning

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Von: Dr. Lorenz Wolf, Vorsitzender des BR-Rundfunkrats
An: Dr. Sebastian Lüning

Gesendet: 1.2.2.2016

Sehr geehrter Herr Dr. Lüning,

Ihr o.g. Schreiben habe ich erhalten und zum Anlass genommen, den Informationsdirektor des Bayerischen Rundfunks um eine Stellungnahme zu bitten. Darin wurde mir dargelegt, dass die Daten, auf denen der Beitrag basiert, in erster Linie vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) stammen, das in der umfassenden Klimastudie KLIWA seit Jahren die Entwicklungen speziell für Bayern untersucht und dabei deutliche Temperaturanstiege in Bayern, insbesondere in den Alpen und vor allem im Winter, verzeichne. Zu den gleichen Ergebnissen komme die Datenauswertung des DWD auch auf hochgelegenen Stationen wie Wendelstein oder Zugspitze.

Der Artikel aus ,GeoSaison‘, auf den Sie sich beziehen, bezieht sich seinerseits auf Christian Zenkl, Gastwirt und selbständiger Meteorologe aus lnnsbruck, der im November 2014 eine Studie auf der Österreichischen Plattform „Zukunft Skisport“ veröffentlicht hat, die vom Obmann des Fachverbandes der Seilbahnwirtschaft Österreichs präsentiert wurde. Die Studie verzeichne für einige hochgelegene Skigebiete Tirols in den Ostalpen eine Abkühlung der Wintertemperaturen in den vergangenen 30 Jahren (bis 2013/1 4). Herr Zenkl präsentiere in der gleichen Studie, dass trotz dieser kurzfristigen Abkühlung im Mittel die Temperaturen in den vergangenen 120 Jahren gestiegen seien. Er spreche von Großwetterlagen in den vergangenen 30 Jahren, die den langfristigen, allgemeinen Temperaturtrend überlagern (vgl. http://www.zukunft-skisport.at/wintertemperaturen-schmittenhoehe/). Das Ergebnis dieser Studie ist, wie von der Redaktion darlegt wurde, jedenfalls nicht unumstritten; auch der Österreichische Umweltdachverband hat Kritik angemeldet.

Darüber hinaus wurde mir dargelegt, dass die in der ,GeoSaison‘ erwähnte Studie für die SR-Redaktion in der Gesamtbetrachtung auch deshalb wenig hi lfreich gewesen sei, da die dort untersuchten Gebiete mit Bayern aus mehreren Gründen nicht vergleichbar seien. ln diesem Zusammenhang wurde angeführt,

– dass Bayerns Skigebiete zum größten Teil erheblich tiefer liegen als Skigebiete in Tirol

– dass für die Redaktion langfristige Trends relevant gewesen seien, da nicht über Großwetterlagen bzw. einzelne für den Skisport gute oder schlechte Winter berichtet, sondern eine langfristige Klimaentwicklung dargestellt werden sollte

– dass die meteorologische Situation in den Ostalpen nicht mit der in bayerischen Skigebieten vergleichbar sei

– dass sich die Studie – da meteorologisch ausgerichtet – auf den meteorologischen Winter-Zeitraum von jeweils 1. Dezember bis 1. März beziehe. Klimastudien, wie im Artikel präsentiert, beziehen sich dagegen auf den klimatologisch interessanteren Zeitraum eines Winterhalbjahrs jeweils vom 1. November bis 30. April, der auch die Skisaison besser abbilde (sowohl was die frühe Abkühlung für Schneesicherheit in den touristisch wichtigen Weihnachtsferien, als auch die Ostersaison betrifft).

Sehr geehrter Herr Dr. Lüning, ich halte all diese Aspekte für durchaus nachvollziehbar und die Argumentation der Redaktion somit für sauber und korrekt. Es würde mich freuen, wenn Sie meine Darlegungen in Ihre Bewertung des Angebots des Bayerischen Rundfunks einbeziehen können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Lorenz Wolf

Mit herzlichem Dank an Dr. Wolf für die freundliche Erlaubnis, seinen Brief hier im Blog abzudrucken.
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